Fritz und Martin Waßmer

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octopussy
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Fritz und Martin Waßmer

Beitrag von octopussy »

Hallo zusammen,

wenn man in den kleinen Ort Schlatt fährt, der heute zur Gemeinde Bad-Krozingen gehört, mag man gar nicht glauben, dass er zwei sehr renommierte Winzer beheimtatet, in diesem Fall die Waßmer-Brüder Fritz und Martin. Die Weine von Fritz Waßmer kenne ich noch gar nicht, von Martin Wassmer hatte ich erst zwei getrunken, die mir aber beide sehr gefallen hatten. Da ich in der Nähe war, habe ich dem Weingut einen Besuch abgestattet. Man darf sich von der großen Aufschrift "Spargel- und Erdbeerhof" auf dem Haus nicht verwirren lassen, neben dem Spargel- und Erdbeeranbau bewirtschaftet das Weingut Martin Wassmer auch zahlreiche Weinberge, allen voran die Paradelage Dottinger Castellberg und den "Hausweinberg" Schlatter Maltesergarten. Wassmer vergärt fast ausschließlich spontan und orientiert sich beim Chardonnay und Pinot Noir stark am Burgund. Die trockenen Weinen werden voll durchgegoren.

Die Weinliste ist immens mit unzähligen Rebsortenweinen, ein paar Cuvées und mehreren Linien. Grundsätzlich kann man unterscheiden zwischen den Gutsweinen (teils aber mit Lagebezeichnung), den "SW" Weinen, d.h. zumeist trockenen Spätlesen und Auslesen, und den "GC" Weinen, den hausinternen Spitzenweinen (Pendant zum Großen Gewächs). Probiert habe ich nicht alles, aber viel. Schon die Basisweine fand ich sehr ansprechend, rebsortentypisch, den Grauburgunder eher frisch als üppig, den Weißburgunder äußerst zackig und den Schlatter Maltesergarten Gutedel mit erstaunlich viel Tiefe versehen. Als Weine für jeden Tag eine gute Wahl. Aus der "SW" Linie konnten mich vor allem der Grauburgunder und der Weißburgunder (aus 2010) überzeugen, die einfach herrlich schlank und trotzdem sehr expressiv waren. Der Chardonnay "SW" aus 2011 hingegen war noch recht stark vom Holz geprägt und braucht noch deutlich mehr Zeit. Gespannt war ich natürlich auf den 2011er Dottinger Castellberg Chardonnay "GC", der sich in der 2009er Version mit 95 Punkten im Gault Millau an die Spitze der weißen Burgundersortenweine setzen konnte. Die 2011er Version hat mir auch sehr gut gefallen, wenn auch aktuell noch sehr holzgeprägt und noch nicht 100% beisammen. Auf lange Sicht dürfte das aber ein ganz wunderbarer Chardonnay werden, der (so hoffe ich) einigen Chassagne 1er Crus in 7-8 Jahren bei einer Blindprobe die Show stehlen könnte. Stilistisch geht er ganz eindeutig in Richtung Burgund und dort tatsächlich am ehesten in Richtung Chassagne, d.h. etwas muskulöser und fester. Der Weißburgunder "GC" aus 2011 war schon deutlich zugänglicher als der Chardonnay und dürfte schon etwas früher Spaß machen. Ein Meditationswein und auch etwas für ein paar mehr Jahre Flaschenreife ist der 2011 Grauburgunder "GC", den ich als Potenzialwein ebenfalls gekauft habe.

Nicht zu vernachlässigen sind übrigens die Aromarebsortenweine bei Wassmers. Den 2010er Dottinger Castellberg Gewürztraminer Spätlese Trocken fand ich augesprochen gut, sehr trocken, dabei aber nicht alkoholisch, erstaunlich schlank und knackig und eher wenig aufdringlich. Ein Aromafeuerwerk entfachte der 2011er Auggener Letten Muskateller Spätlese Trocken. Trockene Muskateller-Spätlesen sind in Deutschland äußerst selten, entweder werden sie restsüß ausgebaut oder - wenn trocken - dann eher im Kabinett Bereich oder darunter. Diese Muskateller-Spätlese konnte mich aber voll überzeugen, ein bisschen im Elsässer Grand Cru Stil, nur in ganz trocken.

Von den Rotweinen war ich etwas weniger begeistert. Bei den Pinots habe ich nicht alles probiert, vor allem die Flagschiffweine "GC" vom Dottinger Castellberg und Schlatter Maltesergarten nicht. Schon bei den Mittelklassepinots habe ich gemerkt, dass der Hausstil im Zweifel nicht meinem Pinot Noir Geschmack entspricht. Da waren mir einfach etwas zu starke dunkle Noten von gerösteten Kaffeebohnen und Kakao bei einer dezent daneben stehenden Frucht. Nur vom 2007er Schlatter Spätburgunder "SW" habe ich eine Flasche mitgenommen, da er sich schön angereift zeigte und mir doch gefallen könnte. Ich bin aber ziemlich sicher, dass mir die Spitzen für den doch auch hohen Preis (um die 50 Euro) nicht zugesagt hätten. Sehr gut gefallen hat mir der Castellberg Syrah aus 2010, stilistisch klar an der Rhône angesiedelt, so in Richtung Cornas gehend, wenn auch sicherlich deutlich früher trinkreif.

Die Preise bei Waßmer für die Spitzen sind auf VDP-Niveau, ihr Geld aber m.E. schon überwiegend wert. Mit den Pinot Noirs werde ich mich im Zweifel nie ganz anfreunden, aber für Weißweine wird Martin Waßmer für mich sicherlich zur regelmäßigen Bezugsadresse.
Beste Grüße, Stephan
mixalhs
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Re: Fritz und Martin Waßmer

Beitrag von mixalhs »

Mir haben die Spätburgunder von Martin Waßmer bisher immer gut gefallen - vor allen Dingen mit ein paar Jahren auf dem Buckel. Im September 2012 war es eine Flasche Schlatter Maltesergarten ohne "SW" oder sonstige Extra, die der Weinschlumpf zu einer Weinprobe mitgebracht hatte:

Bild

Und im Herbst 2008 hatte ich eine 2001er-Flasche desselben Weins, die ich sehr genossen habe:

Bild

Gut Ding will Weile haben. Das mag für die teureren Weine noch mehr gelten.
Zuletzt geändert von mixalhs am Do 24. Jan 2013, 21:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Allegro
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Re: Fritz und Martin Waßmer

Beitrag von Allegro »

Ich hatte mir letztes Jahr mal bei Karstadt den "einfachen" Spätburgunder von Fritz Waßmer zum Kosten mitgenommen. Da er so schmeckte, wie ein zwar einfacher, aber anständiger Spätburgunder halt schmecken soll, habe ich mir noch ein paar Flaschen nachgekauft.
Nun hatte ich vor ein paar Wochen mal wieder eine aufgemacht und dabei eine recht deutliche und mir persönlich unangenehme Bitternote festgestellt.
Eben habe ich eine weitere Flasche geöffnet und da ist wieder diese Bitternote. Es ist ein 2009er. Bei meinen "ersten" Flaschen hatte ich diese Note nicht.
Hat jemand eine Ahnung, was das sein könnte ?

Viele Grüße - Allegro
Bernd Schulz
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Re: Fritz und Martin Waßmer

Beitrag von Bernd Schulz »

Hallo Allegro,

den Basisspätburgunder von Fritz Wassmer kenne ich aus früheren Jahren. Für seine Preisklasse fand ich ihm meistens richtig gut, aber trotzdem habe ich ihn schon länger aus den Augen verloren.

Bei der von dir wahrgenommenen "Bitternote" könnte es sich schlichtweg um erste Ermüdungserscheinungen handeln. Solche "einfachen" Spätburgunder sind nicht selten Weine, die ihren Zenit nach drei, vier Jahren klar überschritten haben.

Beste Grüße

Bernd
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Allegro
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Re: Fritz und Martin Waßmer

Beitrag von Allegro »

Hallo Bernd,

und ich dachte bisher, ein Spätburgunder aus 2009 wäre noch relativ jung :o :roll:
Das der doch so schnell ermüden könnte, hätte ich nicht gedacht ...
Viele Grüße - Allegro
Bernd Schulz
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Re: Fritz und Martin Waßmer

Beitrag von Bernd Schulz »

Hallo Allegro,

meine aus der Hüfte geschossene Ferndiagnose muss ja nicht unbedingt zutreffen... :mrgreen:

Aber auf jeden Fall gilt in punkto Reifefähigkeit, dass Spätburgunder nicht gleich Spätburgunder ist! Etliche deutsche Exemplare (auch solche von renommierten Erzeugern) schmecken (mir) jung besser als nach längerer Lagerung.
und ich dachte bisher, ein Spätburgunder aus 2009 wäre noch relativ jung


Nö - er kann von Fall zu Fall auch schon relativ alt wirken. Nixe möglich pauschale Aussage!

Beste Grüße

Bernd
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austria_traveller
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Re: Fritz und Martin Waßmer

Beitrag von austria_traveller »

Naja, bin mir da nicht so sicher, dass das Bitterle eine Ermüdungserscheinung ist.
Ich habe jetzt einige Male Ziereisen getrunken. Und der hatte auch jedesmal so einen bitteren Nachton, der mir den Geschmack ganz schön getrübt hat. Es war allerdings ein Rhini, Jg. 2005 - also ganz sicher nicht die einfachste Linie. Phillip (argentum) hat mir da beigepflichtet und gemeint, dieses "Bitterle" schon bei anderen Spätburgundern gefunden zu haben - scheinbar eine Eigenheit aus dem MarkgräflerLand.
Auf jeden Fall kann ich mit diesen SB absolut nichts anfangen, den Rhini habe ich sogar entsorgt, weil er für mich untrinkbar wurde.
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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octopussy
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Re: Fritz und Martin Waßmer

Beitrag von octopussy »

mixalhs hat geschrieben: Gut Ding will Weile haben. Das mag für die teureren Weine noch mehr gelten.
Hallo mixalhs,

mag sein. Viel entscheidender ist für mich aber der persönliche Geschmack. Wenn ich deine Notizen zu den 2001er und 2003er Waßmer Pinots lese, sehe ich da einige Elemente, auf die ich bei Pinot Noir ganz allergisch reagiere, z.B. Räucherspeck oder gekochte Erdbeere. Das mag ich überhaupt nicht. Den Schlatter Maltesergarten Spätburgunder habe ich aus 2008 auf dem Gut probiert, und der war echt nicht mein Ding und wird es im Zweifel auch nie werden.

Hinzu kommt: Beim 2007er Schlatter Maltesergarten SW erklärte mit der Verkaufsleiter von Martin Waßmer (der selbst nicht da war), dass der 2007er jetzt aus Sicht von Waßmer auf dem Höhepunkt sei. Ich wollte das gar nicht glauben, fangen doch z.B. die Huber Spätburgunder aus 2007 oder die Ziereisen 2007er erst jetzt an, überhaupt ins Trinkfenster zu gelangen. Nein, wurde mir versichert, der hält natürlich noch ein gutes Jahrzehnt, aber die Sekundär- und ggf. Tertiäraromen, die sich entwickeln werden, werden nie so schön wie die Phase zwischen Primärfrucht und Sekundäraromen, in der er jetzt ist. Zum Vergleich haben wir dann einen (schon ein paar Tage offenen) 2006er SW probiert, der alles andere als hinüber war, aber tatsächlich deutlich weniger schön. Insofern fand ich die Erklärung des Trinkfensters schon nachvollziehbar. Aber am Ende bleibt es eben doch immer eine Frage des persönlichen Geschmacks, wie und wann man seine Pinots am liebsten mag.
Beste Grüße, Stephan
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Allegro
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Re: Fritz und Martin Waßmer

Beitrag von Allegro »

Eben habe ich noch mal von dem bitteren Spätburgunder gekostet - er ist leider unverändert ... und wird somit wohl auch im Ausguss landen ... :(
Viele Grüße - Allegro
Bernd Schulz
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Re: Fritz und Martin Waßmer

Beitrag von Bernd Schulz »

Phillip (argentum) hat mir da beigepflichtet und gemeint, dieses "Bitterle" schon bei anderen Spätburgundern gefunden zu haben - scheinbar eine Eigenheit aus dem MarkgräflerLand.
Gerhard, aus meinen eigenen Erfahrungen heraus kann ich die Theorie, ein gewisses Bitterle hinge mit dem Markgräfler Terroir zusammen, nicht nachvollziehen. Ich habe schon etliche Markgräfler Spätburgunder ohne Bitternoten getrunken.

Davon abgesehen hätte man ja in diesem Fall die bittere Komponente auch schon vor einem Jahr schmecken müssen. Da war sie aber laut Allegro noch nicht vorhanden - ergo hat sie in welcher Form auch immer mit dem Alter des Weins zu tun.

Beste Grüße

Bernd
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