Mo 17. Dez 2012, 20:27
Bei diesen vier Weinen aus dem Rheingauer Haus Balthasar Ress (seit 2011 unter Betriebsleitung von Dirk Würtz) handelt es sich um eine kontrovers diskutierte Kollektion. Nicht nur die Tatsache, dass von den vier Weinen, die als “Erstes Gewächs” angestellt wurden, zwei Rieslinge von der Prüfkommission abgelehnt wurden, sondern auch weitere unter Weintrinkern hitzig geführte Gespräche, machen diese vier Rieslinge wohl zu absoluten hate-it -or -love-it – Weinen.
Da bleibt nur eins übrig: Selbst probieren und ein Urteil bilden!
Zunächst möchte ich die beiden “Ersten Gewächse” besprechen, die vielleicht auch weniger kontrovers diskutiert wurden und typischer ausfallen:
Riesling Hattenheimer Nussbrunnen Erstes Gewächs 2011, Rheingau
Sattes gelb im Glas, minimale Kohlensäure beim Einschenken. Anfangs zeigt sich die Nase etwas herber und vor allem sehr rauchig ausgeprägt. Außerdem stinkt die Nase ein wenig nach Sponti aber auch ein wenig nach Keller. Die unangenehmen Noten verschwinden jedoch relativ schnell im Glas. Am Gaumen zieht sich diese Aromatik fort und es kommen noch Grapefruit und Aprikose hinzu. Das Gesamtpaket wirkt sehr kräftig, pendelt sich dann mit zunehmendem Luftkontakt ein, sodass der Nussbrunnen ruhiger und harmonischer wirkt. Der Riesling hat eine schöne Dichte und Tiefgang.
Hier bin ich sehr gespannt, wie sich der Wein entwickeln wird!
Riesling Rüdesheimer Berg Schlossberg Erstes Gewächs 2011, Rheingau
Aus der legendären Lage Berg Schlossberg besitzt der Riesling von allen Weinen das satteste gelb im Glas. Direkt nach dem Einschenken strömt einem ein sehr fruchtreifer und reintöniger Riesling entgegen. Allein die Nase bietet schon weniger Stoff zur Diskussion mit ihren reifen Steinobstfrüchten und Zitrusnoten.
Am Gaumen zeigt sich der Wein rund, rieslingtypisch und fruchtbetont. Durch den hohen Alkohol von 14 Vol.% gesellt sich eine ganz leichte Süße zur Frucht hinzu. Besonders am zweiten Tag spricht mich der Wein an. Eine vibrierende Säure, Kraft und Länge zeichnen diesen würzig-fruchtigen Riesling aus, der mich ein wenig an die trockenen Rieslinge aus dem Elsass erinnert.
Für mich ist das der ansprechendste Wein der Kollektion mit mächtig Potenzial für viele Jahre Lagerung!
Rüdesheimer Berg Rottland Riesling 2011, Rheingau
Weiter geht es mit dem Rüdesheimer Berg Rottland, der keine “Erstes Gewächs”-Bezeichnung bekommen hat.
Hier nun ein Riesling mit etwas blasserem gelb. Die Nase zeigte sich am ersten Tag noch zurückhaltend, wenn auch schon eine sehr individuelle Nase erkennbar war. Ein Mix aus würzigen Aromen und einem ausgeprägteren Brennessel-Ton und Sesam bei insgesamt kaum anwesender Frucht. Am Gaumen zeigt sich der Berg Rottland dann wieder als ein kräftigerer Rieslingtyp von hoher Komplexität. Im Abgang sind ganz leicht medizinische Noten dabei. Direkt aus der Flasche wirkt der Wein aber im Abgang noch etwas kurz und insgesamt verschlossen.
Viel spannender dann der Flaschenrest am zweiten Tag. Nun hat man immer noch die würzig-vegetative Aromatik, die aber auch mit einer angenehmen Frucht einhergeht. Vor allem kommt aber nun die mineralische Seite des Rieslings zur Geltung. Der Riesling erscheint mir völlig atypisch im Vergleich zu den üblichen Rheingauer-Gewächsen, jedoch nicht uninteressant und damit eigenständig. Die Cremigkeit und Mineralik verleiht dem Berg Rottland durchaus Charakter.
Auch hier zeigt sich, dass die Weine allesamt noch sehr jung sind. Da dieser Riesling aber so eigenwillig ist, wage ich keine Prognose für die zukünftige Entwicklung. Auch hier wird es interessant zukünftig ein Auge auf den Wein zu werfen!
Riesling Hattenheimer Engelmannsberg 2011, Rheingau
Der Engelmannsberg zeigt sich im Vergleich zum Berg Rottland dann schon deutlich fruchtiger. Ein Riesling von reduktivem Typ. In der Nase hat man fruchtige Aromen von reiferen Äpfeln und Steinobst, die dezent von Kräutern begleitet werden. Auch eine zart florale Note zeigt sich bei diesem Riesling. Mit etwas Luft kommt bei dem am Gaumen leicht hefigen Riesling auch eine schöne Mineralik zur Geltung. Das Kräuterthema wird wieder aufgenommen und eine leichte Adstringenz untermauert die mineralische Komponente des Rieslings. Für mich ein relativ typischer Rheingauriesling, der nicht wirklich aus dem Raster fällt.
Ich hatte das Glück, die Rieslinge im kleineren Kreis zu verkosten, sodass man sich austauschen konnte. Auch in der Gruppe fielen die Urteile sehr kontrovers aus und manche Weine schwankten zwischen Begeisterung und Abneigung, je nach Verkostungzeit. Bei allen Rieslingen fiel mir auf, dass die Weine mit zunehmendem Luftkontakt attraktiver wurden und meist erst am zweiten Tag aufblühten und sich harmonischer zeigten. Zeichen, dass die Weine Substanz für die nächsten Jahre haben. Letztendlich bleibt es sehr spannend, die Weine in ihrer Entwicklung zu beobachten. Die Ress-Kollektion bekennt ganz klar Farbe und will nicht jedem Gaumen schmeicheln. Man wird die Weine lieben oder nichts mit ihnen anfangen können. Wenn sich diese klare Linie nun über die kommenden Jahre konstant weiterzieht, kann ich mir durchaus vorstellen, dass die Weine ihre Anhänger finden werden und sich die Frage der Atypizität relativiert. Den Sprung haben ja beispielsweise auch die Weine Philippis aus Kallstadt geschafft.
Auch spannend bleibt die Zukunft in Betracht auf die Entwicklung dieses Weinstils. Werden diese Rieslinge es schaffen dem Rheingau ein neues klares Gesicht zu verleihen oder wird hiermit eine Nische bedient werden?
Massentauglich wird diese Stilistik dann wohl eher nicht. Viel mehr handelt es sich um absolute Freak-Weine, die man gerne unter weinaffinen Leuten verkostet. Hier findet man ja auch ordentlich Gesprächsstoff. Mit anderen Worten: Die aktuelle Ress-Kollektin könnte eigentlich nicht passender sein, für einen Jahrgang der unter Leitung eines Weinbloggers entstanden ist.
Di 18. Dez 2012, 10:24
Di 18. Dez 2012, 19:44
Di 18. Dez 2012, 20:58
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Weingut Balthasar Ress Riesling Hattenheimer Nussbrunnen Erstes Gewächs 2011, Rheingau
Die Farbe des Riesling Nussbrunnen erschien mir für einen sehr jungen Riesling ziemlich satt, nahezu saftig, klar und ziemlich anziehend. Am ersten Tag kam mir die Nase sehr würzig, robust, leicht petrolig, sehr kraftvoll, darüber hinaus relativ rauchig, weniger karg als die anderen Rieslinge und aufgrund seiner Jugendlichkeit etwas angenehm „sponti -stinkig“ vor. Die Frucht wurde vor allem von Grapefruit und sehr verhaltenen kandierte Zitronen zu geprägt. Diese Eindrücke bestätigten und harmonisierten sich an den kommenden Tagen. Wobei ab dem dritten Tag meiner Ansicht nach auch etwas mehr blumige Eigenschaften zutage traten.
Was den Geschmack angeht, zeigte dieser schon ab dem ersten Tag, dass er vermutlich einiges Potential innehat. Er zeigte viel Kraft, war auch recht robust, sicher noch ein wenig zu rauchig, aber konnte schon mit viel jugendlicher Frucht (hauptsächlich exotische Aromen) aufwarten. Von der Struktur her kam mir der Geschmack etwas zuträglicher und vielleicht auch ein wenig breiter angelegt vor als bei den anderen verkosteten Rieslinge. Am zweiten und dritten Tag meinte ich im Nussberg seltsamerweise ein wenig mehr petrolige Aromen aufzuschnappen. Warum? Kann ich eigentlich nicht sagen! Eher etwas seltsam. Abgesehen davon kam er mir gesamtheitlich an den Folgetagen noch etwas ausbalancierter und zugänglicher vor. Wobei man zu keinem Zeitpunkt auf die Idee kam, dass es sich nicht um einen eher doch zurückgezogenen und viel zu jungen Wein handelte. Vielleicht fehlte es dem Riesling ein wenig an Raffinesse und Eleganz um mich noch mehr zu beeindrucken. Mir kam er schon etwas draufgängerisch und muskulös vor.
Meiner Ansicht nach ein anständiger Wein **** (was in Punkte übersetzt wohl etwas zwischen 86 und 88 Punkte bedeutet, sicher mehr zur 88 tendierend) mit vielleicht viel Potential zu höheren Weihen
Weingut Balthasar Ress Riesling Hattenheimer Engelmannsberg 2011, Rheingau
Der Engelmannsberg präsentierte sich in meinem Glas als ein ziemlich heller Riesling. Für das Alter nicht weiter überraschend. In der Nase kündigte sich das aufkommende Übel schon an: feuchte Wellpappe und weiterer für Kork-Beeinflussung typischer Modergestank. Am Gaumen glücklicherweise nicht ganz so ausgeprägt. Ich konnte sogar ein wenig verhaltene Zitronenaromen, eine leichte Nussigkeit und etwas diffuse feuchte Kieselstein-Aromatik aufschnappen. Doch letztlich zerstörte der Kork und die damit verbundene Bitterkeit jegliche Möglichkeit den Wein einigermaßen beschreiben zu können. Schade!
Weingut Balthasar Ress Riesling Rüdesheimer Schlossberg Erstes Gewächs 2011, Rheingau
Die Farbe des Schlossberg kam mir fast so satt und „saftig“ gelb vor wie die des Nussberg. Das Bouquet erschien mir, mit leichten Schwankungen, über die ganzen drei Tage hinweg ziemlich attraktiv, fruchtverwöhnt (reife gelben Zitronen und auch nicht zu wenig Steinobst), dem Alter bzw. Jugend entsprechend verständlicherweise etwas zurückhaltend, durchaus tiefgründig und bei weitem am elegantesten.
Der Geschmack erschien mir die ersten Stunden wesentlich verhaltener als das die Nase zunächst andeutete. Dann, und die folgenden Tage, zeigten sich immer mehr und intensiver die schon erwähnten Fruchtaromen. Gepaart wurde die Frucht mit sehr verhaltenen Petrolnoten, einer feinen Würzigkeit und sicherlich auch mit einer anständigen von mineralischen Noten geprägten Tiefgründigkeit. Der Nachhall des Abgangs war überdurchschnittlich lang, sehr kraftvoll und vielleicht noch etwas zotig herb. Nun ja, war ja auch noch ein Baby! Daher für mich kein Problem. Eher ein Problem war die etwas stärkeren Süße und der merkbare Alkohol am ersten Tag. Glücklicherweise minimierte sich dieser Eindruck an den folgenden Verkostungstagen. Zusammenfassenden würde ich meinen, dass der Schlossberg der schon zugänglichste, wenn man man bei hochwertigen jugendlichen Weinen von so etwas überhaupt reden kann, eleganteste und wahrscheinlich überzeugende Wein der vier (bzw. drei) Rheingauer Rieslinge war.
Meiner Ansicht nach ein sehr anständiger Wein ***** (was in Punkte übersetzt wohl etwas zwischen 89 und 91 Punkte bedeutet) mit sicher viel Potential zu MEHR!
Weingut Balthasar Ress Riesling Rüdesheimer Berg Rottland 2011, Rheingau
Der Berg Rottland war einzige Wein dem ich ganze vier Tage lang beobachtet habe. Im Glas erschien er mir sehr hell. Fast schon ein wenig blass. Die Nase zeigte sich am ersten Tag sehr schüchtern, wenn nicht total verschlossen. Ich meinte etwas pfeffrige, krautige, grüne und algige Noten zu riechen. Am zweiten Tag gab es schon gewisse Veränderungen hin zu verhaltenen Fruchtaromen von Zitrusfrüchten und einigen festen mineralischen Anklängen. Dennoch alles sehr zurückgezogen, verhalten und für mich persönlich weniger attraktiv. Am dritten und vierten Tag schien der Wein sich immer mehr in Richtung „Offenheit“ und weg von „Verbarrikadierung“ zu bewegen. Schlussendlich meinte ich im Bouquet des Berg Rottland ein ansprechendes Maß an Eleganz und Würze feststellen zu können. Diese rührte eindeutig von mineralischen Eindrücken her.
Wie bei der Nase, so auch beim eigentlichen Geschmack, hatte ich am ersten und zweiten Tag gewisse Probleme. Der Wein erschien mir sehr zurückgefahren und ziemlich abweisend. Auch der zunächst sehr kurze Abgang und die etwas eigenwillige körperliche Substanz machte mir ein wenig zu schaffen. Zumindest schien mir der Alkohol gut eingebunden und die Säure angenehm präsent. Eine strenge Mineralik war sicher schon vernehmbar, doch mit Fruchtaromen war nicht viel los! Auch sonst konnte ich nicht viel Ausdruckskraft wahrnehmen. Ab dem dritten Tag kam für mich mehr Bewegung in die Sache. Ich meinte mehr Kraft, schon fast etwas Cremigkeit und aufkommende grünliche Würze mit wesentlich präziserer Mineralik zu vernehmen. Sogar Fruchtaromen von herben grünen Zitronen und Zitronenschalen, die mir etwas bissig, aber ebenfalls erstaunlich intensiv vorkamen, zeigten sich am vierten Tag. Sogar der Abgang zivilisierte sich ein wenig und hallte länger nach! Ich meine, dass der Wein über die Tage in eine positive Richtung ging. Es ist doch wahrscheinlich anzunehmen, dass diese Viertagesentwicklung für eine positive Zukunft spricht! Vom Zustand des jetzigen Zeitpunkt zu schließen, würde ich meinen, dass es nicht meine bevorzugte Art von Riesling ist. Aber das ist natürlich mein persönliches "Problem"
Zu einer zusammenfassenden Bewertung fehlt mir bei diesem Wein dennoch jegliche Kompetenz. Er war mir schlichtweg zu eigen in seinem noch sehr jungen und verschlossenem Zustand um ihn in irgend einer Weise nur annähernd verlässlich kategorisieren zu können. Schaun mer mal in paar Jahren!
So 6. Jan 2013, 18:02
Fr 17. Mai 2013, 18:56
Di 11. Jun 2013, 15:50
Di 11. Jun 2013, 15:57
Di 11. Jun 2013, 16:02
Weil Wein unter Wasser, bei konstanter Temperatur und ohne UV-Licht ganz anders und viel besser reift. Und weil es Spaß macht...
Di 11. Jun 2013, 16:09
Gerald hat geschrieben:Das mit dem Spaß kann ich gut nachvollziehen