Mi 27. Jul 2016, 21:02
Ich habe ziemlich selten Süßweine im Glas. Dabei kann ich garnicht sagen, dass ich sie nicht mögen würde. Aber Begeisterungsstürme
per se lösen sie eben auch nicht aus. So sind die Vorräte so rar wie die Gelegenheiten.
Brombeer-Quark-Tarte, der Quark verfeinert mit großartigem
Lemon Curd, die wilden Brombeeren nicht alle perfekt reif, schien mir so eine Gelegenheit zu eröffnen. Also eröffnete (sic!) ich meine einzige halbe Flasche
Oberhäuser Brücke Riesling Auslese 2011Eingefleischte Fans mögen mir "Babymord!" entgegenrufen, und ich kann sie verstehen. Als überzeugter, wenn auch nicht totaler Tertiärnotenablehner möchte ich aber entgegnen, dass ich mich keiner grausigen Morität schäme. Doch der Reihe nach...
Die Kapsel... stop. Die Kapsel sieht gülden aus, aber ist es eine Goldkapsel? Kann mir hier jemand sagen, ob des Meisters Auslesen in verschiedenen Qualitätsstufen erzeugt werden? Denn auf die schnelle recherchiert, scheint es zumindest keine nicht-Goldkasel zu geben.
Aber egal... Die Kapsel schien leicht konvex, wie aufgepumpt. Der Korken sieht aber gut aus, und ist auch korrekt positioniert. Er sitzt nicht sehr fest und ist schon ein gutes Viertel durchfeuchtet. Aber alles ist gut, kein technisches Problem. Das wird unterstrichen von dem ziemlich blassen gelb: Bei zuviel Luft würde man doch eine signifikante Dunkelung erwarten.
Die Nase ruft interessanterweise hauptsächlich Assoziationen von roter und schwarzer Johannisbeere und auch einer Spur Kirsch hervor. Natürlich alles nur zart angedeutet. Andere Aromen vermag ich nicht zu erkennen. Aber was ich rieche, ist komplex, harmonisch und schlank. Leicht gereift wirkt er, aber ohne jede Firnis.
Am Gaumen dann nur minimal klebrig und ganz überwiegend spielerisch-leicht. Erfreulich zurückhaltende Süße für eine Auslese, verstärkt durch die angenehme milde Säure. Das findet man so wohl nur bei deutschen Weinen. Ich finde die Aromen aus der Nase wieder, aber nicht ganz die Ausdrucksstärke.
Wirklich schön, und auch ziemlich gutes Zusammenspiel mit der Tarte. Halbe Flasche und nur 8,5% beschleunigen das Ableben, aber dennoch tritt sein Ende so schnell ein, dass das schon für die Güte spricht. Aber ich kann mir - schon seit Jahren - nicht erklären, warum bei zahlreichen Verkostern die Bewertungen bei den süßen durch die Decke zu gehen scheinen. Lassen die sich alle vom Zucker verführen, oder bin ich - was zu vermuten ist - einfach mal wieder: "Dagegen!"?