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Rheinhessen - Diverse

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Rhoihessewoi.de

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Re: Rheinhessen - Diverse

BeitragSa 3. Dez 2016, 13:20

Leo hat geschrieben:Und warum Keller sich am roten Hang in Nierstein eingekauft hat, habe ich ( vor Jahren ) nachgefragt. Die Antwort war einfach:" Weil es in Dalsheim keine Schieferböden gibt, das hat uns einfach gereizt."


Bernd Schulz hat geschrieben:Für mich weiter im Thread geht es aber jetzt mit einem Riesling vom Roten Hang:

Und dieser Riesling hat eventuell das Zeug dazu, mir (ganz subjektiv) zu beweisen, dass Schieferböden am Ende doch den letzten Kick in diese Rebsorte bringen....puh, der ist einfach verdammt peinlich "lecker".... :oops:


Das 'Rotliegend', was in der Großlage Rehbach (hierzu gehören die Einzellagen Pettenthal, Brudersberg, Goldene Luft und Hipping) zu Tage tritt, stammt, im Gegensatz zu den überwiegend quartären und tertiären (248-0 Mio. Jahre vor heute) Böden Rheinhessens, aus der Zeit des Perm (354-248 Mio. Jahre vor heute).
Dieser Boden hat sich aus kalkreichen Ton-, Schluff- und Sandsteinen des oberen Rotliegend entwickelt, die vor 280 Mio. Jahren abgelagert wurden. Infolge der relativen Hebung der Erdkrustenscholle des 'Alzey-Niersteiner Horstes' am Ende des Tertiärs gelangten sie zwischen Nierstein und Nackenheim wieder an die Oberfläche.
Die tektonischen Verhältnisse am Rande des einbrechenden Rheingrabens führten am Ende des Teriärs und im Verlaufe der Kaltzeiten zur Ausbildung der Steilhänge am Rhein.

Schiefer- bzw. Quarzitböden lassen sich in Rheinhessen ausschließlich am Binger Rochusberg finden, als erstem 'Vorposten' des Schiefergebirges im Norden.

...Aber nochmal zu den Bodeneigenschaften des Rotliegend:
Dieser Boden kann für die Reben nur knapp bemessene Wassermengen speichern. Die Durchwurzelung des tieferen Gesteins ist schwierig. Rötliche, dunkle Farbe und insgesamt gute Durchlüftung bedingen eine schnelle Erwärmung. Nährstoffe sind in dem kalkhaltigen Boden ausreichend vorhanden, Eisenminerale liegen in größeren Mengen vor.
Eine große Bedrohung für den Fortbestand dieser Böden ist die anhaltende Erosion.
An diesem flachgründigen, wasserarmen Standort kommt erfahrungsgemäß am besten der Riesling zurecht.

...und zum Geschmackskorridor:
Kräutrige, zartwürzige, fast blumige Noten, mineralische Komponenten, ausgeprägte Fruchtaromen: Pfirsich, Aprikose, Honigmelone. Lebhafte Säure, facettenreich, in der Jugend oftmals sehr verschlossen, Langlebigkeit.

Quelle: Gute Gründe für Rheinhessenwein. Steine. Böden. Terroir.

In den o. g. Zitaten sollte 'Schieferboden' gegen 'Rotliegend' getauscht werden - dann stimmt's! ;)
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Bernd Schulz

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Re: Rheinhessen - Diverse

BeitragSa 3. Dez 2016, 13:37

Hmm, wenn ich in meinen GM schaue, steht beim Weingut Gunderloch unter "Böden" nichts als "Roter Tonschiefer". Bei St. Antony steht "Roter Schiefer, Kalk", bei Heyl zu Herrnsheim steht wieder "Roter Tonschiefer". Daraus habe ich in meiner geologischen Unbildung geschlossen, dass es sich beim Roten Hang um eine Art von Schieferboden handelt..... :oops: :?:

Ist Roter (Ton)schiefer kein Schiefer, oder irrt der GM gewaltig?

Herzliche Grüße

Bernd
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Rhoihessewoi.de

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Re: Rheinhessen - Diverse

BeitragSa 3. Dez 2016, 15:19

Vielleicht liegt es daran, dass sich Tonschiefer besser anhört, als Tonstein. Genauso wie sich Muschelkalk wohl besser anhört als Kalkstein. Obwohl es in Rheinhessen keinen Muschelkalk im geologischen Sinn gibt, steht es auf vielen Weinflaschen.
Dass St. Antony und Heyl zu Herrnsheim den gleichen Terminus verwenden wundert mich nicht - handelt es sich doch bei Heyl zu Herrnsheim um eine weitere Vertriebslinie von St. Antony. :o

Ich wollte mit meinen (zitierten) Ausführungen aus dem Büchlein des Landesamtes für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz niemandem zu nahe treten! :oops:

Dort heisst es aber ziemlich eindeutig:
[...]Die ältesten Gesteine Rheinhessens sind ca. 400 Mio. Jahre alt und stammen aus dem Devon. Es handelt sich um Schiefer und Quarzite des Rheinischen Schiefergebirges, die in Rheinhessen nur bei Bingen (Rochusberg) vorkommen.
Schon im Devon wurden die Gesteine im heutigen Rheinland-Pfalz zu einem Gebirge zusammengeschoben. Im Permokarbon, der von 354 bis 248 Mio. Jahre vor heute dauernden Epoche, lag dann zwischen dem noch jungen Schiefergebirge im Norden und den Vogesen sowie dem Schwarzwald im Süden ein riesiges Becken: die Saar-Nahe-Senke. In ihr wurden während dieses Zeitabschnittes ca. 8000 Meter mächtige Sedimente aus den umliegenden Gebirgen abgelagert und zu oft rötlichem Ton-, Schluff- oder Sandstein verfestigt. In Rheinhessen treten diese 'Rotliegendgesteine' heute im Alzey-Niersteiner und im Hillesheimer Horst zutage, sind aber überall im tiefen Untergrund vorhanden.[...]

Wenn ich die Charakteristiken - oder besser, Beschaffenheiten der Böden miteinander vergleiche, so ist das Rotliegend eher flachgründig und nur mäßig durchwurzelbar, wobei Quarzit- und Schieferböden wohl eher mittelgründig und besser durchwurzelbar sind.
Außerdem sind diese Böden wohl etwas nährstoffärmer als das Rotliegend.
Im Bezug auf die Speicherfähigkeit für pflanzenverfügbares Bodenwasser, die Durchlüftung und die Erwärmbarkeit sind beide Bodenarten wohl mehr oder weniger gleich zu bewerten.
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Bernd Schulz

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Re: Rheinhessen - Diverse

BeitragSa 3. Dez 2016, 22:14

Rhoihessewoi.de hat geschrieben:Dass St. Antony und Heyl zu Herrnsheim den gleichen Terminus verwenden wundert mich nicht - handelt es sich doch bei Heyl zu Herrnsheim um eine weitere Vertriebslinie von St. Antony.


Ob Heyl und St. Antony den Terminus "Roter Schiefer/ Roter Tonschiefer" selber verwenden, weiß ich jetzt gar nicht. Der Gault Millau (in meiner nicht so ganz aktuellen ;) 2011er Ausgabe) verwendet ihn aber im Zusammenhing mit eigentlich allen Weingütern, die sich in Nierstein oder Nackenheim befinden: Heyl, St. Antony, Schätzel, Seebrich, Schneider, Strub, Gunderloch - bei all diesen steht "Roter Schiefer" oder "Roter Tonschiefer" als Boden angegeben!

Rhoihessewoi.de hat geschrieben:Ich wollte mit meinen (zitierten) Ausführungen aus dem Büchlein des Landesamtes für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz niemandem zu nahe treten!


Schon recht, schon recht - ich lerne ja gerne etwas dazu!

Herzliche Grüße

Bernd
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Bernd Schulz

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Re: Rheinhessen - Diverse

BeitragSa 3. Dez 2016, 22:21

Hier kommt noch ein Auszug aus dem Wein-Plus-Glossar:

"....Ein wesentlicher Teil der Rheinfront ist der „Rote Hang“ zwischen Nackenheim und Nierstein. Es handelt sich um einen fünf Kilometer langen, kaum 200 Meter breiten Bereich, der beim Einbruch des Rheingrabens entstanden ist. Die windgeschützte, sonnenreiche Hanglage bringt besonders günstige Bedingungen für eine frühe Rebblüte und somit lange Vegetations- und Reifezeit. Die Ernte der Rieslingtrauben beginnt meist Ende Oktober bis manchmal Anfang November.

Die Böden bestehen aus dem so genannten Rotliegend (siehe dazu unter Bodentyp). In den roten Schieferplatten findet man Fossilien und Saurierspuren......!

Tja, watt nu? Isses Schiefer, oder isses keiner? :?

Ratlose Grüße

Bernd
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Ralf Gundlach

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Re: Rheinhessen - Diverse

BeitragSa 3. Dez 2016, 22:38

Ich habe ein olles Buch von 1927 ( Die Rheinweine Hessens, herausgegeben vom Hessischen Weinau-Verband ), da wird vom rotem Tonschiefer gesprochen

Gruß

Ralf
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dylan

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Re: Rheinhessen - Diverse

BeitragSa 3. Dez 2016, 22:46

Das sagt wikipedia: " Da dieses taube Gestein im Liegenden des Kupferschiefers zu finden war, wurde es ursprünglich als „rotes totes Liegendes“ bezeichnet. Die Rotfärbung dieser Sandsteinschichten wird durch feinverteilte Hämatit-Schüppchen (Roteisenstein) verursacht und verweist auf die Ablagerung im heißen Klima."
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Bernd Schulz

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Re: Rheinhessen - Diverse

BeitragSa 3. Dez 2016, 22:52

Und das sagt die Homepage von Rebholz (der natürlich nicht in Rheinhessen sitzt, aber trotzdem etwas zum Thema "Rotliegendes" vorzutragen hat):

"Rotliegendes

Die rote Farbe bekommt dieser Schiefer durch Eiseneinlagerung, weswegen er auch Rotliegendes genannt wird. Das Rotliegende ist der älteste Abschnitt der Permzeit, der vor rund 299 Mio. Jahren begann und vor etwa 257 Mio. Jahren endete. Mit dem Perm endet das Paläozoikum.

Durch den Einbruch des Rheingrabens vor rund 45 Mio. Jahren zerbrach die Erdkruste in streifenförmige Segmente. Die Ränder des Grabens fächerten sich in diverse Schichten auf und die Schultern erhoben sich zu Gebirgen (Schwarzwald, Vogesen und Pfälzer Wald). Dabei kamen teilweise die ältesten (unteren) Schichten an die Oberfläche. Deshalb findet man heute die »Uralt-Schicht« Rotliegendes in der Weinlage Kastanienbusch am Fuß des Hohenberges, während weiter oben im Wald der ganze Berg aus der jüngeren Schicht Buntsandstein besteht.

Charakteristisch für die Rieslinge aus dem Rotliegenden sind feine Nuancen von Heublüten, würzige Kräuternoten und die signifikante Mineralität des Schieferanteils. Weine vom Rotliegenden brauchen ein wenig mehr Zeit, um ihr volles Aromapotenzial zu entwickeln."

Irgendwie scheint der Sprachgebrauch hier ziemlich unscharf zu sein...

Herzliche Grüße

Bernd
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Rhoihessewoi.de

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Re: Rheinhessen - Diverse

BeitragSo 4. Dez 2016, 11:48

Ich hab' das mal von Wikipedia mitgebracht:

Schiefer

Schiefer (ahd. scivaro; mhd. schiver(e) ‚Steinsplitter‘, ‚Holzsplitter‘; mnd. schiver ‚Schiefer‘, ‚Schindel‘) ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche tektonisch deformierte (gefaltete) und teilweise auch metamorphe Sedimentgesteine. Ihr gemeinsames Merkmal ist die ausgezeichnete Spaltbarkeit entlang engständiger paralleler Flächen, sogenannter Schieferungsflächen, die sekundär durch die Deformation entstanden sind. Jedoch auch undeformierte, meist feinkörnige Sedimentgesteine, die eine solche Spaltbarkeit aufweisen, werden traditionell als „Schiefer“ bezeichnet. Diese Gesteine spalten allerdings entlang ihrer primären Schichtflächen. Von dieser inklusiveren traditionellen Bezeichnung leiten sich z. B. die Begriffe Ölschiefer oder Schiefergas ab, die im streng petrographischen Sinne für einen kohlenstoffreichen Tonstein bzw. das noch in seinem Muttergestein (meist ein solcher kohlenstoffreicher Tonstein) eingeschlossene Erdgas stehen.

In der modernen Petrographie wird „Schiefer“ nur noch für tektonisch beanspruchte Gesteine verwendet. Die traditionelle Bezeichnung hat sich jedoch bis heute in der wissenschaftlichen Literatur gehalten, meist in Form lithostratigraphischer Namen, wie Posidonienschiefer oder Kupferschiefer.


Ich dachte bei Schiefer automatisch an diese anthrazitfarbenen, flachen Chips und Platten. Tatsächlich ist es wohl Sedimentgestein, was sich gut spalten lässt.
Ich werde mich die Tage mal in den roten Hang begeben und der Sache hinsichtlich Spaltbarkeit auf den Grund gehen. Jedenfalls fand ich es gut, dass wir mal darüber gesprochen und den Begriff 'Schiefer' näher beleuchtet haben! :mrgreen:

Wünsche einen schönen 2. Advent
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Bernd Schulz

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Re: Rheinhessen - Diverse

BeitragSo 4. Dez 2016, 12:40

Rhoihessewoi.de hat geschrieben:Ich dachte bei Schiefer automatisch an diese anthrazitfarbenen, flachen Chips und Platten.


An der Mosel spricht man ja gemeinhin auch vom "Roten Schiefer", der sich vom grauen Schiefer klar unterscheidet und einigen Lagen (berühmtestes Beispiel ist der Ürziger Würzgarten) ihren besonderen Charakter verleiht.

Mir scheint, dass sich der allgemeine Sprachgebrauch (und eben auch der Sprachgebrauch der Winzer) in diesem Fall nicht gerade streng am neuesten Stand der reinen Wissenschaft orientiert.

Herzliche Grüße

Bernd
Zuletzt geändert von Bernd Schulz am So 4. Dez 2016, 20:22, insgesamt 1-mal geändert.
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