Lisa Bunn

Während ich die meisten deutschen Anbaugebiete schon mehrfach besucht habe, kannte ich Rheinhessen bislang kaum aus eigener Anschauung. Ich war zwar schon mal vor vielen Jahren in Worms, aber die bezüglich der Rheinfront bestehende Bildungslücke konnte ich erst in den vergangenen Tagen mittels eines Kurzurlaubs in Oppenheim schließen.

Vorher habe ich natürlich im Internet recherchiert, um ein für mich besonders spannendes und zudem auch unter preislichen Aspekten (mir ist dieser Punkt ja meistens nicht ganz unwichtig ) Weingut zu finden. Meine Wahl fiel aus veschiedenen Gründen auf Lisa Bunns aufstrebenden Betrieb, und der Besuch dort erwies sich unter dem Strich als ausgesprochen erfreulich.

Die Lage des Weinguts direkt an der B 9 kann man leider nur als unverdiente Strafe bezeichnen; ich kam zu Fuß aus Oppenheim, bin in Nierstein etwas zu früh an die Bundesstraße geraten und habe die letzten dreihundert oder vierhundert Meter in ziemlich gruseliger Erinnerung. Dafür war der Empfang im Weingut umso herzlicher; die Senior-Chefin Eva Bunn, die für den Verkauf verantwortlich ist, macht ihre Arbeit laut eigener Aussage sehr gerne und hat ersichtlich große Freude am Kontakt mit den Kunden, die - wie ich - innerhalb der im Internet nachzulesenden Öffnungszeiten auch unangemeldet auftauchen können. Man konnte die Weine in einer unprätentiösen und ungezwungenen Atmosphäre ohne Hast probieren - ich kenne genug Betriebe, die sich von einem solchen Verkaufsgebaren eine größere Scheibe abschneiden sollten!

Natürlich habe ich mich nicht durch das ganze Sortiment getrunken, aber eigentlich hätte ich jeden der probierten Weine gerne gekauft. Leider musste ich mich auf jeweils einen Sixpack Riesling vom Rotliegenden und Pinot Noir vom Löss beschränken:






Das "Fleißige Lieschen" (solchen Benamsungen stehe ich ja grundsätzlich sehr skeptisch gegenüber) war ein Geschenk der wirklich ausgesprochen freundlichen "Verkaufsleiterin" und erwies sich als unerwartet gut in seiner Preisklasse:



Auch der andere Ortsriesling "vom Kalkstein" bot ein überzeugendes Gesamtbild, aber insgesamt schien mir der Kollege "vom Rotliegenden" in puncto Mineralität und Spannung die etwas besseren Anlagen zu zeigen.

Außerdem hatte ich, da ein anderer Kunde (der letztendlich nichts mitgenommen hat, aber von Eva Bunn mit bewundernswert unerschütterlicher Geduld und Höflichkeit bedient wurde), das Öffnen einer Flasche Hipping verlangte, die Gelegenheit, diesen Wein als frisch etikettierten 2014er zu probieren. Er wirkte jetzt schon so beeindruckend mineralisch, dass ich mir nur mit Mühe verkneifen konnte, davon wenigstens zwei oder drei Flaschen zu kaufen.

Fazit: Es handelt sich hier um einen wirklich beachtenswerten Betrieb, dessen Besuch ich ohne jeden Vorbehalt empfehlen kann. Schade nur, dass ich die ausgesprochen hübsche Winzerin selber nicht zu Gesicht bekommen habe.....

Herzliche Grüße

Bernd Schulz

Hallo Bernd,

Lisa Bunn habe ich seit dem Jahrgang 2012 auf dem Schirm und bin von der Qualität sowie dem PGV der Weine sehr angetan. In 2014 fand ich allerdings den Riesling „Kalkstein“ (jetzt in der Frühphase) doch deutlich zugänglicher als den „Rotliegenden“, der, Ende Mai probiert, doch ziemlich sperrig daherkam. Könnte aber gut sein, dass der noch richtig kommt, halte ich sogar für wahrscheinlich.

Ganz deiner Meinung bin ich im Bezug auf das „Fleißige Lieschen“, und zwar sowohl was diese Benennung , aber eben auch die Qualität im Glas angeht. Für den Preis ein absolut empfehlenswerter Basisriesling, der richtig Freude macht!

Den Pinot noir habe ich nicht probiert, klingt aber vielversprechend. Mir hat der St. Laurent Barrique sehr gut gefallen, ein kühler, straffer, frischer und dennoch nachhaltiger Roter, den ich sowohl einfach so süppeln, ihn mir aber auch gut zu hochwertigen Schinken oder Wildsalamis oder auch Schmorgerichten vorstellen kann.

Beste Grüße

Da von dem St.Laurent weiter oben die Rede war, reiche ich eine VKN nach:



Für mich ein sehr schöner deutscher Rotwein, kein Schwergewicht, aber auch kein dünnes Weinchen, wirkt sehr balanciert, aromatisch attraktiv, hat gewisse Eleganz und macht einfach viel Spaß. Mit 9,50 ab Werk fair bepreist.

Danke für die VKN, Gaston! Der St. Laurent wurde mir von Eva Bunn auch empfohlen, aber ich habe ihn dann doch nicht probiert. Offenbar war das ein Fehler (der sich aber eventuell noch durch eine Nachbestellung korrigieren lässt)!

Herzliche Grüße

Bernd

Habe mir jetzt auch mal den "Rotliegenden" genauer angeschaut:



Diese deutlichen Minze-Noten gibt es bei Bunn-Weinen öfter, zuletzt im Riesling Orbel 2013 oder 2012, müsste ich jetzt nachschauen. Nach Öffnen der Flasche ist dieser Ton so markant, dass das erstmal irritierend wirkt, mit Luft integriert sich dieses Aroma aber gut, gibt dem Wein aber nach wie vor einen markanten Charakter.

Insgesamt ist der Wein jetzt schon einen Schritt weiter als Ende Mai, als ich ihn bei der Erst-Probe doch ziemlich sperrig fand. Langsam öffnet er sich und zeigt an, wohin die Reise geht. Schöner, mineralisch-herber, kräuteriger Riesling, der in den nächsten Monaten (und vielleicht Jahren?) aus meiner Sicht sicherlich noch zulegt.

Ich sehe gerade, lieber Bernd, dass wir uns bei diesem Wein relativ einig sind

Ich sehe gerade, lieber Bernd, dass wir uns bei diesem Wein relativ einig sind

In der Tat, Gaston - wobei ich auch sonst den Eindruck habe, dass unsere Vorstellungen nicht extrem weit auseinanderliegen...

Diese deutlichen Minze-Noten....

Ich habe den Wein gerade wieder im Glas und finde die Minze-Noten nicht sooo prägnant, aber eine schöne und für mich problemlos nachvollziehbare Assoziation ist das auf jeden Fall! Und noch stärker als vor einem Monat beeindruckt mich die nach hinreichender Belüftung - dieser Riesling sollte momentan wohl am besten dekantiert oder einen Tag vorher geöffnet werden! - sehr deutlich zu Tage tretende Mineralität. Für die knapp einstellige Preisklasse ist die Substanz nach meinen Maßstäben außergewöhnlich gut.

Zum direkten Vergleich habe ich jetzt noch mal den 2014er Cup-Sieger-Gutsriesling von Bürklin-Wolf geöffnet - und der hat mit seinem leicht phenolischen Charakter bei mir nicht den Hauch einer Chance gegen Lisa Bunns "vom Rotliegenden". Womit wir dann wieder bei der Diskussion VDP-Gutswein versus ähnlich gepreistem, aber in der Pyramide höher angesiedeltem Tröpfchen vom besonders qualitätsbewussten Nicht-VDPler wären.....

Herzliche Grüße

Bernd

Im Glas habe ich den 2013 Pinot Noir vom Löss, eleganter, feiner Spätburgunder mit schöner Frucht (hat in der Tat schöne Himbeernoten) und ganz dezenten, perfekt integrierten Barriquenoten, Bernds Beschreibung passt sehr gut, ich würde sogar noch einen Punkt drauflegen, also 89 Punkte, gefällt mir richtig, richtig gut

Gruß

Ralf

Freut mich, Ralf, dass dir der Wein mindestens so gut wie mir gefällt! Ich wollte bei meinem Besuch vor Ort eigentlich gar keinen Roten kaufen, aber auf den ersten Schluck war ich von diesem mit 11 Euronen besonders konsumentenfreundlich gepreisten Pinot so überzeugt, dass ich einen Sixpack mitnehmen musste.

Die Neuholznoten (die laut Website des Weinguts aus 50% Erstbelegung und 50% Zweitbelegung resultieren - was den Wein angesichts der Kosten für die Barriquefässer erst recht besonders preiswert erscheinen lässt!) fand ich auch sehr dezent bzw. äußerst gut eingebunden. Hier wurde offensichtlich mit viel Fingerspitzengefühl gearbeitet.

Newcomern, die in diesem Stil agieren, gehört meine uneingeschränkte Sympathie! Kein Streben nach einem absoluten Exklusivitätsbonus und auch keine damit verbundenen Mondpreise, aber ein gesunder Ehrgeiz und nicht zuletzt ein ausgesprochen zuvorkommender Umgang mit den Direktkunden....*Daumen hoch*!

Herzliche Grüße

Bernd

Im Glas habe ich den 2013 Pinot Noir vom Löss, eleganter, feiner Spätburgunder mit schöner Frucht (hat in der Tat schöne Himbeernoten) und ganz dezenten, perfekt integrierten Barriquenoten, Bernds Beschreibung passt sehr gut, ich würde sogar noch einen Punkt drauflegen, also 89 Punkte, gefällt mir richtig, richtig gut

Nachdem ich Lisa Bunns 2013er Pinot jetzt zum ersten Mal nach dem Rheinhessen-Urlaub erneut probiere, würde ich auch noch mindestens einen Punkt drauflegen! Hier passt einfach alles zusammen, der feinfühlig gehandhabte Neuholzeinsatz erschlägt die delikate Frucht mitnichten, und die durchaus beträchtliche Kraft, die dieser Wein mit sich bringt, geht nicht auf Kosten der Eleganz. Angesichts der geforderten 11 Euro ist die Qualität gnadenlos gut - von renommierten deutschen Erzeugern kenne ich genug Spätburgunder, die zum doppelten Kurs weniger zu bieten haben...

....und was die mir bislang untergekommenen burgundischen Burgunder in der knapp zweistelligen Preisklasse anbelangt ....das sind dann vergleichsweise ungeschliffene Tropfen mit einer eher groben Säure und Tanninstruktur....

Herzliche Grüße

Bernd

Hallo Bernd,

du kannst es ja nicht lassen mit den burgundischen Burgundern aber....Fakt ist: für 11 Euro ist das ohne wenn und aber ein in sich absolut stimmiges, kleines Gesamtkunstwerk, da schließt nichts das andere aus, der hat Kraft..und trotzdem zeigt er diese elegante Seite, der hat Frucht..und trotzdem binden sich die Holznoten wunderbar in diese Frucht ein

Gruß

Ralf