Invest hat geschrieben:Am letzten Donnerstag ff Tage begann die Keller Open. Wie mir berichtet wurde, war der Andrang noch nie so gross wie in diesem Jahr. Ich selbst bin nicht hingefahren. Schade, dass hier niemand von seinen Eindrücken zu den Weinen berichten kann oder mag.
Gruss
Christian
Ich war gleich am Donnerstag bei den Kellers.
Der Andrang war in der Tat riesig, halb Flörsheim-Dalsheim zugeparkt mit Luxuskarossen, lange Schlangen vor dem Büro und vor der Warenausgabe.
Mich hat schwer beeindruckt, mit welcher Herzlichkeit Julia Keller die Massen in Empfang nahm. Das Publikum hätte mich als Gastgeber vermutlich schnell zur Weißglut gebracht.
Eine Horde an gutbetuchten Etikettentrinkern, die mitsamt Kind und Kegel, allesamt im feinsten Zwirn gekleidet, vom letzten Golfurlaub in Marbella erzählen, nebenbei ein paar oberflächliche Kommentare zu den Weinen abgeben. Ich habe Sätze aufgeschnappt wie "lecker, schön beerig, mit Anklängen an Frucht".
Die gesamte Szenerie wirkte ein bisschen wie ein Haufen Laienschauspieler auf einem Filmset für den neuesten Raffaelo-Werbespot...
Zu den Weinen, natürlich alles unter dem Vorbehalt des frühen Zeitpunkts und der rummeligen Verkostungssituation:
Ich war trotz großer Erwartungshaltung beeindruckt, WIE kühl und schlank sich die 2018er präsentieren, die zwischen 11,5% - 12,5% Vol bei den trockenen Weinen liegen. Kein störendes Zuckerschwänzchen, keine Überreife, sehr schön eingebundene präzise (aber nicht grüne) Säure. Wer den Jahrgangsbericht der Kellers gelesen hat, weiß warum. Felix erzählte mir noch, dass ein weiterer wichtiger Bestandteil das absolut vorsichtige Abpressen der Moste war, um allzu harte Bitterstoffe auszuschließen.
Der 2018er von der Fels erschien mir bereits jetzt viel harmonischer, als der 2016er noch vor ein paar Wochen (2017 habe ich noch nicht angetrunken, daher keine Vergleichsmöglichkeit).
Kirchspiel & Hubacker natürlich mit etwas mehr Substanz, wirkten aber ebenfalls sehr filigran für diesen warmen Jahrgang. Ich finde es sehr schwierig, das wahre Potenzial mit so kleinen Probeschlückchen zu ergründen, ohne sich über ein paar Gläser hinweg in Ruhe mit dem Wein beschäftigen zu können.
Es wurde hier im Forum ja schon mehrfach diskutiert: 2018 ist auch mir leider vielerorts zu restsüß, zu alkoholschwanger, oder zu lasch in der Säure ausgefallen - und die hohen Erträge führten häufig zu eher geringem Gesamtsextrakt. Die ersten drei Punkte würde ich bei den Kellers ausschließen, die Weine haben eine tolle Balance. Aber beim ersten Schluck Kirchspiel dachte ich "für ein GG nicht schlank, sondern fast skinny" - aber mit sehr feiner Phenolik. Das wird schon werden, so wie ich KPK einschätze... Hubacker wie gewohnt mit etwas mehr Fülle, aber immer noch sehr schlank und kühl im Gesamteindruck. Sehr gut gefiel mir auch die Cuvee "Vom muscheligen Kalk" mit seiner leicht rauchigen Mineralik.
Insgesamt eine sehr stimmige Kollektion mit geringem Trinkwiderstand. Meinen Geschmackspräferenzen kommt das sehr entgegen. Ob das auch groß ist, wird sich jedoch erst zeigen. Am Ende werden sich jedoch sehr wahrscheinlich - wie so oft auch - 2018er Keller-Weine in der Jahrgangsspitze wiederfinden.
Viele Grüße,
Mahatma