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Veltlin / Valtellina

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mixalhs

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Re: Veltlin / Valtellina

BeitragMo 7. Apr 2014, 22:47

Nino Negri, Inferno 2009

Das ist die einfache Variante, nicht die gehobene Version "Inferno Mazer". Die mag zwar besser sein, aber das Etikett des einfachen Inferno ist unschlagbar.

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Weinbertl

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Re: Veltlin / Valtellina

BeitragDi 8. Apr 2014, 07:54

mixalhs hat geschrieben:Fazit: Ein Wein, der ein bisschen aus der Welt gefallen zu sein scheint. Das ist nicht nur das Etikett, sondern auch der Geschmack: ein Wein, der Essensbegegleiter sein möchte, der für sich genommen wenig hermacht, der kein crowdpleaser, kein showfreak und auch kein Parker- oder Falstaff-Liebling sein kann, der abereinen echten Nostalgiefaktor besitz und an alte Zeiten erinnert.


Ich habe bisher aus der Region nur Weine von zwei Erzeugern kennengelernt (Negri und Rainoldi) aber Dein Fazit trifft genau mein Empfinden für diese Weine. Das sind grundehrliche Weine, die sich um den (Wein-)Zeitgeist wenig scheren und das gefällt mir sehr. Gerade als Essensbegleiter scheinen sie gut zu funktionieren, z. B. wurde ein Ossobucco von einem Valtellina Superiore Grumello (Rainoldi) wunderbar begleitet.
Grüße
Robert
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mixalhs

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Re: Veltlin / Valtellina

BeitragDi 8. Apr 2014, 08:20

Nino Negri macht auch eine andere - teurere - Linie, die sich mehr am Zeitgeist orientiert. Sowohl von Inferno als auch von Fracia gibt es eine Prestige-Variante, preislich etwas höher angesiedelt und in schwererer Flasche. Diese Fracia hat mir auch gefallen; die einfache Version ist in Deutschland leider nicht zu bekommen. Dann gibt's noch die Weine aus angetrockneten Trauben, Sfursat, in der Machart an Amarone aus dem Veneto erinnernd, die gut sei können. Der letzte Sfursat, den ich hatte, ein 2007er, war allerdings marmeladig, breit und plump.

Wer die Klassiker sucht, findet die sie in der Produktliste von Nino Negri hier:

http://www.ninonegri.net/eng/prodotti_s ... llina.html

Und wenn jemand eine Quelle für Fracia aus dieser Serie (also in der Bdx-Flasche, für die Prestige-Variante in der Burgunderflasche gibt es reichlich Bezugsquellen) findet, schicke sie/er mir bitte eine Nachricht.

Beste Grüße, Michael
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mixalhs

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Re: Veltlin / Valtellina

BeitragDi 8. Apr 2014, 08:29

Weinbertl hat geschrieben: Ich habe bisher aus der Region nur Weine von zwei Erzeugern kennengelernt (Negri und Rainoldi) aber Dein Fazit trifft genau mein Empfinden für diese Weine.


ArPePe pflegt einen ähnlichen Stil. Wenn man den mag, sollte man die Weine mal probieren. Man kann sie auch in Deutschland kaufen.
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olifant

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Re: Veltlin / Valtellina

BeitragDi 8. Apr 2014, 09:28

mixalhs hat geschrieben:ArPePe pflegt einen ähnlichen Stil.


Aber besser ;)
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
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Weinbertl

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Re: Veltlin / Valtellina

BeitragDi 8. Apr 2014, 11:27

mixalhs hat geschrieben:Der letzte Sfursat, den ich hatte, ein 2007er, war allerdings marmeladig, breit und plump.


bei mir war es ein 2004 5Stelle Sfursat von Negri, das war auch meins nicht. Aber wie Du schon geschrieben hast, sind es ja eh die Weine aus der unteren-mittleren Produktkategorie, die ihren besonderen Reiz haben.
Grüße
Robert
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drmamue

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Re: Veltlin / Valtellina

BeitragSo 24. Aug 2014, 11:16

Hallo zusammen!

Die Ausgangslage: Sommerurlaub am Comer See, der feste Vorsatz, eine Probe von Valtellina-Weinen machen zu wollen und eingeschränkter Platz im Kofferraum.

Die Lösung: Drei Lagen, zwei Erzeuger und ein Sfursat, dazu ein Pegelwein. De Wahl fiel auf die einfache, vorwiegend für den heimischen Markt bestimmte Serie von Nino Negri (bei den verschiedenen Produktlinien den Überblick zu behalten, ist nicht so einfach) und Riservas von Plozza (ein Interessantes Unternehmen mit Hauptsitz nicht in Tirano, wie auf den Flaschen notiert, sondern wenige Kilometer weiter hinter der Grenze in Brusio im Puschlav, das sowohl Bündner Weine als auch Weine aus dem Veltlin und Franciacortas anbietet), die man vorwiegend in der Schweiz bekommt, die aber doch bei einem kleinen Händler in Sondrio zu kaufen waren.

Die Ziele: Einen einigermaßen qualifizierten Eindruck vom Gebiet zu bekommen und dabei Antworten auf die Frage näher zu kommen, ob es denn bei Nebbiolo aus der Steillage so etwas wie Lagen- oder Bereichstypizität gibt. Der große Johnson sagt dazu übrigens nein und liegt damit - soviel darf ich schon vorwegnehmen - ziemlich falsch.

Also kamen wir in sehr kleiner Runde (Michael Quentel, Carsten Klemann und ich) zusammen und probierten:

0. als Pegelwein (und als einzigen Wein des Abends blind): Nino Negri, Chiavennasca (IGT Terrazze Retiche die Sondrio) 2013 - weiß gekeltert(!): Ein Traumwein für jede Blindprobe. Auf weiß gekelterten Nebbiolo muss man erstmal kommen. Dabei präsentierte sich im Glas ein durchaus charaktervoller Bursche, knackig, frisch und säurebetont, mineralisch und leicht rotfruchtig in der Nase, ein schöner Alltags- und Terrassenwein (und genau dafür ist er auch gedacht) - 83/100

Die folgenden Weine wurden lagenweise parallel probiert:

1. Nino Negri, Inferno (wie alle folgenden auch Valtellina Superiore DOCG) 2010: hellrot mit bräunlichen Reflexen am Rand, in der Nase erst Waldboden und Leder, mit etwas Luft dann Himbeere und andere Rotfruchtnoten, am Gaumen leicht, direkt mit angenehmer Säure und wenig Tannin, dunkle Frucht, etwas Bitterschokolade, gut strukturiert, sehr trinkig (solo, aber auch zum Essen) und angenehm verspielt - 86/100

2. Plozza, Inferno Riserva 2010: bräunliches Rot, in der Nase Brombeer-, Kirsch- und Kräuternoten, man riecht auch Holz, am Gaumen fester, kraftvoller und ernsthafter, am Gaumen Schwarzkirsche und Brombeere, merkbares, aber reifes Tannin, sehr gut strukturiert - 88/100

Es folgten:

3. Nino Negri, Grumello 2010: von der Farbe vergleichbar zu 1, aber etwas dunkler, in der Nase wiederum im Prinzip vergleichbar zu 1, aber voller und intensiver, am Gaumen voller und fruchtiger, im Abgang mit Bitternote, weniger strukturiert und fein, dafür voller, eine (für Sorte und Herkunft) ziemliche Wuchtbrumme - 85/100

4. Plozza, Grumello Riserva 2009: wiederum dunkler als sein Pendant aus dem Inferno, in der Nase mehr Kirsche als Brombeere sowie Holznoten, am Gaumen kraftvoll und fest, mit dem deutlichsten Tannin von allen Weinen, hier auch etwas pelzig, später hellrote Frucht, tadellos strukturiert und lang. Nach meinem Eindruck der Wein mit dem meisten Potential - 90/100

und zuletzt:

5. Nino Negri, Sassella 2010: mittelrot mit Wasserrand, in der Nase anders als seine Vorgänger Noten von Pflaume, Orangenschale, Tee und Nelken, am Gaumen sofort offen und recht fruchtlastig (Kle: "Die Nackte mit dem Handstand"), dennoch (als einziger der Negri-Weine) mit merkbarem Tannin, hat Struktur und macht mir totalen Spaß - 88/100

6. Plozza, Sassella Riserva "La Scala" 2009: mittleres Rot, in der Nase fruchtiger und offener als seine Kollegen aus Inferno und Grumello, ebenso am Gaumen, aber auf Kosten der Struktur. Sehr zugänglich und durchaus Freude bereitend, aber hier fehlt mir etwas - 85/100

Ist die Ausgangsfrage beantwortet? Ja, es gibt bei aller grundsätzlichen Ähnlichkeit zwischen den Lagen/Bereichen klare Unterschiede, die auch bei verschiedener Stilistik der Erzeuger deutlich werden. Inferno präsentierte sich dem Namen zum Trotz eher fein und verspielt, Grumello eher fest und kräftig und Sassella eher fruchtig-elegant. Insgesamt scheinen sie mir bei leichterem Körper als ihre piemontesischen Kollegen doch durchaus sortentypisch zu sein.

Dann gab es noch einen Sfursat:

7. Nino Negri, Sfursat 2009: tiefrote Farbe, in der Nase sehr dicht, es dominieren gekochte Früchte (Rumtopf, Mon Cheri), am Gaumen voll, aber alkoholisch mit wenig Tanninen, Länge ist da, Struktur weniger. Ein Wein, der mich etwas ratlos hinterlässt - 85/100

Zum endgültigen Abschluss gab es dann noch einen 2001er Muskat Ottonel Schilfwein vom Angerhof Tschida aus dem Burgenland, aber das ist eine andere Gschicht.

Viele Grüße
Markus
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Kle

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Re: Veltlin / Valtellina

BeitragDi 26. Aug 2014, 19:40

Hallo Markus,

herzlichen Dank für diese Probe und die kulinarische Begleitung mit unter anderem köstlichen, fleischigen Pfifferlingen.
Es gehört auch für mich zu den schönsten Reiseabenteuern, Weine zu entdecken, auf die ich im Alltag kaum stoßen würde und die zu Hause noch schmecken. Ich war ja auf ähnlicher Route wie du nach Como unterwegs und habe u.a. im schweizerischen Maienfeld Basis-Gewächse probiert. Allein das Gefühl, handwerklich Einwandfreies zu trinken, das in seiner Nische womöglich Überraschendes bewahren konnte, machte Lust auf eine intensivere Beschäftigung mit dem „eingeborenen“ Stoff. Leider habe ich es nicht geschafft, aber du…
In Beiträgen weiter oben wurde schon der Eindruck beschrieben, Weinen wie die aus Valtellina würden weniger auf internationale Moden setzen und ihrer regionalen Typizität treu bleiben. Ohne das genau beurteilen zu können, schmeckten sie bei der Probe in Itzehoe auf jeden Fall eigenständig und provozierten – obwohl Pinot-Assoziationen aufkamen – keine Vergleiche mit anderen Anbaugebieten. Der weiße Nebbiolo (85P) gleich zu Beginn offenbarte die geschmacklichen Reize purer Säure. Auf dem Hintergrund dieses sehr trockenen, fruchtarmen Weines konnte sie sich voll etablieren und zeigte, dass vermeintlich Übertriebenes, ähnlich wie große Schärfe im Essen, unter Umständen oder für bestimmte Leute speziellen Genuss bereiten kann.
Weitaus gefälliger, mit vollmundigem Fruchtschmelz und guter Struktur: Inferno superiore von Negri aus 2010 (86). Überhaupt nicht langweilig. Die gezügelten Kräfte, die innere Strenge des Inferno Riserva von Plozza (88) gegenüber der verspielten Illuminität des Negri-Inferno waren interessant. Später verdichtete sich beim Plozza ein dunkler Kern, eine tanninige Aromawolke, von der ich gern gewusst hätte, ob sie sich irgendwann auflöst.

Der Stil beider Grumello (86) behagte mir nicht ganz. Schön die delikate Bitternoten beim Nino Negri. Die gewisse Vielschichtigkeit und der am Tisch konstatierte Druck des Grumello Riserva von Plozza , fand ich aber nicht sooo imponierend. Die Frucht mutete irgendwie gallertartig an und mich störte ein pappiger Beigeschmack.

Auch über Sassella (86 und 87) gab es differente Meinungen. Es waren die vielleicht ungewöhnlichsten Tropfen des Abends, weil ihnen tiefere Architektur fehlte. Sie fokussierten sich auf ihre fruchtige Oberfläche. Aber warum nicht, wenn sich dort ausreichend abspielt. Letzteren Endruck hatte ich besonders beim La Scala: Dass hier beim längeren Nachschmecken ein recht komplexes Aromenspiel zu beobachten ist. Beizeiten zog sich der Wein aber auch zurück und wurde allzu dünn.
Zum Sfursat kann ich deiner Beschreibung nichts hinzufügen. So schmeckt es vielleicht, wenn Phil Spector Winzer wäre und er an einem Wein zu sehr herumgedoktert hat.

Erstaunlich, wie gut sich die Anbaugebiete voneinander abgrenzen ließen, so dass mir schon der abwegige Gedanke kam, die Winzer hätten sich abgesprochen.

Alles Gute für den nächsten Urlaub und hoffentlich denkst du wieder an uns!

Gruß, Kle
—People may laugh as they will—but the case was this.
Tristram Shandy
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mixalhs

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Re: Veltlin / Valtellina

BeitragMi 27. Aug 2014, 06:36

Die Ratlosigkeit beim Sfurzat von Negri kann ich gut nachvollziehen. Wir hatten den Wein, allerdings Jahrgang 2007, vor einem Jahr in einem Restaurant in Oslo als Begleiter zu Rentier bzw. Lamm: dick, marmeladig, satt machend. Vorteil: jeder trank nur ein Glas und niemand kam auf die Idee, noch eine weitere Flasche zu ordern (was angesichts der Getränkepreise in Norwegen dann doch sehr angenehm war).
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drmamue

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Re: Veltlin / Valtellina

BeitragDo 28. Aug 2014, 20:16

So schmeckt es vielleicht, wenn Phil Spector Winzer wäre und er an einem Wein zu sehr herumgedoktert hat.


:lol:

Lieber Kle,

danke!!!
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