Fr 31. Dez 2010, 20:13
Friulaner Weinen gehört ein ganz spezieller Platz in meinem Weinherzen! Als Einstieg möchte ich euch einen Wein vorstellen, mit dem mich besonders viel verbindet. Ich bin vor ca 20 Jahren über einen Freund, der viele Jahre in der Provinz Triest einen zweiten Hauptwohnsitz hatte und den es jetzt in die Provinz Treviso verschlagen hat, zu diesem Weingut gekommen. Es war mein erstes friulanisches Weingut, das ich besuchen durfte.
Damals lebten noch die Eltern von Roberto, Vater Egidio und Mutter Jelka (slowenisch für Gabriele). Roberto hat nie eine Weinbauschule besucht und das Weinmachen von seinem Vater erlernt. Letzterer hatte sich im Alter mehr dem Weintrinken verschrieben. Roberto war zu dieser Zeit für die ersten Jahrgänge verantwortlich. Schon damals zeigte er, was er konnte. Wunderbare, typische Collio Weine mit Frucht und Kraft. Egidio, dem Rebellen, waren diese Wein etwas suspekt. Er gab sich lieber dem Haustrunk hin und saß tagein, tagaus auf einem alten und zerschlissen Stuhl vor dem Haus. Mutter Jelka kümmerte sich um den Haushalt und war nur ganz selten vor dem Haus zu sehen.
Vor ca 15 Jahren verstarb Jelka vollkommen unerwartet. Robertos ältere Schwester musste sich dann um den schon stark vom Wein gezeichneteten Vater kümmern. Egidio verstarb bald nach seiner Frau. Roberto hatte bereits die offizielle Führung des Weingutes übernommen und setzte unbeirrt seinen Weg fort.
Genug der Vorrede, jetzt (endlich) zum Wein, den ich euch heute vorstellen darf:
Collio Bianco Jelka DOC von Roberto Picech "Le Vigne del Ribel" aus Pradis bei CormonsEs gibt mehrere Gründe, weshalb ich euch gerade diesen Wein präsentieren will:
1. "Le Vigne del Ribel" was soviel wie "Die Weingärten des Rebellen" bedeutet ist die Erinnerung an den Vater, von dem behauptet wird, er habe sich im 2. Weltkrieg den Partisanen angeschlossen. Jedenfalls wurde Egidio von allen wegen seines Sturkopfes nur der Rebell genannt.
2. "Jelka" ist die Erinnerung an die Mutter. Sie hatte es unter dem Rebellen sicher nicht immer leicht.
3. "Collio Bianco" ist ein vor gut 10 Jahren ins Leben gerufenes Projekt, unter einer Dachmarke gebietstypische Weine herzustellen. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Cuvees. Dieses Projekt hat in der italienischen Weinszene durchaus große Beachtung gefunden.
4. Der Wein besteht aus typischen Rebsorten des Collio, Ribolla Gialla, Friulano (ex Tocai Friulano) und Malvasia.
5. Der Jahrgang 1999 war der erste, für welchen Roberto "Tre Bicchieri" im Vini d'Italia verliehen wurden.
Aktuell habe ich den 2007er verkostet. Ein Korb geber Früchte (Aprikosen, Pfirsich) gepaart mit floralen Noten (Liguster, Rose etc). Nach einer längeren Maischestandzeit (gut eine Woche) kam der Wein für ca 10 Monate in Barriques und wurde dann ins große Holzfass abgefüllt. Dies verleiht dem Wein eine sehr schön eingebundene Holznote, ohne hervorstechend zu sein. Der Wein hat 14% VOL, was für dortige Weißweine nichts Außergewöhnliches ist. Dieser Wein ist ein sehr schönes Beispiel für einen gebietstypischen Weissen, der alles andere als eindimensional ist. Egidio wäre dieser Wein zu komplex gewesen
.
P.S.:
Roberto macht auch einen Collio Bianco Athena. Athena ist seine Tochter. Typisch italienischer Frauenversteher
.