Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
Bernd Schulz
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Fr 25. Feb 2011, 20:37
"Ehrlicher" Bioweinbau wäre nach meinem Verständnis ja eigentlich nur, wenn man ausschließlich pilzresistente Sorten verwendet
Um "Ehrlichkeit" im Sinne von absoluter Konsequenz geht es mir bei der ganzen Biothematik nicht wirklich (ebensowenig wie bei der "Naturwein"frage). Zwischen Schwarz und Weiß gibt es noch etliche Graustufen, und ich bin froh über jeden kleinen Schritt, der vom Schwarzen wegführt, auch wenn auf der anderen Seite dann doch wieder Kompromisse nötig werden. Mitnichten kaufe ich nur Bioweine, aber ich bin mir sicher, dass die ganze Biobewegung hierzulande eine deutliche Kehrtwende in Bezug auf den hemmungslosen Gebrauch von Spritz- und Düngemitteln gebracht hat. Auch der konventionelle Weinbau von verantwortungsvollen Erzeugern sieht heute diesbezüglich anders aus als noch 25 Jahren, und das ist meiner Meinung nach schon ein Teilverdienst derjenigen, die immer wieder über "Bio" und eben auch Biodynamik nachgedacht haben. Beste Grüße Bernd
octopussy
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Di 31. Mai 2011, 13:09
Ich bin auf das folgende Buch aufmerksam geworden: Monty Waldin's Biodynamic Wine Guide 2011. Hat schon jemand reinschauen können?
Beste Grüße, Stephan
ChezMatze
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Mi 20. Jul 2011, 15:39
Der letzte Beitrag ist zwar schon eine Weile her, und nein, ich habe das Buch von Monty Waldin auch nicht gelesen, bin dafür aber auf einen nichtgeschwefelten (respektive nicht-sulfitierten, oder wie sagt man das korrekt?) Wein gestoßen. Und zwar auf den ersten in einer langen Reihe, der für meinen zugegeben etwas traditionellen Weingeschmack keinerlei sensorische Fehltöne aufweist. Es ist der 2007er Saint-Chinian Coccigrues von Yannick Pelletier. Auch biodynamisch, soweit ich weiß, aber noch in der Umstellungsphase und deshalb nicht zertifiziert. Ganz klassische St-Chinian-Nase nach dunklen Beeren, Garrigue und Schieferstinker, am Gaumen voll, tief, weiterhin schöne Beerenfrucht, angenehm bemessene Säure für die südliche Lage und ein gut präsentes, sich im Einbinden befindliches Tannin. Ich konnte es erst gar nicht glauben, dass es sich tatsächlich um einen " Vin Naturel" halten soll, und doch ist es so. Bislang konnte ich mich zwar sehr für die naturnahe und wie auch immer zertifizierte und ausgestaltete Anbaumethode erwärmen, aber - ähnlich sicher wie die meisten hier - waren mir "unbehandelte" Weine meist geschmacklich und qualitativ etwas unterbelichtet. Ich habe den Wein mal zum Anlass genommen, mir mal ein paar generelle Gedanken zum Thema zu machen ( http://chezmatze.wordpress.com/2011/07/ ... wein-sein/). Zugegeben, ich bin da gedanklich noch nicht durch. Aber mich würde es - wie in dem Artikel auch geschrieben - sehr interessieren, wer denn solche Experimente mit großer Umsicht und Konsequenz schon mal angegangen ist. In Deutschland wohlgemerkt. Ich bin ja momentan in Köln, da wäre mir Österreich zum Vorbeifahren ehrlich gesagt ein wenig weit...
Markus Vahlefeld
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Mi 20. Jul 2011, 16:53
Der einzige, der mir spontan in D einfällt, ist PJ Kühn. Ob der Schlehdorn wirklich komplett ohne Schwefel abgefüllt wurde, kann ich aber mit Sicherheit auch nicht sagen. Dass aber sein Amphorenwein, der im Nov. 2011 in den Verkauf kommt, schwefelfrei abgefüllt wird, glaube ich zu erinnern.
octopussy
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Mi 20. Jul 2011, 17:57
ChezMatze hat geschrieben:Zugegeben, ich bin da gedanklich noch nicht durch. Aber mich würde es - wie in dem Artikel auch geschrieben - sehr interessieren, wer denn solche Experimente mit großer Umsicht und Konsequenz schon mal angegangen ist. In Deutschland wohlgemerkt. Ich bin ja momentan in Köln, da wäre mir Österreich zum Vorbeifahren ehrlich gesagt ein wenig weit...
Hallo Matze, mir ist auf Anhieb niemand eingefallen. Wenn du jemanden für ein Experiment begeistern willst, fällt mir aber das Weingut Ziereisen ein. Es wird da laut eigenen Angaben keine Chemie im Weinberg eingesetzt, und die Weine werden spontan vergoren. Als "Verfälschung" hat man natürlich bei einigen Weinen das Barrique. Soweit ich mich erinnern kann, wird bei Ziereisens erst ganz kurz vor dem Abfüllen geschwefelt und nur sehr wenig. Du könntest also mal fragen, ob sie als Experiment vor der regulären Abfüllung und vor dem Schwefeln nicht ein paar Flaschen ungeschwefelt abziehen könnten. Im Übrigen glaube ich, dass ungeschwefelte oder nur minimal geschwefelte Weine in Deutschland deshalb nicht so verbreitet sind, weil mehr Weißwein erzeugt wird und dieser laut Wikipedia ( http://de.wikipedia.org/wiki/Schwefelung) üblicherweise mehr Schwefel zur Konservierung benötigt als Rotwein.
Beste Grüße, Stephan
Chris
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Do 21. Jul 2011, 10:12
Da diese Diskussion ja im Thread biodynamischer Weinbau steht, wollte ich nur anmerken das biodynamisch nicht bedeutet das ohne Schwefel gearbeitet wird. Auch wenn diese Weine in der Regel deutlich weniger Schwefel enthalten, wie Weine aus konventionellen Anbau. Die mir bekannten Winzer verzichten vor allem auf Grund der Haltbarkeit und Stabilität nicht komplett auf den Einsatz von Schwefel.
Das hängt natürlich auch ein wenig vom Weintyp ab. Wie in dem Wiki Artikel schon geschrieben, benötigt Weißwein in der Regel mehr Schwefelzusatz. Süssweine benötigen am meisten, da durch die Edelfäule sonst unerwünschte Prozesse in Gang gesetzt werden.
Analysedaten von Winzern, die ohne Schwefelzusatz arbeiten, haben gezeigt das immer noch sehr geringe Mengen (in der Regel unter 20mg) Schwefel vorhanden sind.
Zuletzt geändert von Chris am Do 21. Jul 2011, 11:51, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße, Chris
ChezMatze
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Do 21. Jul 2011, 11:33
Hallo zusammen, da ich mit einem biodynamisch arbeitenden Winzer verwandt bin, diskutieren wir natürlich oft über das Thema. Und danke für die Klarstellung, Chris, ich fand nur diesen Thread am geeignetsten, weil ich dachte, dass hier die "richtigen" Leute vereint sind Selbstverständlich bin ich nicht gegen die Verwendung von Schwefel in angemessener Dosis. Logisch. Auch ist die Weinbergsarbeit bei der Biodynamik ja gerade deshalb besonders intensiv, weil man sich um einen Gleichklang von Natur ("Werden") und Kultur ("Pflege") bemüht. Andererseits kenne ich Winzer (in Frankreich), die weitgehend konventionell arbeiten und dann dennoch schwefelfrei abfüllen, weil es "en vogue" ist. Also: Keinen Schwefel zuzugeben, hat für mich erst einmal nichts Wertendes. Eher etwas Experimentelles. Kühn und Ziereisen sind zwei Namen, die mir natürlich auch eingefallen sind. Ganz subjektiv und ohne dass ich's tatsächlich weiß, schmeckte für mich die "Amphore" schwefelfrei (da kenne ich nur die 2005er) und der "Schlehdorn" schwefelarm. Kann aber bei 20 mg oder gar noch weniger eher eine Frage der Schwankung des natürlichen Schwefelanteils sein. Ich habe sogar von ein paar der "schwefelfreien" französischen Winzer gehört, dass sie sogar freiwillig "contains sulfites" aufs Etikett schreiben. Sie sagen, dass sie nicht garantieren können, dass der natürlicherweise enthaltene Schwefel tatsächlich unter der gesetzlichen "schwefelfrei"-Grenze liegt. Und bevor sich da jemand aufregt, schreiben sie's pro forma halt drauf...
Flordw
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So 28. Aug 2011, 19:33
Habe mir das ganze gerade mal durchgelesen und mir war bis dato gar nicht bekannt, welchen wichtigen Bestandteil Kupfer bei biodynamischen Weinbau einnimmt. Das finde ich sehr interessant. Da werde ich mich gleich noch viel intensiver informieren.
Sebastopol
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Do 5. Apr 2012, 21:54
Hi, sorry wenn ich diesen alten Thread noch mal aufkoche, aber meine Frage schien hier passend:
Bei den sogenannten Vin Naturel wird dauernd von einer "sehr niedrigen" Schwefelgabe gesprochen, wenn überhaupt mal Zahlen genannt werden, dann irgendwas zwischen 30 und 40mg/l. Weiß evtl. jemand hier, ob sich das auf die Gesamtmenge Schwefel, oder aber auf den freien Schwefel bezieht?
"A German wine label is one of the things life's too short for, a daunting testimony to that peculiar nation's love of detail and organization." Kingsley Amis Everyday Drinking
Gerald
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Do 17. Mai 2012, 19:14
Am 3. Juni findet übrigens in Wien (open air am Nussberg, wenn das Wetter mitspielt) eine spannende Veranstaltung mit 15 Demeter-Winzern statt, quasi dem "harten Kern" des biodynamischen Weinbaus in Österreich: Salomon - Oberstockstall Wimmer-Czerny - Fels am Wagram Weingut Sepp Moser - Rohrendorf Nikolaihof - Wachau Weingut Schönberger - Mörbisch Meinklang - Pamhagen Michael Andert - Pamhagen Weingut Oggau - Oggau Hager Matthias - Schönberg/Kamp Weingut Hajszan- Wien Weingut Muster - Leutschach Weingut Werlitsch - Leutschach Weingut Tauss - Leutschach Weingut Köllan- Gols Franz Thometitsch - Oggau Weingut Schnabel - Gleinstätten Weingut Riemel - Retz Weingut Zwölberich - Deutschland Leider hat man ein bisschen den Eindruck, dass man an Publikum gar nicht mal so sehr interessiert ist: die Liste der Weingüter war nirgends im Web zu finden, die Eintrittskarten (20 Euro) muss man im Vorverkauf organisieren etc. Oder die "Biodynamiker" schweben in so hohen Sphären, dass sie an ganz einfache Erleichterungen für den potenziellen Besucher nur nicht gedacht haben? http://www.demeter.at/news/Winzer_Veran ... _Juni_2012Grüße, Gerald
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