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Biodynamischer Weinbau

Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
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Weinzelmännchen

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Re: Biodynamischer Weinbau

BeitragFr 12. Jul 2013, 09:34

Alas hat geschrieben: Im Ergebnis wuchs dann das Getreide auf einer quasi neutralen, leblosen Masse mit künstlicher Ernährung, entsprechend kränklich, ( und meistens zu hoch und instabil, wofür man dann Halmverkürzer einsetze ) was dann wiederum Pestizide benötigte, und vor allen Dingen, kam es zu einer radikalen Veränderung der angebauten Arten. Alte Sorten passten nicht mehr dazu, die Saatzuchtbetiriebe stellten im Eiltempo neue Sorten zur Verfügung. Eine nach der nächsten versprach bessere Ergebnisse, und brachte diese dann auch unter diesen industriellen Bedingungen -> Masse statt Klasse, (Geschmack? war und ist uninteressant, denn das gleicht dann der Bäcker mit seinen Mitteln aus, wie der Winzer im Keller, oder?)
Und hier liegen dann wohl die Parallelen zwischen dem Getreideanbau und dem Weinanbau im Besonderen, erkenntlich am höchsten Pestizidverbrauch.



Alas hat damit in meinen Augen schon recht. in der Oststeiermark gibt es ein ganz interessantes Projekt, und zwar wird der natürliche Humusaufbau wiederbelebt. Ich habe mich vor einiger Zeit damit auseinander gesetzt und finde den Ansatz sehr bemerkenswert. So heisst es hier zum Pestizideinsatz im dem Weinbau durchaus vergleichbaren Getreideanbau:

"Im Getreidebau kann ab sofort auf den gesamten Pestizideinsatz verzichtet werden - es wird also nur mehr angebaut und geerntet. Im Vergleich dazu sind im konventionellen Getreidebau bis zu 4 Arbeitsgänge erforderlich:
- Herbizid gegen Unkraut
- Insektizid gegen Getreidehähnchen
- Halmverkürzer
- Fungizid gegen Mehltau"

Wen es interessiert :arrow: http://www.oekoregion-kaindorf.at/index.php/arbeitsgruppen/ag-landwirtschaft/humusaufbau-projekt
MvG
(Mit vinophilen Grüssen)

Daniel
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Markus Vahlefeld

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Re: Biodynamischer Weinbau

BeitragFr 12. Jul 2013, 09:37

Gerald hat geschrieben:Im Labor dagegen hat der biodynamische Wein schon gepunktet: Chemische Untersuchungen des Mosts zeigen: Er hat tatsächlich einen leicht höheren Zuckergehalt als seine Konkurrenten. Und der ist ein Anzeichen für guten Geschmack.

[/quote]
Das Zitat vom hr ist natürlich Populärjournalistik und völliger Quark.

Ich hatte bereits Gerog Meissner angeschrieben, der für die Studie, die unter Leitung von Randolf Kauer erstellt wurde, durchgeführt hat. Leider sind wohl bisher keine Ergebnisse veröffentlicht. Vielleicht weiss aber jemand hier im Forum mehr...?

Ich bleibe dran...
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Alas

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Re: Biodynamischer Weinbau

BeitragFr 12. Jul 2013, 10:13

Hallo!

Vielleicht ist ja zufällig hier etwas passendes zu finden:

Raupp, Joachim und Oltmanns, Meike (2006) Soil properties, crop yield and quality with farmyard manure with and without biodynamic preparations and with inorganic fertilizers. In: Raupp, Joachim; Pekrun, Carola; Oltmanns, Meike und Köpke, Ulrich (Hrsg.) Long-term Field Experiments in Organic Farming.. ISOFAR Scientific Series, Nr. 1. Verlag Dr. Köster, Berlin, S. 135-155.

Raupp, Joachim und Oltmanns, Meike (2006) What will long-term experiments deliver? Key results of 12 experiments on different continents. In: Aspects of Applied Biology, Assoc. Applied Biologists, 79, S. 89-92.

Raupp, J. und Oltmanns, M. (2008) Organically fertilized plants can manage water-limited growth conditions better than minerally fertilized plants. Results from a multi-year experiment. In: Proceedings of the 17th International Symposium of CIEC, NRC, Cairo, Egypt, S. 159-164.

http://www.biodynamics.in/prepsandsoil.htm

http://orgprints.org/17637/3/Doering_17637.pdf

http://www.forschungsring.de/publikatio ... nload.html

Gruß

Alas
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MichaelWagner

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Re: Biodynamischer Weinbau

BeitragFr 12. Jul 2013, 16:33

@Alas: zum Thema Aufklärung des Kunden: Pflanzen (auch Wein) müssen leider gegen Pilze "geimpft" werden. Sowohl im konventionellen als auch im Bio-als und biodynamischen Weinbau werden daher Fungizide eingesetzt. Deine Pestizid-Bilanz kommt also nicht nur aus dem konventionellen Weinbau. Das war es, was mich eigentlich gestört hat. Der Unterschied lediglich in der Mittelauswahl. Während im konventionellen Weinbau synthetische mittel eingesetzt werden, benutzt man im Bio- oder biodynamischen weinbau Netzschwefel & Kupfersulfat. Nun kann man sich trefflich darüber streiten ob abbaubare synthetische Mittel sinnvoller sind als nicht abbaubare Schwermetall-Anreicherungen (Kupfer) im Boden.

Unterm Strich lässt der Mehltau sich nicht von einem kuhorn beeindrucken.

Die heile Welt wird hier eher von Bioseite verkauft als von konventioneller Seite

Gruß!
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Gerald

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Re: Biodynamischer Weinbau

BeitragFr 12. Jul 2013, 17:07

Die im Bio- und biodynamischen Weinbau verwendeten Kupferspritzmittel habe ich ja schon öfters angesprochen, aus meiner Sicht der einzige, aber gravierende Makel bei "bio". Kupfer ist ja als Element nicht abbaubar und reichert sich im Boden an. Dazu werden verschiedene Bodenlebewesen (z.B. Regenwürmer) geschädigt. Kupfer ist überhaupt ja nur befristet (ich glaube bis 2016) zugelassen.

Leider neigen nicht wenige Biowinzer (besonders aus der "biodyn"-Ecke) dazu, Kupfer komplett zu verharmlosen. Da wird von "Medizin" für die Reben gesprochen o.ä. Andere meinen, da Kupfer als Spurenelement lebenswichtig ist, muss es ja völlig harmlos sein :o

Fairerweise muss man aber auch sagen, dass auch viele Biowinzer das Problem erkennen und - da es derzeit (noch) keine Alternative - gibt zumindest versuchen, den Eintrag auf das absolute Minimum zu beschränken. Dafür wird wohl eine elektronische Überwachung der meteorologischen Daten mit Berechnung von Infektionswahrscheinlichkeiten notwendig sein. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob diese Art "high-tech" in das Konzept der Biodynamik passt ...

Grüße,
Gerald
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UlliB

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Re: Biodynamischer Weinbau

BeitragFr 12. Jul 2013, 17:08

MichaelWagner hat geschrieben:Pflanzen (auch Wein) müssen leider gegen Pilze "geimpft" werden. Sowohl im konventionellen als auch im Bio-als und biodynamischen Weinbau werden daher Fungizide eingesetzt.


Michael,

man sollte dazu der Ehrlichkeit halber sagen, dass es eine weitere Alternative gibt: pilzresistente Neuzüchtungen wie Solaris & Co.

Die genießen allerdings hinsichtlich ihres Aromaprofils nicht den allerbesten Ruf und werden deshalb von anspruchsvollen Weinrinkern ebenso wie von anspruchsvollen Winzern meistens mit tiefem Misstrauen beäugt; sie sind aber da. Und sie werden (vielleicht nicht gerade an der Mosel) wegen ihrer Pilzresistenz auch zunehmend angebaut, und das nicht nur von Biowinzern, sondern auch von an und für sich konventionell arbeitenden Winzern, die den mit dem Fungizideinsatz verbundenen Kosten- und Arbeitsaufwand vermeiden wollen und zusammen mit alternativen Erziehungsmethoden wie Minimalschnitt den Aufwand so gering halten wollen, dass sie auch im Discounter-Sektor preislich kompetitiv bleiben können. Ob das eine nachhaltige Strategie ist, weiß ich nicht - aber die Möglichkeit existiert, und sie wird in Gebieten wie Baden zunehmend genutzt.

Es gäbe hinsichtlich der Fungizidproblematik noch einen weiteren Lösungsweg, aber der wird vermutlich nie begangen werden: man könnte die für die Pilzresistenz verantwortlichen Gene aus pilzresistenten Sorten in Edelsorten wie Riesling oder Spätburgunder transferieren und versuchen, ob deren Aromenprofil dabei erhalten bleibt. Das dürfte technisch alles andere als leicht sein; theoretisch möglich ist es aber. Das wäre jedoch grüne Gentechnologie, und die ist bekanntlich vom Teufel. Die ideologisch aufgeheizte Diskussion wird verhindern, dass irgend jemand diesen Weg ernsthaft in Betracht zieht. Lieber wird man weiter auf konventionellem Weg pilzresistente Sorten züchten, in der Hoffnung, dass da mal was richtig gutes dabei ist.

Gruß
Ulli
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MichaelWagner

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Re: Biodynamischer Weinbau

BeitragFr 12. Jul 2013, 21:03

Hi Ulli,

Wie du sagst - das Problem mit den pilzresistenten Sorten ist die geschmackliche Seite.

Die Versuche die Resistenz einzukreuzen gibt's ja und sind für mich kein Teufelszeug. Leider sind die Resultate geschmacklich nach wie vor ernüchternd...

Ich denke jeder Winzer, Obstbauer, Gemüseanbauer ob Bio, dynamisch oder konventionell und hastenichgesehen würde liebend gern auf die Spritzungen verzichten wenn es die Möglichkeit gäbe.

Wir hätten auch Besseres zu tun...
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Alas

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Re: Biodynamischer Weinbau

BeitragSa 13. Jul 2013, 08:44

Hallo!

Geralds Kuhhorn-Debatte gehört eigentlich in diesen Thread:

viewtopic.php?f=42&t=1935

Deshalb ist Anderes hier nicht deplaziert.

MichaelWagner hat geschrieben:Die heile Welt wird hier eher von Bioseite verkauft als von konventioneller Seite


Wenn ich nun mal bei Raiffeisen nachschaue, was es so zu kaufen gibt, so finde ich unter Wein und Herbizide 77 Artikel:

http://www.raiffeisen.com/pflanzen/psm- ... s/19/H/f/0

unter Fungizide 82 Artikel:

http://www.raiffeisen.com/pflanzen/psm- ... s/19/F/f/0

unter Inzektizide 22 Artikel:

http://www.raiffeisen.com/pflanzen/psm- ... s/19/I/f/0

und unter Wachstumsregler 2 Produkte:

http://www.raiffeisen.com/pflanzen/psm- ... s/19/W/f/0

Insgesamt also 183 Produkte, die dem Winzer für seine Anpflanzungen zur Verfügung gestellt werden. Das hätte ich mir als ahnungslose Zwiebel nicht gedacht.

Keines dieser Artikel würde existieren, wenn sie nicht gekauft und benutzt würden.
Nun bist du als Winzer doch Experte. Kannst du mir sagen wie viele von den 183 Artikeln beim Bio- und Biodynamischen Winzer benutzt werden könnten?

Gruß

Alas
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MichaelWagner

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Re: Biodynamischer Weinbau

BeitragSa 13. Jul 2013, 10:00

klar, gibts ne Menge Mittel, die aber größtenteils deckungsgleich sind - schau Dir allein mal die erste Liste an. Im Prinzip alles Glyphosat. Zudem ist der Raiffeisen nicht auf Weinbau spezialisiert. Da gibts für den Kleingärtner ein spezielles Mittelchen für Rosen, für Veilchen, für Tulpen und hastenichgesehen.

Es gibt in Trier einen Schuhladen, da gibts ca. 4000 paar Schuhe. Ich brauche allerdings nur so ca. 2-3 Paare. Der eine nimmt Adidas, der andere Nike, der nächste schwört auf Puma...unterm Strich ists ein Sneaker;)

Ernsthaft: Im Einsatz pro Weingut sind so im Schnitt 3-4 Mittel. Die sind beim konventionellen Weinbau synthetisch hergestellt und abbaubar, beim Bioweinbau ist eben ein Schwermetall (Kupfer) mit im Programm, dass zugelassen ist, aber leider nicht abbaubar ist und sich im Boden anreichert. Das stört sogar die Biowinzer, aber sie sind sich auch bewusst, dass es ohne nicht geht. Die einzige Debatte die man ernsthaft führen kann ist, ob man Pest oder Cholera bevorzugt.
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Alas

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Re: Biodynamischer Weinbau

BeitragSa 13. Jul 2013, 12:43

Hallo!

Michael, ich beschränke mich auf einen Punk:

MichaelWagner hat geschrieben:Die sind beim konventionellen Weinbau synthetisch hergestellt und abbaubar


Jaja, abbaubar ist alles. Es ist halt nur die Frage wann und wo.
Ein Thread, an dem du dich selbst beteiligt hast, weiter unten, zur anerkannten Berufskrankheit in Frankreich:

viewtopic.php?f=7&t=1975&start=200&hilit=Muhammad+Ali

Zum Glyphosat gab es einen Hinweis von Gerald in einem Thread, an dem du dich auch beteiligt hast:

viewtopic.php?f=34&t=346&p=59161&hilit=Glyphosat#p59161

Und nun noch drei weitere Hinweise:

http://www.bauernstimme.de/unabhaengige ... ?tx_ttnews[backPid]=43&cHash=a54a36599299b9921043c64b54d92f38

http://www.naturalnews.com/040482_glyph ... ation.html

https://albert-schweitzer-stiftung.de/a ... swirkungen

In der Hoffnung, daß du mit dir selbst nicht leichtsinnig bist grüßt dich

Alas
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