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Re: Orange wines

BeitragVerfasst: Mi 30. Okt 2013, 10:05
von Einzelflaschenfreund
Oh, oh - wenn "craft" hier als Chiffre für "handwerklich" dienen soll, wird es erst recht problematisch, denn da steht dann sofort die Diffamierung der "Nicht-Craft"-Weine im Raum, die dann ja eigentlich nur "nicht-handwerklich", vulgo: industriell sein können. Und spätestens an der Stelle sind wir dann wohl kaum noch bei einem Begriff, der eine sauberere Definition bietet als "Orange Wines", sondern eher an der Stelle, an der "Craft Wines" beste Chancen hätte, in punkto Definitionshoheitskämpfe, Missverständnisse und zyklischen, ergebnisfreien Debatten das begriffliche "Terroir" der nächsten Jahre zu werden. :mrgreen:

Viele Grüße
Guido

Re: Orange wines

BeitragVerfasst: Do 31. Okt 2013, 18:25
von MichaelWagner
ja und wenn dann noch einer orange, feinherb, aus der Steillage, Selection, Größtes Gewächs undhastenichgesehen ist - dann bewegen wir uns so richtig schön im rechtsfreien Raum :lol:

Re: Orange wines

BeitragVerfasst: Di 12. Apr 2016, 21:07
von maha
Alter Falter, Orange Wine! 

Wat is dat denn??? 

Mein erster, und wohl auch letzter Exkurs in dieses Genre. 
Vor mir ein Rheingauer Landwein, Pinot Blanc trocken, von Bathasar Ress. Und eine große Portion Ratlosigkeit. 

Tja wie soll ich den Beschreiben? So was hatte ich noch nicht im Glas. 
Die Farbe, schmutziges, trübes Dunkelgelb. 
Die Nase erinnert mich sehr an ein Craft Beer das vor Kurzem in den Ausguss gewandert ist (auch so ein gescheitertes Experiment). Da ist was sehr petroliges, muffiges, mit gutem Willen etwas Grapefruitzeste. Saurer Äppelwoi war mein zweiter Gedanke. Verbranntes Treichholz. Sehr karg. 

Ja und der Geschmack? Erst mal nur sauer. Schwefelig, viele Bitterstoffe. Irgendwie zu lange offen gestandener Cider. Bitterer Nachgeschmack, als ob man volles Programm in eine unreife Cumquat beißt. Leicht tanning. Sehr anstrengend. 

Nä das is nix für mich. 

Zu was trinkt man das? Oder besser mit was mischt man das damit es schmeckt? Vielleicht etwas Minze, zerstoßene Cumquat, Rohrzucker und ein Schuss Gin. Mit Crushed Ice aufgießen und ein Schirmchen rein. 

Und was mach ich mit meiner zweiten Flasche? Jemand Interesse? Für 19,90 abzugeben oder im Tausch gegen nen leckeren Riesling. 

Das Feld überlass ich bereitwillig den anderen. 

I will euch nicht die Beschreibung des Shops vorenthalten wo ich dieses Schmuckstück erworben hab:
Ich möchte hier einen ganz besonders gelungenen Orange Wein aus Deutschland vorstellen, wenn auch die Farbe nicht ganz so intensiv ist wie bei den Kollegen vom Collio, so präsentiert sich hier ein konsquent maischevergohren vinifizierter Weissburgunder, dem die AP Nummer verweigert wurde ;-) . Landwein at it´s best. Selten ist uns ein so vielschichtiger Weißburgunder untergekommen wie dieser. In der Struktur hat er mich spontan etwas an Chenin Blanc Breeze von Clos Rougeard erinnert. Im Glas verändert er sich ständig.
Hier die Verkostungsnotiz einer Drunkenmonday Session:
In der Nase frisches Holz, Vanille, viel Rauch, Stein, Gletschereis Bonbon, Mokka und grüne Paprika. Abgefahren, eigenwillig, faszinierend und einfach nur krass. Am Gaumen Extreme in allen Lagern: brutal trocken, oxidativ, kernige Phenole, harzig – das ist wie Kamikaze Kamasutra am Gaumen. Im Moment vielleicht noch etwas zu viel Holz, aber das ist der Typ von Wein, den es sich lohnt in den Keller zu legen um zu sehen, wie so ein “Bad Boy” sich entwickelt. Hier hat Dirk einen Wein der Extreme geschaffen. Er ist absolut nichts für die große Weintrinkermasse und absolut nichts für die Wein-Sissi von Nebenan.
Das Holz ist mittlerweile super eingebunden und auch die Wein Sissi von Nebenan wird an diesem Wein ihre liebe Freude haben.
 
Gruß Eure Wein-Sissi von Nebenan :lol:

Re: Orange wines

BeitragVerfasst: Di 12. Apr 2016, 22:37
von EThC
Das hier ist mir zu dem Wein eingefallen:

2012er Pinot Blanc – Trocken, Balthasar Ress, Rheingau

Der Pinot Blanc von Ress ist einer der vielen Orange-Wein-Versuche, die es mittlerweile hierzulande gibt. Ich habe mal gelesen, daß Betriebsleiter Dirk Würtz gesagt haben soll, bei diesem an die Grenzen gehenden Wein wäre die Rebsorte gar nicht mehr so bestimmend für den Geschmack, sondern es ist mehr die Art des Ausbaus, die darüber entscheidet, was letztendlich rauskommt. Soweit ich weiß, erfolgte die Weinwerdung im Wesentlichen in den Schritten – Maischestandzeit unter Luftabschluß – Maischegärung – Ausbau in neuen, großen Fässern.

Die Farbe ist recht kräftig mit deutlichen orange-braunen Tönen. In der Nase erst mal ein kerniger Sherry-Eindruck. Aber nicht wie ein überlagerter Rotwein das gerne mal hat, sondern schön gepaart mit Rauch, Nelken, Vanille, auch Kaffee. Frucht bietet der Wein eher gar nicht, dennoch ein paar grüne Noten im Hintergrund. Am Gaumen letztlich ähnlich wie in der Nase. Sehr trocken, wenig Säure, 14,5 PS unter der Haube, dennoch recht geschmeidig am Gaumen, fast ein bißchen Petrol beim Abgang.

Das dürfte wohl der extremste Orange-Wein gewesen sein, den ich bis jetzt im Glas hatte. Da muß auch ich sagen, daß ich das sehr bewußt genießen muß und sicher nicht immer brauchen kann. Deshalb schwankte ich ein bißchen mit meiner Wertung. Aber andererseits: solche Extreme reizen mich auch.

https://ec1962.wordpress.com/2015/08/17 ... weinorgie/

Re: Orange wines

BeitragVerfasst: Do 2. Jun 2016, 22:15
von toff
maha hat geschrieben:Alter Falter, Orange Wine! 

Wat is dat denn??? 

Mein erster, und wohl auch letzter Exkurs in dieses Genre. 
Vor mir ein Rheingauer Landwein, Pinot Blanc trocken, von Bathasar Ress. Und eine große Portion Ratlosigkeit. 

Tja wie soll ich den Beschreiben? So was hatte ich noch nicht im Glas. 
Die Farbe, schmutziges, trübes Dunkelgelb. 
Die Nase erinnert mich sehr an ein Craft Beer das vor Kurzem in den Ausguss gewandert ist (auch so ein gescheitertes Experiment). Da ist was sehr petroliges, muffiges, mit gutem Willen etwas Grapefruitzeste. Saurer Äppelwoi war mein zweiter Gedanke. Verbranntes Treichholz. Sehr karg. 

Ja und der Geschmack? Erst mal nur sauer. Schwefelig, viele Bitterstoffe. Irgendwie zu lange offen gestandener Cider. Bitterer Nachgeschmack, als ob man volles Programm in eine unreife Cumquat beißt. Leicht tanning. Sehr anstrengend. 

Nä das is nix für mich. 

Zu was trinkt man das? Oder besser mit was mischt man das damit es schmeckt? Vielleicht etwas Minze, zerstoßene Cumquat, Rohrzucker und ein Schuss Gin. Mit Crushed Ice aufgießen und ein Schirmchen rein. 

Und was mach ich mit meiner zweiten Flasche? Jemand Interesse? Für 19,90 abzugeben oder im Tausch gegen nen leckeren Riesling. 

Das Feld überlass ich bereitwillig den anderen. 


Gruß Eure Wein-Sissi von Nebenan :lol:


Hallo Marko,

ich greife das mal mit etwas Verspätung auf. Wenn Du die zweite Flasche noch nicht entsorgt hast, würde ich Sie Dir abnehmen. Ich habe fast keine Erfahrung mit Orange Wein, möchte mich dem Thema aber irgendwann mal in Form einer Probe annehmen und da würde der Wein gut reinpassen. Möglicherweise finde ich ihn genau so fürchterlich wie Du, aber für den Erkenntnisgewinn muss man auch mal Opfer bringen.
Noch eine Frage: Häufig liest man, dass Weine dieser Art viel Luft benötigen. Wie hast Du das gehandhabt?

Grüße

Christopher

Re: Orange wines

BeitragVerfasst: Fr 3. Jun 2016, 20:57
von maha
Hallo Christopher,

Nachdem ich den verbleibenden Rest in der Flasche nicht mehr austrinken wollte (Fr. Maha auch nicht) habe ich den Wein nach ein paar Tagen und auch nach einigen Wochen noch mal probiert. Eine wirkliche Verbesserung konnte ich nicht feststellen. Etwas verändert hat er sich schon, aber für mich nicht ins Positive.
Die zweite Flasche hab ich noch. Das sollten wir per PN besprechen. Da werden wir uns sicher einig.

Gruß Marko

Re: Orange wines

BeitragVerfasst: Di 4. Jun 2019, 15:42
von stollinger
Hallo,

am Wochenende den Orange Wine La Maceration du Soula von Le Soula getrunken. Ohne Jahrgangsbezeichnung, eine Cuvée aus 2014 und 2009. Mit 75% ist Vermentino die Hauptrebsorte.

Bild

Wenn ich so über den Faden lese, extrem oder ausgefallen war der Wein wirklich nicht. War sehr angenehm zu trinken. Klar und rein, keinerlei Fehltöne oder Aromen für Liebhaber. Sehr direkt, wenig komplex und schnörkellos. So richtig als Wein geht das aber nicht durch, hat schon stark an einen (sehr guten) Cidre erinnert. Als Aperitif zu empfehlen, für den Preis jedoch nicht. Ich habe keine Ahnung, ob hier besondere Kosten bei der Bereitung anfallen, aber 25€ ist von der geschmacklichen Dichte m.M. nicht angebracht.

Grüße, Josef

Re: Orange wines

BeitragVerfasst: So 14. Jul 2019, 18:23
von stollinger
Hallo,

ich habe zur Zeit hauptsächlich Lust auf Weißweine mit einem verhältnismäßig niedrigen Alkoholgehalt. Deshalb hat es dieser aus dem Keller in den Kühlschrank geschafft:

Bild

Uuih, find ich richtig klasse. An diesen Aromen von Baumharz und Kiefernnadeln könnte ich ewig dran schnuppern. Kann man gut solo trinken, oder auch als Apéritif. Wieder absolut gekonnt gemacht, keine Fehltöne, ausgewogen, halt etwas ungewohnt. Bei den Handelspreisen ~26€ zur Zeit bin ich etwas skeptisch mit dem Nachkauf, dieser Jahrgang war m.M. nach ein ziemlicher Volltreffer, ich weiß nicht ob der Wein mit Regelmäßigkeit so gut ist.

Grüße, Josef

Re: Orange wines

BeitragVerfasst: So 14. Jul 2019, 19:01
von EThC
Cool, ich hab' mir mal den 18er besorgt, werd' den aber wohl noch ein bißchen liegen lassen...

Re: Orange wines

BeitragVerfasst: Sa 7. Sep 2019, 12:37
von stollinger
Hallo,

neulich hat Karsten positiv über Leon Barral - Vin de France 2015 berichtet. Das war ausreichend Motivation beim Jahrgang 2012, den ich im Abverkauf entdeckt habe, zuzuschlagen.

Leon Barral blanc - Vin de France 2015

Bild

Im Unterschied zu dem oben beschriebenen Orange-Wine von Matassa, der fein, subtil und edel ist, ist der von Barral eher ein kerniger und kräftiger Vertreter. Er wirkt eher noch jugendlich ungestüm, fast etwas rüpelhaft, aber auch zugänglich und sauber mit rustikalem Charme und Charakter. Ein stimmiger Gesamteindruck!

Oxidativ finde ich den Wein nicht, manchmal wird ja minimal geschwefelten Weinen eine problematische Alterung nachgesagt. Auch dafür kann ich keine Anzeichen finden, ich denke eher, hier schlummert noch Potential.

Grüße, Josef