Do 12. Sep 2013, 14:55
Michael,
zu deinem vorherigen Beitrag ein paar Anmerkungen.
Zu 1. Keinen Widerspruch zu deiner Einschaetzung dessen, was die Qualitaet einer Lage ausmacht, das schreibe ich genau so auch immer. Daher nur einen Hinweis auf die Weintypen: Es gibt ja z.B. einen Zusammenhang zwischen der Mundfuelle ("Koerper") eines Weins und seinem Kaliumgehalt, und es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Kaliumgehalt eines Mosts und der (freien) Wasserkapazitaet eines Bodens.
Zu 2. Bereits im Nachgang zum Berliner Riesling Cup 2011 hat Markus Vahlefeld das Thema Lagentypizitaet aufs Tapet gebracht, und zwar wieder am Beispiel des Pettenthals.
viewtopic.php?f=29&t=2148&p=46713#p46712Es gab auch eine Debatte darueber, was denn nun entscheidend sei, Lage oder Rebsorte:
viewtopic.php?f=32&t=2241(Das ist weiss Gott keine vollstaendige Auflistung aller threads, die es in diesem oder in irgendeinem anderen Diskussionforum gibt. Das Thema ist ja nun alt. Schade aber, dass diese einzelnen Faeden hier im Forum nicht wirklich effizient miteinander verknuepft werden [koennen], denn sie zeigen sehr deutlich, wie ungeeignet das Format "blog" fuer die Ausleuchttung komplexer Zusammenhaenge und die Fuehrung ebenso vielschichtiger Diskussionen ist.)
Zurueck zu dem, was du in 2. schriebst: Es geht nicht so sehr darum, blind eine Lage aus einem pool bekannter Lagen zu erschmecken; das waere hoechstens die Zweite Stufe der Erkenntnis, und ganz sicher setzt das voraus, dass man den pool der Lagen sehr, sehr gut kennt. Wenn vorzugsweise an der Mosel Lagen quer ueber verschiedene Erzeuger hinweg erkannt werden koennen, dann zeigt das schlimmstenfalls, wie gleichartig die Herstellungsverfahren der Weine von Hersteller zu Hersteller, und bestenfalls, wie deutlich unterschiedlich die Wachstumsbedingungen (siehe deinen Punkt 1) von Lage zu Lage doch sind - mit der von dir schon vorgebrachten Einschraenkung, das sehr aehnliche Wachstumsbedinungen sehr aehnliche Weincharakteristiken erbringen koennen. Was ja voll ins Modell passen wuerde.
Sondern, und das ist Markus' oft wiederholter Punkt, es geht um folgendes: Man hat vor sich eine Anzahl Weine, von denen man genau weiss, dass sie aus ein und der selben Lage kommen. Trotz (oder wegen?) dieses Wissens ist man nicht imstande, den gemeinsamen Nenner der Weine zu erschliessen, der, zumindest nach Konstruktion des Experiments, die Lagentypizitaet wiedergeben (oder sein) sollte. Wenn man aber schon das nicht kann, wird man die Lage natuerlich niemals blind aus anderen Lagen herauspicken koennen. Konsumenten haben mit einer solchen Situation ein fast theologisches Problem, denn Lagen, die ihre Typizitaet auch gegen alle Ausbaumethoden verteidigen koennen, stehen im Pantheon hoeher als solche, die das nicht koennen bzw. ueberhaupt nur solche Lagen werden als "lagenwuerdig" angesehen.
Waere es moeglich, so wie ich weiter oben vermutete, dass man -eine Lagentypizitaet nur mitels einer Art "Differentialanalyse" erschliessen kann, also durch direkten Vergleich mit Weinen mindestens einer anderen Lage, um per Ausschlussverfahren festzustellen, was Weine einer bestimmten Lage alles
nicht sind, und so die Aehnlichkeiten der Weine aus einer Lage besser einzukreisen?
Beschreib doch bitte mal, was genau in deinem Kopf ablaeuft, wenn du die Lagen deines Dorfs blind erkennst. Offenbar sind die Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Lagen groesser als diejenigen zwischen den einzelnen Weinen einer selben Lage, selbst wenn letztere, wie du schriebst, voellig unterschiedlich hergestellt wurden. Was sind denn dann konkret die Unterschiede zwischen den Weinen deselben Lage, die du wahrnimmst, und welche unterschiedlichen Herstellungen erkennst du woran? Bist du imstande, bei zwei Weinen aus verschiedenen Lagen die gleiche Herstellung zu erkennen (also Erzeugerprofil im weitesten Sinne)? Kannst du Lage+Erzeuger (also beides) auch dann blind erkennen, wenn man dir nur einen Wein vorsetzt und nicht eine Reihe von Weinen?
Danke & Cheers,
Ollie