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Terroir vs. Keller

Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
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maha

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Re: Terroir vs. Keller

BeitragMo 2. Sep 2013, 10:10

...Trauben aus großen Lagen wurden in ihren unterschiedlichen Kellern nach Art des Hauses vinifiziert und persönlich interpretiert...

Ich als Weinanfänger kann mit einigen Bezeichnungen noch nicht so viel anfangen (sponti-vergärung, Weinberghefen, ...)
Aber diesen Satz, vorallem das "persönlich interpretiert" würde ich so interpretieren dass der Keller mehr Einfluss hat als die Lage.
Gibt es nicht wahnsinnig viele Faktoren die sich in den einzelnen Kellern unterscheiden und die dann auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen?

Gruss
Marko
Der schönste Sport ist der Weintransport!
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BerlinKitchen

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Re: Terroir vs. Keller

BeitragMo 2. Sep 2013, 10:25

Sodann wurde das Projekt vorgestellt: Die Winzer hatten Trauben getauscht und spontan vergorene Rieslinge produziert. Das klingt harmloser als es ist, denn die vier Winzer hatten im ständigen Kontakt Parzellen ausgesucht, von denen eine zeitgleiche Reife zu erwarten war, dann telefonisch den Lesetermin koordiniert – der mehrfach verschoben werden musste, weil es immer irgendwo regnete – und schließlich an einem Tag parallel gelesen, die Trauben nach Rheinhessen gefahren, je 500 Kilo getauscht und in die jeweiligen Keller verfrachtet – das alles während die Hauptlese in den Betrieben im vollen Gange war.
Um vergleichbare Bedingungen zu erhalten wurde allen Trauben 13 Stunden Maischestandzeit verordnet, zwei Drittel der Ware verbrachte diese bei Tempo 150 auf der Autobahn. Ein Gäransatz für den Notfall war ebenfalls im Gepäck, kam aber nicht zum Einsatz (das ist ein Gebinde mit angegorenem Traubenmost aus Spontangärung, der als Starthilfe zum Most geschüttet worden wäre, hätte dieser die Spontangärung verweigert). In der Folge versuchten die Winzer den Wein möglichst allein zu lassen. Kühlung war nicht nötig, da 300 Liter sich im Stahltank nicht so erwärmen, dass die Kellerkühle sie nicht von allein im erträglichen Temperaturbereich hält (Most erwärmt sich bei der Gärung und wird er zu warm, verliert der Wein an Aroma). Im Keller der Jurtschitschs wurden die Tanks später in die wärmste Ecke gerollt um die Gärung am Laufen zu halten, denn trocken sollten sie werden, die neun Weine (und wird der Most zu kalt, stellen die Hefen die Arbeit ein).
Individuelle Entscheidungen trafen die Winzer hinsichtlich des Zeitpunktes der Schwefelzugabe, bezüglich der Menge hatten sie eine Obergrenze vereinbart. So präsentierten uns die Winzer ihre neun Weine mit der Anmerkung, sie hätten alles in ihrer Macht stehende getan, um persönliche Vorlieben und Stilistik auszuschließen. Der Weinberg, die Trauben und der Keller seien die Faktoren, die die Weine kennzeichneten, die wir nun zu verkosten bekämen. Dann schenkten sie endlich ein.


Felix B. "Schnutentunker"
"Ein Leben ohne Riesling ist zwar möglich, aber sinnlos!"
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wiesengenuss

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Re: Terroir vs. Keller

BeitragMo 2. Sep 2013, 12:17

Sehr spannendes Projekt und ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

Mir wird die ganze aktuelle Terroir und Lagendiskussion jetzt auch klarer, denn ich bin noch mit dem alten Begriff "aufgewachsen" “Terroir umfasst das gesamte Ökosystem einer Lage, eines Weinbergs, all ihre Aspekte vom Felsuntergrund bis hin zum Spätfrost und Herbstnebel, ja auch die Weinbergspflege und schliesslich die Seele des Winzers.“
 (Hugh Johnson)

Unter der "Seele des Winzers" habe ich immer die Handschrift des Winzers verstanden....

Weinbergshefen vs. Kellerhefen. Bin gespannt und lese mit :-)

LG Kaya
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Gerald

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Re: Terroir vs. Keller

BeitragMo 2. Sep 2013, 12:21

Hallo Kaya,

die Sache, ob jetzt die "Handschrift des Winzers" dazugehört oder nicht, ist meines Wissens der größte Streitpunkt beim Terroir, wo jeder seine persönliche Ansicht hat und es kein allgemein akzeptiertes Konzept gibt. Daher hat sich das "böse T-Wort" ;) ja schon fast zu einem Tabuwort entwickelt, das ein "echter" Weinfreund nur sehr ungern verwendet - so ungefähr wie "lecker". :D

Grüße,
Gerald
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MichaelWagner

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Re: Terroir vs. Keller

BeitragMo 2. Sep 2013, 12:31

Dachte Terroir ist das was die Natur vorgibt und die Handschrift das was der Winzer daraus macht?!?
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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wiesengenuss

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Re: Terroir vs. Keller

BeitragMo 2. Sep 2013, 12:56

Gerald,

AHA, deshalb!!! ;-)
Ich versteh die Weindiskussionswelt nicht mehr.....vor allem, wenn ich mit Winzern unterwegs war.

LG Kaya
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Markus Vahlefeld

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Re: Terroir vs. Keller

BeitragMo 2. Sep 2013, 13:31

Ich verstehe das Projekt noch nicht ganz. Die Trauben werden zur gleichen Zeit gelesen, im Gärstadium zweimal 150 und zweimal 700km hin- und hergekarrt. Dann hat jeder Winzer den angegorenen Traubenmost der anderen und lässt sie 13 Stunden auf der Maische, bevor sie in 300l Stahltanks umgefüllt und dort gären und auf der Hefe gelassen werden.

Was die Weine unterscheidet ist: Kellertemperatur, Kellerumgebung und natürlich die gefahrenen Kilometer.

Ist das bis dahin richtig?
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pivu

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Re: Terroir vs. Keller

BeitragMo 2. Sep 2013, 13:49

In jedem Fall ist das Projekt unvollständig, weil die Weinbergsarbeit aussen vor gelassen wird. Der Wein einer spezifischen Lage entsteht zu allererst im Weinberg und nicht im Keller, und auch im Freien gibt's verschiedenste Herangehensweisen, die IMO einen noch viel größeren Einfluss auf die Güte eines Weines haben. Aber "spaßig" ist's allemal, zumal es sich wohl auch vermarkten lässt, auf Interesse stößt und die Diskussion anstoßt.

Ciao
Peter
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MichaelWagner

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Re: Terroir vs. Keller

BeitragMo 2. Sep 2013, 13:55

Für das was herausgefunden werden soll ist die gesamte Versuchsanordnung ziemlich unvollständig, für das was sie bezwecken soll ziemlich gut: man kommt ins Gespräch und es wird berichtet :)

Allerdings muss ich hier wieder den Finger mahnend heben: Die CO2-Bilanz ist ganz mies :lol:
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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Markus Vahlefeld

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Re: Terroir vs. Keller

BeitragMo 2. Sep 2013, 14:23

pivu hat geschrieben:In jedem Fall ist das Projekt unvollständig, weil die Weinbergsarbeit aussen vor gelassen wird.

Das verstehe ich nicht. Die Weinbergsarbeit ist bei den einzelnen Trauben-/Mostanlieferungen ja identisch gewesen (also zB. Gunderlochs Trauben wurden ja alle identisch bearbeitet). Das müsste doch dazu führen, dass die Gunderloch-Trauben beim Jurtschitsch und Hövel den gleichen Wein ergeben wie bei Gunderloch im Keller. Das tun sie aber scheinbar nicht. Das ist es doch, was gezeigt werden sollte, oder?
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