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Maischestandzeit

Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
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Charlie

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Maischestandzeit

BeitragMo 10. Dez 2012, 11:35

Vor Jahren, als van Volxem unter Roman Niewodniczanski ein neuer Stern war, hatte ich bei einer Onlineverkostung einer seiner Weine gemeint, er schmecke nach Maischestandzeit. "Das ist bei Riesling nicht üblich, aber ich frage beim Kellermeister nach" war die Reaktion und tatsächlich, paar Stunden später kam die Bestätigung. Signifikante Maischestandzeit. Sicher gab es bessere Verkoster als mich in der Runde, aber damals "war das bei Riesling nicht üblich" und deshalb für die, die das wussten schwer zu erkennen. Ähnlich ging es mir bei meinen ersten Smaragden - soviel Schmelz - bis ich dann erfahren musste, dass es ganz einfach Botrytis war. War für mich bei trockenen Weinen nicht üblich.
Inzwischen wird Botrytis nicht nur beschimpft, es gibt sogar die Gegenbewegung.
Na, hier und heute schimpfe ich ein bisschen gegen die Maischestandzeit beim Riesling. Nicht, weil mir keiner dieser Weine schmecken würde und garantiert nicht, weil ich meine, das gehört sich nicht. Mir sind einfach zu viele Rieslinge zu adstringierend, viele trocknen den Gaumen hintenraus aus. Und das ist einfach nicht angenehm, bei keinem Wein. Natürlich ist nicht jeder Riesling mit Maischestandzeit adstringierend. Das ist wie bei Neuholz, Botryis, dem Stoppen: man muss es können, dann geht's.
Und wieder werden genau diese Weine als charaktervoll und unmainstreamig gelobt. Es sind junge, aufstrebende Winzer die sie keltern und sie scharen schon Jünger um sich. Die quälen sich gern, Selbstgerbler* könnte man sie nennen.

Was meint ihr dazu? Habe ich einfach zu oft ein trocknen Hals?

* freie Ãœbersetzung eines Sprachwitzes von Mazzella
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Moselfan

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Re: Maischestandzeit

BeitragMo 10. Dez 2012, 13:04

Hallo Charlie

Also so unüblich ist die Sache mit der Maischestandzeit gar nicht mehr, auch bei Riesling. Ich würde behaupten, dass inzwischen jeder einigermaßen ernstzunehmende Rieslingproduzent, zumindest im trockenen Bereich, damit arbeitet. Ziel ist es da meist, die Säure etwas abzubauen bzw. runder zu bekommen, oder dem Wein etwas mehr Körper zugeben. Dies wird meistens mit einer Maischestandzeit von 6 - 24 Std. erreicht, danach wird es zumindest für meinen Geschmack doch zu gerbstofflastig. Das ist vielleicht was du gemeint hast mit dem adstringierenden, kommt eben darauf an wie der Produzent das händelt. Ob sich das Phänomen jetzt nur auf junge, aufstrebende Winzer konzentriert kann ich nicht unbedingt bestätigen. Ich arbeite in einem traditionsreichen alten Weingut an der Mittelmosel und auch wir arbeiten im trockenen Bereich mit Maischestandzeit, allerdings unter der klaren Vorgabe zu hohe Gerbstoffgehalte im Wein zu vermeiden, daher heißt es regelmäßig den Saft probieren wie er jetzt schmeckt. Wir entrappen die Trauben vorher auch nicht (führt bei Riesling zu höheren Gerbstoffgehalten als ohne Entrappen) sondern Quetschen die Trauben nur an und lassen es dann maximal 24 Stunden stehen (2010 war da eine Ausnahme da war es etwas länger um die Säure noch etwas zureduzieren).
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Charlie

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Re: Maischestandzeit

BeitragMo 10. Dez 2012, 15:37

Moselfan,
danke für die Info. Es ist wichtig zu verstehen, warum Winzer das tun. In meinem Beitrag erkläre ich das nicht und der eine oder andere Leser wird denken ich halte Maischestandzeit für untypisch, falsch, gegen jeder Tradition, oder ähnliches. Gerade was die Tradition betrifft sei daran erinnert, dass in Zeiten als Kühlung von Trauben und Most sowie schneller Transport bei der Lese kaum möglich waren, Maischestandzeit nicht zu vermeiden war.
Ich beschwere mich auch nicht direkt über die Technik (wie käme ich dazu??) sondern über das Ergebnis.
Ja, das mit der Adstringenz hab ich so gemeint: gerbstofflastig. Adstringenz ist bei jedem Lebens- und Genussmittel immer dann ein Problem, wenn es keinen Effekt gibt, der den Mund wieder "feucht" oder "saftig" macht.

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