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Was meint ihr dazu?:

Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
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Gerald

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Re: Was meint ihr dazu?:

BeitragDi 5. Jun 2012, 06:55

Na ja, wegen Kupfersulfat als Additiv würde ich mir ja keine großen Sorgen machen. Denn Kupfer ist für Menschen in geringen Mengen nicht nur harmlos, sondern sogar lebenswichtig (Bestandteil wichtiger Enzyme im Stoffwechsel). Viel bedenklicher ist bei der Kupferanwendung zur Böckserbehandlung das nachträgliche Entfernen des Kupferüberschusses mit Hexacyanoferrat. Denn bei unsachgemäßer Anwendung kann freies Cyanid (Blausäure) entstehen, und das ist jetzt wirklich nicht mehr gesund :o

Aber Weine, die auf diese Weise behandelt wurden, werden Weinfans vermutlich ohnehin nicht wirklich trinken, denn bei der Kupferanwendung gehen neben dem Böckser auch viele gewünschte Aromastoffe verloren. Ein solcher Wein ist wahrscheinlich nur mehr als einfachster Schankwein zu verwenden.

Mehr Probleme bereitet mir das Kupfer als Fungizid im Weinberg, auch - oder gerade - bei biologischem bzw. biodynamischem Weinbau. Denn als hochwirksames Fungizid schädigt es ja nicht nur die "bösen" Pilze (z.B. Peronospora), sondern auch die Bodenorganismen. Und anders als "konventionelle" (organisch-chemische) Fungizide ist Kupfer als Element ja auch nicht mehr abbaubar und reichert sich langfristig im Boden an. Ob die tatsächlich verwendeten Mengen noch vertretbar sind - besonders unter Berücksichtigung, dass ansonsten in Mitteleuropa gar kein biologischer Weinbau möglich wäre - darüber scheiden sich die Geister.

Grüße,
Gerald
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UlliB

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Re: Was meint ihr dazu?:

BeitragDi 5. Jun 2012, 09:20

Gerald hat geschrieben:Aber Weine, die auf diese Weise behandelt wurden, werden Weinfans vermutlich ohnehin nicht wirklich trinken, denn bei der Kupferanwendung gehen neben dem Böckser auch viele gewünschte Aromastoffe verloren. Ein solcher Wein ist wahrscheinlich nur mehr als einfachster Schankwein zu verwenden.


Hallo Gerald,

sorry, das stimmt so einfach nicht. Bei reduktiv ausbauenden Betrieben kann es immer mal zu Schwefelwasserrstoffböcksern kommen, das betrifft durchaus auch renommierte Erzeuger. Eine "Entböckserung" mit Kupfersulfat ist da ein bewährtes und außerordentlich schonendes Verfahren, sofern es denn richtig durchgeführt wird - was sorgfältige Laborarbeit voraussetzt, um den exakten Mengenbedarf zu ermitteln. Und wenn richtig gearbeitet wird, das heißt ohne einen unnötigen Kupferüberschuss, ist hinterher auch keine nachfolgende Blauschönung nötig, um das überschüssige Kupfer zu entfernen.

Bei richtiger Anwendung verbleibt praktisch kein Kupfer im Produkt. Was gesundheitliche Risiken betrifft: selbst wenn die gesetzlich zulässige Höchstmenge pauschal eingesetzt würde (was xxxxx wäre) und hinterher nicht per Blauschönung entfernt werden würde (was dann schon der zweite blöde Fehler wäre), wäre das dann allerdings qualitativ arg zweifelhafte Produkt immer noch gesundheitlich unbedenklich.

Das weiter oben geschehene Zitieren aus dem Sicherheitsdatenblatt, welches für den Umgang mit der Reinsubstanz gilt, ist lediglich eines: irrelevant, und deutlich gesagt - völlig ahnungslos.

Gruß
Ulli
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Gerald

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Re: Was meint ihr dazu?:

BeitragDi 5. Jun 2012, 09:39

Hallo Ulli,

meines Wissens beeinträchtigt eine Kupferschönung auch die gewünschten Aromen im Wein, was ja auch logisch ist, da viele interessante Aromen (z.B. Maracuya oder auch Röstnoten) Thiol- oder Thioetherstrukturen aufweisen.

Siehe auch z.B. hier (Seite 2 rechts oben): http://www.dlr-rheinpfalz.rlp.de/intern ... %20_09.pdf

da eine spätere Kupferschönung gegen Böckser auch das fruchtige Sortenaroma in Mitleidenschaft zieht.


Grüße,
Gerald
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UlliB

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Re: Was meint ihr dazu?:

BeitragDi 5. Jun 2012, 09:52

Gerald hat geschrieben:meines Wissens beeinträchtigt eine Kupferschönung auch die gewünschten Aromen im Wein, was ja auch logisch ist, da viele interessante Aromen (z.B. Maracuya oder auch Röstnoten) Thiol- oder Thioetherstrukturen aufweisen.


Das passiert dann, wenn bezogen auf die vorhandene H2S-Menge mit einem stöchiometrischen Überschuss an Cu++ gearbeitet wird. Das Löslichkeitsprodukt von Kupfersulfid ist niedriger als das der meisten anderen unlöslichen Kupfer-Thio-Verbindungen. Wie ich oben schrieb: das Verfahren setzt sorgfältige Laborarbeit zur Ermittlung des Minimalbedarfs voraus, die viele Bertriebe vielleicht nicht leisten können oder wollen.

Natürlich: wer zunächst mit einem erheblichen Kupferüberschuss arbeitet und diesen anschließend mittels Blauschönung entfernen muss (und dabei dann auch wieder mit einem Cyanoferrat-Überschuss arbeitet, sonst gäbe es das von Dir erwähnte Cyanid-Problem nämlich nicht), ruiniert seinen Wein. Das ist aber kein Grund, das Verfahren an sich in Bausch und Bogen zu verteufeln.

Eine Schönung ist nie eine wirklich perfekte Maßnahme, aber wie gesagt: Reduktionsböckser kommen auch bei Spitzenbetrieben schon mal vor. Und richtig durchgeführt, kommt mit einer Kupferschönung dann immer noch ein gut trinkbarer Wein heraus - vielleicht nicht mit 95 Punkten, aber mit 90 schon noch... ;)

Gruß
Ulli
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Gerald

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Re: Was meint ihr dazu?:

BeitragDi 5. Jun 2012, 10:04

Nun, meines Wissens ist aber ein Böckser doch nicht immer nur rein auf H2S zurückzuführen, sondern niedermolekulare Mercaptane sollten ja auch eine Rolle spielen. Es scheint mir jedenfalls nicht ganz einfach, diese nasschemisch restlos zu entfernen, andere schwefelhaltige (gewünschte) Aromen aber nicht zu beeinträchtigen. Wäre aber vielleicht eine Aufgabe für eine SCC mit einer sehr guten Fraktionierung ;)

Aber wie du ohnehin geschrieben hast: das Resultat wird sicherlich gut trinkbar sein, aber nicht mehr ganz an der Spitze mitspielen.

Grüße,
Gerald
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C9dP

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Re: Was meint ihr dazu?:

BeitragDi 5. Jun 2012, 15:20

Das weiter oben geschehene Zitieren aus dem Sicherheitsdatenblatt, welches für den Umgang mit der Reinsubstanz gilt, ist lediglich eines: irrelevant, und deutlich gesagt - völlig ahnungslos.


Sorry, ich fand es durchaus interessant mal zu lesen. Also nicht immer von sich auf andere schließen ;)
Viele Grüße

Aloys
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UlliB

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Re: Was meint ihr dazu?:

BeitragDi 5. Jun 2012, 16:32

C9dP hat geschrieben:
Das weiter oben geschehene Zitieren aus dem Sicherheitsdatenblatt, welches für den Umgang mit der Reinsubstanz gilt, ist lediglich eines: irrelevant, und deutlich gesagt - völlig ahnungslos.

Also nicht immer von sich auf andere schließen ;)


Hallo Aloys,

ich "darf" mich beruflich leider ziemlich häufig mit SDBs herumschlagen, da bin ich halt etwas sensibilisiert. Das Ausmaß an Fehlinterpretation, mit dem diese Dinger gehandhabt werden, lässt mich manchmal vermuten, dass der angerichtete Schaden den gedachten Nutzwert bei Weitem übersteigt. Und die, dies eigentlich angeht, lesen die Dinger in aller Regel sowie so nicht....

Auch hier vermute ich halt die (falsche) Logik, die manche Leute in SDBs hineininterpretieren: wenn die Reinsubstanz gefährlich ist, überträgt sich diese Gefährlichkeit auf alle Produkte, die mit dieser Reinsubstanz in Kontakt gekommen oder behandelt worden sind. Was hätte das Zitieren in diesem Thread auch sonst für einen Sinn gemacht?

Gruß
Ulli
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C9dP

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Re: Was meint ihr dazu?:

BeitragDi 5. Jun 2012, 17:27

Hallo Ulli,

kann ich alles nachvollziehen. Und wenn ich heute jedes Lebensmittel ausschließen würde, was mit irgendwelchen Substanzen in Kontakt kommt, welche in zu hoher Konzentration gesundheitsschädlich sind, dann würde mir wahrscheinlich auch size zero passen :lol:
Das schlimmste am Wein bleibt wohl nach wie vor der Alkohol.

Ich finde nur diesen ruppigen Ton etwas befremdlich und auch nicht nötig, da die Absichten nicht bekannt waren und im Zweifel gut sind.

Generell wäre ich dafür, das bei allen Lebensmitteln die, auch im Herstellungsverfahren, zugesetzten Inhaltsstoffe deklariert werden müssen. Jeder kann dann nachschauen, was genau die Stoffe bewirken. Die Uninteressierten können weiter blind kaufen und werden es auch tun. Zeigen ja die ganzen Kunstprodukte aus den Supermärkten mit Farbstoffen, Hefeextrakten etc.
Viele Grüße

Aloys
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UlliB

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Re: Was meint ihr dazu?:

BeitragDi 5. Jun 2012, 17:45

C9dP hat geschrieben:Ich finde nur diesen ruppigen Ton etwas befremdlich


Sorry dafür - sowas passiert mal, wenn sich beruflicher Nervkram mit Privatem vermischt.

C9dP hat geschrieben:Generell wäre ich dafür, das bei allen Lebensmitteln die, auch im Herstellungsverfahren, zugesetzten Inhaltsstoffe deklariert werden müssen. Jeder kann dann nachschauen, was genau die Stoffe bewirken.


Hört sich gut an, stößt aber auf praktische Probleme. Ein entscheidender Faktor wird dabei nämlich ausgeblendet, das ist die Menge bzw. Konzentration, in der die jeweiligen Substanzen im fertigen Nahrungsmittel enthalten sind. Und dieser Faktor ist absolut entscheidend. Die Tatsache, dass Kupfersulfat als Reinsubstanz durchaus gesundheitsschädliche Wirkung hat, lässt keinerlei Rückschlüsse auf das Gefährdungspotential zu, das von einem Wein ausgeht, in dem bei maximaler Ausschöpfung des gesetzlichen Rahmens (was aus praktischen Gründen nie der Fall sein wird) davon 10mg pro Liter enthalten sind. Abgesehen davon, dass sich die Industrie mit Händen und Füßen dagegen wehren wird, quantitative Angaben zu machen, setzt die Beurteilung solcher quantitativen Angaben ein einigermaßen hohes Maß an Fachwissen voraus. Die Gefahr, die Leute über ein notwendiges Maß hinaus zu beunruhigen, ist da durchaus gegeben.

So eine Liste wäre bei vielen Produkten übrigens verdammt lang... ;)

Gruß
Ulli
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Alas

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Re: Was meint ihr dazu?:

BeitragSo 1. Jul 2012, 12:49

Keine Frage - der deutsche Wein ist wieder im Kommen. Nachdem jahrelang jeder noch-so-billige Rijoa von Aldi, Lidl & Co. per se als qualitativ hochwertiger als die deutsche Konkurrenz galt, ist inzwischen ein deutlicher Wandel in der Verbrauchermeinung wahrzunehmen.

Zitiert aus:

http://www.wein.de/deutscheweine.0.html


"Das Qualitätsbewusstsein der Weinwirtschaft war noch nie so hoch wie heute." Mit diesen Worten hat Peter Fuchß, Abteilungsleiter im rheinland-pfälzischen Weinbauministerium, zur Eröffnung der Mainzer Weinbörse die enormen Anstrengungen der Winzerinnen und Winzer um eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Weinqualität hervorgehoben.
Auf dem Weinmarkt seien deutsche Rot- und Weißweine Marktführer in den jeweiligen Marktsegmenten und würden zunehmend von jüngeren Verbraucherschichten nachgefragt.


Zitiert aus:

http://www.isb.rlp.de/de/aktuelles/deta ... lgreich-1/

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Das, was das ÖWM und die österreichische Weinwirtschaft in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten vollbracht hat ist kaum in Worte zu fassen. Heute muss sich meines Erachtens JEDE generische Länderkampagne für Wein an Österreich messen!

Zitiert aus:

http://www.oesterreichwein.at/ueber-uns ... wm/europa/

Klein und fein – das ist österreichischer Wein im internationalen Vergleich. Kein Allerweltswein, sondern eine rare Besonderheit. Wein aus Österreich gilt derzeit als eines der interessantesten Phänomene der Weinwelt: Er ist auf jeder guten Weinkarte zu finden, er wird von Weinkennern geschätzt und von Journalisten gelobt – und nicht selten spricht man von einem österreichischen Weinwunder.

Zitiert aus:

http://www.oesterreichwein.at/unser-wei ... er-genuss/
wat den een sien uhl is den annern sien nachtigall
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