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Neue Rebfflächen

Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
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Gerald

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Re: Neue Rebfflächen

BeitragDo 21. Mär 2013, 13:41

Hallo Alas,

Ehrlich, wenn ich Winzer wäre und das Angebot meiner Zunft im Verhältnis zu meinen Kollegen aus anderen Ländern sehen würde, wäre mir wohl danach im Boden vor Scham versinken zu wollen.


bei den verlinkten Weinhändlern gibt es noch weniger bzw. gleich viele Weine aus Österreich, obwohl die ÖWM immer als Musterbeispiel für perfektes Weinmarketing dargestellt wird. Vielleicht ist das Angebot in den Golfstaaten doch nicht so repräsentativ für die gesamten Exporterfolge einer Weinnation?

Grüße,
Gerald
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BuschWein

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Re: Neue Rebfflächen

BeitragDo 21. Mär 2013, 15:37

Wir (Europäer!) warten mit der Abschaffung des Anbaustopps ganz einfach bis die Wettbewerbsbedingungen in allen Ländern Europas gleich sind, d.h. gleiche Löhne, gleiche Arbeitsbedingungen, gleiche Produktivität, gleiche Einfuhrvoaraussetzungen für Wein in allen Ländern und dann führen wir einen Wettbewerb auf Qualitätsbasis und nicht auf Preisbasis. Schließlich wollen wir doch eine Union werden und da wären gleiche Bedingungen für alle doch mehr als fair.

Michael, meinst Du das wirklich ernst? Wir haben nicht einmal in Deutschland in allen Regionen die gleiche Wertschöpfung, Produktivität und die gleichen Löhne. Wir haben nicht einmal in einer Großstadt wie Frankfurt in allen Stadtteilen das gleiche Wohlstandsniveau. Deine obige Forderung bedeutet also, dass man niemals etwas ändern darf. Habe ich das richtig verstanden?

Solange das nicht gegeben ist, verhindern wir mit allen Mitteln (u.a. über Anbaustop/Pflanzrechte) die Ausweitung von Rebflächen und zusätzliche Flutung des Marktes mit Billigweinen zugunsten des Einkaufspreisniveaus der Kellereien (das ist nämlich das was die Kellereiverbände erreichen wollen - und nach Ihnen die Sintflut) und zu Lasten der Erzeuger die vernünftige Qualitäten zu angemessenen Preisen erzeugen.

Und was ist mit den Erzeugern, die gar keine in Deinen Augen vernünftige Qualität erzeugen wollen? Nur damit wir uns nicht falsch verstehen, ich glaube überhaupt nicht an einen "freien Markt", jeder Markt braucht Spielregeln nach denen gehandelt werden muss. Auch über die Spielregeln auf dem Weinmarkt sollte man durchaus reden. Aber einen Schutz der europäischen Weinbauern vor dem Unbill des Marktes zu Lasten der Steuerzahler, also der Allgemeinheit, den kann es doch auch nicht geben.

Übrigens glaube ich nicht, dass Billigweine wirklich eine Gefahr für Deine oben genannten Winzer ist, die Qualität zu angemessenen Preisen machen wollen.

Übrigens habe ich immer noch kein Argument von Dir gehört, warum wir Winzern aus dem Ausland den Zugang zum Deutschen Markt verweigern sollten. Dass dann das Überleben der deutschen Winzer schwieriger ist, ist kein echtes Argument, außer man ist der Meinung, dass transnationaler Handel insgesamt unterbunden werden sollte und nur für solche Ausnehmen erlaubt sein sollte, die im eigenen Land nicht erzeugt werden können und bei denen nachgewiesen ist, dass diese Dinge auch existenziell notwendig sind.

Mir würde eine solche Welt keinen Spaß machen.

Wem das dan alles viel zu teuer ist und wer meint er müsse dann trotzdem unbedingt Wein trinken und seis eben aus einem Tetrapak, dem besorgen die europäischen Großkellereien dann was Günstiges aus Übersee und lassen Ihn damit glücklich werden - und die entsprechenden Produzenten auch.

Hm ... und jetzt wird es widersprüchlich, ab wann wird denn dann von welcher ominösen Macht entschieden, dass Billigwein im Tetrapack notwendig ist? Müssen dann Anträge von Billigweinliebhabern gestellt werden? Und was ist wenn dann wieder die Billigweine aus Übersee zu Lasten der Erzeuger gehen, die vernünftigen Wein zu angemessenen Kosten erzeugen? Dann muss wieder der Staat, die EU, wer auch immer eingreifen?

Ganz ehrlich, Deine Vorschläge halte ich für nicht brauchbar, genauso wenig wie eine gesetzliche Pflanzrechtsbeschränkung, damit hilft man nämlich den Erzeugern ganz und gar nicht. Das einzige was den Weinerzeugern hilft, ist dass sie Weine erzeugen, die von den Verbrauchern gewünscht sind. Tut mir leid, wenn das auch bedeutet, dass das Überleben jeden Weinguts damit nicht gesichert ist.
Armin
www.gutsweine.com

Dumme Menschen machen immer den gleichen Fehler, intelligente immer Neue ;)
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MichaelWagner

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Re: Neue Rebfflächen

BeitragDo 21. Mär 2013, 20:23

Hi Armin,

ich denke wir haben hier unterschiedliche Meinungen - aber das steht uns ja auch zu. Solange wir uns beide hauptberuflich für die gute Sache einsetzen ist das ja auch Nebensache. Und wie ich sehe hast Du ja auch die Terrassenmosel im Programm - also weiter so ;)

Gruß und Ausstieg aus der Diskussion!
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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Blaufränkisch

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Re: Neue Rebfflächen

BeitragMo 25. Mär 2013, 11:24

Hallo Daniel,

leider komme ich erst jetzt dazu, wie von dir erbeten, deine These zu widerlegen :)

Dreh- und Angelpunkt des Diskurses ist die Frage, welche Auswirkungen die gesetzliche Vermehrung von Rebflächen auf den Weinbau bzw die Weinwirtschaft in Deutschland hat. Als Österreicher und sohin als Außenstehender frage ich mich daher, ob es nicht bereits in der Vergangenheit ähnliche Szenarien gegeben hat.

Ich lese also - auch hier im Forum - , dass zB in Rheinhessen "Rübenäcker" in Weinbauflächen umgewandelt wurden. So, und jetzt frage ich mich, welche Auswirkungen hatte dies auf die deutsche Weinwirtschaft. Positive? Negative? Messbare oder vernachlässigbare? Ist die damalige Umwandlung überhaupt mit der aktuellen Diskussion vergleichbar?


Die Entwicklung der 60er, 70er und 80er-Jahre ist mit der aktuellen Situation nicht vergleichbar. Die Anzahl der Weinbaubetriebe hat deutlich abgenommen und Flächenzuwächse wie damals sind nur mit sehr vielen Akteuren, die alle (im einzelnen meist zwar nur relativ geringfügig, in Summe aber enorm) expandieren machbar. Darüber hinaus gab es damals zusätzlich zur Flächenausdehnung auch eine enorme Ertragssteigerung auf bestehenden und neuen Flächen, wie sie heute nicht mehr möglich ist. Auf dem heutigen, in Deutschland oft sehr hohen Niveau läßt sich die Menge kaum noch steigern, nicht zuletzt wegen teurerer und legistisch eingeschränkter Düngemöglichkeiten, häufigeren Trockenphasen (auch durch geänderte Bewirtschaftung - Begrünung),...

Darüber hinaus war die Markterwartung damals eine ganz andere (steigende Verbrauchsprognosen, u.a. weil man die Kurve von 1945 bis 1970 1:1 auf die folgenden Jahre umgelegt hat. Die Beschäftigtenanzahl in der Landwirtschaft war eine ganz andere, die Agrarpolitik verfolgte deutlich andere Ziele und hatte Maßnahmen, die die Überschußproduktion gefördert oder zumindest ihre Folgen verschleppt hat.

So außenstehend sind wir Österreicher übrigens nicht. Die Entwicklung bei uns war damals ziemlich ähnlich.

Meine These, zu deren Widerlegung ich jeden hier ganz herzlich einlade: Die Umwandlung von "Rübenäckern" in Weinbauflächen hat dem jeweiligen Produzenten ökonomische Vorteile gebracht. Wieso sollte jemand von einem ertragreichen Rübenanbau auf einen weniger ertragreicheren Weinanbau wechseln? Zugegeben, das ist nur die betriebswirtschaftliche Sichtweise. Ich glaube aber doch, dass die Summe der betriebswirtschaftlichen Sichtweisen auch der volkswirtschaftlichen Sichtweise entspricht.

Wenn also der Wechsel von einer Feldfrucht (Rüben) zu einer anderen (Weinreben) öokonomisch sinnvoll war, die neue Feldfrucht (Weinreben) aber der Konkurrenz ausländischer Produzenten derselben Feldfrucht (Weinreben) nicht standhalten kann, dann stellt sich für mich die - ökonomische - Frage, ob nicht ein neuerlicher Feldfruchtwechsel angezeigt wäre. Es gilt sohin eine Feldfrucht zu finden, die einen höheren Ertrag abwirft. Dazu kann ich aber keine Ratschläge geben, weil ich nicht vom Fach bin; vielleicht wäre Spargel oder Gemüse in biologischen Anbau eine ALternative?


Deine These hat einen ganz entscheidenden Schwachpunkt. Die Landwirtschaft im Allgemeinen und der Weinbau im Besonderen ist keine Industrieproduktion, in der man (natürlichs ehr vereinfacht gesagt) einfach einen Schalter umlegt, um etwas anderes zu produzieren. Die Umstellung war und ist deshalb nicht so einfach, denn es fehlt häufig an Know-How, Ausstattung und betriebswirtschaftlicher Sinnhaftigkeit (denn Weingärten sind eine Dauerkultur über wenigstens 25, 30 Jahre und benötigen auch eine ganz andere Mechanisierung als die Zuckerrübe).

Die frühere Umstellung war auch weit weniger von längerfristigem, ökonomischen Denken motiviert, als von der Aussicht auf ein wenig mehr schnelles Geld, denn die teure Mechanisierung war damals nicht so ein großes Thema wie heute und (in den mittlerweile stark zurückgegangenen gemischten Beitrieben mit Ackerbau und Weinbau) sowieso vorhanden.

Auch der Ansatz, mit anderen Nutzungsarten (Gemüse,...) der echten oder vermeintlichen ausländischen Konkurrenz besser Paroli bieten zu können scheint fragwürdig. Wein ist, selbst abseits der absoluten Qualitätsspitze, sicherlich jenes landwirtschaftliche Produkt, mit dem sich die Besonderheit einer Region, eines Betriebes am besten darstellen und damit eine verbesserte Wettbewerbssituation erreichen läßt. Es wäre deshalb wohl häufig sinnvoller, nach Wegen zu suchen, wie sich der eigene Wein aus der Anonymität der internationalen Masse herausheben läßt, als mit vergleichsweise anonymem Biogemüse in direkte Konkurrenz mit Spanien, Italien, Holland, etc. zu treten. (Sofern es nicht um recht kleine und/oder direkt vermarktende Betriebe geht).

Grüße

Bernhard
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Weinzelmännchen

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Re: Neue Rebfflächen

BeitragMo 25. Mär 2013, 12:30

Danke Bernhard,

du bist meiner Einladung zur Falsifikation sehr profund gefolgt. Mein Argument mit dem (neuerlichen) Feldfruchtwechsel kann ich also nicht mehr aufrecht erhalten. Villeicht funktioniert dieses Argument aber in Bezug auf Weizen und Gerste ;) ;) ;)
MvG
(Mit vinophilen Grüssen)

Daniel
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Blaufränkisch

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Re: Neue Rebfflächen

BeitragFr 31. Mai 2013, 08:56

Die heutige Wein(blog)rallye befaßt sich auch mit diesem Thema. Veranstalter ist der Blog Weinbau und Oenologie:

http://www.weinbau-oenologie.de/?p=10607

Eine Übersicht über die Beiträge wird es wohl dort geben, man kann die Entwicklung aber auch über http://www.genussblogs.net/ und alle möglichen sozialen Netzwerke verfolgen.

Meinen Beitrag - mit für die Forumsleser wohl nicht ganz unbekannten Argumenten - gibt es hier:

http://www.bernhard-fiedler.at/weblog/?p=5330

Grüße

Bernhard
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