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Warum liefern alte Reben bessere Weine?

Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
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hendrik

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Re: Warum liefern alte Reben bessere Weine?

BeitragMo 8. Aug 2011, 19:11

Ach Susa, es ist genau so mit Menschen
Man sol etwas erlebt haben.
:mrgreen:

beste grusse aus die Niederlande

Hendrik
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Chris

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Re: Warum liefern alte Reben bessere Weine?

BeitragMo 8. Aug 2011, 19:24

Gerald hat geschrieben:- in tieferen Bodenschichten gibt es normalerweise weniger Mikroben, die einen wesentlichen Teil zum Aufschluss der Mineralstoffe beitragen. Das meiste Bodenleben spielt sich bekannterweise an der Oberfläche ab.


Klar an der Oberfläche ist der fruchtbarste Boden mit viel Stickstoff und andereren für das Pflanzenwachstum förderliche Stoffe. Nur wie oben schon gelesen ist fruchtbar zwar gut für die Quantität aber nicht die Qualität. Wenn es auf die von dir angesprochenen Mikroben ankäme würden die besten Weine auf dem Misthaufen vom Bauern Huber wachsen.

Bekanntlich tuen sie dies aber nicht, sondern Spitzenweine bevorzugen eher kargere Böden, die in der Konsequenz die Pflanze zum tiefen wurzeln zwingt. Die Mineralhaltigen Schichten befinden sich ja meist nicht an der Oberfläche. Dort können die Wurzeln über das im Gestein gespeicherte Wasser die Mineralstoffe mit aufnehemen.
Grüße, Chris
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Markus Vahlefeld

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Re: Warum liefern alte Reben bessere Weine?

BeitragMo 8. Aug 2011, 19:39

Im Oxford von Jancis Robinson wird auf jeden Fall mit der Mär von den besonders tief wurzelnden älteren Rebstöcken aufgeräumt.

Die oberirdische Rebe hat ihre räumliche Ausdehnung nach ca. 6 Jahren erreicht und ändert diese nur noch unwesentlich. Die unterirdische Rebe benötigt mindestens 10 Jahre, in kargen Regionen auch erheblich länger, um die maximale Wurzelausdehnung zu erreichen. Danach geht das Wurzelwerk interessanterweise wieder zurück. Es liegt also gerade NICHT an dem sich immer weiter ausbreitenden Wurzelwerk. Denn durch Bodenverdichtung, Rebschnitt und andere Kultivierungsmassnahmen wird die Rebe eigentlich "beschädigt", was dann zu einem Wurzelwerkrückzug führt.

Es ist also wirklich der oberirdische Teil des Rebstocks, der entscheidend ist. Denn die Verknöcherung der Wasseradern führt zu einem geringeren Wachstum. Das führt zu einer geringeren Traubenausbeute. So weit, so gut. Aber da die räumliche Ausdehnung der Rebe (sprich Blattwerk und Länge der Triebe) nur unwesentlich abnimmt, bleibt für die verbliebenen wenigen Trauben am Stock ein besseres Laubverhältnis, was die Anreicherung von Zucker und anderen Inhaltsstoffen fördert. Das erklärt die bessere Qualität von "Vielles Vignes".

Zu bemerken ist dabei noch, dass viele Rebstöcke im dritten und vierten Jahr ebenfalls hervorragende Traubenqualität abgeben. Wie geht denn das? In diesem jungen Stadium ist ebenfalls das Verhältnis zwischen Laub, Frucht und Wachstum optimal, weil sich die oberirdische Rebe noch nicht voll ausgedehnt hat, aber am Stock bereits Früchte gebildet werden.

Kurzum: mit den Wurzeln scheint das alles viel weniger zu tun zu haben, als wir Märchenonkel das gerne hätten :lol:
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UlliB

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Re: Warum liefern alte Reben bessere Weine?

BeitragMo 8. Aug 2011, 21:41

Markus Vahlefeld hat geschrieben:IEs ist also wirklich der oberirdische Teil des Rebstocks, der entscheidend ist.


Hallo Markus,

interessant - wenn das so ist, entsteht durch Umveredelung auf einer alten Unterlage noch lange keine "alte Rebe" (diese Behauptung im "Umverdelungsthread" war der Ausgangspunkt der Diskussion hier). Rein gefühlsmäßig hätte ich das auch so gesagt, da der eigentlich fruchttragende Teil der Pflanze (der aus dem Edelreis entsteht) nach dem Umveredeln eben nicht "alt" ist - hier hast Du die Begründung geliefert.

Gruß
Ulli
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innauen

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Re: Warum liefern alte Reben bessere Weine?

BeitragMo 8. Aug 2011, 21:53

Markus Vahlefeld hat geschrieben:IEs ist also wirklich der oberirdische Teil des Rebstocks, der entscheidend ist.


extrem interessant! Vielen Danke für die Aufklärung.

Grüße,

wolf
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pivu

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Re: Warum liefern alte Reben bessere Weine?

BeitragMo 8. Aug 2011, 21:58

Zürcher hat geschrieben:Das mit den kleineren Trauben hab ich auch schon gehört, und nun noch meinen Senf dazu, als völlig Unwissender - bitte verzeiht mir ;) : Bei kleineren Trauben ist das Verhältnis Traubenfleisch zu Traubenkern oder Traubenhaut (Tannin) doch ein anderes, oder etwa nicht? Haben ältere Rebstöcke mehr Tannin?


Genauso ist es, besonders eindrucksvoll nachzuverkosten in Südfrankreich oder auch bei manchen Zinfandels in Kalifornien. Dennoch meine ich, dass genau diesem Effekt, dieser Qualität im Weingarten und -keller nachgeholfen werden kann. Wenn man es denn sucht.

Ciao
Peter
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Chris

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Re: Warum liefern alte Reben bessere Weine?

BeitragMo 8. Aug 2011, 22:02

Die Ausführungen von Markus entsprechen nicht ganz den Erfahrungen, die ich in unserem Weinberg in Katalonien gemacht habe. Es wurden dort etliche Reben injiziert, deren Oberteil abgestorben oder abgebrochen war.

Diese hatten schon nach ein paar Jahren das gleiche Traubenbild wie die deutlich älteren Rebstöcke drumherum. Die Unterlage/Wurzel scheint da schon eine entscheidene Rolle zu spielen.
Grüße, Chris
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Gerald

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Re: Warum liefern alte Reben bessere Weine?

BeitragDi 9. Aug 2011, 07:25

Markus, danke für die Erklärungen. Sie klingen für mich zumindest sehr glaubwürdig und passen auch gut mit dem zusammen, was von meinen Kenntnissen in Physik, Chemie, Mikrobiologie bzw. Botanik übriggeblieben ist ;) .

Bei der Theorie von Chris habe ich hingegen nach wie vor meine Schwierigkeiten. Sie klingen ja sehr romantisch, sind aber für mich in mehreren Teilen erklärungsbedürftig:

Klar an der Oberfläche ist der fruchtbarste Boden mit viel Stickstoff und andereren für das Pflanzenwachstum förderliche Stoffe. Nur wie oben schon gelesen ist fruchtbar zwar gut für die Quantität aber nicht die Qualität. Wenn es auf die von dir angesprochenen Mikroben ankäme würden die besten Weine auf dem Misthaufen vom Bauern Huber wachsen.


es gibt natürlich auch noch andere Mikroben als die stickstofffixierenden Bakterien (Azotobacter & Co), nämlich solche, die durch die Ausscheidung organischer Säuren und/oder Komplexbildner das Gestein aufschließen und Mineralstoffe wie Kalium, Calcium, Magnesium, Eisen oder andere Spurenelemente erst freisetzen. Und um genau diese Stoffe geht es ja hier, wenn wir von Mineralien sprechen. Oder meinst du andere Substanzen - bzw. welche?

Bekanntlich tuen sie dies aber nicht, sondern Spitzenweine bevorzugen eher kargere Böden, die in der Konsequenz die Pflanze zum tiefen wurzeln zwingt. Die Mineralhaltigen Schichten befinden sich ja meist nicht an der Oberfläche. Dort können die Wurzeln über das im Gestein gespeicherte Wasser die Mineralstoffe mit aufnehemen.


"Mineralhaltigen Schichten befinden sich ja meist nicht an der Oberfläche" - besonders das habe ich nicht verstanden. Mal von einem Blumentopf mit Pflanzenerde aus dem Baumarkt abgesehen (reiner Humus) besteht ja praktisch jeder landwirtschaftlich genutzter Boden zu fast 100% aus Mineralien. Bzw. was verstehst du unter Mineralien in dem Sinn, dass sie an der Oberfläche nicht vorkommen, tief unten aber schon?

Und - wie schon erwähnt - bin ich mir ziemlich sicher, dass das Wasser in den obersten Schichten aus mehreren Gründen (feinere Körnung, Aktivitäte von Mikroben - siehe oben) mehr gelöste Mineralstoffe enthält als weiter unten.

Und - last not least - stellt sich noch die Frage, ob Böden mit mehr löslichen Mineralstoffen (z.B. Löss oder Lehm) überhaupt bessere Weine hervorbringen. Ich glaube, dass eher das Gegenteil der Fall ist ...

Grüße,
Gerald
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Gerald

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Re: Warum liefern alte Reben bessere Weine?

BeitragFr 22. Mär 2013, 23:49

Ein ganz interessanter Artikel zum Thema, der die "alten Reben" (zumindest hier in Ö) ein bisschen relativiert, ist hier zu lesen:

http://derstandard.at/1363705405330/Nur ... ne-Loesung

Grüße,
Gerald
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MichaelWagner

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Re: Warum liefern alte Reben bessere Weine?

BeitragFr 3. Mai 2013, 19:53

das Ganze ist mitunter auch Rebsortenabhängig. Beim Riesling triffts bei mir zu (das ist keine wissenschaftliche Untersuchung, sondern lediglich ein auf 2 Weinberge bezogener Einzelfall). Ich habe bei 2 Weinbergen einen guten direkten Vergleich, der eine ist Baujahr 42 und direkt daneben 2004. Boden- & Witterungsmäßig besteht kein Unterschied. Geschmacklich wirken die Weine des 42-Planzjahrs wesentlich dichter, beim Mostgewicht sind keine großen Unterschiede festzustellen. Ich denke jedoch nicht, dass es unbedingt mit der Tiefe der Wurzeln zu tun hat, sondern viel mehr, die Faktoren geringerer Ertrag (ca. 50% im Vergleich zum Nachbarweinberg), der vor allem durch sehr viel kleinere (und natürlich auch weniger) Trauben mit größerer Verrieselung zustande kommt. Zusätzlich loseres Blattwerk und damit bessere Sonneneinstrahlung fördern die Konzentration des Safts und die Traubenreife. Ein Indiz wäre auch der deutlich höhere zuckerfreie Extrakt. Wie gesagt, so ists beim Riesling in wirklich guter Lage. Beim Müller-Thurgau konnte ich das nicht feststellen. Hier sank einfach nur der Ertrag, ohne dass ein merklicher Zuwachs an Qualität feststellbar war. Ich vermarkte nichts unter dem Thema "Alte Reben", da mittlerweile ja fast alles "Alte Rebe" ist. Aber irgenwie ists schon bisserl "magic".
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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