Mi 16. Nov 2016, 01:13
Letzten Sonntag haben wir es wahr gemacht: Michael schleppte seine
Riedel BGC und Ollie seine
Nachtmann Vivendi Premium Pinot Noir zu mir, wo sie gegen
Gabriel gold antreten sollten. Man sollte das nicht unterschätzen: Die Kartons, speziell die der Riedel, sind gigantisch groß! Meinen Dank an Euch beide, dass ihr das möglich gemacht habt!
Bar jeglicher Riedel-Erfahrung hätte ich gnadenlos ein breites Spektrum einschließlich Weißweinen "verfüttert". Ollie und Michael haben mir da einiges voraus und plädierten nachdrücklich dafür, dass wir uns auf Pinot Noir resp. Spätburgunder beschränken mögen, da andere Rebsorten unvergleichlich weniger profitierten. So hielten wir uns also strikt an die Riedel-Empfehlungen. Nur ich Amateur habe einen Beaujolais Cru reingeschummelt. Aber immerhin haben die ja auch Riedels Segen.
Da die Weine nicht im Fokus standen, liste ich hier nur unkommentiert unser Testmaterial auf...
- Johann F. Ohler, Spätburgunder 2013 (Pfalz)
- Fiebrich, Ahrweiler Rosenthal 2013 (Ahr)
- Weingut Krone, Assmannshäuser Hölle SL*** 2002 (Rheingau)
- R&C Schneider, Spätburgunder «Parzelle Schönenberg» 2008 (Baden)
- Marché aux Vins, Vosne-Romanée 1er Cru «Malconsorts» 2004
- Desjourneys, Fleurie «Chapelle des Bois» 2011
...und beschränke mich auf mein Fazit:
- Alle Unterschiede betreffen m.M.n. ausschließlich das Bouquet. Die Zungenzonen sind, soweit ich weiß, eh als urban legend entlarvt worden; bei mir tat sich da jedenfalls nix. Da das Schnüffeln aber einen wesentlich Teil des Weingenusses darstellt, sind die Unterschiede durchaus signifikant (aber s.u.!).
- Das Riedel zeigte durchweg die verhaltenste Nase. Bei weniger ausdrucksstarken Weinen "verlaufen" die Aromen sich in dem riesigen Kelch, und bei der Nase kommt nicht mehr viel an; dann sind die anderen Gläser besser. Wenn aber guter Stoff im Glas ist, ist die Nase zwar immernoch verhaltener, aber das Aromenspektrum wird etwas "weiter aufgefächert". Ich kann insofern schon nachvollziehen, warum das Glas "Burgunder Grand Cru" heißt (obwohl der Premier auch eine ganz gute Figur abgab).
- Das Gabriel zeigt, wie beworben, eine Konzentration der Aromen und durchweg die intensivste Nase. Jedoch schien das zeitweilig auf Kosten der "Bühnengröße" zu gehen. Entgegen dem Anspruch, wird eben nicht immer die "größtmögliche Komplexität" gezeigt.
- Das Nachtmann präsentierte sich als neutraler Allrounder, der meistens kein "aha!" entlocken konnte, aber auch nicht immer zurückstand. Die Unterschiede zum Riedel sind (edit: meistens gering aber) teilweise erstaunlich deutlich. Möglicherweise macht sich hier der geringere Durchmesser und die kleinere Kelchhöhe bemerkbar.
- Die Haptik spricht klar zu Gunsten des Gabriel: mit nur 90g gegen 200g, den viel kleineren Abmessungen (gut 500ml vs. 900ml vs. 1050ml, 2cm niedriger) und dem niedrigeren Schwerpunkt ist es wesentlich handlicher. Beim Nachtmann mißfiel zudem der wenig elegante Stiel. Das Riedel ließ sich trotz der Größe noch erstaunlich gut handhaben.
Man sollte vielleicht noch dazu sagen, dass die Unterschiede für weniger geübte zu subtil sein könnten, auch wenn sie uns deutlich erschienen - aber auch nicht immer!
And the winner is...?
Kann ich nicht sagen. Alle Gläser haben ihre Berechtigung!
- Das Riedel für hedonistische Schnüffelorgien, wenn Geld keine Rolex spielt
- Das Nachtmann natürlich wegen des unschlagbar günstigen Preises
- Das Gabriel, weil es sich toll anfässt und auch aus winzigsten Mengen noch ein sinnliches Erlebnis machen kann
Ich werde beim Gabriel bleiben. Derzeit ist es auch eher unwahrscheinlich, dass es mich nach einem Goldfischglas gelüstet - so schön und spannend diese Erfahrung war.
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amateur des vins am Mi 16. Nov 2016, 13:46, insgesamt 1-mal geändert.