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Chapoutier über Petrolnoten im Riesling

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octopussy

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Chapoutier über Petrolnoten im Riesling

BeitragMi 11. Mai 2011, 11:17

Michel Chapoutier hat seit einiger Zeit auch Weinberge im Elsass, die er zusammen mit Freunden bewirtschaftet. Jetzt hat er sich im Decanter zu Wort gemeldet und sagt, dass Petrolnoten im Riesling immer auf einen Fehler in der Vinfizierung hinweisen: http://www.decanter.com/news/wine-news/ ... witterfeed. Er sagt, dass sich die Petrolnoten vermeiden lassen, wenn die Trauben ganz langsam und behutsam gepresst werden.

Ist da was dran?
Beste Grüße, Stephan
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Sebastopol

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Re: Chapoutier über Petrolnoten im Riesling

BeitragMi 29. Jun 2011, 19:46

Auch wenn die Frage schon etwas älter ist, möchte ich sie doch gern versuchen zu beantworten.
Die kurze Fassung lautet schlicht und ergreifend, allein meiner subjektiven Meinung nach: "Bull***t!"
Schonende Pressung? Wein wurde wohl nie schonender gekeltert als es gegenwärtig der Fall ist. Was bedeutet hier überhaupt schonend? Allein niedriger Druck über "bis zu 12 Stunden" hinweg? Und was ist da mit der Oxidation? Der Gerbstoffauslösung? Einer möglichen beginnenden Spontangärung? Der Mostoxidation im Tank während gepresst wird? SO einfach kann es also schon mal nicht sein!
Für die längere Fassung meiner Antwort möchte ich primär auf dieses Dokument des Dienstleitungszentrum Ländlicher Raum Rheinland-Pfalz zurückgreifen. Ich finde, es beleuchtet praktisch alle Seiten der Problematik vorbildlich:
http://www.brw-eltville.de/BRW/weinbauw ... olnote.pdf

Und wenn ich einen einzelnen Absatz herausgreifen sollte, dann wohl diesen hier:
"Anders als bei allen anderen Rebsorten gibt es beim Riesling einen entscheidenden
Unterschied zwischen dem Anbau in kühleren und wärmeren Anbauregionen: Rieslinge aus
wärmeren, sonnenreicheren Anbaugebieten entwickeln oft schon nach relativ kurzer Lagerzeit
eine Petrolnote. In den kühleren Regionen kann dies bei entsprechender Lagerung Jahre
dauern, daher ist diese Sensorik meist nur Liebhabern gealterter Rieslinge bekannt."
"A German wine label is one of the things life's too short for, a daunting testimony to that peculiar nation's love of detail and organization."
Kingsley Amis Everyday Drinking
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Charlie

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Re: Chapoutier über Petrolnoten im Riesling

BeitragDo 30. Jun 2011, 09:36

Sebastopol hat geschrieben: "Anders als bei allen anderen Rebsorten gibt es beim Riesling einen entscheidenden
Unterschied zwischen dem Anbau in kühleren und wärmeren Anbauregionen: Rieslinge aus
wärmeren, sonnenreicheren Anbaugebieten entwickeln oft schon nach relativ kurzer Lagerzeit
eine Petrolnote. In den kühleren Regionen kann dies bei entsprechender Lagerung Jahre
dauern, daher ist diese Sensorik meist nur Liebhabern gealterter Rieslinge bekannt."
Wird hier nicht Firne mit Petrol verwechselt?
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Gerald

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Re: Chapoutier über Petrolnoten im Riesling

BeitragDo 30. Jun 2011, 10:07

Wird hier nicht Firne mit Petrol verwechselt?


na ja, ich könnte mir schon vorstellen, dass man minimale Petrolnoten durchaus mit Firne verwechseln könnte. Meiner Ansicht nach sind sie - wie viele andere Aromakomponenten - erst in höherer Konzentration eindeutig erkennbar.

Sebastopol, danke für den interessanten Link. Ich habe noch eine Dissertation zum Thema gefunden. Es sieht so aus, dass die Bildung aus den Carotinoiden vermutet wird, die genauen Umstände aber noch nicht zu 100% geklärt sind (Stand 2003).

Bei der Theorie mit dem "warm climates" fällt mir nur ein, dass ich in Wachauer Rieslingen eigentlich nur selten Petrolnoten finde. Jedenfalls seltener als man es von Moselweinen hört, wobei das Moseltal doch eigentlich kühler als die Wachau ist, oder? Ob da nicht noch andere Faktoren mitspielen?

Grüße,
Gerald
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boromir

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Re: Chapoutier über Petrolnoten im Riesling

BeitragDo 30. Jun 2011, 10:39

Hier gab es mal vor längerer Zeit einen zwei-teiligen Artikel darüber;
http://www.wine-pages.com/guests/tom/ri ... petrol.htm
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Gerald

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Re: Chapoutier über Petrolnoten im Riesling

BeitragDo 30. Jun 2011, 10:52

Hallo Boromir,

danke für den Link. Da findet sich vielleicht schon eine Erklärung, warum Petrol in der Wachau eher selten vorkommt

the conditions that promote the highest TDN levels are well documented, and include low yields, warm weather (particularly high temperatures during the growth period), increased fruit-exposure, water stress, and high acids in either fruit or the wines.


(bekanntlicherweise sind die Steillagen der Wachau überwiegend bewässert, was in der Mosel meines Wissens ja viel seltener der Fall ist, korrekt?)

Aber noch spannender - wenn auch hier OT - ist der Absatz darunter, wo der Autor schreibt, dass es auch mit dem Verschluss zusammenhängt. Dass Naturkork einen wesentlichen Teil der Petrolnote entfernen kann, aber auch viele andere Aromen, die den Wein eigentlich erst ausmachen. Ein tolles, leicht nachvollziehbares Plädoyer für alternative Verschlüsse.

Grüße,
Gerald
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Charlie

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Re: Chapoutier über Petrolnoten im Riesling

BeitragDo 30. Jun 2011, 12:51

Gerald hat geschrieben:
Wird hier nicht Firne mit Petrol verwechselt?
Bei der Theorie mit dem "warm climates" fällt mir nur ein, dass ich in Wachauer Rieslingen eigentlich nur selten Petrolnoten finde. Jedenfalls seltener als man es von Moselweinen hört, wobei das Moseltal doch eigentlich kühler als die Wachau ist, oder?
Vielleicht übertreibe ich, aber das wonach reife Moselrieslinge riechen ist (meist) nicht Petrol sondern Firne (auch wenn ich den Unterschied in meinen VKNs nicht immer mache) :oops:

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