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Pestizideinsatz im Médoc

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Gerald

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Re: Pestizideinsatz im Médoc

BeitragDo 13. Nov 2014, 14:34

Hallo Ulli,

Heißt: dem Eingehen von Risiken steht hier kein wirklich relevanter Nutzen entgegen - sofern man es nicht als Nutzen ansehen möchte, dass ein Liter Wein auch für unter 3 Euro zu haben ist, was vermutlich aus biologischer Bewirtschaftung schwer zu machen wäre, zumindest in Mitteleuropa.


da gehe ich davon aus, dass man Wein hier - der Einfachheit halber - wie andere landwirtschaftliche Kulturen betrachtet.

Denn bei Getreide ist hier sicherlich ein nachweisbarer Nutzen durch Pestizideinsatz vorhanden. Nämlich erstens regelmäßiger und höherer Ertrag (vielleicht nicht in Europa, in vielen anderen Ländern aber wohl überlebenswichtig). Und zweitens Schutz vor Pilzerkrankungen, die viel gefährlicher als etwaige Pestizidrückstände sein können. Stichwort Aflaxtoxine oder - besonders früher - Claviceps (Mutterkorn).

Es wird aber rechtlich kaum möglich sein, den Pestizideinsatz z.B. bei Getreide zu erlauben und bei Wein - aus den erwähnten Gründen - zu verbieten.


Grüße,
Gerald
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Muellimov

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Re: Pestizideinsatz im Médoc

BeitragDo 13. Nov 2014, 14:36

Genau so ist es, ich habe mir Deine jetzige Ausführung in Bezug auf Wein in meinem Beitrag davor verkniffen.

Und für die Weine unter 3 EUR eben PiWis und Minimalschnitt. Da kommt es auf den Geschmack eh nicht wirklich an, wäre aber biologisch zu bewirtschaften.
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Gerald

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Re: Pestizideinsatz im Médoc

BeitragDo 13. Nov 2014, 14:40

Noch zu

eine andere Lücke - zumindest nach meinem Informationsstand - ist auch, wenn nicht Arbeiter/Angestellte die Spritzungen übernehmen, sondern der Bauer selbst bzw. seine Familienangehörigen. Da ist meines Wissens nach der strenge Arbeitnehmerschutz nicht zuständig ...


ich habe einmal gelesen, dass es für Winzer (zumindest in Ö) sehr schwierig ist, Mitarbeiter zu finden, die die Spritzungen übernehmen wollen und dass es daher sehr oft der Winzer selbst macht.

Wenn die im Weinbau verwendeten Pestizide eine Gefahr für Menschen darstellen, dann würde ich das größte Problem hier sehen. Besonders in Regionen, wo die meisten Betriebe relativ klein sind (also gerade in Deutschland und Österreich) :shock:

Grüße,
Gerald
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VillaGemma

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Re: Pestizideinsatz im Médoc

BeitragDo 13. Nov 2014, 15:13

Herr S. hat geschrieben:Die o.g. Aussage ist aber starker Tobak. Dahingehend muss ich aus meiner Erfahrung heraus Deinen Glauben in seinen Grundfesten erschüttern. CMR (C = krebserregend; M= mutagen ; R = reproduktionstoxisch) ist in der Pflanzenschutzmittelrichtlinie bei Erfüllung bestimmter Kriterien ein cut-off
...

Das mag in der Theorie ja auch so sein. Und wahrscheinlich kommt das in der Forschung auch immer mal wieder vor, dass ein neues Produkt nicht auf den Markt kommt.

Aper: Es gab in der Vergangenheit genug Spritzmittel, die inzwischen verboten sind. Und ich sehe es einfach als großes Problem i.A. an, wenn an einem Produkt oder einer Produktklasse ein Millardenmarkt hängt. Da ist zu viel Einfluss/Lobbyismus, Bestechung, usw usw usw dahinter.

Schönes Beispiel: Gorleben. Oder Asse als Endlager. Mensch, da wurden "Gutachten" angefertigt, die waren das Papier nicht wert, wo sie draufstanden. Oder nehmen wir PCP, Bisphenol A, Agent Orange (ok, da war Krieg, aber "ok" war das allemal nicht), Contagan, BSE, ...sind so ein paar "Highlights", wo mir direkt einfallen. Alles Beispiele, wo man im Nachhinein sagen musste: Verdammt, war wohl doch net so ideal, sowas einzusetzen/zuzulassen. Bisphenol A wird ja leider immer noch benutzt :cry:
Auch ein "schönes" Thema: Nanoteilchen :roll:
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Auch eine Enttäuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, bedeutet einen Schritt vorwärts. (Max Planck)
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UlliB

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Re: Pestizideinsatz im Médoc

BeitragDo 13. Nov 2014, 15:29

Gerald hat geschrieben:Es wird aber rechtlich kaum möglich sein, den Pestizideinsatz z.B. bei Getreide zu erlauben und bei Wein - aus den erwähnten Gründen - zu verbieten.

Wäre rechtlich gar kein Problem, wenn man es denn wollte. Schon heute sind etliche Pestizide nur für bestimmte Kulturen zugelassen (und damit für andere verboten). Das Argument der Risiko-Nutzen-Abwägung bzw. der "Unumgänglichkeit" kann für eine spezifische Zulassung bzw. Nichtzulassung selbstverständlich herangezogen werden - wie übrigens dieses Jahr für Spinosad, welches für den Weinbau in der Erstzulassung in der EU nicht zugelassen war.

Gruß
Ulli
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Gerald

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Re: Pestizideinsatz im Médoc

BeitragDo 13. Nov 2014, 15:38

Das Argument der Risiko-Nutzen-Abwägung bzw. der "Unumgänglichkeit" kann für eine spezifische Zulassung bzw. Nichtzulassung selbstverständlich herangezogen werden


Das natürlich schon.

Aber ob es als zulässiges Kriterium herangezogen werden kann, dass manche Kulturen (wie Wein) keine Grundnahrungsmittel - und daher quasi "überflüssiger Luxus" - sind, andere (Weizen oder Kartoffel) aber schon? Bin kein Jurist, glaube aber nicht, dass so etwas durchgeht.

Grüße,
Gerald
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Herr S.

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Re: Pestizideinsatz im Médoc

BeitragDo 13. Nov 2014, 16:52

Hallo zusammen,

da ist man mal ein paar Stunden inaktiv und schon häuft sich Arbeit an :D .

Also, der Reihe nach:

gern verlinke ich noch einmal den umfassenden Bericht zur endokrinen Wirkung von Pflanzenschutzmittel. Die dürfte es ja eigentlich nicht geben, wenn das Zulassungsverfahren so zuverlässig wäre:


Wie Gerald schon richtig bemerkt hat sind endokrine Effekte ein anderer Endpunkt als CMR-Eigenschaften. Endokrine Wirkmechanismen können dabei CMR triggern, müssen es aber nicht. Die Bewertung von endokrinen Effekten ist allerdings schwierig und uneinheitlich, im Gegensatz zu CMR-Eigenschaften. Was die Darstellung an sich angeht: Auch da gibt es immer mindestens zwei Sichtweisen. In diesem Zusammenhang möchte ich die französische Studie zur krebserzeugenden Wirkung von gentechnisch manipulierte Mais an Ratten (wenn ich mich richtig erinnere) in'S Feld führen. Die einen sagen "klarer Beweis", die anderen (darunter auch das deutsche BfR) sagen, die Studie hätte Mängel und kann deshalb nicht für eine Bewertung herangezogen werden. Auch wnen ich vorbelastet bin, ich möchte dies einfach so als neutrales Statement stehen lassen ohne zu sagen, wer recht bzw. unrecht hat.

Wieviele Stoffe gab es denn nicht schon, die trotz Zulassungen und den entsprechenden Prüfungen im Nachgang wieder vom Markt genommen wurden, weil dann doch entsprechende Wirkungen auftraten?


Das passiert dann ggf. im Rahmen der regelmäßigen Re-Registrierung der Wiekstoffe. Bei stichhaltigen validen Beweisen ist ein Abweichen von dem Prozedere möglich (siehe Neonicotinoide)

Die Denke ist halt oftmals die, dass solange kein kausaler Zusammenhang zwischen einem Stoff und Gefährdung durch ihn hergestellt werden kann, der Stoff zugelassen wird. Danach gibt es dann eben wieder ab und an die Situationen, dass später doch Kausalzusammenhänge oder starke Verdachtsmomenten entdeckt werden.


Exakt so ist es. Obwohl gerade Pflanzenschutzmittel intensivst auf alle möglichen Effekte getestet werden verbleibt immer ein minimales Restrisiko. Daher eben auch - zurecht - die regelmäßigen Re-Registrierungen bei Pflanzenschutzmitteln.

Es ist eine Sache, was in einem Regelwerk steht. Aber es ist eine andere, wie tatsächlich die Praxis ausschaut. Und selbst, wenn es einen sehr guten Arbeitnehmerschutz gibt, so stellt sich doch die Frage nach dem Schutz von Anrainern (was in dem ganz am Anfang verlinkten Artikel ja auch zum Ausdruck kommt).


So ist es wohl hier und da leider. Man kann zwar vorschreiben, wie ein Stoff zu nutzen ist und welche Auflagen zu erfüllen sind (Abstandsregelung, Sicherheitsausrüstung, Anwendung nur bis Windstärke xy wg. drift etc.) . Ob das aber dann auch umgesetzt wird oder ob jemand sich - warum auch immer - darüber hinwegsetzt steht auf einem anderen Blatt.

Also meiner Ansicht nach ist das ohnehin klar. Absolute Sicherheit wird es niemals geben

Exakt. Man und sollte versuchen, das Risiko so weit wie möglich zu minimieren. Allerdings ist es Teil unserer liberalen Gesellschaft, daß für viele Dinge eine persönliche risikoabschätzung vorgenommen wird (z.B. gehe ich bei Rot über die Strasse). Bei der Frage "Machen mich konventionell erzeugte Lebensmittel krank?" ist eine Abschätzung für einen Unbedarften natürlich bedeutend schwerer und mit einem gewissen Vertrauen in andere regulierende Systeme verbunden.

So, genug erstmal von meiner Seite.

Viele Grüße,
Björn
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Gerald

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Re: Pestizideinsatz im Médoc

BeitragDo 15. Jan 2015, 16:57

Zum Thema endokrin wirksame Substanzen als Umweltschadstoffe gibt es heute eine interessante Dokumentation in 3sat (20:15) unter dem Titel "Umweltgifte und Lobbyismus - Wissenschaft im Dienst von wirtschaftlichen Interessen".

http://www.3sat.de/page/?source=/wissen ... index.html

Grüße,
Gerald
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Alas

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Re: Pestizideinsatz im Médoc

BeitragSa 17. Jan 2015, 09:22

Gerald hat geschrieben:Zum Thema endokrin wirksame Substanzen als Umweltschadstoffe gibt es heute eine interessante Dokumentation in 3sat (20:15) unter dem Titel "Umweltgifte und Lobbyismus - Wissenschaft im Dienst von wirtschaftlichen Interessen".


Danke für den Hinweis!
Die Leute von der Chemieindustrie imponieren mir immer wieder. Nicht nur, dass man giftige Produkte herstellt und unter das Volk bringt, man besteht auch noch hartnäckig darauf. Geht das nicht anders?
Ebenso verwundert bin ich über die Konsumenten, denen das wohl egal ist. Hauptsache es schmeckt.
Schade dass es nicht auch mehr um die endokrin wirksamen Substanzen selbst ging, sondern darum, wie man in der Bürokratie bemüht ist sicher zu stellen, dass die Bevölkerung weiter in den Genuss der gesundheitsschädlichen Präparate kommt.
Die Sendung ist in der 3Sat-Mediathek zu betrachten.

Gruß

Alas
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Gerald

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Re: Pestizideinsatz im Médoc

BeitragSa 17. Jan 2015, 10:01

Na ja, abgesehen von den Interessen der Industrie (die man sicher hinterfragen kann), stellt sich hier aber noch das Problem, dass die endokrine Wirksamkeit erst spät entdeckt wurde und so viele Produkte des täglichen Lebens betrifft, dass man sie nicht ohne weiteres von heute auf morgen aus dem Verkehr ziehen kann, ohne dass wir alle dann wieder wie im 19. Jahrhundert leben müssten. Und das will vermutlich auch niemand - oder zumindest so wenige Menschen, dass es politisch nicht umsetzbar wäre.

Schwierige Situation, keine Ahnung, wie sich das Problem lösen lässt. Wahrscheinlich wird es ähnlich wie bei den CO2-Emissionen ablaufen, so dass jeder Staat bzw. jeder Wirtschaftszweig erklären wird, warum gerade er nicht darauf verzichten kann und die anderen doch bitte anfangen mögen :(

Grüße,
Gerald
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