Aktuelle Zeit: Fr 29. Mär 2024, 07:22


Herbizide und Umweltgifte im Wein

Neues aus Wissenschaft, Medizin und Spökenkiekerei
  • Autor
  • Nachricht
Offline

olifant

  • Beiträge: 3735
  • Registriert: Mi 8. Dez 2010, 08:58
  • Wohnort: Bayern

Re: Herbizide und Umweltgifte im Wein

BeitragMi 12. Jun 2013, 16:44

MichaelWagner hat geschrieben:Hi Gerald, wer wird denn gegen Botrytis spritzen wollen? Wir warten doch extra darauf :) Ernsthaft, ist mir nicht bekannt, dass heutzutage noch jemand nach 8 Wochen vor erwarteter Traubenreife eine Spritzung macht. Wäre nebenbei auch reine Geldverschwendung. Weiss, dass das in den 70/80ern anders gehandhabt wurde (je mehr desto sicherer...), aber das ist wirklich vorbei.

Trauben waschen: naja, bin gespannt. Aber da die Trauben das Mittel einsaugen würde eine "Aussenwäsche" alleine ohnehin nicht viel bringen denke ich...mal abgesehen davon, dass das ein Arbeitsschritt mehr bedeutet und die Trauben später gepresst werden. D.h. längerer Sauerstoffkontakt und höhere Oxidation...aber dafür wird dann in der Presse mit CO2 gearbeitet ;)

PS: auch die Senkung des Phenolgehalts durch Kernentfernung senkt den Oxidationsschutz und es würde mich nicht wundern wenn dadurch höhere Dosen Schwefel notwendig würden...


Hallo Michael,

wenn du da genauers wissen wolltest, dann müsstest du dich mit Mario Pojer in Verbindung setzen - der spricht gut Deutsch, auch wenn er es gerne verheimlicht ;)
M.W. ist sein Bestreben nicht der Mehreinsatz von Schwefel, da ich ihn eigentlich als Qualitätsfanatiker kennengelernt habe ...
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
Offline
Benutzeravatar

sorgenbrecher

  • Beiträge: 1232
  • Bilder: 83
  • Registriert: Di 6. Sep 2011, 14:32
  • Wohnort: Ffm.

Re: Herbizide und Umweltgifte im Wein

BeitragMi 12. Jun 2013, 17:12

naja, über die definition von qualität kann mann trefflich streiten, immer schonender im hinblick auf vermeidung von luftkontakt bei der pressung ist für mich kein qualitätsmerkmal....wenn die winzer vor 100 jahren bereits so wie heute gearbeitet hätten, dann wären uns vermutlich schon viele genial gereifte weine entgangen, da sie schlichtweg instabiler und hinüber wären....
Gruß, Marko.
Offline

MichaelWagner

  • Beiträge: 801
  • Registriert: Mi 8. Aug 2012, 13:29
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Herbizide und Umweltgifte im Wein

BeitragMi 12. Jun 2013, 19:58

So sieht's aus Marko, aber Vorsicht: this is the New Shit, be there or be square und raider heißt jetzt Twix;)
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
Offline

olifant

  • Beiträge: 3735
  • Registriert: Mi 8. Dez 2010, 08:58
  • Wohnort: Bayern

Re: Herbizide und Umweltgifte im Wein

BeitragDo 13. Jun 2013, 10:02

Naja Marko,

*absolut off topic, ausgehend von den Möglichkeiten einer Traubenwäsche*

natürlich lässt sich über die Qualitätsdefinition immer streiten, zumal dies einerseits vom technischen / wissenschaftlichen Fortschritt, aber auch von Rückbesinnung auf Tradition (und in Vergessenheit geratene Ausbaumethoden), ebenso wie von Moden und wechselndem Zeit(geist)geschmack abhängig ist.

Es wird immer darauf ankommen, welche Produktionsphilosophie der Winzer anstrebt (und wie dieser Qualität und Qualitätsanspruch definiert) und ebenso davon, welche Vorstellungen von Qualität und welche Vorlieben, (geschmacklich und weinphilosophisch), der Kunde hat. Ist dies Kompatibel, sind Winzer und Kunde glücklich, wenn nicht, dann nicht ...

sorgenbrecher hat geschrieben:naja, über die definition von qualität kann mann trefflich streiten, immer schonender im hinblick auf vermeidung von luftkontakt bei der pressung ist für mich kein qualitätsmerkmal....


Natürlich ist die Vermeidung von Luftkontakt per se kein Qualitätsmerkmal - ebenso wenig wie der Ausbau in Barriques, Nachternte, Spontangärung, Amphoren, Handselektion, Kuhhörner, Kaltmazeration, Rotofermenter, Ertragsbegrenzung, Microoxigenisierung, Baggersee- und Tiefseelagerung, und, und, und ...

Falls du jedoch ein Kunde wärst, der klare Aromatik in sortentypischen Weinen sucht, die dennoch Charakter und auch gewisses Reifepotential aufweisen, dann würden dir evtl. die klassischen Rebsortenweine von Pojer & Sandri gefallen können. Bist du aber ein Freund des gemischten Satzes und eher bodenständigen, urigen Weins, empfehle ich dir deren 'Besler' Weine, die als echter 'Gemischter Satz' gelesen und vinifiziert werden, und weil denen sonst zu langweilig wäre haben sie auch hervorragende Riserva im Programm, exzellente Süssweine (einer davon als 'Port'), einen sehr guten Spumante (der sich vor der Trentiner Konkurrenz nicht verstecken muss), diverse exzellente Grappe, einen Brandy, Fruchtbrände, Wein- und Fruchtessige ...
Die Kritiker würden natürlich sofort anmerken, dass hier auf zu vielen Hochzeiten gleichzeitig getanzt wird, und dass deswegen sowieso keine Qualität entstehen kann ;)

Was ich damit sagen will, die Wahrheit liegt wie so oft im Glas und natürlich auch auf deiner Zunge. Die Vermeidung von Luftkontakt ist per se kein Qualitätsmerkmal - aber Winzer, die sich Gedanken darüber machen, wie sie ihre Weine verbessern können und dabei Eigeninitiative zeigen und selbst zu cad und Schraubenzieher greifen, experimentieren, prüfen, forschen, sind mir schon mal per se nicht unsympathisch, auch falls dabei Irrwege beschritten werden sollten, bringen sie sich und ihre Zunft weiter. Vielleicht profitieren du oder ich früher oder später von Entwicklungen die für sich gesehen kein Qualitätsmerkmal darstellen. Das Qualitätsstreben muss ich jedoch in jedem Falle 100%ig anerkennen.

sorgenbrecher hat geschrieben:... wenn die winzer vor 100 jahren bereits so wie heute gearbeitet hätten, dann wären uns vermutlich schon viele genial gereifte weine entgangen, da sie schlichtweg instabiler und hinüber wären....


Auch stellt sich die Frage, ob die heutig, bzw. mit heutigen Mitteln, erzeugten Weine in 100 Jahren noch schmecken werden, oder dies überhaupt könnten, für mich nicht. Der in deiner Aussage implizierte Umkehrschluss wäre doch, dass derartig genussfähige Weine nur mit beschränkten Mitteln zu erzielen wären. Dies können wir erst in 100 Jahren beantworten. Da werden wir beide die Radieschen von unten betrachten und andere darüber richten. :roll:
Zudem sind derartige Weine, also die genussfähigen Hundertjährigen, auch heute eher die extreme Ausnahme denn die Regel. Derartige Ausnahmen wirst du rein stochiastisch betrachtet auch in 100 Jahren geniessen können, und damit mehr oder minder unabhängig von den derzeitigen Produktions- und Ausbaumethoden. Beweisen kann ich dir dies natürlich nicht :shock:
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
Offline

MichaelWagner

  • Beiträge: 801
  • Registriert: Mi 8. Aug 2012, 13:29
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Herbizide und Umweltgifte im Wein

BeitragDo 13. Jun 2013, 11:17

Und wenn wir es schaffen, den sauerstoffkontakt irgendwann in der gesamten Kette zu verhindern und einen Verschluss finden, der absolut gasdicht ist, dann werden wir wohl eher 500 Jahre alt werden müssen um das reifeerlebnis endlich schmecken zu dürfen. Da der medizinische Fortschritt aber leider etwas hinterherhinkt und wir vielleicht eher so um die 80 abtreten werden, gönne ich den Weinen hier und da lieber etwas frische Luft, denn dann kann ich mich auch zu Lebzeiten noch an meiner Arbeit erfreuen;)
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
Offline

olifant

  • Beiträge: 3735
  • Registriert: Mi 8. Dez 2010, 08:58
  • Wohnort: Bayern

Re: Herbizide und Umweltgifte im Wein

BeitragDo 13. Jun 2013, 11:37

Hallo Michael, du vergisst den schädlichen UV-Einfluss, darum bitte noch Erweiterung deiner Parameter um 100% lichtundurchlässige Flaschen ;)
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
Offline

MichaelWagner

  • Beiträge: 801
  • Registriert: Mi 8. Aug 2012, 13:29
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Herbizide und Umweltgifte im Wein

BeitragDo 13. Jun 2013, 11:47

Habe doch extra ne Schwarze Flasche mit UV-Lack anfertigen lassen. Mein Lager ist unter der Mosel und den Lichtschalter habe ich abgeklemmt. An die gitterbox habe ich nen Zettel gehangen: "liebe Außerirdische, wenn ihr das hier trinkt: es ist von Menschen gemacht (wir haben früher auf diesem Planeten gelebt). War leider vor unserem Aussterben noch nicht genießbar.viel Spaß damit und Prosit!"
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
Offline
Benutzeravatar

sorgenbrecher

  • Beiträge: 1232
  • Bilder: 83
  • Registriert: Di 6. Sep 2011, 14:32
  • Wohnort: Ffm.

Re: Herbizide und Umweltgifte im Wein

BeitragDo 13. Jun 2013, 12:00

ralf, ich stimme durchaus zu, allerdings halte ich eben viele der oftmals vermeintlichen qualitätskriterien in der weinbereitung für zumindest hinterfragenswert auf die auswirkungen auf den wein, so wie du ja auch zurecht schreibst, dass diese maßnahmen per se noch nichts über die qualität aussagen und im zweifel auch jeder etwas anderes unter qualität verstehen wird. oftmals suggeriert man damit im markt aber ein qualitätsversprechen und das nervt mich als verbraucher oftmals.

für mich persönlich ist eben die reifefähigkeit (meist einhergehend mit reifebedürftigkeit) eines weines durchaus ein qualitätskriterium, da ich tertiäraromen im wein sehr schätze. wenn dann heute jedoch die reifefähigkeit aufgrund verschiedenster maßnahmen stark anzuzweifeln ist, dann ist das für mich sehr bedauerlich.
ich habe blind weiße burgunder aus den 50er jahren gekauft und hatte eine so minimale ausfallquote und oftmals grandiose weine im glas, dass mir tränen kommen wenn ich an die oxidationsquote von meinen käufen der jahrgänge 1996-2004 denke. und wenn ich den kürzlich hier verlinkten artikel zur möglichen prem-ox-problematik auch bei roten bordeaux erinnere, dann stimmt mich das bezüglich der haltbarkeit der heutigen weine sehr nachdenklich.

erst am letzten wochenende gab es bei freunden eine absolut grandiose probe, der star des abends war ein nicht mehr zuzordnender wein (die meinungen bzgl. bordeaux oder burgund gingen auseinander....) aus dem ende des 18. jahrhunderts, gefolgt von einem 1919er nuits-saint-george, einem 1947er lynch-bages und einem 1959er haut bailly.....und die frage, die sich automatisch aufdrängt ist die, ob sich derartige proben von meinen kindern oder enkeln mit den heutigen weinen auch noch wiederholen lassen werden....
Gruß, Marko.
Offline

olifant

  • Beiträge: 3735
  • Registriert: Mi 8. Dez 2010, 08:58
  • Wohnort: Bayern

Re: Herbizide und Umweltgifte im Wein

BeitragDo 13. Jun 2013, 12:27

Hallo Marko,

dein Standpunkt ist absolut nach zu vollziehen, eben aber auch bedingt durch deine Vorlieben für gereifte Weine.
Leider gehen die Möglichkeiten der Technik und die Tendenz beim Verbraucher alle Weine nahezu ausnahmslos möglichts früh nach der Lese / Freigabe und dann mit möglichst grossem Genuss trinken zu wollen hier durchaus eine für dich unheilvolle Allianz ein - wer will denn schon warten, wenn du das Beste auch sofort haben kannst.
Ob du, oder wir, den Umschwung dieser, ich sag mal Mode, erleben werden, wer weis? Solange deine Vorlieben nicht marktbeeinflussend sind, oder aber sich eine entsprechende Bewegung, so zu sagen aus sich heraus, in der Winzerzunft flächendeckend etabliert, kann der Umschwung auch lange dauern, oder u.U. gar nicht kommen.

Solange es ist wie es ist gilt es wohl Freakweine für Weinfreaks zu selektieren.
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
Offline
Benutzeravatar

Gerald

Administrator

  • Beiträge: 7485
  • Bilder: 32
  • Registriert: Do 24. Jun 2010, 07:45
  • Wohnort: Wien
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Herbizide und Umweltgifte im Wein

BeitragDo 13. Jun 2013, 13:19

Um wieder zum Thema Herbizide und speziell auf Monsanto's Roundup (Wirkstoff Glyphosat) zurückzukommen: gerade heute ist ein Artikel erschienen, dass im Urin der meisten Konsumenten Glyphosat bzw. dessen Metaboliten nachweisbar war:

http://derstandard.at/1369363587032/Stu ... erper-nach

Das heißt natürlich noch nicht, dass das tatsächlich gesundheitsgefährdend ist, aber gerade bei einem Herbizid finde ich das recht bedenklich. Glyphosat wird derzeit von der EU-Kommission einer neuen Risikobewertung unterzogen, bei einem negativen Ergebnis kann sich der österr. Umweltminister (der sich offenbar nach dem Einspruch gegen das Neonicotinoide-Verbot zur "Bienenrettung" vom Saulus zum Paulus gewandelt hat oder es aufgrund der verheerenden Öffentlichkeitswirkung musste ;) ) ein Totalverbot in der Landwirtschaft vorstellen. Persönlich glaube ich aber daran nicht, dafür ist die Macht der Agrarkonzerne und wahrscheinlich auch die Angst vor Preiserhöhungen landwirtschaftlicher Produkte zu groß.

Und zurück zum Weinbau: ich kann leider Michaels Erklärung, dass Herbizide im Weinbau kaum verwendet werden, nicht wirklich unterschreiben. Zumindest bei uns im Weinviertel sieht man oft genug die Rebzeilen, wo "zufälligerweise" im Unterstockbereich alles Unkraut verdorrt ist, während sonst alles grünt. Wie sonst als mit Roundup & Co sollte so etwas funktionieren?

Grüße,
Gerald
VorherigeNächste

Zurück zu Macht Wein krank oder gesund?

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 9 Gäste

Impressum - Nutzungsbedingungen - Datenschutzrichtlinie - Das Team - Alle Cookies des Boards löschen