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Populäre Begriffe der Weinsprache

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nougat

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragMi 28. Dez 2011, 14:40

Hallo Charlie,

ich möchte in die gleiche Kerbe stoßen. Jancis Robinson benutzt den Begriff der Assoziation. Damit rückt die Metapher allerdings in den Bereich des Privaten, ist also nur vom Subjekt selbst zu entschlüsseln. Was für sie nicht weiter tragisch ist. Es geht ihr um den persönlichen Wiedererkennungswert, quasi zur gedanklichen Einordnung, zur Bestimmung eines Weins. Sie bringt das Beispiel von 'Graphit' oder 'Bleistift'. Sie selbst habe noch nie an einem Bleistift gelutscht, es reicht ihr einfach der Gedanke daran, der Geschmack muss nicht abgeglichen werden.

Mit zunehmender Trinkerfahrung, mehrheitlichem Gebrauch und einer gesunden Portion Empathie werden diese 'privaten' Assoziationen zunehmend 'öffentlich' verständlich. Pauillac-Trinker werden mit ''Graphit' etwas anfangen, ohne es richtig erklären zu können, wie der Riesling-Freund mit dem Begriff 'mineralisch'', wie wir gesehen haben.

Die Überleitung von 'mineralisch' zu 'salzig' finde ich allerdings fehl am Platze, da letzterer Begriff bzw. sein Empfinden sich eindeutig über die Geschmacksrezeptoren auf der Zunge definieren lässt.

Grüße
Martin
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Military justice is to justice what military music is to music [Groucho Marx]
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Gerald

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragMi 28. Dez 2011, 14:45

Das mit den "öffentlichen Assoziationen" ist ohnehin eine lustige Sache, denn nicht selten bürgern sich falsche Bezeichnungen so ein, dass man sie nicht mehr los wird. Beispielsweise wenn von "Aceton" die Rede ist. Soweit ich weiß, meinen die meisten Verkoster damit Ethylacetat (Uhu-Note). Aceton riecht komplett anders, eher frisch-grasig.

Ob das bei "Graphit" nicht auch so ist? Reiner Graphit ist nämlich meines Wissens geruchlos, der Geruch beim Bleistiftspitzen kommt vom Zedernholz ...

Grüße,
Gerald
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Charlie

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragMi 28. Dez 2011, 15:00

Gerald, natürlich, klar. Ebenso die "Phenole", streng genommen auch die "Tannine", denn was man beschreibt, sind nicht die Tannine sondern die Adstringenz, "Holz" und "Barrique" statt der angenommenen Ursachen von brenzligen und oder süßlich-vanilleartigen Düften.

Martin, der Punkt mit dem "salzig" ist richtig. Ich verwende den Begriff nur dann, wenn es wirklich salzig schmeckt. Ob salzig genug, dass jeder andere es auch so empfingen würde, steht auf einem anderen Blatt. An der Salzigkeit erkennt man ein anderes Problem dieser Sprache: woher soll der Leser wissen, ob ein Begriff eher mataphorisch7assozitiv (mineralisch) oder eher konkret (salzig) gemeint ist?

Wie auch immer, mir scheint fast jede andere Bereichssprache hat die gleichen Probleme.
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austria_traveller

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragDo 5. Jan 2012, 08:37

Guten Morgen Forum,
Nachdem ich gerade auf der Suche nach einer alten VKN von mir war, bin ich über diesen Begriff gestolpert: "everybody's darling"
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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octopussy

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragFr 27. Jan 2012, 18:00

Das folgende Wort ist glaube ich nicht allzu populär. In dem Buch Mittelrheinwein: Ein dionysisches Porträt benutzt der Autor in jeder zweiten Notiz über einen Wein die Worte "strengwürzig" oder auch "strenge Gewürze". Kann mir jemand erklären, was ich mir darunter vorzustellen habe? Und was wären Gewürze, die nicht "streng" sind?
Beste Grüße, Stephan
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Gerald

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragFr 27. Jan 2012, 18:12

Ich würde mir darunter das Gegenstück zu "süßen", schmeichelnden Gewürzen wie Vanille, Zimt oder Nelken vorstellen. Also zum Beispiel Kreuzkümmel, Asant, Paprikapulver oder Ähnliches.

Kann aber schon sein, dass der Autor ganz etwas anderes damit meint ;)

Grüße,
Gerald
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octopussy

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragFr 27. Jan 2012, 18:43

Gerald hat geschrieben:Ich würde mir darunter das Gegenstück zu "süßen", schmeichelnden Gewürzen wie Vanille, Zimt oder Nelken vorstellen. Also zum Beispiel Kreuzkümmel, Asant, Paprikapulver oder Ähnliches.

Lustig, Zimt und Nelken waren mir beim ersten Lesen des Begriffes "strenge Gewürze" als erstes in den Sinn gekommen. Es scheint also Interpretationsspielraum zu geben. Vielleicht gibt es aber noch weitere Deutungen, z.B. von Mittelrheinrieslingexperten?
Beste Grüße, Stephan
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Gerald

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragMo 18. Jun 2012, 09:07

Wieder ein lustiges Beispiel für eine - etwas missglückte - Geruchsassoziation findet sich im Falstaff in einem Artikel über Prosecco:

http://www.falstaff.at/weinartikel/pros ... -4439.html

Unter der Ãœberschrift "Der zarte Duft des Prosecco" schreibt Othmar Kiem:

Um die zarten, leicht aromatischen Noten nach Glyzinien, Weißdornblüten und gelben Früchten zu erhalten, wird Prosecco fast ausschließlich im Tankgärverfahren erzeugt.


Klar kann man sich unter "Weißdornblüten" schon etwas vorstellen. Nur sieht die Realität ein bisschen anders aus, vermutlich hat der Autor nie an solchen gerochen. Denn Weißdornblüten haben ein deutliches aasartiges Aroma, anderswo im Web findet man "fischartig" :D

Grüße,
Gerald
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olifant

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragMo 18. Jun 2012, 10:27

Hallo Gerald,

da ich selbst Weissdorn, aufgrund einer Bauauflage zur naturnahen Bepflanzung im Garten habe, möchte ich dir sagen, dass ich für mein Empfinden den Geruch von Weissdornblüten weder als aas-, noch fischartig, wahrnehe. Im Gegenteil, eine sehr angenehme intensiv blumig Note, in voller Blüte fast schon parfümiert, aber nicht so aufdringlich wie Flieder.

Weissdorn ist ja nun keine Pflanze die grossartig gezüchtet wird, vielleicht gibt es hier Synonymbezeichnungen oder Verwechslungen?
Der Blütenduft einiger Spirea-Arten ist nun wirklich aas- und fischartig - Spirea ist aber m. W. nicht mit Weissdorn verwandt - könnte aber evtl. irrtümlich synonym gebraucht werden?

Der Duft von Weissdorn (als auch von Rotdorn) ist auf jeden fall sehr angenehm!
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
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Gerald

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Re: Populäre Begriffe der Weinsprache

BeitragMo 18. Jun 2012, 10:31

Hallo Ralf,

vielleicht kennst du speziell für den Garten gezüchtete Varianten?

Der bei uns wild am Feldrand wachsende Weißdorn (sowohl der eingriffelige als auch der zweigriffelige) hat jedenfalls ganz deutlich die von mir beschriebene Note. Wenn man im Web unter "Weißdorn Blüten Geruch" sucht, findet man auch viele ähnliche Beschreibungen wie

Die Blüten sind nektarführende Scheibenblumen mit fischartigem Geruch

Der unangenehme Geruch der Weißdornblüten wurde früher mit der Pest in Verbindung gebracht

Der Geruch der Blüten ist unangenehm und erinnert an Heringsbrühe.

der im Mai weiße Blumen trägt, welche, getrocknet, widrig riechen

Grüße,
Gerald

P.S. Kann natürlich aber auch sein, dass manche Menschen genetisch auf das geruchlich dominierende Trimethylamin (lt. Wikipedia) mit dem "Fischgeruch" nicht so stark reagieren und die Blütendüfte "dahinter" dann stärker wahrnehmen. Bei der Empfindlichkeit auf bestimmte Gerüche gibt es ja erhebliche individuelle Unterschiede - bestes Beispiel ist das TCA im "Korkschmecker".
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