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Re: Wein hinüber?

BeitragVerfasst: Di 7. Jan 2020, 08:31
von weingeist
EThC hat geschrieben:Mäuseln! ... Ist das ein eher seltener Weinfehler?
Selten? Kann ich dir nicht sagen, da diesen Weinfehler viele Weinfreunde (auch Profis) möglicherweise (eben weil selten) unterschiedlich beurteilen werden.

Angeblich hatten wir vor vielen Jahren bei einem Fehlerseminar (gehalten von Hofrat Dr. Walter Flak, langjähriger Leiter des Bundesamtes für Weinbau in Eisenstadt) einmal einen solchen "mäuselnden" Wein dabei. Dr. Flak war bekannt dafür, dass er immer wieder Weine mit bestimmten Weinfehlern "sammelte", wenn sie ihm im Weinlabor unterkamen, um sie dann zeitnah bei Seminaren zu präsentieren. Wir sollten den Wein damals auch nicht kosten, sondern nur riechen.

Ich kann mich nur noch so vage erinnern, dass der Wein schon im Geruch extrem nach Ammoniak, Mäusepisse und Essig roch, d. h. ich denke einmal, dass Du diesen Wein gar nicht mehr kosten wollen würdest. Somit würde ich diesen Fehler hier auch eher ausschließen.

Willi Balanjuk hat erzählt, dass er einen "mäuselnden" Wein einmal (bewusst) gekostet hat, den Geschmack dafür aber den ganzen Abend nicht mehr vom Gaumen weggebracht hat und die Verkostung weiterer Weine für ihn damals dadurch "gelaufen" war.

Re: Wein hinüber?

BeitragVerfasst: Di 7. Jan 2020, 15:48
von EThC
Vielen Dank für die Ausführungen!
Das bestätigt meine Annahme. daß ich sowas zum -Glück- noch nicht im Glas hatte... :D

Re: Wein hinüber?

BeitragVerfasst: Di 7. Jan 2020, 16:45
von stollinger
EThC hat geschrieben:Mäuseln! Ich weiß zwar, daß es das gibt, hatte ich aber noch nie, zumindest nicht bewußt. Jedenfalls hat noch nie einer in unseren Runden selbstbewußt "der mäuselt!" ausgerufen. Und Nagetiere hab' ich auch nicht...
Ist das ein eher seltener Weinfehler?


Ich habe Mäuseln auch noch nie erlebt. Ist nur angelesen. Ich vermute, dass mittlereweile die Kenntnis bzgl. Kellerhygiene und microbiologischen Zusammenhängen bei der Weinbereitung einfach so fortgeschritten ist, dass solche Fehler fast nicht mehr vorkommen. Darüberhinaus ist auch die Kenntnis zur Beseitigung von Weinfehlern deutlich fortgeschritten, dass Zeug wird dann halt über Aktivkohle o.Ä. filtriert wenn sie denn vorkommen.

weingeist hat geschrieben:Ich kann mich nur noch so vage erinnern, dass der Wein schon im Geruch extrem nach Ammoniak, Mäusepisse und Essig roch, d. h. ich denke einmal, dass Du diesen Wein gar nicht mehr kosten wollen würdest. Somit würde ich diesen Fehler hier auch eher ausschließen.


Ja, das klingt wirklich nach einem interessanten Seminar. Allgemein handelt es sich ja beim Mäuseln um einen microbakteriellen Weinfehler. Ich nehme mal an, dass also die Charakteristik eines Fehlers von der Bakterienflora im Weinberg und im Keller abhängt. Die ist in Südeuropa schon unterschiedlich z.B. gegenüber dem deutschsprachigen Raum. Wenn man so will, auch ein Ausdruck des Terroirs ;).

In dem Buch Wine Microbiology steht ja, dass unterschiedliche Bakterienstämme die fehlerhaften Fremdaromen, die mit Mäuseln in Verbindung gebracht werden, biosynthetisieren können. Weiter steht da, dass sich in Abhängigkeit vom Bakterienstamm die Verhältnisse der Fremdaromen und resultierenden Fehltöne unterscheiden. Muss also nicht unbedingt ausgeprägt nach Urin riechen, kann aber trotzdem einen unangenehmen und persistenten Nachgeschmack haben.

Ob dann der Begriff Mäuseln wirklich dem Fehler gerecht wird, ist fraglich. Jedenfalls würde ich anhand der Beschreibungen weiter auf einen Fehler bedingt durch Microorganismen tippen; natürlich nur Spekulation von mir.

Grüße, Josef

Re: Wein hinüber?

BeitragVerfasst: Di 7. Jan 2020, 17:22
von weinaffe
Hallo zusammen,

Mäuseln ist aufgrund verbesserter Kellertechnik und entsprechendem Know how in unseren Breitengraden nicht mehr sehr häufig anzutreffen, kommt aber immer wieder mal in der Weinprüfung vor, speziell in Jahren mit hohem pH-Wert.
Ich bin gegenüber diesem Fehlton sehr empfindlich; wer diesen Fehlton einmal geschmeckt hat, wird ihn so schnell nicht vergessen- und der Abgang hallt über Minuten nach :lol:

LG
Bodo

Re: Wein hinüber?

BeitragVerfasst: Di 7. Jan 2020, 17:50
von amateur des vins
Nun liegt Spanien ja nicht direkt in unseren Breiten. :P
Und wenn der mäuselnde Abgang beeindruckender als die Nase ist, paßt es ja wieder. :twisted:

Re: Wein hinüber?

BeitragVerfasst: Di 7. Jan 2020, 17:59
von weingeist
stollinger hat geschrieben:...dass Zeug wird dann halt über Aktivkohle o.Ä. filtriert wenn sie denn vorkommen.
Klar, aber Aktivkohle ist wohl der "Überhammer", da bleibt im Regelfall überhaupt kein Aroma mehr zurück (übertrieben formuliert). Ich kenne auch keinen Wein, der mit Aktivkohle behandelt wurde, weil es der Winzer sicher nirgends dazuschreibt ;) . Es wäre aber interessant, einen so behandelten Wein einmal zu kosten.
stollinger hat geschrieben:Ja, das klingt wirklich nach einem interessanten Seminar.
Korrekt :lol: , aber nur für echte Freaks, angehende Winzer, angehende Weinakademiker, usw. also alles in allem fast nur Masochisten.... ;) . Wobei, diese gut zwei Stunden in Eisenstadt wirklich "fordernd" waren (keinen einzigen Wein ohne Fehler im Glas gehabt :shock: )