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deutscher Wein- moderne vs traditionelle Bezeichnungen

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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Lurchus

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deutscher Wein- moderne vs traditionelle Bezeichnungen

BeitragMo 14. Mai 2018, 18:30

Euch ist sicher aufgefallen,dass gerade im Einstiegssegment um die 10 Euro deutsche Weine oft keine traditionelle Bezeichnungen mehr tragen wie "Saarburger Rausch Riesling Kabinett trocken",sondern immer mehr Fantasiebezeichnungen wie "butterfly","Ursprung","Schiefertänzer","der letzte Sommer war sehr groß" usw. An und für sich fände ich so Bezeichnungen nicht so schlimm, wenn sie das klassische Prädikatssystem und die Lagenbezeichnungen nicht verdrängen würden, das sind für mich nämlich durchaus auch wichtige Infos, und ich habe mich immer drüber aufgeregt, wenn die verschwinden. "Schiefertänzer" ist vielleicht ein schicker Name, sagt aber an und für sich nix über die Stillistik des Weines aus. Nun ist mir ein Wein in die Hände gefällen, der das Dilema löst..:
Vom Weingut König Johann. Vorne: Modernes, sehr grafisch ansprechendes Etikett: SAAR DNS Rielsing Zeitvertreib steht da, dazu ne hübsche 2 farbige Grafik von nem DNS Strang um den sich Weinreben ranken schmale, prägnante Schrift,passt. Und was steht hinten?: "Saar 2016 Serriger König Johann Berg Zeitvertreib Riesling Kabinett"... aber hallo! Warum machen das nich mehrere Weingüter so?Ist mir zumindest hier zum ersten mal begegnet. Würde ich mir öfter wünschen. Also ich hab ja nich viel gegen schicke Etiketten und verspielte Namen- aber bitte nicht zu lasten für mich relevanter Informationen... Und wie seht ihr das so? Mein, hab das Gefühl "traditionelle" Weine mit vermeintlich unkonventionellen Namen werden grad immer häufiger..
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niers_runner

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Re: deutscher Wein- moderne vs traditionelle Bezeichnungen

BeitragDi 15. Mai 2018, 13:57

Hallo Lurchus,

ich bin kein Freund von diesen Phantasiebezeichnungen wie Schweißtröpfen, Butterfly etc.
Löst bei mir regelmäßig einen Nichtkaufreflex aus. Aber jeder wie er mag.

Beste Grüße

Peter
Zuletzt geändert von niers_runner am Mi 16. Mai 2018, 06:51, insgesamt 1-mal geändert.
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Kleiner_Pirat

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Re: deutscher Wein- moderne vs traditionelle Bezeichnungen

BeitragDi 15. Mai 2018, 17:32

Die traditionellen Bezeichnungen sagen doch häufig nichts mehr aus. Mein Lieblingsbeispiel: Viele restsüße Kabis sind eher Spätlesen, viele Spätlesen eher Auslesen. In Supermarktsituation und beim Gelegenheitskäufer kommt bezgl. Lage hinzu: Dieser kann im Zweifel nicht bewerten, ob Saarburger Rausch nun gut ist oder nicht. Und noch schlimmer: Hat er mal einen tollen Rausch/Sackträger/Doctor von einem namhaften Weingut getrunken und holt sich dann einen anderen Wein der Lage von einem anderen (vielleicht schlechteren) Winzer, dann ist er verwirrter als vorher. So ist es zumindest im Bereich von unter 10 EUR auf jeden Fall nachvollziehbar, dass Winzer sich entscheiden, ihren Wein lieber als "Marke" zu verkaufen. Gibt's keine zweimal, bezeichnet eindeutig einen Wein und ist besser zu merken. Je weiter ich mich vom Fachhandel entfernt platzieren würde und je weniger bekannt mein Gutsname (auch über Nerds hinaus) wäre, desto eher würde ich das auch so machen.

Gruß
Andreas
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Gaston

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Re: deutscher Wein- moderne vs traditionelle Bezeichnungen

BeitragDi 15. Mai 2018, 19:01

Ein zweischneidiges Schwert... persönlich bin ich auch kein Freund dieser knalligen Phantasienamen. Andererseits verstehe ich, dass für bestimmte Zielgruppen Bezeichnungen wie "Oppenheimer Sackträger Riesling Spätlese trocken Alte Reben" ziemlich unsexy wirken können und habe deshalb ein gewisses Verständnis, wenn man mit Markennamen neue (vor allem jüngere) Zielgruppen erreichen will. Wenn der Inhalt denn stimmt, nun denn... Ärgerlich finde ich es allerdings, wenn mit möglichst knallig-plakativen Bezeichnungen vom eher dürftigen Inhalt der Flasche abgelenkt werden soll.
Beste Grüße
Gaston
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EThC

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Re: deutscher Wein- moderne vs traditionelle Bezeichnungen

BeitragDi 15. Mai 2018, 19:55

Die meisten "Phantasienamenweine" sind eh' nur Gutsweine, wenn man mal die VDP-Hierarchie bemühen will. Ohne diesen Extra-Namen stünde dann in der Regel nur der Hersteller und vielleicht die Rebsorte, Jahr und Süßegrad d'rauf. Daß Lagenweine mit solchen Namen versehen werden, habe ich bis dato nur in Ausnahmefällen gesehen, gibt's aber natürlich auch. Ich kann mich jetzt auch nicht spontan erinnern, daß ich schon mal einen wirklich außergewöhnlichen Phantasienamenwein getrunken hätte. War alles im besten Fall ganz gut gemacht, aber zum Nachkauf hat's noch nie gereicht.

Aber auch mit den traditionellen deutschen Bezeichnungen habe ich so meine Probleme, weil diese zum einen qualitativ rein gar nichts aussagen und der Entwicklung im (deutschen) Weinbau keine Rechnung tragen. Konkret: die Qualitätsstufe "Qualitätswein" sagt praktisch nichts aus, die letzte Plörre bekommt bei uns dieses Siegel, es wird vielen hochqualitativen, aber "untypischen" Weinen jedoch verwehrt. "Kabinett" sagt lt. Weingesetz ausschließlich aus, daß der so bezeichnete Wein nicht chaptalisiert wurde, dem Begriff bzw. Prädikat wird jedoch eine ganz andere Bedeutung zugeschanzt. Weiters geht die ganze Bezeichnerei in D davon aus, daß Reinsortigkeit das oberste Gut ist. Sobald cuvetiert wird, ist bezeichnungsmäßig alles mindestens zweite Liga, ungeachtet der tatsächlichen Qualität. Auch geht man hier immer davon aus, daß nur Lagenweine die Spitze darstellen können. eine Lagencuvée ist ebenfalls bezeichnungstechnisch immer zweitklassig. Der VDP schlägt da in die gleiche Kerbe. Es gibt aber mittlerweile eine zunehmende Zahl von qualitativ hochwertigen "Querschlägern", ich frage mich, wie lange man die in D von der Etikettierung her noch links liegen lassen will.

In diesen Fällen werden dann auch Markennamen verwendet, die ich allerdings nicht in der Phantasienamensparte einordnen würde. Der "Geheimrat 'J'" von Wegeler ist so ein Beispiel (Lagencuvée mit GG-Qualität) oder auch der "Villsenah" von Weltner (Rebsorten-Cuvée, auch an sich GG-würdig aus meiner Sicht). Hier zwingt das deutsche Bezeichnungsregularium quasi zur alternativen Bezeichnung, wenn man diesbezüglich nicht in der Belanglosigkeit verschwinden will.
Viele Grüße
Erich

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Kermit

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Re: deutscher Wein- moderne vs traditionelle Bezeichnungen

BeitragMi 20. Jun 2018, 19:17

Ihr habt alle so recht (ohne Ironie).
Und in nur wenigen Beiträgen ist die ganze Zwickmühle dargestellt!

Was ich für mich sagen kann, dass ich Weine mit einer sichtlich in den Vordergrund gestellten scheinbar phantasievollen Benamung strenger beurteile, wenn sie mir willkürlich erscheint, also erstmal nur ein Marketingtrick zu sein scheint.
(Etwas ganz anderes ist es, wenn ein Winzer seine Weine nicht zur Qualitätsweinprüfung einreicht, weil sie sich auch so gut verkaufen, aber das ist eher selten.)

Meine Beobachtung: Man sieht heute in den mittleren Preislagen überwiegend Gutsweine. Das war früher einmal anders. Aber inzwischen gibt es noch mehr Rebsorten, und der Name des Erzeugers ist doch ein Stück wichtiger als der Name der Lage, wenn man von zumeist kleinen, sehr hochwertigen (Einzel-)Lagen einmal absieht. Das könnte eine Spätfolge der eingeführten Großlagen sein, deren Name in günstigsten Fall nichts besagt.

Wie ist es in der Schweiz und in Österreich?

LG, Kermit
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Gerald

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Re: deutscher Wein- moderne vs traditionelle Bezeichnungen

BeitragDo 21. Jun 2018, 06:06

In Österreich ist es bei den reinsortigen Weinen ungefähr auch so wie oben beschrieben.

Etwas Anderes sind die Rotweincuvées, diese haben meistens - auch in der gehobenen Kategorie - Phantasienamen wie Admiral, Comondor & Co. Allerdings ist das meiner Meinung nach auch absolut sinnvoll, denn wie soll man sonst eine Cuvée aus Blaufränkisch, Merlot und St. Laurent aus mehreren Lagen nennen?

Grüße,
Gerald
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Re: deutscher Wein- moderne vs traditionelle Bezeichnungen

BeitragDo 21. Jun 2018, 14:02

Gerald hat geschrieben:denn wie soll man sonst eine Cuvée aus Blaufränkisch, Merlot und St. Laurent aus mehreren Lagen nennen?

...bei unseren Nachbarn heißt das -auch bei höheren Qualitäten- dann oft einfach nur "Rosso" oder "Vinho Tinto". Macht -vor allem im Deutschen- natürlich namensmäßig nicht so viel her. Oder es stehen einfach alle vermanschten Rebsorten vorne d'rauf, habe ich z.B. bei südafrikanischen Weinen schon öfters gesehen.
Viele Grüße
Erich

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Spirit-Alex

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Re: deutscher Wein- moderne vs traditionelle Bezeichnungen

BeitragSo 19. Aug 2018, 21:34

Also ohne jetzt hier über den Sinn oder vielleicht doch eher Unsinn des deutschen Prädikatssystems zu streiten finde ich diese Markennamen auch doof und kaufe solche Weine aus Prinzip nicht weil ich diese Unsitte nicht unterstützen möchte. Wer will schon einen Markennamen wenn stattdessen vielleicht "Graacher Himmelreich" daraufstehen könnte, auch wenn ein so extremes Beispiel in der Realität wohl kaum zu finden sein dürfte. Natürlich kann man nicht alle Lagen kennen, aber wer sich wie wohl die meisten hier intensiv mit Wein beschäftigt wird unweigerlich wenigstens einige Namen guter Lagen kennen und die möchte ich dann auch gerne auf dem Etikett lesen, wenn der Wein aus einer davon stammt. Wenns aber unbedingt ein Name Markenname sein muss finde ich das zu Beginn erwähnte Beispiel wie man das Problem lösen könnte sehr gut. Den dort erwähnten DNS habe ich übrigens auch im Keller und abgesehen von einem ganz leichten Böckser war der Wein auch durchaus gelungen.
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Re: deutscher Wein- moderne vs traditionelle Bezeichnungen

BeitragSo 19. Aug 2018, 22:13

Spirit-Alex hat geschrieben:Wer will schon einen Markennamen wenn stattdessen vielleicht "Graacher Himmelreich" daraufstehen könnte

...wie schon angeführt, passiert das eher selten, daß Lagenweine mit Phantasie- bzw. Markennamen garniert werden; das greift eher in der Guts- und Ortsweinliga um sich...
Viele Grüße
Erich

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