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Winzer und ihre Preislisten im Netz

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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Bernd Schulz

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Re: Winzer und ihre Preislisten im Netz

BeitragDo 6. Jul 2017, 16:25

amateur des vins hat geschrieben:Nun ja, möglicherweise hat das damit zu tun, daß die Winzer bei denen Du kaufst, keine repräsentative Stichprobe darstellen? Denn...


Karsten, möglich ist vieles, und ich betrachte mich gewiss nicht als unfehlbaren Experten. Allerdings argumentiere ich jetzt nicht auf der Grundlage von ein paar Weingütern, bei denen ich ab und an mal was bestelle, sondern ich befasse mich seit mehr als einem Vierteljahrhundert zwar nur hobbymäßig, aber doch ziemlich intensiv mit deutschem Wein. Im Laufe der Zeit habe ich recht viele deutsche Weinbaubetriebe (wohl mehr als hundert) persönlich heimgesucht und mit den Winzern geredet, größtenteils aus Gründen der eigenen Versorgung mit Leerstoff, aber unter anderem auch zwecks Recherche für die von mir verfassten Weingutsbeschreibungen in zwei kleinen Paperpacks, an denen ich beteiligt war. Eventuell reicht dir das immer noch nicht als Hintergrund der "Repräsentativität" meiner Eindrücke, und du glaubst mir halt nicht, dass für den überwiegenden Teil der deutschen Winzerschaft das Privatkundengeschäft eine große Rolle spielt - ich werde dann damit leben können.... ;)

UlliB hat geschrieben:Und dafür gibt es sehr gute Gründe. Klein- und Kleinstmengen zu verschicken, ist betriebswirtschaftlich so ziemlich das Dümmste, was man machen kann, sofern man denn Alternativen für den Verkauf hat, und man sich überhaupt um die wirtschaftlichen Aspekte seines Handelns kümmert.


Das mag ja sein, Ulli, aber hier ging es jetzt erst einmal darum, ob viele Winzer das Endkundengeschäft wollen oder eben nicht wollen. Die Diskussion darüber, inwieweit es für sie wirklich wirtschaftlich und sinnvoll ist, wäre dann vielleicht einen eigenen Faden wert (ich glaube übrigens, dass es für die meisten Erzeuger sinnvoll ist, die direkte Vermarktung an den Endkunden als ein wichtiges Standbein anzustreben und erläutere dir bei Bedarf auch gerne, warum ich das glaube, aber das wird dann eine etwas umständlichere Angelegenheit).

Herzliche Grüße

Bernd
Zuletzt geändert von Bernd Schulz am Do 6. Jul 2017, 16:59, insgesamt 1-mal geändert.
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amateur des vins

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Re: Winzer und ihre Preislisten im Netz

BeitragDo 6. Jul 2017, 16:58

Hallo Bernd, leider hast Du jetzt erneut einen wichtigen Teil beim Zitieren unterschlagen. Du schriebst selber, daß Du Preisangaben auf den Homepages erwartest, daß deren Fehlen für Dich höchst ärgerlich ist und Du in der Konsequenz u.U. woanders bestellst. Ich halte es nicht für allzu gewagt, aus diesen Zitaten die Existenz eines gewissen Bias zumindest zu hinterfragen. Du hättest eben bevorzugt mit solchen Winzern Kontakt, die gewillt sind, für Direktvertrieb Aufwand zu treiben.

Über 100 persönliche Kontakte zu Winzern sind eine beeindruckende Zahl, angesichts von rund 80.000 Winzern alleine in Deutschland aber nur gut ein Promille. Und über die Repräsentanz ist damit noch nichts gesagt.

Bernd Schulz hat geschrieben:hier ging es jetzt erst einmal darum, ob viele Winzer das Endkundengeschäft wollen oder eben nicht wollen.
Wirklich? Ging es nicht eher darum, welche ökonomische Relevanz das Endkundengeschäft für die Winzergesamtheit statistisch hat? Ich kann als Winzer völlig widerspruchsfrei den Aufwand für Kleinmengendirektversand scheuen und trotzdem im Probenraum meinen Besuchern ein paar Flaschen verkaufen wollen. Kannst Du aus Deiner Erfahrung etwas dazu sagen, ob die von Dir angesprochenen Winzer vergleichbar differenzieren?
Besten Gruß, Karsten
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Bernd Schulz

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Re: Winzer und ihre Preislisten im Netz

BeitragDo 6. Jul 2017, 18:45

amateur des vins hat geschrieben:Über 100 persönliche Kontakte zu Winzern sind eine beeindruckende Zahl...


Karsten, ich habe in meinem Eifer eben etwas stark auf die Pauke gehauen - vielleicht waren es auch nur 90 Weingüter, die ich besucht habe :oops: . Aber einige Winzer habe ich darüber hinaus auf Verkostungsveranstaltungen und Messen kennengelernt....

amateur des vins hat geschrieben:.... angesichts von rund 80.000 Winzern alleine in Deutschland aber nur gut ein Promille. Und über die Repräsentanz ist damit noch nichts gesagt.


Rein mathematisch gesehen kann ich dir da nicht widersprechen. ;) Aber erwäge doch bitte mal, welche Erzeuger eher zugunsten des Fachhandels das Privatkundengeschäft reduzieren oder ganz darauf verzichten können - sind es die wenigen vergleichsweise renommierten, die sich in der Szene wenigstens einen gewissen Namen gemacht haben (solche habe ich in der Hauptsache besucht), oder ist es die große Masse von Winzern, die in der Regel passable bis mäßige Weine auf die Flasche bringen, und die außerhalb ihres alten Stammkundenkreises niemand kennt? Dass letztere in noch weit höherem Maße vom Verkauf an den Direktkunden abhängig sind, liegt doch wohl klar auf der Hand - da muss ich keine Statistiken bemühen!

Noch einmal anders herum gesagt: Die deutschen Winzer, die es sich leisten können, ihre Weine vorwiegend über den Fachhandel zu verkaufen, sind in der Regel (die vielleicht von seltenen Ausnahmen bestätigt wird) die bekannten Vertreter ihrer Zunft. Und damit bilden sie eine absolute Minderheit. Der Ottonormalerzeuger muss schauen, dass er seine Weine direkt an den Kunden los wird. Die Weine von Hugo Moppenbaff aus Wittlich wird kaum ein Händler im größeren Stil listen wollen.

amateur des vins hat geschrieben:Ich kann als Winzer völlig widerspruchsfrei den Aufwand für Kleinmengendirektversand scheuen und trotzdem im Probenraum meinen Besuchern ein paar Flaschen verkaufen wollen. Kannst Du aus Deiner Erfahrung etwas dazu sagen, ob die von Dir angesprochenen Winzer vergleichbar differenzieren?


Fast alle Winzer, die ich kennengelernt habe - wenige mit heute ganz großen Namen wie Dönnhoff, Fürst oder Näkel mögen inzwischen eine Ausnahme darstellen - waren/sind froh über alles, was sie (möglichst schnell) an den Endkunden verkaufen. Nach meiner Erfahrung wird der Aufwand für den Kleinmenmgendirektversand (was ist bei dir eine Kleinmenge, 2 Flaschen oder 12 Flaschen?) in den seltensten Fällen gescheut. Aus rein portotechnischen Gründen dürfte es auch nicht so viele Kunden geben, die weniger als 6 Flaschen pro Lieferung bestellen...

Herzliche Grüße

Bernd
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UlliB

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Re: Winzer und ihre Preislisten im Netz

BeitragDo 6. Jul 2017, 19:58

Da tragen wir doch mal zusammen, was wir hier als Vermutungen bisher haben (und mehr als Vermutungen sind es ja bislang nicht, nachgefragt hat ja wohl noch keiner):

- Möglichkeit 1: es fehlen die nötigen technischen Fähigkeiten, oder die Zeit, oder die Einsicht in die Möglichkeiten des Direktvertriebs mittels Internet, oder es ist schlicht Nachlässigkeit. Im Ergebnis: sie können es nicht.

- Möglichkeit 2: man scheut den Aufwand aus dem Direktvertrieb über Versand, oder man möchte die Partner in den anderen Vertriebswegen mit Preitransparenz via Mausklick nicht verärgern. Im Ergebnis: sie wollen es nicht.

Vermutlich gibt es in der Realität durchaus beide Formen. Da (wie hier schon mehrfach gesagt) der Aufwand sich eigentlich in Grenzen hält, würde ich doch vermuten, dass ein relevanter Teil in die zweite Kategorie fällt. Ich gebe hierbei zu bedenken, dass ein nicht unerheblicher Teil der deutschen Winzer in gewissem Umfang exportiert, und angesichts der Preise, die im Ausland für deutsche Weine verlangt werden, den Leuten dort verrmutlich das Gesicht entgleist, wenn sie sehen, mit welchen Margen der Zwischenhandel tatsächlich operiert (in den USA z.B. kosten deutsche Weine ganz schnell mal das dreifache wie hier ab Hof, und das ist nicht nur dem Zoll geschuldet). Ich denke, dass der dortige Handel völlige Preistransparenz gar nicht goutieren würde.

Auffällig ist in dem Zusammenhang übrigens, dass auf den Homepages französischer Winzer noch viel seltener als in Deutschland irgendwelche Preisangaben zu finden sind, und das gilt keinesfalls nur für Bordeaux. Hier gilt ganz klar, dass man die traditionell sehr engen Verbindungen mit dem Handel nicht stören möchte, auch wenn man durchaus ab Hof verkauft. Ich vermute (!), dass das auch in Deutschland ein nicht unwesentliches Element ist.

Gruß
Ulli
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puschel

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Re: Winzer und ihre Preislisten im Netz

BeitragDo 6. Jul 2017, 20:19

Hallo Ulli,
...nicht wir haben zusammengetragen , sondern du sprichst deine Vermutungen aus und kommst zu Ergebnissen,
die ich nicht nachvollziehen kann.
Übrigens , ist der Weinvertrieb in Frankreich ein völlig anderes Thema.
Gruß Adi
Save water, drink riesling
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Bernd Schulz

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Re: Winzer und ihre Preislisten im Netz

BeitragDo 6. Jul 2017, 20:21

UlliB hat geschrieben:...und mehr als Vermutungen sind es ja bislang nicht, nachgefragt hat ja wohl noch keiner....


Oswald wollte doch mal nachfragen:

OsCor hat geschrieben:Am Montag werde ich bei dem im Eingangsthread erwähnten Winzer anrufen und fragen, warum er keine Liste einstellt.


Oswald, hast du das Weingut Michel inzwischen erreicht?

Herzliche Grüße

Bernd
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Bernd Schulz

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Re: Winzer und ihre Preislisten im Netz

BeitragDo 6. Jul 2017, 20:28

UlliB hat geschrieben:- Möglichkeit 1: es fehlen die nötigen technischen Fähigkeiten, oder die Zeit, oder die Einsicht in die Möglichkeiten des Direktvertriebs mittels Internet, oder es ist schlicht Nachlässigkeit. Im Ergebnis: sie können es nicht.

- Möglichkeit 2: man scheut den Aufwand aus dem Direktvertrieb über Versand, oder man möchte die Partner in den anderen Vertriebswegen mit Preitransparenz via Mausklick nicht verärgern. Im Ergebnis: sie wollen es nicht.

Vermutlich gibt es in der Realität durchaus beide Formen. Da (wie hier schon mehrfach gesagt) der Aufwand sich eigentlich in Grenzen hält, würde ich doch vermuten, dass ein relevanter Teil in die zweite Kategorie fällt.


Ich glaube auch, dass es in der Realität beide Formen gibt, halte die erste Kategorie jedoch für den weit häufigeren Fall.

UlliB hat geschrieben: Ich gebe hierbei zu bedenken, dass ein nicht unerheblicher Teil der deutschen Winzer in gewissem Umfang exportiert....


Ulli, was ist für dich "ein nicht unerheblicher Teil"? Meines Wissens hat nur ein verschwindend geringer Teil der deutschen Winzer wirklich einen Fuß im Exportgeschäft. Ich weiß von zwei sehr guten Erzeugern (die ich beide etwas näher kenne), dass sie sich eine Zeit lang mit viel Energie um ein Türchen ins Ausland bemüht haben, aber leider keinen Erfolg hatten.

Herzliche Grüße

Bernd
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UlliB

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Re: Winzer und ihre Preislisten im Netz

BeitragDo 6. Jul 2017, 20:29

puschel hat geschrieben:Hallo Ulli,
...nicht wir haben zusammengetragen , sondern du sprichst deine Vermutungen aus

Sorry, ich habe mit den beiden Möglichkeiten lediglich die Vermutungen subsummiert, die von mir, aber im Wesentlichen von anderen Usern bislang im Thread in Betracht gezogen wurden. Wenn Du nicht in der Lage bist, das zu erkennen, tut's mir leid.
und kommst zu Ergebnissen, die ich nicht nachvollziehen kann.

Dann lass uns doch bitte mal daran teilhaben, was Du vermutest. Die Tatsache, die Ausgangspunkt des Threads war - keine aktuellen Preislisten auf den Homepages vieler Deutscher Winzer - ist als solche ja wohl kaum zu bestreiten.

Gruß
Ulli
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OsCor

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Re: Winzer und ihre Preislisten im Netz

BeitragDo 6. Jul 2017, 20:34

Bernd Schulz hat geschrieben:Oswald, hast du das Weingut Michel inzwischen erreicht?
Wenn ich´s versucht hätte, vermutlich schon. Leider haben meine Frau und ich diese Woche mehr Terminstress als gewöhnlich und wenn ich daran dachte, bei den Michels anzurufen, waren die Geschäftszeiten der Michels immer schon längst vorbei.
Ab Dienstag haben wir wieder etwas Luft.

Eine Preisliste habe ich aber schon; zu deren Anforderung hat es nach dem Erstposting noch gereicht ;)

Gruß
Oswald
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UlliB

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Re: Winzer und ihre Preislisten im Netz

BeitragDo 6. Jul 2017, 20:37

Bernd Schulz hat geschrieben:Ulli, was ist für dich "ein nicht unerheblicher Teil"? Meines Wissens hat nur ein verschwindend geringer Teil der deutschen Winzer wirklich einen Fuß im Exportgeschäft. Ich weiß von zwei sehr guten Erzeugern (die ich beide etwas näher kenne), dass sie sich eine Zeit lang mit viel Energie um ein Türchen ins Ausland bemüht haben, aber leider keinen Erfolg hatten.

Bernd,

ich kann hier nur für die USA sprechen, wo ich mich einigermaßen regelmäßig in Weingeschäften rumtreibe, und mit Einschränkungen in Japan. Die VDP-Winzer von der Mosel findest du dort ausnahmslos, und gerade von der Mosel auch sehr viele Nicht-VDP-Betriebe. Die Auswahl ist hier nach wie vor einer klaren Präferenz für die restsüßen Weine geschuldet, trockene siehst du da seltener. Aber gut sortierte Weinhandlungen in NYC und SF listen heute schon jeweils mehrere Dutzend deutsche Betriebe.

Aber schon richtig, gemessen an den Tausenden Betrieben in D ist das kein relevanter Anteil.

Gruß
Ulli
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