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Vertikale ausrichten?

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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amateur des vins

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Vertikale ausrichten?

BeitragDi 27. Jun 2017, 19:17

Ich habe von einem bestimmten Produzenten aus den letzten gut 10 Jahren nahezu alle Weine der Linien weiß, rot Erstwein, rot Zweitwein. Die ältesten Jahrgänge gehen zur Neige, und ich habe davon nur noch je zwei Flaschen. Bei mir entsteht die Idee, eventuell alle Weine gegeneinander zu verkosten, solange noch 'was da ist.

Ich habe keinerlei Erfahrung mit der Durchführung solcher Veranstaltungen. Mir stellen sich da eine Reihe von Fragen.

Die quantitative:
Gut 30 Weine sind schon eine Nummer, zumal es auch nicht unbedingt Leichtgewichte sind. Eigentlich würde ich nicht unbedingt alles technisch runterreißen wollen, sondern dachte eher an ein Menü und Begleitung - das spräche für eine Auswahl. Andererseits wäre gerade die Vollständigkeit für mich besonders reizvoll...

Die selektive:
Typischerweise lese ich bei Berichten von größeren Veranstaltungen, daß die Weine in Flights zusammengestellt werden. Nur - nach welchen Kriterien? Möglichst ähnlich oder unterschiedlich, vom Charakter oder der Qualität, oder einfach abwechslungsreich?

Die pekuniäre:
Ich habe noch nie Geld dafür genommen, meine Weine mit Freunden zu teilen. Ich habe aber auch noch nie an diese Größenordnung gedacht. So dicke habe ich es leider nicht, daß ich alle einladen wollte. Der Erstwein hat mich ca. 60-70€ gekostet, der zweite und der weiße 25-30. Platz würde ich vermutlich bei einem befreundeten Gastronomen bekommen, vmtl. sogar ohne Raummiete. Über das Essen habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, aber je nach Aufwand würde ich von nicht unter 50€ ausgehen. Nehmen wir mal an, es kämen 24 Leute zusammen - dann wären das Minimum 100€ pro Nase, wenn ich die Weine zum Selbskostenpreis hinstelle, und u.U. deutlich mehr. Ist es realistisch, dafür genügend Interessenten zu finden?

Die organisatorische:
Klar, daß ich das nur mit verbindlicher Anmeldung und Risikoabwälzung machen würde. Was wären da vernünftige Fristen? Würdet ihr im Fall mehrerer Absagen Weine "rausnehmen"? Wieviel Zeit würdet ihr einplanen, wenn überwiegend "Freaks" kämen, wieviel bei "normalen" Gästen?

Habe ich etwas wichtiges vergessen? Danke für Eure Hilfe!
Besten Gruß, Karsten
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sorgenbrecher

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Re: Vertikale ausrichten?

BeitragDi 27. Jun 2017, 20:33

einfach mal schnell ins unreine einige gedanken und erfahrungen:

weniger ist mehr !

...weniger leute ! 24 ist doppelt soviel wie es noch spass macht ! wieviel soll denn jeder ins glas kriegen, das wäre ja nur eine mini-pfütze...
...weniger verschiedene weine ! auch wenn es reizvoll ist, aber die weißen würde ich nicht als komplette vertikale bringen (falls diese nicht im Mittelpunkt stehen sollen, ansonsten rot weglassen). einen zum einrollen, einen zum passenden gang, vielleicht noch einen anderen wein, der in dieselbe richtung geht.
...bei den roten lieber eine vertikale der erstweine und in die flights die allerbesten jahrgänge der zweitweine mit unterbringen, aber bei weitem nicht alle
...lieber 1-2 piratenweine einstreuen

Ich persönlich würde folgendes machen (wenn es um die roten gehen soll, sonst analog für weiß):
1. Teilnehmer: 10-12
2. einen weißen zum einrollen, 1-2 weitere weiße zum passenden essen, einen weißwein-piraten
3. alle 10 erstweine bilden zusammen mit den besten 2 zweitweinen und 2 passenden piraten den hauptteil, das ergibt 7 2er flights
4. diese weine werden in 2er flights verkostet, wenn du nicht einfach zufällig mischt (womit ich durchaus gute erfahrungen habe), dann würde ich die (vermeintlich) stärksten paarungen an flight 3-5 setzen
5. ob du zu den selbstkosten genügend interessenten findest hängt vom freundeskreis und zuerst von den weinen ab... ;)
Gruß, Marko.
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amateur des vins

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Re: Vertikale ausrichten?

BeitragDi 27. Jun 2017, 21:18

Danke, Marko - es hat sich seit dem Aufschreiben schon etwas sortiert... :geek:
Liest sich, als hättest Du persönliche Erfahrungen gesammelt?

sorgenbrecher hat geschrieben:...weniger leute ! 24 ist doppelt soviel wie es noch spass macht ! wieviel soll denn jeder ins glas kriegen, das wäre ja nur eine mini-pfütze...
Ich hatte bei der Anzahl von vorneherein Bauchweh - die Zahl resultierte einfach aus der max. Anzahl der Weine. Dabei habe ich aber einen Denkfehler gemacht: Einmal sagte ich mir, um 30 Weine zu schaffen, braucht man ca. 24 Leute. Ein anderesmal, 2 Flaschen durch 24 ergibt noch eine anständige Menge. Daß beides nicht zusammengeht, wird mit erst jetzt durch Deinen Verweis auf die Pfütze klar... :oops:
sorgenbrecher hat geschrieben:...weniger verschiedene weine ! auch wenn es reizvoll ist, aber die weißen würde ich nicht als komplette vertikale bringen (falls diese nicht im Mittelpunkt stehen sollen, ansonsten rot weglassen). einen zum einrollen, einen zum passenden gang, vielleicht noch einen anderen wein, der in dieselbe richtung geht.
Hmm, ja, bei vielen stehen die roten wohl höher im Kurs - bei mir nicht. Alles zusammen ist für eine private Runde wohl zu ambitioniert und nicht gut unterzubringen, das wird mir langsam klar.
sorgenbrecher hat geschrieben:...bei den roten lieber eine vertikale der erstweine und in die flights die allerbesten jahrgänge der zweitweine mit unterbringen, aber bei weitem nicht alle
...also i.W. eine Vertikale mit ein bißchen "Lametta" drumherum. Ja, in diese Richtung haben sich meine Gedanken dazu auch entwickelt.
sorgenbrecher hat geschrieben:...lieber 1-2 piratenweine einstreuen
Piraten finde ich witzig, aber hier ginge es eher darum, das Weingut "zu zelebrieren", da halte ich das für verzichtbar. Kann aber dennoch sein.

sorgenbrecher hat geschrieben:Ich persönlich würde folgendes machen (wenn es um die roten gehen soll, sonst analog für weiß):
1. Teilnehmer: 10-12
2. einen weißen zum einrollen, 1-2 weitere weiße zum passenden essen, einen weißwein-piraten
3. alle 10 erstweine bilden zusammen mit den besten 2 zweitweinen und 2 passenden piraten den hauptteil, das ergibt 7 2er flights
4. diese weine werden in 2er flights verkostet, wenn du nicht einfach zufällig mischt (womit ich durchaus gute erfahrungen habe), dann würde ich die (vermeintlich) stärksten paarungen an flight 3-5 setzen
5. ob du zu den selbstkosten genügend interessenten findest hängt vom freundeskreis und zuerst von den weinen ab... ;)
Hört sich gut an. Vielleicht würde ich die Piraten und vielleicht sogar die Zweitweine weglassen und dafür die weißen etwas mehr betonen.
Besten Gruß, Karsten
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harti

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Re: Vertikale ausrichten?

BeitragMi 28. Jun 2017, 10:40

Hallo Karsten,

das Weingut selbst möchtest Du nicht preisgeben? Könnte bezüglich des Probenaufbaus hilfreich sein.

Meine Erfahrungen zu Blindproben:

Bei sehr erfahreren Verkostern scheue ich mich nicht, ca. 1,5 Flaschen pro Person anzustellen. Bei max. 14 Teilnehmern und 1 Flasche je Wein sind das 20-22 Flaschen. Die Dauer einer solchen Probe liegt in der Regel bei ca. 4-5 Stunden.

Bei Wein-"Neulingen" ist die o.a. Menge verschiedener Weine und die Dauer der Probe zuviel. Hier würde ich kleinere Runden (8-10 Personen) und maximal 12 Weine empfehlen. Warum? Die Kommunikation ist besonders wichtig, zudem braucht es mehr Menge je Wein, um zu einer angemessenen Beurteilung zu kommen.

Grüße

Hartmut
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maha

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Re: Vertikale ausrichten?

BeitragMi 28. Jun 2017, 11:34

Ich kann meinem Namensvetter nur beipflichten.
In unserer BDX Runde ist die optimale Teilnehmerzahl 8 bis max. 10 Pers ("Volltrinker", manchmal sind auch noch "Glasteiler" dabei). Mehr macht keinen Spass, da, wie schon erwähnt, die Verkostungsmenge zu gering ist. Manchmal ist es auch spannend einen verbliebenen Rest in der Flasche noch mal nachzuverkosten.

Ich finde es auch angenehm wenn man sich am Tisch noch über die Weine unterhalten kann. Das ist bei mehr als 10 Pers. auch schwierig.

Falls einige Personen kurzfristig absagen, kann das lineup auch noch angepasst werden, in dem man einfach einen Flight weg lässt.

Meine persönliche Grenze, bei der ich einen Wein noch beurteilen kann, liegt auch bei max 8-10 Weinen / Abend. Alles was danach kommt kann ich gar nicht mehr richtig "würdigen"

Gruss
Marko
Der schönste Sport ist der Weintransport!
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amateur des vins

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Re: Vertikale ausrichten?

BeitragMi 28. Jun 2017, 12:03

Auch Euch meinen besten Dank, Hartmut und Marko!

So langsam ergibt sich ein ziemlich eindeutiges Bild: 11±3 Teilnehmer, 1-1½ Flaschen je Teilnehmer.
Auch, daß ich lieber sähe, wenn die Weine getrunken anstatt gespuckt würden, spricht für geringeren Umfang.

Ja, die Kommunikation wäre mir auch das A und O. Allerdings finde ich diesbezüglich schon Gruppen >6 Personen problematisch; nach meiner Erfahrung bilden sich dann eh' Untergruppen. Insofern dachte ich, bei so einer Aktion wäre ich so oder so darüber.

harti hat geschrieben:das Weingut selbst möchtest Du nicht preisgeben? Könnte bezüglich des Probenaufbaus hilfreich sein.
Erstmal nicht; erst, wenn es konkret wird.
Zuletzt geändert von amateur des vins am Mi 28. Jun 2017, 15:42, insgesamt 1-mal geändert.
Besten Gruß, Karsten
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mixalhs

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Re: Vertikale ausrichten?

BeitragMi 28. Jun 2017, 13:11

Hallo Carsten, wir hatten ja telefoniert: Eine Flasche kann man gut auf 10-12 Leute, im Notfall auch auf 14 Personen aufteilen. Menschen, die öfter Weine verkosten, und um die dürfte es hier ja gehen, schaffen dann auch mal 20 oder sogar noch mehr verschiedene Weine (aber nur mit Spuckmöglichkeit). Ich würde 2er-Flights planen, dann hat man immer was zum Vergleichen/Einpegeln. Ein drittes Glas dazuzustellen, kann nicht schaden, so dass man den Flight mit einem Wein aus dem vorangegangenen Flight vergleichen kann. Pro Flight würde ich 15 bis 30 Minuten rechnen, je nach Trinkgeschwindigkeit und Kommunikationsbedürfnis der Teilnehmenden. Es wird natürlich immer in kleinen Gruppen diskutiert (nicht nur über Wein), aber man kann als Gastgeber das Ganze auch so steuern, dass im Anschluss an jeden Flight die Gruppe insgesamt noch mal ein kurzes Fazit zieht.

Ich habe auch noch mal in meine Verkostungslisten der letzten zwei Jahre geschaut. Wir waren so zwischen 8 und 12 Personen (es gab immer mal kurzfristige Absagen) und es gab 14 bis 22 Weine.
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amateur des vins

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Re: Vertikale ausrichten?

BeitragMi 28. Jun 2017, 13:37

Ihr habt Euch doch alle verabredet! :twisted:

Nein, Spaß beiseite:
Daß erfahrene Weinfreaks hier ein einheitliches Bild zeichnen, hilft mir sehr dabei, meine Gedanken zu sortieren.

Gibt es soetwas wie allgemeine Erfahrungswerte oder abstrakte Regeln, wie Flights zusammengestellt werden?
Besten Gruß, Karsten
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harti

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Re: Vertikale ausrichten?

BeitragMi 28. Jun 2017, 15:10

Hallo Karsten,

bei Vertikalen mit überschaubarem Zeithorizont bevorzuge ich persönlich einen Aufbau von jung nach alt, da ich junge, tanninbetonte und holzige Weine nach älteren, gereiften als unangenehm empfinde. Grundsätzlich würde ich mit etwas schwächeren Weinen (Jahrgängen) anfangen und die stärkeren im Zentrum der Probe platzieren; denn nach meiner Erfahrung braucht es bei komplexen Rotweinen immer etwas Zeit, den Gaumen einzupegeln. Zum Schluss, wenn die Konzentration nachlässt, würde ich wieder etwas schwächere Weine bringen.

Vertikalen eines Weins laufen immer ein wenig Gefahr, langweilig zu werden. Insofern ist das Einbauen von (vergleichbaren) Piraten durchaus sinnvoll. Das erleichtert das Einordnen der stilistischen Eigenarten eines Weins/Weinguts und es erhöht zudem die Spannung. Insofern plädiere ich auch für 3er-Flights (2 Weine je Flight wären für mich zuwenig, 4 könnten ungeübte Verkoster überfordern).

Grüße

Hartmut
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austria_traveller

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Re: Vertikale ausrichten?

BeitragMi 28. Jun 2017, 15:21

Also Leute ich muß sagen, das ist total spannend was ihr da schreibt !
Ich habe so etwas zwar noch nicht gemacht, aber durch diesen Thread hier ist es sehr aufschlußreich.
Beste Grüße
Gerhard aus Wien

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