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Verschlussphasen

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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amateur des vins

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Re: Verschlussphasen

BeitragDi 30. Mai 2017, 11:07

UlliB hat geschrieben:Ich habe auch schon völlig vernagelte Pomerol mit >90 % Merlot erlebt. Eine generelle Präferenz für das linke Ufer kann ich nicht erkennen.
Keine Frage, daß es vorkommt. Schade, daß Du die Korrelation nicht bestätigen kannst... :|
UlliB hat geschrieben:Übrigens kann man nicht pauschal sagen, dass der Merlot (rechts) schneller reift als der Cabernet links, das ist stark vom Jahrgang abhängig.
Klar, hab ich ja auch nicht. Daß es grundsätzlich so ist, dürfte aber unbestritten sein. Wenn meine These zuträfe, müßte sich das daher in der Korrelation niederschlagen.

UlliB hat geschrieben:Bio ist in Bordeaux ja immer noch eher die Ausnahme. Auf Basis der Erfahrung mit Bioweinen aus anderen Gebieten würde ich aber nicht sagen, dass die ein grundlegend anderes Reifverhalten haben als ihre konventionell erzeugten Pendants
Reifeverhalten und Zugänglichkeit sehe ich nicht als dasselbe an. Ich beobachte hin und wieder, daß "Bio"-Weine zugänglich sind und bleiben, sich also nicht verschließen, und dennoch genauso gut reifen bzw. lange leben wie vergleichbare "konventionelle" Weine.
Besten Gruß, Karsten
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Ollie

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Re: Verschlussphasen

BeitragDi 30. Mai 2017, 11:49

la-vita hat geschrieben:Kann man das so verallgemeinern? Ich meine, gilt das vom Literriesling bis zum GG? Vom Mittelrhein bis zur Pfalz?
Ich meine festgestellt zu haben, dass die kleinen Rieslinge nach einer Ruhephase von einigen Monaten, dann in einem Zeitraum von bis zu 2 Jahren am besten schmecken. Die Ortsrieslingen so ab 10,-€ aufwärts werden meist erst so ab 2-3 Jahre richtig harmonisch.


Keine Ahnung, die Binse praezisiert das nicht. Aber wahrscheinlich kann man nicht (oder nicht mehr) verallgemeinern.

Cheers,
Ollie
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Gaston

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Re: Verschlussphasen

BeitragDi 30. Mai 2017, 12:19

In Bezug auf das Reifeverhalten von Riesling, schau doch mal in diesen Thread hinein:

viewtopic.php?f=38&t=2406&p=52819&hilit=Frackenpohl#p52819

Das dort besprochene Büchlein habe ich selbst gelesen, eine sehr inspirierende Lektüre mit interessanten Beobachtungen und Blickwinkeln. Unterm Strich bleibt dennoch zu konstatieren: "Wir sehen betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen" :lol:
Beste Grüße
Gaston
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Ollie

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Re: Verschlussphasen

BeitragDi 30. Mai 2017, 13:29

Ich bin per Zufall in den Besitz besagten Buechleins gekommen und sehe es genau wie Gaston. Dringend kaufen muss man es IMO nicht.

Cheers,
Ollie
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Pointless

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Re: Verschlussphasen

BeitragDi 30. Mai 2017, 13:53

Also ich musste es damals sofort und sehr dringend kaufen und ich hab es nicht bereut. Natürlich ist es keine wissenschaftliche Studie, aber immerhin hat sich da jemand gezielt und mit erheblichem Aufwand mit dem Thema beschäftigt. Ich nehme die dortigen Thesen (bislang) als Faustformel für die Entscheidung welche "größeren" Rieslinge ich öffne. Wenn man so will ist das Buch eine Fortentwicklung der o.g. Binse. Ich hab' es jetzt nicht zur Hand, aber soweit ich mich erinnere wird da bei trockenen Rieslingen des ausgewogenen Ausbaustils im 3./4. Jahr auch ein Loch diagnostiziert. Ich rechne da persönlich vorsichtshalber mit 5 Jahren.

Gerade bin ich noch zufällig über eine Email gestolpert, die mir Herr Rebholz im November 2014 geschrieben hat und die auch hierher passt. Ich hatte damals eine Enttäuschung mit der Spätlese "vom Rotliegenden 2007" und ihn gefragt, ob da "noch was komme", er schrieb:

Was die Antwort betrifft, so denke ich, dass Sie den Wein auf dem „falschen Fuß“ erwischt haben, dass er tatsächlich im ungünstigsten Reifestadium ist. Fast alle Rieslingweine aus 2007 probieren sich im Moment nicht gut, sie schmecken langweilig und haben keine Spannung. Dies ändert sich aber wieder. Alle Rieslingweine verändern sich in den ersten sechs Jahren sehr stark, bei trockenen Weinen sind diese Veränderungen noch viel deutlicher zu erkennen.

In den ersten beiden Jahren lebt jeder Riesling von seiner jugendlichen Frische, Spritzigkeit und den fruchtigen Gär-/Esteraromen. Diese verschwinden jedoch. Parallel dazu entwickelt sich die für alle Riesling typische Reifenote, die manchmal an Petrol erinnern kann, sich aber auch weiterverändert. In diesem Stadium, vergleichbar mit der Pubertät, ist der Wein, wenn er drei bis sechs Jahre alt ist. Danach beginnt die „Adult“-Phase von guten Rieslingen, die dann –je nach persönlichem Geschmack- recht lange dauern kann, und die durch Terpen-Aromen geprägt ist. Eine mineralische Prägung des Weines bleibt über alle Stadien hinweg bestehen, die Wahrnehmung ist in dem sich verändernden Geschmacks- und Geruchsumfeld jedoch recht unterschiedlich.

Ihre Verkostungsnotiz bestätigt voll und ganz dieses Entwicklungsstadium . Mit der Zeit (und Luft) entwickelt sich der Wein im Zeitraffertempo weiter. Was sonst noch Monate dauert, geschieht in Tagen. Übrigens sind sowohl der Kräuterduft (Salbei) und die spitz und fast metallisch wirkende Säure (vom Schieferanteil des Bodens) ganz typisch für die Weine vom Rotliegenden-Boden des Kastanienbuschs!


Respekt übrigens, dass Herr Rebholz ausführlich auf meine kleine Frage antwortete.

Grüße

Jochen
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Ollie

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Re: Verschlussphasen

BeitragDi 30. Mai 2017, 15:04

Ja, ich warte mittlerweile und defaultmaessig 10 Jahre auf meine GGs. Letzte Woche hatte ich einen 2007er Hubacker von Keller (wahrscheinlich aus guten Lagerbedingungen) kurz im Glas, super Wein, aber fuer meinen Geschmack immer noch zu frueh geoeffnet (und voellig petrolfrei).

Ich glaube, das Wort "Umbauphase" trifft es wirklich sehr gut.

Cheers,
Ollie
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weingeist

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Re: Verschlussphasen

BeitragDi 13. Jun 2017, 18:28

"Kurz und Schmerzlos" - ich stelle jetzt, nachdem ich mich ca. seit 1990 mit Wachauer Rieslingen, GV und anderen Sorten sehr intensiv beschäftige :D, die Behauptung auf, dass sich im Smaragdbereich, fast jeder Wein, im Federspielbereich, so mancher Wein, nach ca. einem Jahr (oft schon früher) total verschließt.

Warum? Nun, weil ich auch heute noch immer den Fehler mache, manchmal einen ein bis zwei Jahre alten Smaragd zu öffnen und dann selbst tief enttäuscht bin.

Wobei, wann diese Weine wieder aufmachen, kann ich nicht bzw. lässt sich nur schwer beurteilen. 5 Jahre könnten hier vielleicht ein kleiner Richtwert sein, allerdings ohne Gewähr... ;)
Liebe Grüße
weingeist
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Gerald

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Re: Verschlussphasen

BeitragDi 13. Jun 2017, 18:44

Hallo Herbert,

"Kurz und Schmerzlos" - ich stelle jetzt, nachdem ich mich ca. seit 1990 mit Wachauer Rieslingen, GV und anderen Sorten sehr intensiv beschäftige :D, die Behauptung auf, dass sich im Smaragdbereich, fast jeder Wein, im Federspielbereich, so mancher Wein, nach ca. einem Jahr (oft schon früher) total verschließt.


sehr vorsichtig gesagt (mein Sample ist für eine seriöse Aussage zu klein) habe ich den Eindruck gewonnen, dass diese Verschlussphase nur bei Naturkork auftritt, nicht aber bei verschraubten Weinen. Gut, Weißweine unter Schrauber altern ohnehin anders als unter NK, auch bei gereiften Weinen ist die Primärfrucht noch vorhanden, nicht nur pure Reifetöne wie unter der Baumrinde ...

Grüße,
Gerald
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weingeist

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Re: Verschlussphasen

BeitragDi 13. Jun 2017, 19:33

Hallo Gerald,
ist auch von mir nur eine "Feststellung aus dem Bauchgefühl" heraus, natürlich ohne jeglichen Anspruch auf ein "wissenschaftlich belegbares Untersuchungsergebnis".

Das mit dem Naturkork mag stimmen, vor allem weil ja immer noch viele Wachauer ihre Smaragde mit sehr langer Baumrinde verschließen und sich nicht so recht für den Schrauber entscheiden wollen.


Übrigens, den Vergleich in der aktuellen Vinaria zu der Thematik Kork-Schrauber-Glas ist spannend, wobei ich schade finde, dass sich der Glasverschluss so absolut nicht durchgesetzt hat. Den fände ich nämlich sehr ästhetisch.
Liebe Grüße
weingeist
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niers_runner

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Re: Verschlussphasen

BeitragMo 19. Jun 2017, 20:01

Ich habe dieses Thema kürzlich mit Dirk Richter aus Mülheim besprochen. Er meinte dazu, dass häufig die trockenen Rieslinge im 2. Jahr zumachen, seltener die fruchtsüssen Rieslinge. Und spätestens nach 5 Jahren kann man davon ausgehen, dass der Wein über diese Phase hinaus ist.

Beste Grüße

Peter
“Wie liebe ich die Kühnheit! Wie liebe ich die Leute, welche aussprechen was sie denken.”
(Voltaire)
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