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- Registriert: Mi 6. Mär 2013, 20:12
Ich würde Karstens Zusammenfassung von Ulli unterschreiben...
...mich aber weniger vor (partiellem) Gefrieren fürchten. Alkohol, Restzucker und die anderen Inhaltsstoffe verschieben den Gefrierpunkt von Wein ja deutlich unter null Grad. Dazu kommt dann noch die stark isolierende Wirkung der Verpackung (Wellpappe ist diesbezüglich ziemlich gut), sodass es wohl länger als einen Tag dauert, bis der Wein in der Flasche auch nur annähernd die Außentemperatur erreicht. Nicht zuletzt deshalb versende ich auch im Hochsommer oder Tiefwinter, allerdings tunlichst so, dass der Wein nicht über Feiertage oder Wochenenden irgendwo auf der Strecke herumsteht.
Was Ullis theoretischem Hintergrund betrifft, so muss ich aus der Praxis doch etwas korrigieren:
Wein in die Kälte zu stellen (wie bei mir z.B. aktuell eine Süße Auslese bei Außen-Nacht-Temperaturen von deutlich unter dem Gefrierpunkt übrigens) ist KEIN Entsäuerungsverfahren. Es dient lediglich der Stabilisierung, d.h. dem Ausfällen von bereits gebildeten, aber noch in Lösung befindlichen Weinsteinkristallen. Geschmacklich ändert das nichts, denn auch wenn der Weinstein noch in Lösung ist, wird er - da die Weinsäure bereits mit Kalium neutralisiert ist - nicht als sauer wahrgenommen. Davon abgesehen fällt der allergrößte Teil des Weinsteins während der Gärung aus, weil sich das Lösungsmittel (Most=wässrig, Wein=alkoholisch) dramatisch verändert. Die Ausfällung der restlichen Weinsteinmoleküle durch Kälte soll lediglich Kristalle in der Flasche verhindern.
Diese Ausfällung ist übrigens irreversibel. Einmal auskristallisierter Weinstein geht NICHT mehr im Wein in Lösung. Sonst könnte man ja z.B. Fässer mit (kaum vermeidbaren) Weinsteinkrusten zur Säureanreicherung verwenden, wenn man einmal einen säurearmen Jahrgang dort einfüllt und der Wein nimmt dann die Säure aus dem Weinstein auf.
Mein Keller ist um diese Jahreszeit relativ kalt (d.h. zwischen 3 und 5°C), und aus Erfahrung wissen wir, dass das zur Weinsteinstabilsierung genügt, wenn wir die Weine frühestens nach den Feiertagen, d.h. in der Praxis Mitte oder Ende Jänner abfüllen. Im ersten Winter so von alleine stabil geworden werden die Roten, die z.B. teilweise erst nach zwei Jahren abgefüllt werden nicht wieder instabil, auch wenn sie in den gleichen Fässern mit dem ausgeschiedenen Weinstein liegen bleiben. Bei Prädikatsweinen dauert der Weinsteinausfall wegen der höheren Dichte und Konsistenz der Weine länger, da reicht der Keller, bei Hochprädikaten aber auch die Kälte im Hof nicht aus. Zudem sind da oft auch Kalzium und andere Säuren (Schleimsäure, Glucon-, Galakturonsäure,...) im Spiel, die ein anderes, verlangsamtes Kristallisierungsprofil zeigen als normaler Weinstein aus Kalium und Weinsäure.
Herzliche Grüße
Bernhard
Sieht man nix, waren die Prozesse reversibel und unproblematisch. Kann man das so zusammenfassen?
...mich aber weniger vor (partiellem) Gefrieren fürchten. Alkohol, Restzucker und die anderen Inhaltsstoffe verschieben den Gefrierpunkt von Wein ja deutlich unter null Grad. Dazu kommt dann noch die stark isolierende Wirkung der Verpackung (Wellpappe ist diesbezüglich ziemlich gut), sodass es wohl länger als einen Tag dauert, bis der Wein in der Flasche auch nur annähernd die Außentemperatur erreicht. Nicht zuletzt deshalb versende ich auch im Hochsommer oder Tiefwinter, allerdings tunlichst so, dass der Wein nicht über Feiertage oder Wochenenden irgendwo auf der Strecke herumsteht.
Was Ullis theoretischem Hintergrund betrifft, so muss ich aus der Praxis doch etwas korrigieren:
Ein relativ mildes Verfahren zur Entsäuerung von Wein wurde früher von Winzern praktiziert und wird das vielleicht auch heute noch: man schaffte die Fässer bei tiefen Temperatur ins Freie, worauf die Weinsäure in Form von Weinstein (Kaliumhydrogentartrat) ausfällt. Dieses wird allerdings vor der Abfüllung entfernt, so dass es bei wieder ansteigenden Temperaturen nicht wieder in Lösung gehen kann, was es eigentlich müsste. Insofern sind in diesem Punkt die Verhältnisse mit Wein in der Flasche nicht ganz zu vergleichen.
Ganz schwierig wird es mit makromolekularen Komponenten, d.h. insbesondere mit Eiweißen und mit Polyphenolen. Wenn diese aggregieren, gehen sie anders als niedermolekulare Verbindungen wie Weinstein im Regelfall nicht wierder in Lösung, d.h. der Prozess ist hier irreversibel.
Wein in die Kälte zu stellen (wie bei mir z.B. aktuell eine Süße Auslese bei Außen-Nacht-Temperaturen von deutlich unter dem Gefrierpunkt übrigens) ist KEIN Entsäuerungsverfahren. Es dient lediglich der Stabilisierung, d.h. dem Ausfällen von bereits gebildeten, aber noch in Lösung befindlichen Weinsteinkristallen. Geschmacklich ändert das nichts, denn auch wenn der Weinstein noch in Lösung ist, wird er - da die Weinsäure bereits mit Kalium neutralisiert ist - nicht als sauer wahrgenommen. Davon abgesehen fällt der allergrößte Teil des Weinsteins während der Gärung aus, weil sich das Lösungsmittel (Most=wässrig, Wein=alkoholisch) dramatisch verändert. Die Ausfällung der restlichen Weinsteinmoleküle durch Kälte soll lediglich Kristalle in der Flasche verhindern.
Diese Ausfällung ist übrigens irreversibel. Einmal auskristallisierter Weinstein geht NICHT mehr im Wein in Lösung. Sonst könnte man ja z.B. Fässer mit (kaum vermeidbaren) Weinsteinkrusten zur Säureanreicherung verwenden, wenn man einmal einen säurearmen Jahrgang dort einfüllt und der Wein nimmt dann die Säure aus dem Weinstein auf.
Mein Keller ist um diese Jahreszeit relativ kalt (d.h. zwischen 3 und 5°C), und aus Erfahrung wissen wir, dass das zur Weinsteinstabilsierung genügt, wenn wir die Weine frühestens nach den Feiertagen, d.h. in der Praxis Mitte oder Ende Jänner abfüllen. Im ersten Winter so von alleine stabil geworden werden die Roten, die z.B. teilweise erst nach zwei Jahren abgefüllt werden nicht wieder instabil, auch wenn sie in den gleichen Fässern mit dem ausgeschiedenen Weinstein liegen bleiben. Bei Prädikatsweinen dauert der Weinsteinausfall wegen der höheren Dichte und Konsistenz der Weine länger, da reicht der Keller, bei Hochprädikaten aber auch die Kälte im Hof nicht aus. Zudem sind da oft auch Kalzium und andere Säuren (Schleimsäure, Glucon-, Galakturonsäure,...) im Spiel, die ein anderes, verlangsamtes Kristallisierungsprofil zeigen als normaler Weinstein aus Kalium und Weinsäure.
Herzliche Grüße
Bernhard
Hier gibts mehr von mir zu lesen: www.bernhard-fiedler.at