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Der Müller-Thurgau und sein Muskatton

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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OsCor

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Der Müller-Thurgau und sein Muskatton

BeitragDi 20. Dez 2016, 12:45

Hallo Foristen,

ich hab´s wohl schon ein paar Mal geschrieben, dass ich mit Gutedel großgezogen wurde. Nachdem ich aber seit 25 Jahren in Müller-Thurgau-Gebiet lebe, war ich mehr oder weniger gezwungen, mich mit dem hiesigen Alltagswein zu arrangieren. Probleme hatte ich vor allem mit dem Muskatton. Er stieß mich lange geradezu ab.
Nachdem ich diese Aversion langsam überwunden habe und nachdem die Qualität der Weine für meine Begriffe ordentlich zunahm, habe ich es mir angewöhnt, regelmäßig (außer Haus) ein Gläschen MT zu trinken. Gekauft hatte ich für zu Hause bis dato keinen. Letzte Woche nahm ich aber spontan im Supermarkt einen trockenen Kabinett vom Kaiserstuhl aus dem Regal - in gespannter Erwartung.
Das erste Glas (zum Essen, ich trinke selten Wein solo) ließ mich stutzen und ich holte mir die Flasche nochmal: Tatsächlich Müller-Thurgau. Meine Frau probierte auch, meinte, dass ihr der sehr gut schmecke und was ich da erbeutet hätte. Als ich ihr die Sorte nannte, sagte sie verblüfft: „Nee, oder?” Sie ist mit häuslichem MT aufgewachsen.
Was war? Der Muskatton fehlte völlig.
Jetzt fiel mir ein, was ich völlig verdrängt hatte: Bei Weinverkostungen vor Ort hatte ich schon das eine oder andere Mal einen Müller getrunken, bei dem dieser doch typische Ton mehr oder weniger fehlte.

Also nach epischer Vorrede: Was machen die? Sind das andere Klone oder macht man „das” im Keller weg? Und wozu trinke ich dann so einen Wein, der gar nicht mehr typisch schmeckt?

Gruß
Oswald
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Riesling22

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Re: Der Müller-Thurgau und sein Muskatton

BeitragFr 24. Feb 2017, 09:19

Hallo Oswald
Ich betreibe ein 3 ha Weingut an der Mosel. Davon ca 1 Drittel Müller Thurgau.
Ein MT,der nicht auf Masse ausgebaut wird hat diesen typischen Muskatton.
Je geringer die Erntemenge, je ausgeprägter dieser Ton.Daran kann man die Qualität eines MT erkennen.
Sollte dich dieser Geschmack stören, würde ich die Rebsorte wechseln.
Oder du magst eben den Geschmack der Masseweine.
Gruß Stefan
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Friedrich von Schiller
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EThC

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Re: Der Müller-Thurgau und sein Muskatton

BeitragFr 24. Feb 2017, 11:12

Ganz so vereinfacht stimmt das nach meiner Erfahrung nicht. Es gibt einige -garantiert nicht auf Masse getrimmte- MT's, die keine prägnante Muskatnote aufweisen. Allen voran mein all time MT-Favorit, der Feldmarschall vom Tiefenbrunner aus Südtirol. Da müssen noch andere Faktoren bestimmend sein...
Viele Grüße
Erich

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olifant

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Re: Der Müller-Thurgau und sein Muskatton

BeitragFr 24. Feb 2017, 11:48

Na, Erich,

es gibt auch Jahre, in denen der Feldmarschall einen Muskatton aufweist ;) , der aber keineswegs störend ist, z.B. 2011 habe ich da in Erinnerung.
Grundsätzlich hast Du aber wohl Recht, es muss effektiv noch andere Parameter als niedrige Erträge geben, denn nur wenige der Südtiroler MT besitzen ein Geschmacksbild derer Deutscher Provinienz.

In Südtirol spielt sicher allg. die Höhenlage (Klimata) der Anbauflächen, (oftmals 600 - 800 m), Durchlüftung und karge Böden eine Rolle, denn auch die KGs (Eisacktaler, Kurtatsch) und grössere Produzenten (Stiftskellerei Neustift, Abtei Muri) welche MTs im Portofolio führen machen i.d.R. auf Klasse - nicht auf Masse - und achten daher auf niedrige Erträge; die ganze Palette der Eisaktaler (Klein-) Winzer zwischen Brixen und Bozen ohnehin.
Im Ausbau wird in Südtirol zumeist auf Trocken bis Knalltrocken gesetzt, ausserdem weisen viele MT eine spürbare Säure auf. In D ist (ausser in Franken ;) ) gerne wohl auch ein Tick bis etwas mehr Restsüsse im Spiel. M.E. bringt dieses mehr an Süsse auch den Muskatellerton mehr zum anklingen, spürbare Säure ist auch nicht zwingend weit verbreitet.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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OsCor

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Re: Der Müller-Thurgau und sein Muskatton

BeitragFr 24. Feb 2017, 12:00

EThC hat geschrieben:Ganz so vereinfacht stimmt das nach meiner Erfahrung nicht.
Das glaube ich auch nicht: Ich trinke momentan regelmäßig in Vereinsheimen verschiedene 2015-er Literweine aus dem Bereich Breisgau und Kaiserstuhl. Sehr ausgewogen und jahrgangsbedingt (?) kräftig, ja; aber sicher „Massenware” und trotzdem nur ein Hauch des Muskattons.
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EThC

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Re: Der Müller-Thurgau und sein Muskatton

BeitragFr 24. Feb 2017, 12:13

olifant hat geschrieben:es gibt auch Jahre, in denen der Feldmarschall einen Muskatton aufweist ;) , der aber keineswegs störend ist, z.B. 2011 habe ich da in Erinnerung.


Hallo Ralf,
der 2011er hatte nach meinen Aufzeichnungen tatsächlich eine leichte Braunwürze, die ich persönlich aber nicht primär mit Muskat in Verbindung gebracht habe. Ist aber sicher auch eine Frage der persönlichen sensorischen Wahrnehmung bzw. des Zeitpunkts der Verkostung. Mit der Einschätzung, daß dieser Ton durch Restzucker gestützt wird, kann ich gut mitgehen...

VG Erich
Viele Grüße
Erich

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