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Lagerfähigkeit von Wein - Warum eigentlich?

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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UlliB

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Re: Lagerfähigkeit von Wein - Warum eigentlich?

BeitragSa 11. Mär 2017, 18:45

niers_runner hat geschrieben:Es liegt mir fern, irgendjemanden vom Naturkork überzeugen zu wollen, aber eine eigene Meinung wird man wohl noch haben und vertreten dürfen, ohne gleich als konservativ und innovationsfeindlich bezeichnet zu werden.

Natürlich kann man eine Meinung haben, wie immer die auch begründet ist. Nur ist die von Dir weiter erhobene Behauptung, es gäbe keine Langzeiterfahrung mit Schraubern, objektiv falsch.

Auch im Bezug auf Wein darf man daran erinnern, dass es einen Unterschied zwischen Meinung und Fakten gibt. Und Fakten, die belegen, dass Kork etwas leistet, was Schrauber nicht leisten können, fehlen. Dass es aber faktisch Probleme mit Korken gibt (über die Häufigkeit kann man streiten), wird niemand bezweifeln, der schon ein paar Tausend Flaschen geöffnet hat.

Gruß
Ulli
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EThC

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Re: Lagerfähigkeit von Wein - Warum eigentlich?

BeitragSo 12. Mär 2017, 13:25

UlliB hat geschrieben:Dass es aber faktisch Probleme mit Korken gibt (über die Häufigkeit kann man streiten), wird niemand bezweifeln,


Nein, da gibt es keinen grundsätzlichen Zweifel. Andererseits bin ich aber auch nicht überzeugt, daß alle TCA-Probleme zwangsläufig nur von den Korken verursacht werden. Ich hatte auch schon mindestens zwei Schrauberweine, die kernig gekorkt haben. Auf meine Verwunderung hin habe ich damals etwas recheriert und bin auf mehrere Artikel gestoßen, die beschrieben haben, daß es auch noch ein paar andere Wege gibt, wie das TCA seinen Weg in die Flasche findet. Insofern stellt sich mir die Frage, ob tatsächlich alle Korkschmecker, die ich hatte, auf die Verwendung entsprechend kontaminierter Korken zurückzuführen waren oder ob es im ein oder anderen Fall eher mangelnde Hygiene im Keller war.
Es ist richtig, daß die Verwendung der Schrauber grundsätzlich eine Infektionsquelle weniger bedeutet. Aber es ist aus meiner Sicht durchaus auch ein gangbarer Weg, die Korken über entsprechende Qualitätssicherungsmaßnahmen "sicherer" zu machen, und da ist in der letzten Zeit ja eine ganze Menge passiert. Insofern kann ich mich mit der pauschalen Verdammung der Korken einfach nicht anfreunden. Mir ist aber auch jeder Schrauber recht...
Viele Grüße
Erich

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Bernd Schulz

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Re: Lagerfähigkeit von Wein - Warum eigentlich?

BeitragMo 13. Mär 2017, 01:27

EThC hat geschrieben: Ich hatte auch schon mindestens zwei Schrauberweine, die kernig gekorkt haben.


Bist du dir sicher, dass es sich um TCA gehandelt hat? Wie schon gesagt: In meinem Leben habe ich schon viele hunderte (wohl eher tausend) Weine getrunken, deren Flaschen mit einem Schrauber versehen waren. Darunter war nicht ein einziger, wirklich nicht einer, der auch nur einen Hauch von Verdacht auf TCA ausgelöst hat! Es stimmt offenbar, dass es außer dem kontaminierten Korken noch andere Wege gibt, auf denen TCA in den Wein gelangen kann. Aber erlebt habe ich das in 30 Jahren Säuferkarriere noch nie.

UlliB hat geschrieben:Dann sag doch mal, welche Vorteile Du beim Korken siehst... wenn das die Gaspermeabilität ist, hat sich das Thema mittlerweile erledigt, denn es gibt Schrauber, die in etwa so gasdurchlässig sind wie ziemlich mittelmäßige Korken (google mal "Stelvin Inside").


Die Gasdurchlässigkeit kann man doch wohl nicht ernsthaft als Argument für den Korken heranziehen: Jeder ambitionierte Winzer bemüht sich um eine möglichst hohe Alterungsfähigkeit (und damit um einen möglichst langsamen Reifeverlauf) seiner Weine; ein Verschluss, der den Reifeverlauf verlangsamt, ist damit logischerweise besser als ein solcher, der den Alterungsprozess durch eine höhere Gaspermeabilität beschleunigt, oder? Und insofern halte ich Schrauber mit einer bewusst höher gehaltenen Durchlässigkeit für völligen Kokolores - im Idealfall ist der Verschluss so gasdicht wie möglich, Punkt! --

Mal ganz davon abgesehen nerven mich an der gammeligen Baumrinde nicht nur die mit ihr in Verbindung stehenden Korkschmecker, Korkschleicher (!) und Flaschenvarianzen. Erst am vergangenen Donnerstag habe ich ihn wieder erlebt, nämlich den elenden Bröselkorken! Er steckte in einer Flasche 1990er Versteigerungsspätlese Wawerner Herrenberg vom Weingut Dr. Fischer, löste sich trotz des verzweifelten Versuchs, ihn mit einem Spangenkorkenzieher doch noch unfallfrei aus der Flasche zu bekommen, fröhlich in sehr kleine Einzelteile auf und schwamm auch nach dem Einsatz eines Siebs im ersten Glas bröselweise so herum, dass erst mal nur noch Wegschütten half. Und da frage ich mich dann schon, ob dieses nervtötende Herumgemurkse wirklich nicht zu vermeiden ist!

Um es noch einmal zusammenzufassen: Bei mir gibt es in puncto Naturkork mittlerweile durchaus so etwas wie einen relativen Leidensdruck. Und ich bin überzeugt davon, dass der damit verbundene Ärger weitestgehend bis vollkommen überflüssig wäre - wenn denn jeder Winzer zum Schrauber oder meinethalben auch zum Glasverschluss oder zum Edelstahlkronkorken greifen würde!

Herzliche Grüße

Bernd
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amateur des vins

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Re: Lagerfähigkeit von Wein - Warum eigentlich?

BeitragMo 13. Mär 2017, 08:59

Bernd Schulz hat geschrieben:Jeder ambitionierte Winzer bemüht sich um eine möglichst hohe Alterungsfähigkeit (und damit um einen möglichst langsamen Reifeverlauf) seiner Weine
Diese These halte ich für unbelegt.

Ich stelle die - ebenso unbelegte - alternative These auf:
Jeder ambitionierte Winzer bemüht sich darum, seine Weine in bestmöglichem Zustand zu präsentieren.

Weil dies i.A. nicht für alle Komponenten von Beginn an zutrifft, ist eine gewisse Alterung zwangsläufig. Aber möglichst langsam? Das dürfte doch den Verkaufszahlen abträglich sein und ist bei einem Genussmittel auch unsinnig.

Da Deine Prämisse falsch ist, ist es auch die Implikation bzgl. Permeabilität.
Zuletzt geändert von amateur des vins am Mo 13. Mär 2017, 12:07, insgesamt 1-mal geändert.
Besten Gruß, Karsten
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Gerald

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Re: Lagerfähigkeit von Wein - Warum eigentlich?

BeitragMo 13. Mär 2017, 09:05

Ich wage, beiden Thesen zu widersprechen. ;)

Jeder Winzer bemüht sich vor allem, seinen Betrieb wirtschaftlich erfolgreich zu führen (wenn er das nicht tut, hat er möglicherweise bald keinen solchen mehr).

Und wenn die Mehrzahl der Kunden auf die Baumrinde besteht, dann wird er - auch eventuell gegen die eigene Ãœberzeugung - seine Weine damit ausstatten.

Grüße,
Gerald

P.S. Gestern einen Grünen Veltliner Reserve 2006 (mit Schrauber) getrunken, präsentierte sich völlig jugendlich mit nur minimalen Reifenoten. Vergleichbare Veltliner aus demselben Jahr mit NK waren meist schon sehr viel stärker gereift.
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amateur des vins

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Re: Lagerfähigkeit von Wein - Warum eigentlich?

BeitragMo 13. Mär 2017, 09:56

Gerald hat geschrieben:Ich wage, beiden Thesen zu widersprechen. ;)

Jeder Winzer bemüht sich vor allem, seinen Betrieb wirtschaftlich erfolgreich zu führen (wenn er das nicht tut, hat er möglicherweise bald keinen solchen mehr).

Und wenn die Mehrzahl der Kunden auf die Baumrinde besteht, dann wird er - auch eventuell gegen die eigene Ãœberzeugung - seine Weine damit ausstatten.
Das wollte ich zuerst schreiben. Aber dann fiel mir auf, dass Bernd seine Aussage auf die Untermenge der ambitionierten Winzer beschränkt hat... ;)
Also Kunst vor Kommerz, oder so... :ugeek:
Besten Gruß, Karsten
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EThC

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Re: Lagerfähigkeit von Wein - Warum eigentlich?

BeitragMo 13. Mär 2017, 11:26

amateur des vins hat geschrieben:Bernd Schulz hat geschrieben:

EThC hat geschrieben:
Jeder ambitionierte Winzer bemüht sich um eine möglichst hohe Alterungsfähigkeit (und damit um einen möglichst langsamen Reifeverlauf) seiner Weine


Zuerst mal: bei der Kommentierungsfunktion bitte aufpassen! Das obige Zitat stammt nicht von mir, sondern von Bernd Schulz...

Ob das wirklich so ist, daß die möglichst hohe Alterungsfähigkeit und der möglichst langsame Reifungsverlauf ein unbedingtes Ziel aller (ambitionierten) Winzer ist, wage ich auch mal in Frage zu stellen. Ich sehe eher (auch) eine Strömung, daß der produzierte Wein möglichst schnell "auf der Höhe" genossen werden kann. Da ist es für Winzer, Handel und Gastronomie eher kontraproduktiv, wenn der Wein erst 10 oder zwanzig Jahre braucht, bis er die optimale Trinkreife erreicht hat. Eine möglichst lange Lagerfähigkeit ist doch kein Selbstzweck. Ich behaupte mal, man nimmt einfach hin, daß manche Weine sehr lange brauchen, bis sie fertig sind und deutet diesen Nachteil in eine Tugend um. Und wenn die Weine mit einem ganz gasdichten Verschluß aus diesem Grund noch länger brauchen, bis sie auf der Höhe sind, dann sehe ich das eher als Nachteil denn als Vorteil. Schließlich will ich von dem Zeug in meinem Keller ja auch noch was haben und ich bin keine 18 mehr. Klar, kann man natürlich mit einem 30 Jahre alten Wein (hohoho!) bei den Gästen mehr punkten als mit einem 20xxer, aber das ist dann letztlich ein genauso subjektiver Punkt wie das ganze Traditionsgehabe bei den Korken, das mir persönlich wiederum völlig schnuppe ist.

Bernd Schulz hat geschrieben: EThC hat geschrieben:
Ich hatte auch schon mindestens zwei Schrauberweine, die kernig gekorkt haben.

Bist du dir sicher, dass es sich um TCA gehandelt hat?


Das war in beiden Fällen klar wie Kloßbrühe. Beim ersten mal waren wir eine Runde von bestimmt 5 oder 6 Leuten und ich habe heute noch das Bild der reihum fassungslosen Gesichter im Hirn, weil für niemanden damals "Schrauber" und "Korkschmecker" zusammenging.

http://www.ingenieur.de/Themen/Forschun ... tammt-Fass

http://www.sueddeutsche.de/wissen/korki ... n-1.945618

Bernd Schulz hat geschrieben:nämlich den elenden Bröselkorken!

volle Zustimmung in diesem Punkt! Schön finde ich aber in diesem Zusammenhang aber auch den "elenden Gewindebrösler", den hatte ich auch schon mehrfach aufgrund anscheinend äußeren Drucks / Stoßes auf den Schrauber. Sieht man von außen erst gar nicht, aber wenn sich dann beim Aufdrehen so ein komisches Knirschen bemerkbar macht, dann heißt es erstmal, den ganzen Wein durch einen Feinfilter in eine Karaffe laufen zu lassen, denn mögliche Glassplitter im Rachen sind dann doch nochmal unangenehmer als Korkbrösel. Extrem nervig ist beides...
Viele Grüße
Erich

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Bernd Schulz

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Re: Lagerfähigkeit von Wein - Warum eigentlich?

BeitragMo 13. Mär 2017, 13:29

EThC hat geschrieben:Schön finde ich aber in diesem Zusammenhang aber auch den "elenden Gewindebrösler", den hatte ich auch schon mehrfach aufgrund anscheinend äußeren Drucks / Stoßes auf den Schrauber.


Auch diesen Fall hatte ich wirklich im Laufe all der Jahre im Zusammenhang mit Wein (bei Mineralwasserflaschen ist mir das schon sehr selten untergekommen) noch nie! Interessant, dass wir so unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben....

Herzlicbe Grüße

Bernd
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EThC

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Re: Lagerfähigkeit von Wein - Warum eigentlich?

BeitragMo 13. Mär 2017, 14:23

Bernd Schulz hat geschrieben:Auch diesen Fall hatte ich wirklich im Laufe all der Jahre im Zusammenhang mit Wein (bei Mineralwasserflaschen ist mir das schon sehr selten untergekommen) noch nie! Interessant, dass wir so unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben....


Da sieht man mal wieder, wie vielfältig das Thema Wein ist! :D

Aber im Ernst: wundert mich nicht. Wenn wir unsere getrunkenen Weine und die Wege der Weinbeschaffung (Händler, Transport etc.) miteinander vergleichen würden, wäre unsere Schnittmenge wahrscheinlich denkbar gering. Wenn diese aber nahe 100 % liegen würde, wäre ich vielleicht auch eher auf der Baumrinden-Ablehnungs-Spur wie du unterwegs...
Viele Grüße
Erich

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Re: Lagerfähigkeit von Wein - Warum eigentlich?

BeitragMo 13. Mär 2017, 15:16

EThC hat geschrieben:bei der Kommentierungsfunktion bitte aufpassen! Das obige Zitat stammt nicht von mir, sondern von Bernd Schulz...
Ups, wie konnte das nur passieren? :?
Du hast völlig Recht; ich versuche da eigentlich immer präzise zu sein. Hab's oben geändert und bitte um Pardon.
Besten Gruß, Karsten
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