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Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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Mineralität im Wein

Di 2. Feb 2016, 15:34

Ein Artikel über Herkunft der "Mineralität" im Wein aus Arthur Wirtzfelds Blog
http://www.yoopress.com/de/weinszene/weinforschung-studien/21586.Mystik_Mineralitaet_-_Was_erzeugt_diese_Eigenschaft_im_Wein.html

Re: Mineralität im Wein

Di 2. Feb 2016, 17:55

Vielen Dank für den Link!

Ich bin zuletzt dazu übergegangen, "Mineralität" als eine urban legend zu betrachten: Chemie als Ursache ja, Minerale eher nein. Das Attribut salzig konnte ich weder nachvollziehen noch vergeben, kräuterig vereinzelt. Am plausibelsten schien mir als Ursache reduktiver Ausbau; evtl. Hefen oder anderes "Zeug", das sich so auf dem Erntegut befindet und mitverarbeitet wird. Irgendwo habe ich auch mal eine Untersuchung zu dem Thema gelesen, in der postuliert wurde, gelöste Minerale würden mit dem Wasser in dermaßen winziger Menge aufgenommen, dass sich damit der sensorische Effekt nicht begründen ließe.

Durch den Artikel fühle ich mich tendenziell bestätigt, ohne dass auch nur im Ansatz alle offenen Fragen beantwortet wären. Auch die Methodik scheint mir problematisch, insbesondere die Stichprobengröße. Erstaunlich, dass sie überhaupt signifikante chemische Korrelation gefunden haben...

Jedenfalls sehr interessant! Würde ja gerne mal unter Laborbedingungen getestet werden... :ugeek:
Zuletzt geändert von amateur des vins am Di 2. Feb 2016, 18:51, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Mineralität im Wein

Di 2. Feb 2016, 18:16

Einige Informationen gibt's auch hier:
http://www.schneider-oenologie.de/index ... e:Sensorik
Zur Mineralität ganz nach unter Scrollen. Behandelt auch reduktiven Ausbau, Aufnahme der Mineralien aus dem Boden und Bernsteinsäure (neben anderen Spekulationen).

Re: Mineralität im Wein

Di 2. Feb 2016, 18:50

Auch sehr spannend, danke!

Ein fundiertes Spekulationskompendium. :P

Interessant, dass in dem ganzen Dokument genau einmal die Zeichenfolge "salz" vorkommt - und das in einem ganz anderen Kontext als dem sensorisch-attributiven.

Re: Mineralität im Wein

Di 2. Feb 2016, 19:28

Ich konnte Mineralität im Wein schon immer wahrnehmen, so zB in vielen Priotatos, aber auch in diversen C9dP. Schön dass es nun auch Anhaltspunkte gibt, warum man sowas wie "Mineralität" schmeckt. ;) ...schade, wenn es am Ende gar nix mit dem schönen Schiefer zu tun hat :)

Re: Mineralität im Wein

Di 2. Feb 2016, 19:46

Finde das Thema auch spannend. Ständig habe ich früher von mineralischen Aromen gelesen, das aber nie geschmeckt - lag wohl v.a. an den billigen Weinen, die ich früher getrunken habe :)
Mittlerweile finde ich, dass das bei einigen Weinen eine durchaus dominante Komponente darstellen kann, die deutlich zu schmecken ist (salzig, nasse Steine etc.). In gemeinsamen Runden mit eher weinunkundigen Menschen wird das auch festgestellt. Ob das jetzt wirklich aus dem Boden kommt, weiß ich natürlich auch nicht...alle Winzer*innen, die ich bisher gefragt habe, meinten natürlich, dass dem ohne Zweifel so sei. Wissenschaftliche Untersuchungen deuten aber häufig darauf hin, dass das nicht der Fall ist bzw. die Konzentration gelöster Stoffe unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsschwelle liege (siehe z.B. https://gsa.confex.com/gsa/2009AM/finalprogram/abstract_161039.htm).

Aber wenns nicht auf den Boden zurückzuführen ist, kratzt das zwar am schönen Bild, aber dann kommts halt woanders her...in Weinen mit Pfirsicharoma sind ja auch keine Pfirsiche drin :)

Re: Mineralität im Wein

Di 2. Feb 2016, 21:10

Ist zwar die fünfhundertzweiundsiebzigste Diskussion zum Thema, ist aber natürlich nach wie vor etwas, was fast jeden Weinfreund betrifft. ;)

Das Problem beginnt damit, dass es unterschiedliche Auffassungen gibt, wie sich "Mineralität" im Wein äußert. Als Geruchseindruck, als Geschmack oder als etwas ganz Anderes, was man nicht direkt mit einzelnen sensorischen Eindrücken verbinden kann?

Für Geruchseindrücke ("mineralische Aromen") können die Mineralstoffe im Boden gar nicht verantwortlich sein, da sie nicht flüchtig sind und daher keinen Geruch haben. Nun gibt es aber Aromastoffe, die im Boden vorkommen und daher oft mit "Mineralen" assoziiert werden (z.B. Geosmin, das u.A. für den Geruch bei einsetzendem Regen auf trockenem Boden verantwortlich ist). Ähnlich wie die Sache, dass Metalle geruchlos sind, aber trotzdem jeder einen "metallischen Geruch" kennt - dieser kommt meines Wissens von flüchtigen Phosphorverbindungen, die als Verunreinigungen in vielen Metallen vorkommen und bei Berührung (z.B. mit dem leicht sauren Schweiß) freigesetzt werden.

Der Begriff "mineralische Aromen" ist für mich das Ergebnis, dass Weinverkoster die Weine im Allgemeinen mit positiv konnotierten Assoziationen beschreiben wollen. Und die "mineralischen Aromen" erinnern mich zumindest oft viel eher an manche Reinigungsmittel bzw. Waschpulver ("Aprilfrische" & Co), aber das passt halt nicht gut in eine Weinbeschreibung, daher müssen die "mineralischen" Noten herhalten.

Ist ja bei vielen anderen Aromen ähnlich. Zumindest in Parfums spielen solche Aromen eine große Rolle, die in hoher Konzentration z.B. nach Exkrementen riechen, aber in minimaler Menge das Gesamtbild erst richtig spannend machen. Ich denke, dass es bei den Noten im Wein auch durchaus ähnlich ist. Aber wenn man sie nicht wörtlich benennen darf und auch sonst kein positiv empfundenes Vergleichsaroma passt, muss eben eine Art Phantasiebezeichnung herhalten ...

Grüße,
Gerald

Re: Mineralität im Wein

Di 2. Feb 2016, 21:12

TLW hat geschrieben:in Weinen mit Pfirsicharoma sind ja auch keine Pfirsiche drin :)

...Veilchen, Räucherspeck, Petroleum, pencil shavings, vekokeltes Bakelit® (mein Favorit!),... :lol:

Ein Freund sprach von einem "sinnvollen Hilfsmittel für die Kommunikation über sensorische Eigenschaften", und mehr sollte man darin wohl auch nicht sehen.

Trotzdem bin ich bei "Mineralität" viel kritischer als bei "Pfirsich", und frage mich: warum? Einzige Idee bisher: Die anderen Begriffe sind konkreter, figürlicher, während "Mineralität" doch sehr diffus ist und vermutlich auch auf ein breiteres Aromenspektrum "losgelassen" wird.

Re: Mineralität im Wein

Di 2. Feb 2016, 23:48

niedrigem pH-Wert und gleichzeitig erhöhtem Säuregehalt
wie darf man eigentlich das verstehen, wie geht das zusammen?

Ich persönlich unterscheide Säurenoten und Mineralität tatsächlich auch am salzigen Geschmack. Die Unterscheidung finde ich nicht immer leicht, manchmal fließend und bei Weißweinen leichter herauszuschmecken als bei Rotweinen. Bin ich froh, daß es den Teilnehmern der Studie genau so ging ;)

Re: Mineralität im Wein

Mi 3. Feb 2016, 09:19

Jürgen hat geschrieben:
niedrigem pH-Wert und gleichzeitig erhöhtem Säuregehalt
wie darf man eigentlich das verstehen, wie geht das zusammen?

Es geht sogar ganz zwangsläufig zusammen. Säure erniedrigt den pH-Wert, d.h. ein erhöhter Säuregehalt bedingt einen niedrigeren pH-Wert.

Gruß
Ulli
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