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Brettanomyces: Gut oder Böse?

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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lepetitgourmet

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Brettanomyces: Gut oder Böse?

BeitragMi 12. Jun 2013, 15:39

Hallo liebe Leute,

ich hab dazu widersprüchliche Aussagen gefunden. (Hab ich hier http://gustumas.de/sinneswelten/gib-mir-das-brett-oder-was.html zusammengefasst)
Wie sind Eure Erfahrungen?
Gibt es hier Brettliebhaber?
Kann mir jemand einen Winzer empfehlen der die gezielt einsetzt?

Max
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sorgenbrecher

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Re: Brettanomyces: Gut oder Böse?

BeitragMi 12. Jun 2013, 18:17

wenn es nicht zu dominant ist, dann ist mir brett manchmal durchaus willkommen.

probier mal die c9dp von pegau....
Gruß, Marko.
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Gerald

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Re: Brettanomyces: Gut oder Böse?

BeitragMi 12. Jun 2013, 18:21

Hmmm,

ich muss ehrlich zugeben, dass ich mir nicht ganz sicher bin, ob die von mir als Brettanomyces vermuteten Noten wirklich solche waren. Denn sie sind an der Luft nach 1-2 Tagen immer von selbst verschwunden und zumindest für das erwähnte 4-Ethylphenol glaube ich nicht, dass dieses mit Sauerstoff reagiert. Zumindest nicht ohne Enzyme.

Was meinen die Experten, sind Brettanomyces-Noten an der Luft stabil oder nicht?

Grüße,
Gerald
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Markus Vahlefeld

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Re: Brettanomyces: Gut oder Böse?

BeitragMi 12. Jun 2013, 18:45

Hallo Max,

ich gehe mal davon aus, dass sich hier niemand als "Brettliebhaber" outen wird. Denn Brett ist ein ganz deutlicher Weinfehler und für manche so schlimm wie ein Korkschmecker. Auch da wirst Du niemanden finden, der von sich behaupten wird, ein Korkschmeckerliebhaber zu sein.

Ebenso wie beim Kork ist das Problem bei Brett die Divergenz in der Wahrnehmung/Empfindlichkeit. Ich habe Menschen erlebt, die einen Wein mit nur dem kleinsten Brettanteil gnadenlos ablehnen. Dann wiederum gibt es andere, die gegen einen zarten Brettton nichts einzuwenden haben, während dieser von der ersten Gruppe bereits als störend/hässlich/fehlerhaft bewertet wird. Meines Kenntnisstandes nach ist Brett eine Bakterienbildung, die von manchen Winzern billigend in Kauf genommen wird, aber von keinem Winzer forciert oder gezielt eingesetzt wird.

Kurzum: meine Brett-Empfindlichkeit ist eher im Mittelfeld angesiedelt und gegen eine leichte Brett-Kopfnote habe ich nichts einzuwenden, sofern sie nur leicht über der Wahrnehmungsschwelle liegt. Wird dagegen die Kopfnote vom Brett dominiert, kann mir regelrecht speiübel werden.

Hilft Dir das?

@Gerald
Ich ging bisher davon aus, dass Brett absolut stabil ist. Der Ton verfliegt niemals mehr, weder in der Flasche, noch im Glas. Und Brett muss im Wein irgendwie angelegt sein, ohne dass der Brettton sofort bemerkbar wäre. Brett wird z.B. durch zu warme Lagerung angeregt, so dass ich schon gleiche Weine einmal mit und ein anderes mal ohne Brett hatte.
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Bernd Schulz

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Re: Brettanomyces: Gut oder Böse?

BeitragMi 12. Jun 2013, 19:27

Ob Brett als Weinfehler anzusehen ist, wird durchaus kontrovers diskutiert (während wohl keiner die Meinung vertreten dürfte, dass TCA geschmackliche Vorteile mit sich bringt).

Ziemlich gut bringt es dieser Text von V. Schneider auf den Punkt:

http://webcache.googleusercontent.com/s ... =2&ct=clnk

Beste Grüße

Bernd
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harti

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Re: Brettanomyces: Gut oder Böse?

BeitragMi 12. Jun 2013, 19:33

Markus Vahlefeld hat geschrieben:Meines Kenntnisstandes nach ist Brett eine Bakterienbildung, die von manchen Winzern billigend in Kauf genommen wird, aber von keinem Winzer forciert oder gezielt eingesetzt wird.

Hallo Markus,

wie Max es schon richtig dargestellt hat, sind Brettanomyces Hefen, also Pilze.

Ich persönlich kenne (dezent) verbretterte Weine vorwiegend aus Bdx, dort waren in früheren Jahren z.B. die Cordier-Weine (u.a. Gruaud und Talbot) besonders betroffen. Bei diesen Weinen gehört der - mutmaßlich auf Brett zurückzuführende - Stallton zum Aromenprofil dazu.

Grüße

Hartmut
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Bernd Schulz

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Re: Brettanomyces: Gut oder Böse?

BeitragMi 12. Jun 2013, 19:42

Meines Kenntnisstandes nach ist Brett eine Bakterienbildung, die von manchen Winzern billigend in Kauf genommen wird, aber von keinem Winzer forciert oder gezielt eingesetzt wird.


Dagegen schreibt Schneider in dem oben von mir verlinkten Artikel:

...Unabhängig davon werden internationale Rotweine mit betontem, fast einseitigem Brett-Ton im preislichen Spitzensegment gehandelt, weil ihn einige winemaker bewußt zur Bereicherung des Aromas nutzen. So werden Holzfässer teilweise gezielt mit Brettanomyces beimpft....


Brettanomyces ist also mal gut, mal böse - je nach Perspektive!

Beste Grüße

Bernd
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MichaelWagner

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Re: Brettanomyces: Gut oder Böse?

BeitragMi 12. Jun 2013, 21:17

Naja, eigentlich ja auf unsaubere Holzfässer zurückzuführen, was meist zu "flüchtigen Noten" führt, die ums mal salopp zu sagen einfach nur stinken. Hatte mal nen "fetten Roten (Wein...) mit brett. Hat nicht gestört, keine Ahnung wie es ohne geschmeckt hätte. Im Weißwein nach meiner Erfahrung: Horror...
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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Blaufränkisch

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Re: Brettanomyces: Gut oder Böse?

BeitragMi 12. Jun 2013, 21:43

Sorry, Michael,

aber das...

Naja, eigentlich ja auf unsaubere Holzfässer zurückzuführen, was meist zu "flüchtigen Noten" führt


...ist falsch. Erstens wurde Brett auch in neuen (d.h. zwangsläufig sauberen) Fässern nachgewiesen (und im Weingarten und in Wasser...), zweitens gibt es Brett selten aber doch auch in anderen Behältern (denn es hängt eher vom Wein und seinen Lagerbedingungen ab) und drittens sind Brett-Aromen nicht "flüchtig" im weinsprachlichen Sinn (d.h. weder Essigsäure noch Ethylacetat o.ä.).

@Markus Vahlefeld:

Hallo Max, ich gehe mal davon aus, dass sich hier niemand als "Brettliebhaber" outen wird. Denn Brett ist ein ganz deutlicher Weinfehler und für manche so schlimm wie ein Korkschmecker. Auch da wirst Du niemanden finden, der von sich behaupten wird, ein Korkschmeckerliebhaber zu sein.


Was Rotwein betrifft (und das tut es bei Brett ja meistens), ist das sicher nicht so, denn die Brett-Toleranz oder gar -Liebe ist auch bei Weinkennern geradezu auffallend hoch. So hat man z.B. in einer Studie belegt, dass Parker recht hohe Punkte an Weine vergeben hat, die nach deiner Lesart als eindeutig fehlerhaft definiert werden müßten:

Fazit
Der Vergleich der Verkostungsergebnisse und insbesondere der Bewertungen durch einen international namhaften Weinkritiker mit tatsächlich in den Versuchsweinen festgestellten Werten an Brett-Leitsubstanzen lässt Zweifel aufkommen, ob die theoretischen Schwellwerte und die Position "Brett = Weinfehler Pferdeschweiß" in der Praxis wirklich relevant sind.

Immerhin weisen vier der sechs getesteten Weine 4-EP-Werte weit jenseits gängiger Schwellwertangaben auf – und gleichzeitig höchst positive Bewertungen durch die internationale Weinkritik am Beispiel des "Weinpapstes" Robert Parker. Zumindest macht diese Gegenüberstellung klar, dass Weine mit entsprechend kräftiger Struktur durchaus einen Schuss Brett vertragen und dies keineswegs zu einer Ablehnung eines Weines führen muss, sondern im Gegenteil das sensorische Gesamtbild sogar bereichern und zu Höchstbewertungen durch Weinkritiker führen kann.

Studienarbeit: "Einfluss von Brettanomyces-Hefen auf die Weinqualität: chemische, mikrobiologische und technologische Aspekte". Bericht über das Teilprojekt "Brettanomyces-Sensorik" von Wilfried Knapp, Alfred Schmudermayer, Wolfgang Seiberl, Martin Muschlin. Februar 2007. HBLA u. BA für Wein- u. Obstbau, Institut für Chemie u. Biologie.


Ich selber habe durchaus ähnliche Erfahrungen und kenne zumindest einen Kollegen, der sich mitunter bewußt (soweit das möglich ist) beim Cuvetieren an die für die meisten noch positiv gesehene Brett-Schwelle heranarbeitet. Und die eindeutige Bevorzugung von Brett-Weinen durch eine nicht ganz unprofessionelle Verkosterin habe ich auch schon erlebt:

http://www.bernhard-fiedler.at/weblog/?p=1167

Grüße

Bernhard
Hier gibts mehr von mir zu lesen: www.bernhard-fiedler.at
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Charlie

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Re: Brettanomyces: Gut oder Böse?

BeitragMi 12. Jun 2013, 23:40

Sind die Aromen nach Leder, die man in reifem sangiovese findet, auch Brett?

Ãœbrigens: Parker mag auch "balsamische Noten".
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