Ollie hat geschrieben:
Mostklaerung hingegen reduziert das Boeckserpotential zwar, aber ob bzw. dass im Umkehrschluss aus einem Boeckser eine mangelnde Klaerung folgt, ist mir nicht so plausibel. Jedenfalls habe ich von einem solch direkten Zusammenhang nie gelesen (was nichts heissen mag, ich bin ja kein Winzer). Vielleicht gibt es aber den indirekten Zusammenhang von truebem Most, den man betont reduktiv verarbeitet (damit er nicht braun wird), was die Bildung von einem H2S-Boeckser beguenstigt. Da waere der truebe Most aber nur der Anlass, nicht jedoch die Ursache.
Cheers,
Ollie
Mostklärung reduziert das Böckserpotential per se zuerst einmal nicht. Mostklärung führt zu einer zusätzlichen Verarmung an Nährstoffen für die Hefe. Gerade das Fehlen von Nährstoffen (bspw. Thiamin bzw. hefeverfügbarer Stickstoff) ist in den allermeisten Fällen die Hauptursache für Böckser. Dennoch ist es äußerst sinnvoll, den Most möglichst scharf vorzuklären (jedoch wiederum nicht so scharf, dass dadurch Gärprobleme entstehen, weil die Versorgung der Hefe mit Nährstoffen und auch die gleichmäßige Verteilung der Hefe im gärenden Most einen gewissen leichten Trubanteil voraussetzt), da man Nährstoffe auch nach der Vorklärung zusetzen kann (bspw. Gärsalz plus inaktive Hefen oder Hefezellrinde plus Thiamin). Durch eine scharfe Vorklärung können nämlich Restmengen von an den Beeren haftendem Schwefel (bspw. Netzschwefel) bzw. an den Trubstoffen gebundenem Schwefel deutlich reduziert werden. Das Vorhandensein von Schwefel ist natürlich überhaupt Voraussetzung dafür, dass Schwefelwasserstoffverbindungen (bzw. Vorläuferverbindungen) während der Gärung enstehen. Vollständig eliminieren lässt sich Schwefel im Most allerdings prinzipiell nicht. Aus diesem Grund ist es so eminent wichtig, die Hefe möglichst keinem Stress auszusetzen. Weiterhin führt eine scharfe Mostvorklärung dazu, dass das sich während der Gärung bildende Geläger, welches extrem reduktiv ist und die Böckserneigung verstärkt, möglichst gering ausfällt.
Ein weiterer Punkt ist, dass verschiedene Hefestämme verschiedene Stressresistenzen aufweisen. Gerade bei Spontanvergärung geht man dadurch ein höheres Risiko ein, dass sich letztendlich Stämme durchsetzen, die eher zu Böckser neigen. Weiters kann man die Entstehung von Böcksern auch durch geringe Zufuhr von Sauerstoff während der Gärung niedriger halten, da der Sauerstoff ebenfalls dazu beiträgt, das Gärleben der Hefe leichter zu machen. Das sind alles Punkte, wie man das Böckserrisiko per se reduzieren kann.
Sollten sich allerdings Schwefelwasserstoffverbindungen gebildet haben, so hat man im Keller trotzdem noch die Möglichkeit, ein Fortschreiten eines Böcksers aufzuhalten und eventuell sogar umzukehren. Und zwar durch die Zugabe von Cu-Ionen. Tut man dies nicht, so entwickeln sich aus dem H²S zusammen mit Weinbestandteilen immer komplexere Schwefelverbindungen, die irgendwann auch durch Zugabe von Cu+ nicht mehr aufgehoben werden können. Man spricht dann von einem abgehockten Böckser. Die allermeisten Böckser kann man jedoch nachträglich durch Cu+-Zugabe vermeiden. Dennoch ist die Cu-Schönung mit zusätzlichem Stress für den fertigen Wein verbunden (z.B. zusätzliche Rühr- und Pumpvorgänge). Aus dem Grund ist es anzuraten, bereits im Vorfeld (siehe oben) möglichst viel zu tun, um Böckser zu vermeiden.