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Essen und Wein

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harti

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Re: Essen und Wein

BeitragDo 2. Dez 2010, 15:20

Hallo zusammen,

hier ein kleiner Bericht zu der Veranstaltung "Essen und Wein" des Clubs kochender Männer zu Göttingen und des Göttinger Bordeaux-Kreises.

Summa summarum ist unsere Idee mit Begeisterung aufgenommen worden, zu jedem Gang einen weißen und einen roten Wein zu servieren. Interessant war, dass es bei keinem Gang ein einheitliches Bild gab, welcher Wein jeweils besser mit den Speisen harmonierte.

Apéritiv

1998 Champagne Blanc de Blancs Brut "Le Mesnil" Grand Cru, Doquet-Jeanmaire

Der weiße Champagner wurde vom Bordeaux-Kreis als sehr hochwertig eingestuft, er spielt m.E. in der Liga deutlich teurerer Jahrgangs-Champagner mit. Die Köche waren dagegen von den Reifearomen überwiegend irritiert, z.T. wurden wir gefragt, ob ein Fehler vorläge.

Champagne Cuvée Rosé Brut, Chartogne-Taillet

Der Rosé-Champagner war dagegen easy-going, süffig, aber mit genügend Rückgrat. Ein schöner Kontrast zum eigenwilligen "Le Mesnil". Für den Preis durchaus empfehlenswert.

1. Gang: Bouillon von Pilzen und Huhn mit Cappucino vom Steinpilz

2009 Chardonnay Spätlese trocken, Weingut Bergdolt

Ein erstklassiger Chardonnay, leider noch etwas zu jung. Nur zu einem kleinen Anteil im neuen Barrique ausgebaut (10 %), überwogen noch die Fruchtaromen. Von der Struktur sehr gut zur Suppe passend, standen die Frucht des Weins etwas zu stark im Vordergrund. Trotzdem kam diese Kombination bei vielen Köchen und Weinfreunden sehr gut an.

2005 Bourgogne Rouge, Domaine Louis Boillot

Ein erstklassiger "kleiner" Burgunder, wunderschöner Geruch von roten Früchten (Himbeere), geschmeidig am Gaumen. Passte m.E. geschmacklich und von der Struktur hervorragend zum Steinpilz-Cappucino und ließ sich auch zur Bouillon gut trinken. Mein klarer Favorit für diesen Gang. Auch andere mochten die Kombination.

Fortsetzung folgt
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Markus Vahlefeld

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Re: Essen und Wein

BeitragFr 3. Dez 2010, 17:15

... ich warte auf die fortsetzung, klingt saulecker
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harti

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Re: Essen und Wein

BeitragFr 3. Dez 2010, 18:12

Hallo Markus,

es war saulecker ... Weiter geht's:

2. Gang: Lachs-/Kabeljau-Roulade und auf der Haut gebratener Wolfsbarsch mit Ingwerschaum, Sizilianischem Gemüse und Limetten-Risotto

2008 Halenberg Riesling trocken, Weingut Emrich-Schönleber

Besonders spannend war der sehr gelungene Fischgang, insbesondere die Bandbreite der dargebotenen Komponenten, vom pochierten Lachs bis hin zum kräftigen Gemüse (mit Fenchel, Perlzwiebeln, Paprika, Bohnen). Wie erwartet spielte der Halenberg seine Stärken bei der Lachs-Kabeljau-Roulade aus, allerdings fand ich persönlich, dass wir hier vielleicht eine etwas leichtere, dezentere, nicht so säurebetonte Riesling-Variante hätten wählen sollen (z.B. einen Ruwer-Kabinett vom Karthäuserhofberg). Ein hervorragender Wein von Emrich-Schönleber, zum gedünsteten Fisch aber wohl nicht die allerbeste Wahl.

2005 Faro DOC, Az. Agr. Palari

Toll dagegen die Performance des elegant-würzigen, geschmeidigen Palari Faro, der für einen Sizilianer erstaunlich leichtfüßig daherkommt (weswegen wir ihn auch ausgewählt hatten). Für mich zu den meisten Komponenten des Gangs sehr gut passend, zuallererst natürlich zu nennen das Gemüse, aber auch mit dem gebratenen Wolfsbarsch und dem (gar nicht zitronigen) Limetten-Risotto wirklich sehr gut harmonierend.

Das Experiment beweist: Gebratener (Meeres-)Fisch und nicht zu säurebetonter, tanninarmer Rotwein passen ausgezeichnet zusammen.

3. Gan: gefüllter Ochsenschwanz mit Brokkoli-Röschen und getrüffeltem Kartoffel-Stampf

2006 Pouilly-Fuissé En Buland Vieilles Vignes

Uns war von vornherein bewusst, dass die (Weißwein-)Auswahl zum Fleischgang in die Hose hätte gehen können. Klar, ein gefüllter Ochsenschwanz, der schreit geradezu nach reifem Bordeaux - aber nein, wir wollten es trotzdem wagen.

Wir dachten, ein mächtiger Weißer Burgunder müsste eigentlich passen, wobei natürlich das Budget und die Verfügbarkeit des Weins - immerhin war eine Gesellschaft von 30 Personen zu versorgen - als begrenzende Faktoren zu berücksichtigen waren. Die Wahl fiel daher nicht z.B. auf einen Montrachet aus 1992 oder ähnlich teure und rare Gewächse, sondern auf einen noch recht jungen 2006er Pouilly-Fuisse, von einem guten Erzeuger, aus alten Reben gewonnen, im neuen Barriques ausgebaut, der neben einem riech- und schmeckbaren Holzton die gewünschte Fülle mitbrachte. Sicher, die Frucht war immer noch etwas vorlaut, aber trotzdem konnte man diesen Wein auch zum Ochsenschwanz trinken. Geradezu phänomenal war dagegen die Kombination mit dem getrüffelten Kartoffelstampf.

1990 Château La Lagune Haut-Médoc

Beim Rotwein fiel unsere - wie ich finde, sehr glückliche - Wahl mit dem 90er La Lagune auf einen vollreifen, nicht zu schweren Bordeaux. Die Harmonie mit dem kräftigen Fleisch, der pikanten (Fleisch-)Füllung und der schweren Sauce wäre glaube ich nicht zu steigern gewesen. Interessant war übrigens, dass von den 5 Flaschen beim Aufziehen nicht eine der anderen glich, obwohl alle Flaschen seit 15 Jahren im gleichen Keller lagen und m.W. auch vom gleichen Lieferanten stammten.

Fortsetzung folgt
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RWF

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Re: Essen und Wein

BeitragDo 9. Dez 2010, 19:09

Hallo Harti,
kannst Du das noch etwas näher erläutern mit den Flaschenunterschieden beim Lagune?
Es ist ja eine seltene Gelegenheit, dass man so viele Eintel zugleich aufmacht. Sonst schreibt man die Veränderungen ja eher dem "Zahn der Zeit" zu ...
Wie war die Range?
Grüsse
RWF
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susa

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Re: Essen und Wein

BeitragDo 9. Dez 2010, 21:01

.... wo bleibt das Dessert. ich warte gespannt, bei uns stehen gerade die Wetten bei rot auf Banyuls oder Rivesaltes ;-)

Danke für die Inspiration
das werd ich beim nächsten Treffen unseres Kochclubs auch mal vorschlagen

Gruß
susa
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harti

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Re: Essen und Wein

BeitragSo 12. Dez 2010, 20:11

Hallo susa,

bitte entschuldige die späte Antwort, ich hatte Deinen Beitrag übersehen. Hier also das Finale:

4. Gang: Mascarpone-Törtchen, Feige und Kumquat

Die Kombination Süßspeise und Wein ist für uns traditionell die größte Herausforderung, so auch dieses Mal. Wir hatten uns von der Vorstellung leiten lassen, dass die (Bisquit-)Törtchen mit einer konzentrierten Mascarponecreme zubereitet werden, so dass ein fruchtiger Rotwein vielleicht dazu hätte passen können. Nun handelte es sich aber um eine Art Tiramisu mit dezenter Süße. Die Kumquats waren zudem nicht, wie angekündigt, als Kompott zubereitet, sondern wurden blanchiert und mit einer ebenfalls dezent süßen Fruchtsauce angerichtet. Die Feigen waren praktisch unbehandelt.

2009 Lambrusco Reggiano Concerto, Medici & Figli Ermete

Was soll ich sagen, der Lambrusco, ein sehr brombeerfruchtiger, trockener, leicht moussierender Wein, passte zu den Törtchen überhaupt nicht. Hier wäre wahrscheinlich ein älterer Tawny die glücklichere Wahl gewesen. (Banyuls könnte vielleicht auch gehen, wenn er denn eine entsprechende Reife hat). Zu den Kumquats passte der Lambrusco aufgrund der lebendigen Säurestruktur noch ganz gut, zu dem milden Feigen schien er mir seine Fruchtigkeit dagegen zu vorlaut. Zu den Feigen wüsste ich, ehrlich gesagt, gar keinen passenden Wein. (Vielleicht ein halbtrockener Riesling??).

2003 Riesling Beerenauslese, Weingut Bergdolt

Auch die Beerenauslese erwies sich - nach meiner Meinung - als keine ganz glückliche Wahl. Insgesamt zwar ein sehr guter Wein, aber sehr süß und körperreich (wen wundert's :? ), so dass praktisch alle Komponenten des Gerichts - auch die Kumquats - dominiert wurden. Eine nicht zu süße Mosel-Spätlese wäre wahrscheinlich die bessere Alternative gewesen.


Trotz der kleinen Pleite beim Dessert war es für uns ein überaus gelungener Abend und wir freuen uns auf weitere Veranstaltungen mit unsereren Freunden von der kochenden Zunft.

Grüße

Hartmut

RWF hat geschrieben:Hallo Harti,
kannst Du das noch etwas näher erläutern mit den Flaschenunterschieden beim Lagune?
Es ist ja eine seltene Gelegenheit, dass man so viele Eintel zugleich aufmacht. Sonst schreibt man die Veränderungen ja eher dem "Zahn der Zeit" zu ...
Wie war die Range?
Grüsse
Hallo RWF,

leider habe ich mir keine Notizen gemacht, zudem hatte ich keine Zeit, mich intensiver mit den Weinen zu beschäftigen. Die Flaschen stammten alle aus der gleichen Quelle und wurden identisch gelagert, trotzdem gab es deutlich Unterschiede, nicht nur im Geruch, sondern auch geschmacklich. Leider kann ich es nicht näher beschreiben oder begründen (mit einer Ausnahme: ein Wein war mit einem ganz leichten Muffton belastet).

Grüße

Hartmut
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RWF

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Re: Essen und Wein

BeitragSo 12. Dez 2010, 23:50

" zudem hatte ich keine Zeit, mich intensiver mit den Weinen zu beschäftigen"


Kein Wunder bei diesem Wahnsinns-Menü.
Beeindruckend!

Grüsse
RWF
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susa

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Re: Essen und Wein

BeitragMo 13. Dez 2010, 21:07

Oh ja, die Kombination stell ich mir auch nicht einfach vor zum beweinen ;-); ich hätte wahrscheinlich zu meiner Allroundgeheimwaffe gegriffen und einen rosa Champagner/Crémant serviert, zB Bouvet-Ladubay Rose Brut Excellence oder wenn's nur für Herrn susa und mich gewesen wäre, einen Roederer

lieben Gruß
susa
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thvins

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Re: Essen und Wein

BeitragDi 14. Dez 2010, 18:14

Hallo Harti,

die Champagner von Doquet - Jeanmaire sind wirklich gute Klasse, ich war vor ein paar Jahren mal da und habe diverses verkostet - hängen blieb ich am Ende bei einer 6er Raritätenkiste mit alten Jahrgängen (1970, 2 * verschiedene 1985, 1988, 1989, 1990) - hatte glaub ich wahnsinnig gute 130 € dafür bezahlt, die sechs Flaschen waren jeden Cent wert. Natürlich muss man die Aromatik reifer Champagner so mögen, wie ich es dann wohl tue...

Zu Feigen passen für mich übrigens oxydativ ausgebaute alte Rivesaltes, Banyuls, Maury - Weine bestens. Mas Amiel 10 oder 15 ans d´age oder noch bessere Kaliber ähnlichen Stils.
Beste Grüße

Torsten

http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com
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harti

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Re: Essen und Wein

BeitragDi 14. Dez 2010, 18:46

Hallo Torsten,

in der Vorprobe hatten wir von Doquet auch den 2000er Blanc de Blancs "Le Mont Aimé" Premier Cru Brut und den NV Rosé Premier Cru. Ersterer war nicht ganz so reif wie der 98er grand cru, im Gegenteil, hier dürfte etwas Flaschenreife ganz gut tun. Der Rosé war auch ganz nett, mehr aber auch nicht.

Die von Dir genannten Dessert-Weine kenne ich durch die Bank überhaupt nicht (bis auf junge Banyuls), deswegen habe ich die auch gar nicht in Betracht gezogen :oops: . Das Problem bei solchen events ist ohnehin, ausreichend Menge zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung zu haben. Beim Dessert brauchen wir mindestens 3 einwandfreie Flaschen (1 für die Vorprobe, 2 dann zum Ausschenken). Da wird die Auswahl dann schon eng :roll: .

Aber für die Wissenschaft werde ich demnächst mal ein paar von den Dingern an Land ziehen ;) .

Grüße

Hartmut
Zuletzt geändert von harti am Di 14. Dez 2010, 18:51, insgesamt 1-mal geändert.
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