Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
weinfex
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Do 25. Nov 2010, 14:57
Eigentlich sind mir solche "Grossveranstaltungen" mit knapp über 20 Personen ein Greuel, dazu noch wenn es sich um ein solches "Aufgebot an Flaschen" handelt, nicht das ich Angst hätte, zuwenig Menge abzubekommen, nein, es ist im Normalfall einfach zu hektisch, zu aufgeregt, zu laut, und überhaupt halt, schliesslich werden im Alter die Befindlichkeiten nicht kleiner... In diesem Fall war das alles, einmal mehr in dieser Runde, überhaupt nicht so. Es ist, ich kann es nicht anders sagen, eigentlich der Prototyp der "perfekten Probe". Wenn, ja wenn nicht die Fussbodenheizung meine Socken so zum qualmen gebracht hätte, als gäbe es kein Morgen mehr, aber kann so ein Lapsus einen solchen Eindruck trügen? Ganz sicher nicht!
(M)Ein kleines Resümee:
Überhaupt nicht zurecht kam ich im ersten Flight mit dem 85 Cos. Ich empfand den Wein als "deutlich unsauber", was ich zuerst auf das Glas zurückführte, mit der Zeit aber eher zur Überzeugung kam, dass es doch wohl eher der Wein war. Letzten Endes aber auch egal, vielleicht wurde auch einfach ich dem Wein nicht "gerecht". Der 85 Mouton benötigte ordentlich Zeit im Glas, legte dann aber kontinuierlich zu, ganz sicher kein Lieblingswein der "gemeinen Moutonfraktion", dazu ist er einfach zu balanciert und "jahrgangstypisch schlank". Aber keine Angst, für "Haut Brion Filigrantrinker" ist das aber immer noch ein ordentliches Pfund oder anders ausgedrückt eine ausreichende Kaffee und Röstdroge! 93P. Der 85 Pape Clement dürfte schon etwas bessere Zeiten gesehen haben, ordentlich grüner Paprika, überhaupt eher auf der "vegetalen Seite", wirkte etwas gezehrt mit nur noch knapper mittlerer Länge. Sollte diese Flasche "repräsentativ" für den momentanen Zustand des Weines sein, würde ich eher sobald als möglich zum Korkenzieher greifen, bei noch eventuellen Beständen...86P.
Im 2. Flight "krachte" es dann gleich doppelt, beim 85 Palmer musste ich unweigerlich an Martin "Barz" "Sex in a bottle" denken, Hatte das Zeug eine Nase, ein Flirt mit der Perfektion, im Mund dann einen Schmelz, sagenhaft, einzigstes Manko (bin ich schon wieder zu kritisch?), hintenraus fehlte es mir etwas an Länge und Druck. Natürlich passt im Kontext zum Jahr und bis auf ganz, ganz wenige Ausnahmen sind praktisch alle Weine trinkreif, teilweise auch schon ein Schritt weiter...94P. Eine der Ausnahmen stand glücklicherweise daneben, 85 Leoville Las Cases. Unglaublich junge, immer noch leicht ins bläuliche/schwarze gehende, Farbe. Ein irres Cabernetteil mit gebündelter Konzentration, ganz klar definiert und strukturiert. Frische Säure und mit Abstand aller Weine an diesem Abend aus dem Jahrgang 85 das meiste Resttannin. Da geht in diesem Jahrgang nicht wirklich viel darüber und unter PLV Gesichtspunkten der interessanteste Wein zum jetztigen Zeitpunkt, denn auch aus der Eintel ist er im Moment einfach nur perfekt und andere Weine auf dem Niveau, wie Margaux, Haut Brion oder Cheval Blanc, deutlich teurer... 96(+ in diesem Format)P.
Ich sah den Latour zwar marginal besser, kann Christian aber nur zustimmen, ganz sicher kein Aushängeschild für das Chateau. Er kommt sehr burschikos, um nicht zu sagen bäuerlich daher, was ja per se nichts schlechtes sein muss. Ordentliche Gaumenhaftung, mit viel Phantasie sogar ein gewisses "Premierfeeling", aber alles in allem wirkt er uninspiriert und in der Relation zu schwach auf der Brust. Wenn man Gründe suchen würde, könnte man u.a. auf eventuell zu hohe Erträge kommen, denn wie gesagt die grundsätzlichen Anlagen sehe ich in dem Wein eigentlich schon als gegeben an...90P. Die relativ schwache Latourperformance bestätigte sich, als der Rest des 85 Moutons aus der DoMag ins Nachbarglas kam, dass muss sogar ich zugeben...
(Positiv) überrascht war ich dann vom 86 Leoville Barton aus der DMag, da befürchtete ich vorher eher, ob man da bereits "mit dem Glas in die Nähe kann", oder ob es nicht doch besser wäre, sich mit Besteck zu "bewaffnen". Doch die Sorge war mehr als unbegründet und es zeigte sich mal wieder ganz extrem, was man gemeinhin so als "Grossflaschenbonus" benennt, auch wenn mancher Vieltrinker/Weinguru dies ins Reich der Märchen verweist, Grossflaschen reifen anders, für mich persönlich pauschal sogar besser, als Eintel. Und dieser Barton ein Musterbeispiel dafür. Aus diesem Format nur minimal gaumentrocknend, aus der Normalflasche sieht dies immer noch deutllich anders aus, topfrisch mit gewissen Las Cases Allüren, wenn auch nicht ganz diese Klarheit in der Struktur, etwas verspielter und einem extremen Tannennadelnaroma. Sehr, sehr gute Länge. 94P.
Eine ähnlich Befürchtung wie beim Barton, hatte ich auch bei der "Einlieferung" unseres Gastgebers, 96 Barolo Reserva Falletto di Seralunga von B. Giacosa aus der Magnum. Doch auch hier war der Wein weitaus zugänglicher und vor allem genussbringender als befürchtet, eine Ricolanase wie ich sie so noch nie im Glas hatte, wie schon geschrieben erstaunlich zugänglich, wunderbare Süsse und bereits jetzt eine vielversprechende Länge, wobei da in ein paar Jahrzehnten (?) wohl noch "ein paar Pfund" draufkommen dürften. 94+P.
Im Gegensatz zu Christian hatte ich vom Sociando 86 genau so etwas in der Art erwartet, und ich wäre ehrlich überrascht gewesen, wenn diese Magnum sich viel zugänglicher gezeigt hätte, und ich vermute auch, er wird immer auf der "rustikaleren Seite bleiben", denn die Tannin- und Säurestruktur in diesem Jahrgang ist im Verhältnis zum "Fett" einfach zu brachial um ganz integriert werden zu können. Leider wird er wohl auch nie auch nur annähernd an den für mich besten Sociandojahrgang 82 herankommen, welcher aus der Eintel mit etwas Luft im Moment wirklich unglaublich gut ist. Bei Troplong kann ich mich meinem Vorschreiber voll und ganz anschliessen, den hatte ich genauso auch "im Glas".
In der Runde recht kontrovers wurde der 3er Flight Gruaud Larose.
1983 aus der Magnum mit dieser unverwechselbaren "Gruaudkräuternase", wunderbar gereift, tolle Süsse, welche den ganzen Gaumen austapeziert, ambitionierte Länge, ich vermute mal aus diesem Format dürfte der Höhepunkt erreicht sein, sollte sich aber noch das eine oder andere Jahr auf diesem Level halten können...92P. 1985 ebenfalls aus der Magnum ist ein Tick schlanker was ihm auch wirklich ausgezeichnet steht, allerdings kommt er in punkto Süsse und Länge mit dem älteren Jahrgang aber nicht mit, was sich vermutlich auch nicht mehr ändern dürfte, wenn, ja wenn diese Flasche repräsentativ war (ich hatte, wenn ich mich richtig erinne beide Jahrgänge bis dato nur jeweils einmal und der damalige Eindruck war damals genau konträr, waren allerdings auch Eintel). 90P. Ganz, ganz gross 1986 aus der Magnum! Jung!!! Um nicht zu schreiben unfassbar jung. Ein wahrhaftes Tanninmonster mit einer geballten Konzentration die man eigentlich nur mit "schmerzhaft" umschreiben kann. Berechtigterweise kann und darf man sich hier die Frage stellen, wann das jemals und ob das jemals "reif" wird und all die Versprechen die der Wein macht, jemals eingelöst werden. Wie geschrieben, seine positive Zukunft steht für mich ausser Frage, will sagen, ich habe nicht den geringsten Zweifel. Im Gegenteil ich bin mir sogar sicher, dass er irgendwann einmal punktemässig in den Höhen eines Jahrganges 1982 landen wird, wenngleich er stilistisch in keinster Weise mit ihm vergleichbar ist. 96+P.
Mein letzter notierter Flight
1986 Talbot Magnum ist auch so ein Kandidat, welcher sicherlich nochmals mindestens 10 Jahre Zeit benötigt (aus diesem Format), ein ganzer Garten voll Peperoni und grünem Paprika bestimmen im Moment, und wohl auch noch in nicht absehbarer Zeit, das Geschehen. Dazu eine mächtige Tanninpräsenz. Hier wird nut der Geduldige belohnt werden, dass aber auch mit ziemlicher Sicherheit.
Einer der gelobtesten Wiene des Abends, 1986 Cheval Blanc (MG). So ganz zustimmen möchte ich aber in diesem Fall nicht, er gefiel mir zwar wesentlich besser, wie aus einer unlängst getrunkenen Eintel, was in erster Linie am grösseren Format gelegen haben dürfte, denn die Tanninstruktur war deutlich besser "ins Ganze" integriert", und trotzdem, und dies sehe ich genau als auch den Schwachpunkt an, ich kann mir nicht vorstellen, dass es sich jemals wirklich harmonisch einbindet. Nein ich bin kein Warmduscher, und ich trinke mit Vorliebe linksufrig Cabernet betonte Weine , hier fehlt es (für mich) schlicht und einfach an Fett. Einmal mehr jammern auf sehr hohem Niveau, keine Frage, aber persönlich sah ich an diesem Abend einige Weine deutlich besser als den Cheval Blanc...
1986 Dom. de Chevalier gehört inzwischen ohne Frage in meine Kategorie Lieblingsweine. Nun war für diese MAgnum der Trinkzeitpunkt deutlich zu früh und wäre von der Charakteristik an diesem Abend eher als unentwickelter St. Julien durchgegangen, von seiner Entwicklung bin ich allerdings mehr als überzeugt...
Vielen Dank nochmals an die wirklich tolle und bemerkenswerte Probenrunde und natürlich an die perfekte Orga...
Grüsse weinfex
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Do 25. Nov 2010, 15:27
Bordeauxtagebuch Kampagne 2009
Montag 29.3.2010
Um einen ersten Eindruck zu bekommen war die Grand Cru Classe Verkostung auf Grand Pontet ein perfekter Einstieg. 10.00Uhr war Beginn bei schönstem Frühlingswetter und etwas zu starkem Wind.
Es geht bereits gleich wieder mit der ersten Verkostung los, waren gestern 14 Stunden unterwegs, sodass praktisch überhaupt keine Zeit blieb auch nur an etwas schreiben zu denken. Heute Abend könnte es aber endlich klappen, nur soviel, die von Christian vermissten "Burner" gibt es, möchte aber einem etwas ausführlichen Bericht nicht vorgreifen...
Heute steht u.a. Termine auf Margaux, Palmer, Ducru, eine Samelverkostung des Gebietes Margaux und eine des Gebietes Graves an, es ist, wenn auch nicht zu glauben, sehr anstrengend und zehrend, macht aber logischerweise auch irre Spass. Es ist fraglos ein grosser Jahrgang, und wenn Hartmut ihn mit 1982 vergleicht, bin ich mit meinen fraglos schmalen Wissen in der Breite über diesen Jahrgang, absolut bei ihm. Ich würde sogar noch sagen, mit einem "Schuss" 2000 gemischt, zumindest was die Weine auf der linken Seite angeht.
Fortsetzung Ch. Grand Pontet St. Emilion Grand Cru Classe Verkostung
Hatte ich mir im Vorfeld der Bordeauxreise noch Gedanken gemacht, inwieweit sich die Weine überhaupt für mich überhaupt einschätzen lassen, bzw. auch zu bewerten/punkten, wurde diese Zweifel mit den ersten probierten Weinen bereits komplett ausgeräumt. Im Gegenteil, es macht sogar richtig Spass, die Weine zu probieren, nur angesichts der Menge, artet es im laufe des Tages zu wirklicher Arbeit aus...
Sehr gut gelungen sind meiner Meinung nach Bellefont-Belcier, sicherlich ein moderner Vertreter, aber toll und vor allem nicht übertrieben gemacht (92-94P.), Clos St. Martin abgrundtiefe Nase, Hammergerbstoffkonzentration (aber was für eine Qualität) und trotzdem immer noch deutliche Fruchtaromatik (94-97 +?P.), Ch. Destieux ebenfalls moderne Prägung, sehr reif und hochkonzentriert, aber eben auch Frische (mein Lieblingswort inzwischen in diesem Jahrgang) und Balance (92-95P.), Fleur Cardinale eine frischere Ausführung des Jahrganges 05 (92-94P.), Fonroque biodyn produziert, vielleicht etwas zu ambitionierter Holzeinsatz, aber wenn das alles zusammengeht, und da bin ich überzeugt, wird es super (90-93P.), La Tour Figeac der bisher beste produzierte Wein, welchen ich jemals probiert habe, fast schwarz, tolle Konzentration, ultrafeiner Gerbstoff (92-95P.) und schliesslich mein Highlight dieser ersten Probe, Larcis Ducasse, das tänzelt praktisch über die Zunge, was für eine Gerbstoffqualität, das ist fast nicht zu "fassen". Eine Art "schwebender Ausnahmezustand im Mund", elegant, frisch, nahezu komplett (95-98 +?). Noch ein Wort zum Alkohol, es zeigte sich schon in dieser ersten Verkostung, es ist überhaupt "kein Thema", natürlich gibt es den einen oder anderen überextrahierten und/oder auch alkoholischen Wein, aber nicht mehr oder weniger wie in jedem anderen Jahrgang auch, es ist definitv kein Attribut dieses Jahrgangs, im Gegenteil, wie schon geschrieben, es ist seine Frische und natürlich auch seine Balance, ganz genau so, wie man sich eben ein "Bordeaux" im optimalen Zustand eben vorstellt...
Weiter ging es mit einem ersten Eindruck auf der Verkostung des Circle Rive Droite, wo zum ersten Mal auch mächtiges Gedränge herrschte.
Tief beeindruckt war ich hier u.a. von Bon Pasteur, perfekter Holzeinsatz, sehr reif aber eben auch trotzdem Frische, hochkonzentriert (94-97P.), La Fleur de Gay, Hammernase, trotzdem sehr fein und subtil, ordentlicher Holzstempel, aber gut ins Ganze verpackt, vielleicht nicht ganz die Feinheit des erstgenannten, aber nicht viel weniger interessant (93-95P.) und Croix de Labrie unglaublich rund und in sich geschlossen, tolle Struktur und Länge, grosser Wein (95-98P.). Peby Faugeres geht in eine ähnliche Richtung, kommt aber noch mehr über die Kraft (Portnase), wirkt aber nie anstrengend oder übervinifziert, auch hier ist unglaublicherweise immer noch jede Menge Frische im Spiel...(94-97P.)
eider konnten wir nur einen kleinen Teil hier verkosten, denn um 15.00Uhr stand der Ch. d' Yquem Termin an, über 1 Std. Fahrzeit entfernt. Über den Wein hat Christian bereits alles geschrieben, hier gibt es für mich keinen Buchstaben anzufügen, dass hatte ich 1:1 genauso im Glas (97-100P.)
Nach einer kleinen Führung durch das Chateau, direkt wieder ins Auto, der Termin auf Haut Brion stand an, was wieder mit einer rund halbstündigen Autofahrt verbunden war, was wir "fast" püntlich um 16.30Uhr auch schafften. Schon die Zweitweine von La Mission und Haut Brion zeigten deutlich wo die Reise hingeht (mit deutlichen Vorteilen von Le Clarence de Haut Brion), die Erstweine sind ohne Frage gross. La Mission wirkt in dieser Phase "etwas eng", aber dahinter eine mächtige Struktur, sehr, sehr klassisch, wird richtig viel Zeit benötigen (95-98+P.), Haut Brion zeigt eine praktisch perfekte Struktur, Wogen von Fruchtschichten und Komplexität breiten sich im Mund aus, ein Pfauenrad bei dem es sich praktisch sekündlich neues entdecken lässt, alle Einzelelemente wirken perfekt aufeinander abgestimmt. (96-100P.)
Der La Mission Haut-Brion Blanc verhaltener als der Haut-Brion Blanc, aber mächtig viel Potential und Komplexität anzeigend, und vor allem deutlich hintergründiger, um nicht zu sagen "intellektueller" (96-100P.), Haut-Brion Blanc mag zwar im Moment deutlich mehr Spass machen (was u.a. am höheren Sauvignon Blanc liegen könnte), wird aber wohl nicht ganz die Raffiniertheit seines Nachbarn erreichen (95-98P.).
Und da das alles nicht genug war , gab es danach noch einen Abstecher auf Ch. Haut Bailly, welcher nicht erst in diesem Jahrgang, einen wahren "Terroirwein" darstellt, dies aber 09, einmal mehr bestätigt. Das könnte alles bis dato produzierte nochmals übertreffen (95-98P.)
Danach "im Tiefflug" zurück Richtung Margaux, kurz auf Marojallia eingecheckt und danach weiter auf Ch. Kirwan zum Abendessen, wo die ganze Gesellschaft auf uns "zwei Hansel" über eineinhalb Stunden mit dem Abendessen gewartet hatte, da wir so spät waren (peinlich, peinlich). Und trotzdem mussten/durften wir bei Ankunft ersteinmal Ch. Kirwan 2009 probieren, was mir ein weiteres Mal an diesem Tag fast die Ohren "wegblies". Ich hatte von diesem Chateau noch nie auch nur etwas so annähernd gutes im Glas (93-95P.).
Kurz vor Mitternacht waren wir schliesslich zurück auf Marojallia...
Dienstag 30.3.2010
Bereits in der Nacht zum Dienstag war ein mächtiger Sturm aufgezogen mit teilweise sintflutartigen Regenfällen.
Erste Station war Ch. Batailley, wo dieses Jahr die Sammelverkostung für die Gebiete Pauillac, St. Julien und St. Estephe stattfindet. Allerdings nur um kurz "einzuchecken", und 3 Kallibrierungsweine, um "überflüssiges aus dem Mundraum zu entfernen", u.a. ein sehr schöner Phelan Segur, der die tollen Weine der vergangenen Jahrgänge mehr als bestätigte (91-93P.).
Danach ging es auf Duhart Milon, wo dieses Jahr die Pauillacs von Lafite Rothschld präsentiert werden.
Carruades muss eigentlich gar nicht mehr länger ausgebaut werden, so offen und trinkfertig zeigte er sich. Deutlich merlotdominiert, sehr ausgeglichen und fast nicht trocknend (90-92P.).
Der quasi Gegenentwurf in Form des Duhart Milon. Deutlich kerniger, irgendwo auch "ehrlicher" und somit den Jahrgang perfekt wiedergebend. Tolle Balance, auch hier dieser "tänzelnde schwerelose Eindruck" im Mund, wird (wieder?) mehr zum Terroirwein (und das ist gut so) (93-95P.).
Die Nase von Lafite Rothschild mag in diesem Stadium mit der Haut Brions noch nicht mitzuhalten, was bei 82,5 % Cabernet Sauvignon in der Cuvee nicht weiter verwunderlich sein dürfte, zudem bedarf es deutlich mehr Phantasie den Wein "zu lesen", allerdings ist seine unbeschreiblich feine Gerbstoffstruktur ein deutliches Zeichen seiner grossen Klasse. Unglaublich nobel und aristokratisch, wenn es etwas zu mäkeln gibt, es fehlte mir der allerletzte Kick, der aber ohne Frage auch noch kommen kann...(96-99P.)
11.00 Uhr nächster Termin auf Mouton Rothschild.
Petit Mouton Deutliche Kaffee/Röstnase, weich und rund ähnlich Carruades, aber mehr an Mouton angelehnt, mit höherem Cabernetanteil, sehr balanciert. Gut gemacht! (91-93P.)
Armailhac Parfümierter, duftiger als Petit Mouton, tolle Balance und Feinheit, mittlerer Druck, tolle (!) Länge, auffällige Frische, sehr eindrucksvoll. Noch nie auf diesem Niveau im Glas gehabt (92-94P.)
Clerc Milon violett, etwas defensiver als Armailhac, feinste, kaschmirartige Gerbstoffe, wieder dieser "tänzelnde Moment" im Mund, sehr verspielt und zu keiner Zeit irgendwie anstrengend, ein Clerc Milon wie ich ihn noch nie auch nur annähernd probieren durfte und mir auch nie vorstellen konnte, dass dies so machbar ist. Ganz gross! (94-96 +?P.) Ergänzend muss ich allerdings noch hinzufügen, dass ich den Wein inzwischen noch aus 2 weiteren Muster- flaschen an 2 anderen Orten verkostet habe, die nicht annähernd auf dem Niveau waren, Interpretation offen, allerdings waren diese mit Sicherheit beide einige Tage vor meiner Verkostung gezogen, was eine Veränderung definitiv mit sich bringt.
Mouton Rothschild "Kerzengerade Nase", allerfeinste vorstellbarste Struktur anzeigend, keine Kaffee/Kokosorgie mehr, dass ist die ultimative spektakuläre "Unspektakulärtheit", welche man sich auch nur annähernd vorstellen kann, was für eine Kehrtwende von "ganz laut" auf "ganz leise", Eleganz meets Perfektion, wenn das nicht "komplett" wird, dann weiss ich es auch nicht (98-100P.)
Danach zurück auf Ch. Batailley, bevor es zu der eigentlichen Verkostung hier ging, waren die "anderen Weine" des Hauses an der Reihe, u.a. Ch. Baret (Pessac) welchen ich zuvor noch nie probiert hatte (89-91P.), Ch. Beau-Site (St. Estephe)sehr feine Nase, tolle Gebietsausdruck, zeigt einmal mal die Cabernetbrillianz dieses Jahrgangs (90-93P.), und natürlich auch Ch. Batailley, superfeine Balance, perfekter Cabernet (74%), sehr klassischer Pauillac, eine noch nie dagewesene Tanninstruktur bei diesem Etikett, macht einfach nur Spass (93-95P.) Natürlich gab es auch die auf der rechten Seite vertretenen Weine des Hauses, u.a. Ch. Trottevielle (St. Emilion), fast schwarz, unter 10 hl/ha Ertrag wegen eines Hagelschlages, unfassbarer Druck am Gaumen, 67% Cabernet Franc, Komplettadstringenz, aber fein,wow! (94-96P). Es ist allerdings noch nicht entschieden, ob die wenigen Flaschen überhaupt angeboten werden.
Ebenfalls probiert, einige vom Haus auch noch gehandelten Weine, u.a. Sociando Mallet. Ungewöhnlich ausgeglichen und balanciert, weniger burschikos und grob wie andere Jahrgänge, trotzdem seinen Namen und Herkunft nicht verleugnend, sehr gut (92-94P).
Dann war die grosse Sammelverkostung an der Reihe, welche gleich mit einem wirklichen Hammer begann.
Musste man Beychevelle in den vergangenen Jahrgängen nicht wirklich "auf dem Zettel" haben, ist in diesem Jahrgang vieles anders, was für eine tiefe Nase, federleicht wirkend und trotzdem hochkonzentriert (hört sich an wie ein Wiederspruch, ist aber ein Charakter und Wesenszug nicht weniger Weine dieses Jahrganges), wirklich geniale Cabernetexpression (92-95P.) Branaire Ducru dagegen wirkte etwas brav daneben, nicht diese Klarheit und Tiefe anzeigend (90-93P.), dagegen Gruaud Larose so gut wie seit 2000 nicht mehr. Sehr intensive Farbe, unglaublich aristokratische und noble Nase, auch hier diese Leichtigkeit und höchste Gerbstoffqualität, nahezu perfekter Cabernet (93-96 +?). Lagrange nicht mehr ganz so technisch wie frühere Jahrgänge, aber der Ausdruck ist lange nicht so klar wie bei den anderen Weinen (Umstellung des Gärvorgangs), ob und wie sich das entwickelt vermag ich nicht zu sagen (90-92P.). Auch ein zweites Mal probieren eines anderen Musters zeigte sich ähnlich. Eindrucksvoll auch Lango Barton, violett, extreme Frische, tolle Struktur und sehr klar definiert, guter abgestimmter Holzeinsatz (92-94P.) Dagegen war Leoville mit der schwächste Wein überhaupt in dieser Verkostung, hier passte noch überhaupt nichts zusammen, ob dies an einer späten Malo lag, war nicht rauszubekommen, eventuell war auch das Muster einfach nur schlecht, dass ist schwierig zu sagen, allerdings war auch eine andere Flasche bei einem Negociant probiert, nicht wirklich besser. Da bin ich gespannt, wie das Christian und Hartmut hatten (?P.)
Nicht wirklich weniger Holz (wie Barton) hatte Leoville Poyferre, doch hier passte "der Rest" einfach dazu. Fast schwarze Farbe, Rauchige druckvolle Nase, jahrgangstypische Frische, und jede Menge Fruchtintensität. Sehr, sehr gut (94-96 +?P.)
Saint Pierre ist komplett "zugeholzt", dass mag in diesem Jahr irgendwie mit der Zeit funktionieren, geht aber total an den Möglichkeiten und an der Wirklichkeit vorbei, wird man aus der Flasche nochmals anschauen müssen (P?).
Lynch Bages blies mich dann wieder richtig weg, fast schwarz, immenser Extrakt, dichte und sehr eindrucksvolle Struktur, ein Monster und trotzdem genügend Frische und Balance besitzend, hier hat man einen wirklich tollen Spagat geschafft (95-98P.)
Um 17.00Uhr ging es dann auf einen kurzen Abstecher zur "Biturica Verkostung" (Haut-Medoc), u.a. mit einem beeindruckendem, aber für meinen Geschmack zu sehr auf Merlot basierenden, und deshalb zu "breit" wirkenden d'Agassac (87-89P.), einem gelungenem und deutlich frischeren Paloumey (88-90P.), ebenfalls merlotlastig, aber deutlich differenzierter und die Vorzüge des Jahrganges deutlich herausgearbeiteter Mille Rose (89-91P.), im Holzeinsatz etwas kräftiger, aber insgesamt auf gleichem Niveau wie Mille Rose präsentierte sich Cambon la Pelouse (89-91P.), von allem noch etwas "mehr" (z.B. was die Farbe angeht, waren die anderen Weine schon schwarz, war er da mir die Worte dafür ausgingen "sehr schwarz"), und trotz allem zu einem entsprechenden Gleichgewicht findent Belle-Vue (89-91P.). Fans der Appellation Margaux sei ein wirklich sehr, sehr beeindruckender Mille Rose (Margaux) ans Herz gelegt, ein wirklich unglaublicher Wein fürs Geld und im Kontext zu all den bekannten Marken aus dieser Region (90-92P.). Für mich wurde diese kleine Probe überstahlt von einem, ich kann es wirklich nicht anders beschreiben, "grossen" Clos du Jaugueyron (Haut-Medoc). Das war eine eigene Liga und all denwirklich schon sehr guten Weinen. Schwarz, schon zu diesem Zeitpunkt tolle Komplexität zeigend, sehr frisch und differenziert, sehr fordernd, ganz klare Struktur und einer Cabernetexpression, die einem 3 oder 4. Gewächs sehr gut zu Gesicht stehen würde, perfeter Gerbstoffqualität, viel mehr Wein fürs Geld geht nicht, und wenn irgendjemand behauptet Bordeaux wäre teuer, trinkt er definitiv die falschen Weine... (91-93P.+?)
Mit einer mal wieder "granatenmässigen Verspätung", trafen wir gegen 18.30Uhr bei dem letzten Termin des Tages ein, einem Negociant in Bordeaux, wo es nochmals dutzende kleinerer Chateaus zum Probieren gab.
Hervorzuheben Clos Floridene Graves rot unter PLV vielleicht die Empfhelung überhaupt aus diesem Gebiet, modern aber trotzdem mit Gebietstypizität (90-91 +?P.), ebenso wie weiss, der qualitativ noch höher anzusetzen ist (91-93P.), sowie de Francs "Les Cerisiers" (Cotes de Francs) (89-91P.) und La Vieille Cure (Fronsac) (90-93P).
Für mich ein weiterer "grosser" Wein unter den sogenannten "Kleinen" war Clos Puy Arnaud (Castillon). Wenn man zum Vergleich die anderen "bekannten Etiketten" aus diesem Gebiet heranzieht (komme ich noch später dazu), kann man die Qualität in diesem Jahrgang gar nicht hoch genug bewerten. Für mich eine weitere perfekte Interpretation der Vorzüge des Jahrganges, sehr klare und "gerade" Nase, viel, viel Frische, da steht selbst zu diesem Zeitpunkt keinerlei Holz über, bzw. die Frucht absorbiert es komplett, feinste Gerbstoffstruktur, viel Druck und tolle Länge. Dieser "tänzelnde Gaumenauftritt" begeistert mich auch heute noch, wenn ich nur darüber nachdenke/"nachschmecke"... (91-93 P. +?)
Danach noch einmal eine Dreiviertelstunde Rückfahrt ins Hotel, Abendessen und Nachbersprechung des Tages und der Probeeindrücke, da wir uns abgesprochen hatten, während den Proben keine "Bewertungen" auszustauschen.
Mittwoch 31.3.2010
Der Starkregen hatte sich inzwischen verzogen, allerdings "schauerte" es immer noch hin und wieder, klarte dazwischen aber auch immer wieder auf, sodass man wenigstens hin und wieder die Sonne sah...
Wie immer um 7.30Uhr Frühstück, danach zu einem kurzen Stop zur Sammelverkostung auf Desmirail, wo ich aufgrund des Zeitdruckes und eines wichtigen Telefonats nur sehr wenig verkosten konnte, u.a. Giscours (91-93P.), einem unglaublich extrahierten und zugeholzten Lascombes (der aller Wahrscheinlichkeit sicherlich "zusammengehen" wird/könnte, aber am Jahrgang komplett vorbeigeht)(91-94?), sowie ein wiederum sehr gelungener und beeindruckender Malescot, wo man meines Erachtens deutlich sensibler und bewusster auf die Möglichkeiten einging und umsetzte (94-96 +?). Schliesslich noch der zweitbeste Wein des Gebietes, Rauzan Segla, für mich der beste Wein, den ich jemals von diesem Gut im Glas haben durfte und einer den man in diesem Jahrgang einfach kaufen muss, da kann man einfach nicht mehr viel besser machen...(95-98P.)
Um 10.00Uhr hatten wir Termin auf Ch. Margaux, im Gegensatz zum tamtam auf Mouton (da wurde man im Golfkarren 250mtr. vom Empfang zum Deguraum gekarrt), war hier wohltuendes Understatement angesagt. Man durfte die 100mtr. von Fasskellereingang bis zum Gärkeller zu Fuss zurücklegen.
Schon der Pavillon Rouge zeigte, wo die Latte dieses Jahr hier hängt, nämlich sehr hoch. Viel frischer und reifer Cabernet, tolle Balance und feine Gerbstoffe (92-94P.), ein Ch. Margaux wie er nobler und komplexer nicht vorstellbar ist, unbeschreibbare Tiefe (endlos), die 87% Cabernet Sauvignon drücken auch deutlich dessen Überlegenheit, sowie die Stilistik, aus. Ewige Länge! Hier benötigt man nicht wirklich Phantasie, wo das in Punkten ausgedrückt enden wird (98-100P.)
Pavillion Blanc ist in den letzten Jahren unglaublich teuer geworden, dass er inzwischen aber qualitativ in der Liga der allerbesten Weissweine der Welt locker mithalten kann, dürfte spätestens mit diesem Jahrgang ausser Frage stehen. Ein Ausbund an Feinheit und Finesse, sehr aristokratischer aber nachhaltiger Ausdruck. Ich persönlich kenne aus dieser Rebsorte nicht viel besseres...(96-98P.)
Nächster Termin war um 11.00Uhr auf Ch. Palmer. Perfekte Dramaturgie, dass dieser Termin direkt auf dem bei Ch. Margaux folgte, denn grösser hätte die Diskrepanz zwischen zwei Interpretationen des Jahrganges nicht sein können. Mit 52% Merlot (41CS und 7% Petit Verdot) stilistisch deutlich über die Kraft kommend, und das empfinde ich in diesem Jahrgang ganz klar als "den zweitbesten Weg". Warum man einen für Palmer eher "noch höheren" Merlotanteil wählte, wurde mit seiner "grossartigen Qualität" erklärt, ich werde allerdings den Eindruck nicht los, als ob man die letzten Jahre den Atem von Rauzan Segla im Kreuz gespürt hat, und versuchte sich so davon "abzusetzen"...(94-96P.) Dieses "direkte Rivalenprinzip", ist übrigens nicht nur hier im Margaux eine zu thematisierende Entwicklung. Auch Lynch Bages scheint nicht länger im Schatten von Pontet Canet stehen zu wollen, zumindest könnte man die offensichtliche stilistsche Änderung (und da ist sie für mich auch ohne Frage gelungen) in 09 so sehen. Oder anderes Beispiel St. Emilion, wenn man die riesige Baustelle auf Cheval Blanc mit 2 grossen Kränen so sieht, könnte man vielleicht denken, der Grund hierfür könnte u.a. auch Belair-Monange sein, der spätestens mit diesem Jahrgang zu den ganz grossen Terroirweinen aufsteigen dürfte, eine Entwicklung die man hier mit einer gewissen Sorge verfolgen dürfte.
Danach ging es wieder nach Süden, die grosse Pessac/Graves Verkostung auf Smith Haut Lafitte stand an, wo wir gegen 12.00Uhr eintrafen. Dort kreuzten sich dann auch endlich die Wege mit Christian/Hartmut und KaDeDe, leider war viel zuwenig Zeit sich auszutauschen. Neben dem schon beschriebenen Haut Bailly, war ohne Frage Pape Clement (95-98 +?P.) "der beste" hier zur Verkostung anstehende Wein, wobei für mich die Präferenz ganz klar bei ersterem liegt. Dom. Chevalier etwas dahinter, aber mit einer wirklich genialen Umsetzung der Möglichkeiten des Jahrganges, topfrisch, perfekter Holzeinsatz, ausgewogen und balanciert, da greift wirklich ein Rädchen ins andere. Ein Wein, den ich vielen anderen probierten und auch höher bewerteten vorziehe, denn das eine mag beeindrucken, aber dies hier bringt einfach nur Genuss und Spass ohne irgendwie gewollt oder anstrengend zu wirken...(93-95P.) U.a. auch noch probiert de Fieuzal (90-93P.),Haut Bergey (90-92P.), Malartic-Lagraviere (92-94P.), Smith Haut Lafitte (93-95P?).
Um 14.30Uhr hatten wir Termin auf Ch. Ducru Beaucaillou. Natürlich waren wir wie immer zu spät (auf Smith Haut Lafitte) weggekommen und inzwischen regnete es wie aus Kübeln und der Weg bis St. Julien ist weit... Der Rede kurzer Sinn, als wir um 15.00Uhr schliesslich auf dem Gut ankamen, meinte die Madame am Empfang: No! Ob das daran lag, dass Jancis Robinson gerade zu Ihrem Termin erschien, erzieht sich meiner Kenntnis, jedenfalls wurden wir mit einem Termin um 18.00Uhr "vertröstet", welchen wir dann aber aus zeitlichen Gründen nicht wahrnehmen konnten (Matthias hatte dann nach Ostern "Privataudienz" um den Wein zu probieren).
Wir "trösteten" uns bei einem nahegelegenen Negociant, um viele Weine nochmals nachzuprobieren, bzw. bis jetzt fehlende Weine zu ergänzen, u.a. Clos Floridene (Rouge) (90-91 +?P.), Dauzac (91-93P.), Gloria (90-93P.), Croix Mouton (89-91P.), Cantermerle (89-91P.), Citran (88-90P.), Grand Chenes (89-91P.), Poujeaux (89-91P +?P.), Brown (89-91P.), Chasse Spleen (89-92P.), Charmail (90-92P.), Haut Condissas (90-92P.), La Tour Carnet (90-93P.),...
Danach kurz auf Ch. Dauzac, wo die Süssweinsammelverkostung stattfand, und wir einen Negocianttermin hatten, danach "tankte" sich Matthias noch durch die Weine (ich setzte aus, da der Tag schon sehr anstrengend war und ich mir nicht den Gaumen "vollsüssen" wollte), bevor es nochmals zurück zum anderen Negociant ging, wo wir noch weiterprobierten (nur allein bei diesem Händler standen rund 150 Muster "zur Probe rum").
Matthias hatte Abendprogramm, ich Freizeit, was ich (endlich) bis kurz vor 24.00Uhr mit schreiben des "Tagebuches" nutzte...
Donnerstag 01.04.2010
Endlich wieder Sonnenschein, die letzten Regenwolken hatten sich endlich über Nacht verzogen und die frühlingshaften Temperaturen kehrten zurück.
Nach dem Frühstück und auschecken aus dem Hotel, ging es "in einem einstündigen Ritt" östlich Richtung St. Emilion, natürlich hatten wir einen ordentlichen Stau unterwegs, sodass die Zeit schon am ersten Termin des Tages knapp zu werden schien, und nach dem Erlebnis auf Ducru, hatten wir nicht noch einmal Lust, einen Termin "zu verpassen", denn es stand die Verkostung auf Cheval Blanc an, aber mit nur 6 Minuten Verspätung lief es noch glimpflich ab. Petit Cheval zeigte sich sehr fruchtintensiv, schöne Tiefe zeigend, sanft aufrauhend, aber alles sehr harmonisch abgstimmt. Nobel wirkend, nichts übertriebenes (91-93P.). Der Grand Vin zeigt zuerst deutlich mehr Merlot in der Nase, obwohl weniger drin ist wie beim 2. Wein, grossartige Tiefe, ein Aristokrat, am Gaumen dann deutliche Cabernet Franc Betonung, was das Ganze dann etwas "zurücknimmt", aber normal in diesem Stadium sein dürfte. Was fehlt ist "der letzte Kick", was aber auch durchaus noch kommen könnte (95-96 +?P.)
Danach kurzes Treffen mit einem Negociant und um 11.00Uhr Termin auf Ch. Teyssier. Wenn man die Statur von Jonathan Maltus und die Lage des Chateaus nimmt, könnte man meinen, man wisse wie sich die Weine zeigen würden, nämlich breit, überkonzentriert und auf "Krawall" vinifiziert, aber weit gefehlt, auch hier hat man verstanden den Jahrgang aufs Beste zu "lesen und interpretieren".
Trotz 85% Merlot (15 C.F.) und 25hl/ha in einer nicht eben bevorzugten Lage St. Emilions und sicher nicht gerade "traditionellen" Art der Weinbereitung, sehr frisch, sauberste und klarste Konturen, keinerlei Alkoholüberstand, hier hat jemand die Vorzüge des Jahrganges wirklich perfekt verstanden und umgesetzt. Wird in der Reife ein grosser Trinkspass (90-92P.)
Ich beschränke mich der Kürze wegen nur noch auf einen weiteren Wein (von den 7 weitern probierten): Ch. Vieux Ch. Mazerat, welcher mich wirklich nachdrücklich beeindruckt hat, während andere Weingüter dieser Region von Terroir sprechen, und in diesem Jahr Monster produziert haben, ist dies einer der wirklich raren Terroirweine dieses Jahrgangs (einige andere komme noch) aus St. Emilion. 65% Merlot 35% Cabernet Franc, 4 ha grosser Weinberg, Etwas undifferenzierte Nase, alles noch sehr unfertig und "weiter zurück" wirkend, "zurückhaltend" beschreibt es wohl am besten, aber sehr komplett wirkend und wunderbare Anlagen (auch hier wieder "Frische"!!) zeigend, wirkt in sich sehr geschlossen, sehr hohe Kalksteinmineralität, was dem Wein einen sehr hohen Spannungsbogen gibt und sicher nicht von jedem wirklich verstanden wird... (94-96P.)
Um 14.00Uhr stand die St. Emilion Sammelverkostung auf Beausejour Becot an, auf die ich wirklich sehr gespannt war, denn so langsam bildete sich für mich "mein Bild des Jahrganges" heraus, und hier hoffte ich ein weiteres Mosaik dafür zu finden.
Was auch in der Tat so war, denn Weine wie Beausejour Becot (90-93P.), der ohne Frage gut sind, aber in meinem Verständnis einfach den Jahrgang nicht optimal umgesetzt haben (wie gesagt, alles absolut subjektiv), da den Merlot "zu reif" gelesen, was deutlich auf Kosten der Frische ging, und somit "monolithische Monster" in der Flasche haben. Das dies hier und dort für eine hohe Bewertung reicht, ist abzusehen, mir erschliesst sich aber nicht wirklich der Sinn dieses Handelns, da die schiere Konzentration der Weine kein Problem mehr unserer Zeit ist, da (fast) "normal" und ich deshalb einen Schwerpunkt der Bewertung auf diesen Faktor zu legen für mehr und mehr als Nonsens ansehe. Balance, Ausgewogenheit und insbesondere Typizität sind in meinen Augen inzwischen deutlich wichtiger und somit für mich auch entsprechend höher zu bewerten.
Ebenso in dieser Gruppe sah ich hier Canon-la-Gaffeliere (90-92P.). Troplong Mondot zählt ganz sicher auch dazu, bei Farbe steht auf meinem Zettel: schwarz-schwarz! Ich glaube so etwas habe ich noch nicht gesehen. Es ist ein grenzwertiger Wein in wirklich jeder Beziehung, aber ich hatte hier keinerlei Anzeichen von irgendwo "hervorschauendem Alkohol", im Gegenteil, ich empfand ihn sogar "in gewisser Weise" als frisch. Kaufen würde ich ihn mir sicher nicht, aber probiert muss man es eigentlich mindestens einmal haben und wenn es zum weiter oben geschriebenen auch nicht stringent erscheint, hier musste ich "in die Vollen" greifen, denn beeindruckt war ich ohne Frage schon (96-100P.).
Zu den ganz grossen Weinen in diesem Gebiet zählt fraglos Figeac (95-98+P.), Clos Fourtet ist erneut wieder sehr gut gelungen (92-95P.), noch einen Tacken besser wohl La Dominique, welcher auf der Grand Cru Classe am ersten Tag total enttäuschte, zeigte bei dem hier verkosteten Muster ein noch nie auch nur ansatzweise erreichtes Niveau (93-96P.), erneut ein Topmuster von Larcis Ducasse, soviel Burgunder steckt in keinem andern von mir probierten Wein (95-98P.) und ist eine wirkliche "wohltat" zwischen all den "lauten Weinen" aus St. Emilion, wird aber offensichtlich auch nicht immer "richtig" verstanden. Hin und hergerissen schliesslich fühlte ich mich von Pavie Macquin, waren da zuerst portige Noten in der Nase und eine fast schon eine als "schmerzende Konzentration" empfundener Druck, zeigten sich aber auch eine feine Struktur und gute Frische. Auch hier dürfte es Punkte "regnen", ob das je zusammengeht weiss ich nicht, imposant war es aber auch hier... (93-96P.?)
Kurz nach 15.00Uhr waren wir auf Ch. Gazin zur Pomerolsammelverkostung. Auch hier kam ein weiteres "Mosaik" hinzu, denn es wurde "klarer und klarer", wie der "erfolgreichere Umgang" mit Merlot aussehen hätte können, wenn man nicht zu spät sprich nicht voll/überreif gelesen hat, denn überall, und da zählt die grösste Mehrheit der verkosteten Wein aus diesem kleinen Gebiet dazu, selbst wenn man sie noch so mit Holz "zugekleistert" hat, was ebenfalls ein leidiges, aber anderes Thema ist, war Frische und vor allem Typizität im Glas. Beauregard (90-93P.), Clinet (unglaubliche klare Konturen) (94-96P.), Gazin frisch!! (95-97P.) und schliesslich der für mich beste Wein dieser Runde La Conseillante (deutlich reduktiv, aber was für eine traumhafte Balance anzeigend) (95-98P.)
Was nun auf Ch. La Gay folgte war bzw. ist mit Worten eigentlich "nicht wirklich zu fassen" und ganz ohne Frage einer der absoluten Höhepunkte dieser Verkostungswoche. Da standen mit 09 Le Gay und La Violette sowie 08 La Violette drei Weine nebeneinander, wie sie viel spektakulärer und besser eigentlich nicht besser sind. 09 La Violette "Schwereloser Wein", leise, fast "zärtlich" den Gaumen "streichelnd", "der Pfotentritt einer Katze", vielleicht könnte man es auch "unspektakulär spektakulär" nennen, ein Laserstrahl an Fokussiertheit und Struktur, "erfrischend frisch", vielleicht der "Pendant" zu Lafite auf dieser Seite in diesem Jahr (96-100P.) 08 La Violette Unfassbare Nase! Eine Explosion im Riechorgan! Etwas "breiter" wie 09, aber ähnlich abgrundartige Tiefe, Druck und Länge perfekt dosiert und ausgewogen, nichts übertriebenes, aber von allem genug, ein "Tanz auf dem Hochseil", megaelegant, (97-99P.) 09 Le Gay Deutlich würziger als La Violette, dunkle konzentrierteste Frucht, unglaublich pur und geradeaus, atemberaubende Unaufgeregtheit. (96-99P.)
Das sind Momente die eine gewisse Magie innehaben. Eine "Verflüssigung des Glücks"...
Es folgte ein Besuch auf Vieux Chateau Certan, hinter dem mit Alexandre Thienpoint einer der "geerdesten Persönlichkeiten" auf dieser Reise steht, und wo ich nach dieser Begegnung auch ein ganzes Stück mehr das Gefühl habe, seine Weine besser zu verstehen.
Der Jahrgang 09 ist auch hier ganz ohne Frage ein ganz grosser Wurf, trotz des "höheren" Merlotanteils (88%), oder vielleicht gerade deswegen? Das Geheimnis dürfte, wie schon irgendwann vorher geschrieben, einzig und allein der Erntezeitpunkt gewesen sein. Tiefste Würznase, Topeleganz, das ist sie schon wieder, die "tänzelnde Katze", unglaubliche Strukur und Harmonie, ultrafein und laaaang. (97-99 +?P.)
Danach auf Clos l' Eglise die Garcin Cathiard Weine probiert. Am besten giefiel mir hier Branon, tolle Balance und feinste Tanninqualität, aber für die Herkunft etwas zu brachial (94-97). U.a. auch noch Haut Bergey (90-92P.) und Barde Haut (91-93P.)Bei Clos l'Eglise finden sich bei Beschreibung des Weines nur drei Buchstaben: "puh". Das war definitiv das Maximalste, was man aus diesem Jahrgang "herausholen" konnte, aber ganz sicher nicht "my cup of tea"... Toll gelungen in 08 auch noch Branon (93-95P.)
Auf L'Evangile gab es dann eine eher "moderne" Merlotinterpretation zu probieren, alles sehr harmonisch, aber irgendwie auch "stinklangweilig" (auf höchstem Niveau versteht sich), weil praktische jegliche PomerolTypizität vermissen lassend, dass könnte ohne Probleme genausogut aus der Toskana kommen. (93-95P.)
Danach noch einen kurzen Abstecher, um Clos Louie, die 2800 Flaschen sind bereits auf dem Markt und ab Platz Bordeaux auch komplett ausverkauft, zu probieren. Fast schwarz, dickes Fruchtkonzentrat, aber auch gut ausgewogen und genügend Frische mitbringend, sehr gute Gerbstoffstruktur. (92-94+P.).
Der Abschluss des Tages war für uns die "la Grappe" Verkostung. Diese Veranstaltung hatte schon fast einen Hauch "Anarchismus", zumindest wenn man so die vergangenen Stunden und Tage Revue passieren lässt. Kleines Zelt, sehr voll, laut, eng, in der Regel stehen die Winzer selbst hinterm Tisch, fehlte eigentlich nur die Live Hardrockband... Notiert habe ich nur noch Beausejour Duffau, welchen ich sonst nirgendwo anders entdeckt hatte, welcher mir deutlich besser wie Becot gefiel, trotz seiner eher modernen "Prägung", aber eben auch genügend Frische besitzend (92-95P.) Ansonsten beschränkte ich mich auf das Probieren von Weinen, die ich bereits schon vorher im Glas hatte...
Karfreitag 02.04.2010
Erster Termin war um 9.00 Uhr in Libourne bei Moueix.
Nach La Serre (90-92P.) und Magdelaine (90-94P.) gleich der erste "Hammer des Tages", wobei sich ganz offensichtlich auch hier mal wieder "die Geister scheiden", da im Moment sehr viel auf "Potentialbewertung" beruht, da sich Belair-Monange extrem reduktiv zeigte. Was da aber alles "in der Tiefe ruht" ist meines Erachtens "riesengross" und ein Terroirklassiker par excellence, der rote Pendant zu Kellers "Abtserde"! Kalksteinlutschen kann so viel Spass machen... (96-100P.)
Für Moueixs Pomerols gilt: ausnahmslos gelungen! Logisch gefallen mir die eher "traditionellen" Weine besser, aber es ist kein einziger wirkicher "Ausfall" unter dem gesamten Sortiment.
Plince (90-93P.), Lafleur-Gazin (91-93P.), La Grave (91-94P.), Bourgneuf toller Wert! (92-94P.), Marzelle (91-93P.), Latour a Pomerol (92-94P.), La Fleur Petrus (92-94 +?P.), Providence (93-95P.?), Hosanna (94-96P.), Certan de May (94-96+P.), Trotanoy (96-99P.).
Danach zurück nach Pomerol, wo es Petrus erstmalig auf dem "Weingut" zu verkosten gab. Wir wurden u.a. von Oliver Berrouet empfangen, der Anfangdreissiger hat von seinem Vater den Kellermeister Job übernommen (davor war er auf Cheval Blanc), der mit seiner Natürlichkeit ein ebenso nachdrückliche Persönlichkeit darstellt wie Alexandre Thienpoint (wenn ich an so manche Person der eben vergangenen Tage denke, die entweder einen Besenstiel verschluckt, bzw. an "sonstiger exponierten Stelle" auf Ihrer Rückseite beinhaltet hatten (im schlimmsten Falle sogar sowohl als auch, waren diese Begegnungen eine wohltat und ein unvergesslicher Eindruck). Ungefähr so "unaufgeregt" wie Oliver Berrouet präsentierte sich auch Petrus. Nein es waren nicht die "äusseren Umstände" die mich "blendeten". Hier fand ich "die Interpretation des Jahrgangs 2009" im Glas und nichts weniger als "den besten Wein" dieser gesamten Verkostungswoche. Über den Umweg "Fussball" kamen wir dann zur Verkostung des 09 Petrus. Fast schwarz, ungeheuer subtile Nase, kommt ausschliesslich über die Eleganz und Finesse, der Motor (Kraft) ist praktisch "nicht zu hören", wobei es töricht wäre zu denken, sie wäre in zu geringem Masse vorhanden, ultrafeine Tanninstruktur, dieser Wein "tickt" perfektionistisch wie ein Schweizer Uhrwerk, nahezu kein aufrauhen am Gaumen, viel, viel Frische, herausragende Länge. (100P.) Als ich probiert und das leere Glas abgestellt hatte, um meine Notizen aufzuschreiben, schenkte mir unser Gastgeber mit einem Augenzwinkern nochmals nach, wahrscheinlich wusste er, dass mir der Wein wohl nie wieder begegnen wird, "beide" aber einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen hatten...
Als nächstes stand ein Besuch auf Ch. Pavie an, was den "persönlichen Eindruck" angeht, hätte der Unterschied nicht wirklich viel krasser sein können...
Die Weine selbst sind aber ohne Frage sehr gut interpretiert, ob man sie wirklich braucht oder mag sicher eine andere.
Clos les Lunelles (90-93P.), Ch. Lusseau (91-93P.), Ch. Monbousquet (92-94P., Pavie Decesse (94-98P.), Bellevue Mondotte (96-99P.), Pavie (96-100P.).
Bei Monbousquet Blanc möchte ich Christian widersprechen, so einig wie wir uns bei vielen Bewertungen sind, hier sehe ich die Sache etwas anders. Nein, der Wein ist beileibe nicht schlecht, nur genau diese Stilistik kann Neuseeland einfach um ein vielfaches besser und vor allem ein vielfaches günstiger. Dieser Wein riecht und schmeckt wie eine Kopie des Sauvignon Blancs von Tim Knappstein/Lenswood. Ich habe keine Ahnung, ob es das Weingut noch gibt, bzw. noch auf dem deutschen Markt gibt, aber wer wissen will, wie Monbousquet Blanc schmeckt, muss nur einfach diesen Wein probieren...
Auf Ch. Angelus u.a. einen absolut gelungenen Clos la Madeleine probiert, wo ohne Frage das grossartige Terroir ein Schlüssel, wie das in 09 fast überall zu beobachten war, zum Erfolg war (91-94P.), Einen für meinen Geschmack etwas zu überextrahierten Bellevue (91-93P.?), und einen grenzvinifizierten Angelus (das mag durchaus "rundwerden", meine "Phantasie" hat da aber gewisse Grenzen, sodass da ein nachprobieren durchaus Sinn macht) (93-95P.?).
Es stand noch ein letzter Negocianttermin auf dem Programm, mit nochmal unzähligen Mustern, u.a. Ch. d' Aiguilhe (für den "der es etwas kräftiger und heftiger" braucht) (89-91P.), Clos Marsalette (90-92P.), Clos Manou (90-93P.), Lilian Ladouys (an sich ein schöner Wein, hat "Dank" seiner modernsten Vinifikation mit einem St. Estephe "leider" relativ wenig/ also gar nichts zu tun) (90-91P.), Pedesclaux (auch hier die moderne Interpretation, aber doch noch als Pauillac erkennbar, vor allem was "nasentechnisch" kommt ist sehr vielversprechend, schöne frische, klare Frucht, aber bis auf das Niveau z. B. eines Batailley ist es noch ein langer Weg... (90-92P.)
Danach einen Abstecher auf Clos Fourtet, um mit Tony Balu (Kellermeister) seinen eigenen Wein Pierre de Lune zu probieren, was wiederum bestätigte, dass man auch in St. Emilion grosse auf Merlot basierende Weine in 09 produzieren konnte. Eventuell kommt noch ein Anteil Cabernet Sauvignon dazu, was den Wein noch komplexer machen dürfte... (93-95P.).
Und nach einem noch kurzen Abstecher auf Ch. Rochebelle war es Zeit die Heimreise anzutreten. Es waren sehr eindrucksvolle Stunden und Tage, mit einem für mich ganz, ganz grossen Jahrgang, den ich wie schon an anderer Stelle geschrieben, aufgrund seiner Balance über 2005 sehe. Mit den "hohen Alkoholwerten" wird man sich aufgrund der Klimaerwärmung zwangsläufig "anfreunden" müssen, wenn er aber so "eingebaut" ist, wie in diesem Jahrgang, was wohl eher eine Ausnahme wie die Regel sein könnte, entstehen hier nach wie vor Weine, die einzigartig sind...
Natürlich ist in 09 pauschal der Alkohol höher, Überextraktion ist in der Hauptsache ein Problem in St. Emilion, von den Weinen mit "grossen Terroir" abgesehen. Ich denke das Glück waren die hohen Schwankungen zwischen Tag und Nachttemperatur, was eine tolle Frische und ungewöhnliche Komplexität mit sich brachte. Hartmut hat 09 mit 82 verglichen, was ich mit meinen nicht so riesigen Erfahrungen in der Breite absolut nachvollziehen kann. Was es für mich persönlich trifft, da mehr Trinkerfahrung, ist eine Kreuzung von 89 und eben 00...
Grüsse weinfex
weinfex
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Do 25. Nov 2010, 15:32
Begonnen wurde mit einem 95er Dom Perignon, welcher völlig zu Unrecht im Schatten des Folgejahrganges steht. Sicher, er mag sich schneller entwickeln, auch in Sachen Konzentration nicht ganz mitkommen, dafür hat er in Sachen Eleganz und Trinkigkeit ganz klar die Nase vorn.
Zum gerächerten Lachs, Zander und Forelle dann 1988 Y(grec). Kongeniale Paarung, mit einer göttlichen Nase an dem ich den ganzen Abend nur hätte riechen können und wäre zufrieden gewesen. Es ist für mich unglaublich, wie sich Süss -und Trockenwein ähneln, und kann überhaupt nicht nachvollziehen, warum er deutlich im Schatten ersteren steht.
2009 Pettenthal von Kühling-Gillot ist eines der Highlights der Grossen Gewächse in diesem Jahrgang. Am Vorabend 3 mal doppelt dekantiert, zeigte er sich dann sehr dicht und kraftvoll, beinahe so, als ob er keine Säure hätte, was mit einer frisch geöffneten Flasche allerdings relativiert wurde. Er kam logischerweise mit dem Räucherisch nicht so optimal zurecht, zeigte aber trotzdem seine grosse Klasse.
Die Rotweinflights wurden mit 1991 Richebourg Mongeard Mugneret und 1990 Cannubi Barolo Scavino eröffnet. Ersterer sehr klassisch, ausbauend mit der Luft, die zu Beginn etwas spitze Säure minütlich besser integrierend (94P.), Zweiterer fast schon überreif, ordentlich Liebstöckel und Malz., ob diese Flasche nur ein Ausrutscher war, oder den Stand der Dinge repräsentiert entzieht sich allerdings meiner Kenntnis (?P.).
Weiter ging es mit dem 1985 Chambolle Musigny von Moine Hudelot, reif aber noch in erstaunlich guter Verfassung, wunderbarer Trunk (90P.) und einem mir bis dato komplett unbekannten Piemonteser Weingut namens Feyles mit einer Barolo Riserva aus dem nicht wirklich spannenden Jahrgang 1991. Was da aber im Glas stand war wirklich bemerkenswert. Aristokratische Nase, sehr kompakt und harmonisch, etwas Teer und Veilchen, damit muss man sich mal näher beschäftigen... (92P.).
Durchaus nachvollziehen kann ich wenn man den extrem jungen, "extrem holzgeschwängerten", sattmachenden und in seiner Konzentration erschlagenden 1991 Opus One (91P.) vor den 1991 Hermitage von Jaboulet-Aine gesehen hat. Das dem bei mir nicht so war, lag in erster Linie daran, dass er nicht wirklich weniger Kraft hat, sondern auch noch die dazu passende Eleganz. In der Nase "frisches blutiges Fleisch" wie aus dem Lehrbuch, dazu eine tolle stützende Säure, unglaubliche Länge, wirklich sehr beeindruckend...(94P.)
Der Königsflight dann mit einem 1990 Bilderbuch Clos de Beze von Rousseau, welcher noch lange auf einem fast perfekten Niveau Spass machen dürfte (97P.), wenn man noch eine Flasche davon hat, einzigstes Manko für ihn war lediglich der Wein im Nachbarglas. Er zeigte seine einzig wirklich "kleine Schwäche" auf, die etwas fehlenden Konturen... Einmal mehr eine Bank, Bruno Giacosa. Der Asili Barbaresco 1990 flirtet mit der Perfektion und es dürfte eigentlich nur eine Frage der Zeit sein... Perfekt balancierte Nase, eine grandiose Struktur und eine Gigalänge. Ein Traumwein (99P+.).
Für mich auf den Punkt gereift 1989 Romanee St. Vivant von Hudelot Noellat, hier sitzt alles an seinem Platz, sicher nichts für Krafttrinker, aber in punkto "Schönheit", sofern man einen Wein so beschreiben kann/darf, für mich der Wein des Abends (97P.). 1990 Barolo von Bartolo Mascarello zeigte ausser Potential maximal noch seine "kalte Schulter". Hier dürften voraussichtlich 10 weitere Jahre auf der Flasche nicht wirklich viel passieren, vielleicht mal in 15-20 Jahren wieder versuchen...
1985 Beaucastel zeigt feine Reifenoten und sollte, zumindest wenn man vom Zustand dieser Flasche ausgeht, getrunken werden. Überzeugt ganz sicher nicht durch Kraft, sondern durch eine fast burgundische Art, die sehr viel Spass und vor allem nie satt macht...
So genial ich den 89 RSV empfand, der 1990 Clos Vougeot von Hudelot Noellat stand komplett "neben seine Schuhen". Metallisch und komponentig passte irgendwie bei dieser Flasche so gar nichts zusammen. Deutlich besser zeigte sich der 1991 Vosne Romanee Les Malconsorts aus gleichem Hause, dieser Minicru überzeugte selbst in so einem Jahr wie 1991 auf ganzer Linie, immer noch schöne Frische, mittlere Tiefe und Länge, toller gereifter Burgunder.
Zum roten Abschluss schliesslich noch eine unglaublich junge Flasche 1989 Beaucastel. Ätherische Frische, soviel, dass sie fast den "strapazierten" Gaumen kühlt, in diesem Wein wohnt der Hammer, es ist alles da, in genügender Menge und ausreichendem Maße und nur eine Frage der Zeit/Reife bis er zuschlägt, selten hat Potentialtrinken soviel Spass gemacht...(97+P.)
Vielen Dank "an die richtige Stelle" und an die gewohnt tolle Runde...
Grüsse weinfex
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