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...im Rutz-Zollhaus. Durch den Abend führte sympathisch und eloquent Marie-Luise Raumland.
Als Apéro gab's Rutz Rebell Sekt 2013 Pinot Blanc Brut Nature. Entgegen meinem Cliché von Sonderabfüllungen, handelt es sich um eine ziemlich hochwertigen Vertreter. Trocken ohne Askese. Autolysearomen erkennbar, aber dezent; der frisch-knackige Charakter überwiegt. Leichte "kreidige" Adstringenz.
Die Vorspeise begleitete 2016 Riesling Brut aus der Magnum. 55 Monate Hefelager, 6 g/l Dosage, 7,2 g/l Säure, zu rund 30% im Holz ausgebaut. Ich habe meine Vorbehalte bei Rieslingsekt; bisher hat mich noch keiner überzeugt - bis zu diesem. Das könnte daran liegen, daß er "burgundisch gemacht" wird und die Rebsorte in den Hintergrund tritt, oder auch an dem langen Hefestand, der sich hier in ziemlich deutlichen Brioche- und Nußaromen manifestiert. Ich mag ja meine Sekte auch, wenn sie nicht antihedonistisch knalltrocken sind. Gefällt mir! Die Kombination mit dem Tatar von der Gartenkarotte & Schafsyoghurt, Berliner Miso Emulsion und Brandenburger Eisenkraut war ok.
Als nächstes gab's 2018 Cuvée Marie-Luise Brut aus 100% Pinot Noir, 44 Monate Hefelager, dosiert mit 5 g/l, 7,7 g/l Säure, Ausbau komplett im Stahl. Im Gegensatz zum fast goldgelben Riesling, ist dieser Wein geradezu verblüffend blaß, was ich zum Anlaß für ein kleines Gespräch mit Marie-Luise nehmen durfte: Auf Nachfrage bestätigte sie meinen Verdacht, daß aufgrund der Witterung besonders früh ("aber nicht zu früh!" ) gelesen wurde, um die Frische zu bewahren. Auch die Aromatik ist gerade für einen Pinot Noir ausgesprochen zurückhaltend, wenn auch nicht ausgeprägt grün. Strukturell ist der Wein aber schön, wozu die Dosage beitragen dürfte, ohne daß sie auffällig würde: Wenn mir jemand den Wein als etwas stoffigeren Extra Brut "verkaufen" würde, würde ich auch nicht meckern. Sehr interessant die aromatische Entwicklung: Die dezente (vorwiegend zartrote) Frucht wich im Zusammenspiel mit dem Zwischengang - Schaum von der Molke & geriebener Kohlrabi, körniger Frischkäse, Croutons, Korianderöl - einem kräuterwürzigen Eindruck. Das läßt den Wein nicht schlechter dastehen, nur anders. Der letzte Schluck nach dem Essen geht dann wieder deutlich in Richtung Ersteindruck; es war also die Kombination.
Zum Heilbutt & Ochsenherztomate mit weißen Bohnen, Wacholder und Sauerkraut-Beurre-Blanc wurde 2015 Rosé Réserve Brut aus der Magnum gereicht. 73% Pinot Noir, 27% Pinot Meunier, 5 g/l Dosage, 7,5 g/l Säure, über 90 Monate Hefelager, wie der Riesling zu rund 30% im Holz ausgebaut. Ziemlich blasses Rosa, und adäquat zart die Aromen von Wald- und roten Johannisbeeren. Holt mich nicht ganz ab; der Muschelkalkcharakter scheint ihm etwas den Roséçharme zu nehmen. Für mich der beste Gang des Menüs, machte seine prononcierte Säure es dem Wein nicht leicht: Zwar zerschellte er nicht direkt, verblaßte aber zusätzlich. Schwierig.
Zum sogenannten Hauptgang gab es XIV. Triuimvirat Grande Cuvée aus Pinot Noir, Chardonnay und Pinot Meunier, 4,0 g/l Dosage, 8,2 g/l Säure, 100 Monate Hefelager und wieder rund 30% Holzausbau. Deutlich der komplexeste Wein des Abends, allerdings nicht durch ausgeprägte Frucht. Für das sehr lange Hefelager dennoch moderate Autolysearomen. Wirkt deutlich trockener als die meisten Weine des Abends mit Ausnahme des Rebells, aber stoffiger und tiefer als dieser. Wirkt ein wenig unruhig und disjunkt. Leider vom Essen - Rumpsteak von der Holsteiner Färse & wilder Brokkoli, Röstzwiebel, Lauch, Leinsaatchip - überfordert, weil der Jus stark reduziert und entsprechend salzig war und auch das Fleur de Sel auf dem Fleisch für unseren Geschmack (zu) reichlich eingesetzt wurde. Da ich ihn selber im Keller habe, werde ich ihn in nicht allzuferner Zukunft in aromatisch freundlicherer Umgebung nachprobieren.
Den Abschluß bildete Raumlands Antwort auf die Frage: "Wie ein ganzes(!) Menü mit meist süßem Dessert komplett mit eigenen Weinen begleiten?": der 2021 Ancestrale Fleur Demi Sec aus 100% Scheurebe, mit 44 g/l Restsüße, 8,9 g/l Säure und 8,5% Alkohol, ausgebaut im Stahl. Auch hier fand ich wieder, daß der Wein erheblich weniger süß wirkte, als das Analysedatum vermuten lassen könnte. Ich bin alles andere als ein Scheurebeexperte, aber der Rebsortencharakter kommt gut zur Geltung, fand ich. Meine Aufmerksamkeit hatte hier schon nachgelassen, so daß ich leider nicht wirklich Verkostungseindrücke beisteuern kann. Aber der diffuse Gesamteindruck war hinreichend positiv, daß ich den bei Gelegenheit gerne nocheinmal probiere. Das Dessert von Paprikaparfait und Waldmeister, grünem Apfel, Schokolade und Haselnuß war vergleichsweise wenig süß und machte es dem Wein relativ leicht, zu bestehen.
Das war ein schöner Querschnitt durch's Sortiment und eine spannende Gelegenheit auzuprobieren, wie die Weine sich im Zusammenspiel mit Speisen präsentieren. Die Perlage war bei allen Weinen durch die Bank sehr fein, die Süße stets nur stützend und für mich nie auffällig. Überraschenderweise war für mich der Riesling Wein des Abends, wenngleich das Triumvirat mit ein wenig Zeit das Zepter übernehmen dürfte. Die reinen de Noirs haben für mich nicht so gut funktioniert; ich frage mich, ob der Muschelkalk hieran einen Anteil haben könnte? Oder war es doch eher die Kombination mit dem Essen? Jedenfalls wird noch die eine oder andere Flasche in meinen Keller wandern, auch von den hier nicht vorgestellten, um das Bild zu komplettieren, aber wohl hauptsächlich Blancs de Blancs...
Als Apéro gab's Rutz Rebell Sekt 2013 Pinot Blanc Brut Nature. Entgegen meinem Cliché von Sonderabfüllungen, handelt es sich um eine ziemlich hochwertigen Vertreter. Trocken ohne Askese. Autolysearomen erkennbar, aber dezent; der frisch-knackige Charakter überwiegt. Leichte "kreidige" Adstringenz.
Die Vorspeise begleitete 2016 Riesling Brut aus der Magnum. 55 Monate Hefelager, 6 g/l Dosage, 7,2 g/l Säure, zu rund 30% im Holz ausgebaut. Ich habe meine Vorbehalte bei Rieslingsekt; bisher hat mich noch keiner überzeugt - bis zu diesem. Das könnte daran liegen, daß er "burgundisch gemacht" wird und die Rebsorte in den Hintergrund tritt, oder auch an dem langen Hefestand, der sich hier in ziemlich deutlichen Brioche- und Nußaromen manifestiert. Ich mag ja meine Sekte auch, wenn sie nicht antihedonistisch knalltrocken sind. Gefällt mir! Die Kombination mit dem Tatar von der Gartenkarotte & Schafsyoghurt, Berliner Miso Emulsion und Brandenburger Eisenkraut war ok.
Als nächstes gab's 2018 Cuvée Marie-Luise Brut aus 100% Pinot Noir, 44 Monate Hefelager, dosiert mit 5 g/l, 7,7 g/l Säure, Ausbau komplett im Stahl. Im Gegensatz zum fast goldgelben Riesling, ist dieser Wein geradezu verblüffend blaß, was ich zum Anlaß für ein kleines Gespräch mit Marie-Luise nehmen durfte: Auf Nachfrage bestätigte sie meinen Verdacht, daß aufgrund der Witterung besonders früh ("aber nicht zu früh!" ) gelesen wurde, um die Frische zu bewahren. Auch die Aromatik ist gerade für einen Pinot Noir ausgesprochen zurückhaltend, wenn auch nicht ausgeprägt grün. Strukturell ist der Wein aber schön, wozu die Dosage beitragen dürfte, ohne daß sie auffällig würde: Wenn mir jemand den Wein als etwas stoffigeren Extra Brut "verkaufen" würde, würde ich auch nicht meckern. Sehr interessant die aromatische Entwicklung: Die dezente (vorwiegend zartrote) Frucht wich im Zusammenspiel mit dem Zwischengang - Schaum von der Molke & geriebener Kohlrabi, körniger Frischkäse, Croutons, Korianderöl - einem kräuterwürzigen Eindruck. Das läßt den Wein nicht schlechter dastehen, nur anders. Der letzte Schluck nach dem Essen geht dann wieder deutlich in Richtung Ersteindruck; es war also die Kombination.
Zum Heilbutt & Ochsenherztomate mit weißen Bohnen, Wacholder und Sauerkraut-Beurre-Blanc wurde 2015 Rosé Réserve Brut aus der Magnum gereicht. 73% Pinot Noir, 27% Pinot Meunier, 5 g/l Dosage, 7,5 g/l Säure, über 90 Monate Hefelager, wie der Riesling zu rund 30% im Holz ausgebaut. Ziemlich blasses Rosa, und adäquat zart die Aromen von Wald- und roten Johannisbeeren. Holt mich nicht ganz ab; der Muschelkalkcharakter scheint ihm etwas den Roséçharme zu nehmen. Für mich der beste Gang des Menüs, machte seine prononcierte Säure es dem Wein nicht leicht: Zwar zerschellte er nicht direkt, verblaßte aber zusätzlich. Schwierig.
Zum sogenannten Hauptgang gab es XIV. Triuimvirat Grande Cuvée aus Pinot Noir, Chardonnay und Pinot Meunier, 4,0 g/l Dosage, 8,2 g/l Säure, 100 Monate Hefelager und wieder rund 30% Holzausbau. Deutlich der komplexeste Wein des Abends, allerdings nicht durch ausgeprägte Frucht. Für das sehr lange Hefelager dennoch moderate Autolysearomen. Wirkt deutlich trockener als die meisten Weine des Abends mit Ausnahme des Rebells, aber stoffiger und tiefer als dieser. Wirkt ein wenig unruhig und disjunkt. Leider vom Essen - Rumpsteak von der Holsteiner Färse & wilder Brokkoli, Röstzwiebel, Lauch, Leinsaatchip - überfordert, weil der Jus stark reduziert und entsprechend salzig war und auch das Fleur de Sel auf dem Fleisch für unseren Geschmack (zu) reichlich eingesetzt wurde. Da ich ihn selber im Keller habe, werde ich ihn in nicht allzuferner Zukunft in aromatisch freundlicherer Umgebung nachprobieren.
Den Abschluß bildete Raumlands Antwort auf die Frage: "Wie ein ganzes(!) Menü mit meist süßem Dessert komplett mit eigenen Weinen begleiten?": der 2021 Ancestrale Fleur Demi Sec aus 100% Scheurebe, mit 44 g/l Restsüße, 8,9 g/l Säure und 8,5% Alkohol, ausgebaut im Stahl. Auch hier fand ich wieder, daß der Wein erheblich weniger süß wirkte, als das Analysedatum vermuten lassen könnte. Ich bin alles andere als ein Scheurebeexperte, aber der Rebsortencharakter kommt gut zur Geltung, fand ich. Meine Aufmerksamkeit hatte hier schon nachgelassen, so daß ich leider nicht wirklich Verkostungseindrücke beisteuern kann. Aber der diffuse Gesamteindruck war hinreichend positiv, daß ich den bei Gelegenheit gerne nocheinmal probiere. Das Dessert von Paprikaparfait und Waldmeister, grünem Apfel, Schokolade und Haselnuß war vergleichsweise wenig süß und machte es dem Wein relativ leicht, zu bestehen.
Das war ein schöner Querschnitt durch's Sortiment und eine spannende Gelegenheit auzuprobieren, wie die Weine sich im Zusammenspiel mit Speisen präsentieren. Die Perlage war bei allen Weinen durch die Bank sehr fein, die Süße stets nur stützend und für mich nie auffällig. Überraschenderweise war für mich der Riesling Wein des Abends, wenngleich das Triumvirat mit ein wenig Zeit das Zepter übernehmen dürfte. Die reinen de Noirs haben für mich nicht so gut funktioniert; ich frage mich, ob der Muschelkalk hieran einen Anteil haben könnte? Oder war es doch eher die Kombination mit dem Essen? Jedenfalls wird noch die eine oder andere Flasche in meinen Keller wandern, auch von den hier nicht vorgestellten, um das Bild zu komplettieren, aber wohl hauptsächlich Blancs de Blancs...
Besten Gruß, Karsten