Aktuelle Zeit: Di 19. Mär 2024, 07:37


Weinprobe Cabernet/Merlot in Würzburg

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
  • Autor
  • Nachricht
Offline

weinaffe

  • Beiträge: 1216
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 13:19
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Weinprobe Cabernet/Merlot in Würzburg

BeitragSo 31. Mär 2019, 12:56

Hallo zusammen,

letzten Freitag trafen sich wieder einige Weininteressierte in der örtlichen VHS, um den Geheimnissen des weltweiten Erfolges der Rebsortenstars Cabernet Sauvignon, Cabernet franc und Merlot auf den Grund zu gehen.
Die 3 Rebsorten gab es sowohl rebsortenrein als auch in Kombination miteinander sowie mit anderen Komplementärrebsorten. Die "Urheimat" Bordeaux war naturgemäß in dieser Probe gut vertreten, aber wir waren mit dem Glas in der Hand rund um die Welt unterwegs. 15 Weine waren in dieser Blindprobe am Start, die aufgrund gleicher Bedingungen bereits am Morgen des Probentages doppelt dekantiert wurden, was auch allen Weinen sehr gut getan hat. Nur bei einem Wein hat der "Korkteufel" heftig zugeschlagen, aufgrund vorhandener Ersatzflasche war dies aber verkraftbar.

Die Weine im einzelnen:

2015er "Schwarzer Rappe" Cabernet franc QW tr. (Felsengartenkellerei, Besigheim)-Württemberg-
ein im neuen Barrique ausgebauter Sortenvertreter von noch relativ jungen Rebstöcken, die im terrassierten Steilhang auf Muschelkalk stehen.
Kräftiges Dunkelrot, deutliche Holznote (Vanille, Kaffee), aber auch deutliche Frucht (Kirsche, Brombeere, zart Cassis), die es mit dem Holzeinsatz aufnehmen kann, knalltrocken (0,1 gr. Restzucker), aber mit viel Extrakt und Fruchtdichte, angenehme Säure,feinkörniges Tannin, durchaus Power, trotzdem sind die 14 Vol% erstaunlich gut verpackt. Ein hochwertiger Wein, bei der man aber in einer Blindprobe nicht unbedingt sofort auf Cabernet franc tippen würde. Mir persönlich hätte der Wein mit etwas zurückgenommenen Holzeinsatz noch besser gefallen. Aber das ist halt reine Geschmackssache; sehr gut ist der Wein auf jeden Fall. Sympathischer Genossenschaftspreis (18,50 EURO).

2015er Saumur-Champigny a.c. "Vieilles Vignes" (Domaine Filiatreau, Chaintres-Saumur)-Loire-
der Vergleich mit dem Vorgänger war schon sehr interessant (50-90 jahre alte Reben): archetypische Loire-Stilistik eines CF, deutliche Noten von knapp reifem Cassis, etwas grüne Paprika, aber in sehr angenehmen Ausmaß, schon in der Nase ein frischer und trinkiger Eindruck, ebenfalls knalltrocken, saftige Säure, etwas eckiges Tannin, schwarze Johannisbeeren, etwas Himbeere, grüne Paprika, völlig integriertes Holz, nur mittelgewichtig (13 Vol%),gute aromatische Länge mit viel Trinkfluss. Wiederum reine Geschmackssache, aber das Gros der Teilnehmer war hier wohl frankophil :lol:

2015er Cabernet Sauvignon "Terrazas" High Altitude Vineyards (Domaine Chandon, Mendoza)-Argentinien-
18 Monate französische Eiche, bewässerte Weinberge in extremer Höhenlage.
Sofort als Cabernet Sauvignon erkennbar, reifes Cassis, Kirsche, Brombeere, sehr reintönig, angenehme, nicht zu exaltierte Frucht mit nur zarter Holzunterstützung. Auf der Zunge ebenfalls sehr klar, reintönige Cabernet-Frucht, angenehme Säure, merkliche Kraft (14 Vol%), extraktreich, aber auch eine gewisse Kühle, die sicherlich mit der Höhenlage und den kalten Nächten in Zusammenhang steht, poliertes Tannin, man merkt hier das französische "Know how", mittlere Länge. Ein wirklich guter Argentinier, der sich auf angenehme Weise zwischen Mainstream und Charakter bewegt.

2009er Clos du Jaugueyron Haut-Medoc a.c. (Michel Theron, Arsac)-Bordeaux-
nun war es Zeit für den ersten Bordeaux, und wahrlich kein schlechter: Cuvee aus 60% Cabernet Sauvignon, 30 % Merlot, 5 % Cabernet franc und 5 % Petit Verdot, 40 % neue Barriques. Michel Theron als "zugereister" Südfranzose hat mit 1 Hektar nach seiner Önologie-Ausbildung in Bordeaux begonnen und ist mittlerweile bei ca. 7 ha angekommen. Eine sympathische micro-winery im Meer der großen Chateaux, die noch jeden einzelnen Weinstock einzeln begrüssen kann ;)
Reinriechen... ja Bordeaux ! Ganz klassische Nase nach reifen Kirschen, rote, reife Johannisbeere, Brombeere, vermischt mit etwas Espresso,Leder, Graphit, durchaus komplex und sehr verlockend in der Nase. Auf der Zunge sehr saftig, aber wunderbar kühler Ausdruck in diesem Jahr, trocken, aber deutlich extraktsüss, gut auflockernde Säure, teilweise abgeschmolzenes Tannin, das gute Struktur verleiht, nur angenehme 13,5 Vol%, keinerlei Überreife oder Marmeladigkeit, gute Länge. Nur wenige Grand Crus Classes haben es in diesem Jahr auf ähnliche Weise geschafft, die Kraft und vor allem den Alkohol zu bändigen und Typizität, Frische und Eleganz in den Wein zu zaubern. Chapeau, Michel Theron. So einen Medoc trinkt man gerne, zumal der Preis in der Subskription für diese Qualität fast weltweit unschlagbar ist (13,50 EURO !!).

2006er Chateau Moulin Haut-Laroque Fronsac a.c. (Jean-Noel Herve, Saillans) -Bordeaux-
65 % Merlot, 20 % Cabernet franc, 10 % Cabernet Sauvignon, 5 % Malbec, durchschnittlich 50 Jahre alte Reben.
Ein Liebling der Weinredakteure bei Vinum, was man bei der Verkostung dieses Weines ein gutes Stück weit nachvollziehen kann: Sehr konzentriertes Purpurrot, keine Anzeichen irgendeiner Alterung, zunächst etwas zurückhaltende, aber konzentriert wirkende Nase, die sich mit Lufteinfluss immer weiter öffnet: Süsskirsche, Pflaume, Brombeere, vermischt mit perfekt integrierten Holznoten, absolut reintönig,fruchtdicht mit angedeuteter Komplexität, auch am Gaumen kraftvoll, aber dank saftiger Säure und feinkörnigem, noch präsentem Tannin auch kühl und trinkanimierend, konzentrierte Frucht, die in die Tiefe geht, gibt noch nicht alles preis, solide Länge. Ein toller, merlotbetonter Fronsac ohne einen Hauch von Bret, der zwar jetzt schon antrinkbar ist, sich aber über die nächsten 5-10 Jahre noch verbessern dürfte. Auch hier ein fast unschlagbares PLV (Subskription knapp 16 EURO). Im übrigen war dieser Wein mit dem hochwertigsten Korken (5,4 cm) der ganzen Probe verschlossen.

2002er Chateau Montrose 2e Grand Cru Classe St. Estephe-Bordeaux-
über die Klasse von Montrose muss man nicht viele Worte verlieren, Cuvee aus 60 % CS, 32 % M, 6 % CF, 2 % PV. Trotz kühlem Jahrgang wurde hier ein klassischer Bordeaux mit ausreichen Substanz erzeugt, feine unaufgeregte Nase mit knapp reifer Kirsche, Cassis, Zedernholz, Graphit und einem Hauch Bret. Sehr fein auf der Zunge, Tannin schon weitgehend abgeschmolzen, perfekte Harmonie, nur mittelgewichtig (13 Vol%), sehr saftig und trinkig, einige Eleganz, es fehlt jahrgangsbedingt die große Fruchtdichte und der tiefe Extrakt, aber das ist ein toller Bordeaux aus einem nicht ganz einfachem Jahr, der jetzt und in den nächstem 5-10 Jahren noch viel Trinkspass bereiten dürfte.

Fortsetzung mit noch vielen tollen Weinen folgt!

LG
Bodo
Offline

Je-Mi

  • Beiträge: 207
  • Registriert: Mi 25. Nov 2015, 20:23

Re: Weinprobe Cabernet/Merlot in Würzburg

BeitragSo 31. Mär 2019, 13:36

Hallo Bodo,
interessante Probe. Wie denkst du über den Clos du Jaugueyron 2009. Würdest du den Wein jetzt trinken oder weiter abwarten?
Grüße Jens
Offline

weinaffe

  • Beiträge: 1216
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 13:19
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Weinprobe Cabernet/Merlot in Würzburg

BeitragSo 31. Mär 2019, 20:18

Hallo Jens,

der 2009er Clos du Jaugueyron macht jetzt schon viel Spass, ich glaube aber, dass er sein Optimum erst in ein paar Jahren erreichen wird.

LG
Bodo
Offline

Je-Mi

  • Beiträge: 207
  • Registriert: Mi 25. Nov 2015, 20:23

Re: Weinprobe Cabernet/Merlot in Würzburg

BeitragMo 1. Apr 2019, 13:37

Danke für deine Einschätzung.
Grüße Jens
Offline

weinaffe

  • Beiträge: 1216
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 13:19
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Weinprobe Cabernet/Merlot in Würzburg

BeitragMo 1. Apr 2019, 17:58

.... und weiter geht's mit den nächsten Cabernet/Merlot-Weinen der Würzburger Probe:

1996er Chateau Monbrison Cru Bourgeois Margaux a.c. (Chateau Monbrison, Margaux)-Bordeaux-
60% CS,20% M, 15% CF, 5% PV- 50% neues Holz.
gereifte Farbe mit einem Hauch Ziegelrot, sehr feine Margaux-Nase mit dunklen Früchten, auch etwas Himbeere und floralen Akzenten, Eleganz pur, die sich auch am Gaumen fortsetzt, feingliedrige Säure, Tannin schon weitgehend abgeschmolzen, komplexe Frucht und Würze, ein Hauch Bret, Graphit, etwas grüner Pfeffer, vor allem aber kühle Anmutung bei mittelgewichtigen 12,5 Vol%. Mittellanger bis langer Abgang. Der Wein dürfte so ziemlich am Höhepunkt angekommen sein und zeigt, was diese Art von Bordeaux für mich so attraktiv macht. Hier ist nichts zu viel und nichts zu wenig, der Wein hat enormen Trinkfluss und ist nichts anderes als klassischer, in Ehren gereifter Margaux. Für die ganz große Klasse fehlt vielleicht etwas die Fruchttiefe und Länge, aber das ist Jammern auf sehr hohem Niveau ;)

2011er Chateau Le Moulin Pomerol a.c. (Chateau Le Moulin, Pomerol)-Bordeaux-
80% M, 20% CF, Rebfläche nur 2,5 ha.
Der Le Moulin wurde einmal vielleicht etwas scherzhaft als "Le Pin des kleinen Mannes" tituliert, was man nach Genuss dieses Weines zumindest ansatzweise nachvollziehen kann. Kräftiges Rubin ohne jegliche Alterserscheinung, sehr elegante Nase mit deutlich Kirsche, gekonnten, nur unterstützenden Holzeinsatz, schon von der Nase sehr fruchttief wirkend.
Auch auf der Zunge ebenmäßig und fein, zwar absolut trocken, aber auch extraktsüss, klare Säure, fast polierte Tannine, die aber dennoch ausreichen Grip geben, die 13,5 Vol % sind bestens verpackt, sehr saftiger Wein mit feiner Dunkelfrucht, der eine gewisse Fülle mit klarer Struktur verbindet. Kein "Krach" im Glas, sondern selbstverständliche Noblesse. Sehr schöner Pomerol, der mit 25 EURO im Handel auch sehr fair bepreist war.

2007er Merlot Agricultura Biologica Vino de Pago (Bodegas Arinzano, Aberim)-Navarra-
100% Merlot, 14 Monate Barriqueausbau, 40% Neuholzanteil.
Dieser Vino de Pago ist ein Ableger der bekannten Bodegas Chivite, die ein gutes Händchen für die Bordeaux-Rebsorten haben. Angereifte Farbe mit aufhellendem Purpur, kräftige Fruchtnase (reife Kirschen, Craneberries, etwas Himbeere), die aber angenehm "mürbe" rüberkommt, auf der Zunge ein ebenso angereifter Eindruck, seidiges Tannin, reife Säure, mehr Wucht und Kraft (14,5 Vol%) als der Le Moulin, aber bedeutend weniger Finesse und Komplexität. Dennoch ein gelungener Merlot aus Spanien. der aufzeigt, dass bei entsprechendem know how hier Merlots mit Alterungspotential produziert werden können.

1998er Chateau Musar Bekaa Valley (Gaston Hochar, Ghazir)-Libanon-
50-80% CS, ergänzt durch mehr oder wenig viel Carignan und Cinsault. Ertrag ca. 25hl/ha.
Die Weine von Chateau Musar sind in jeglicher Hinsicht außergewöhnlich. Schon allein konstant Weinbau in einem militärisch umkämpften Gebiet zu betreiben und die geernteten Trauben über 100 km auf abenteuerliche Weise ins Weingut zu transportieren, nötigt mir den allerhöchsten Respekt ab. Aber auch ohne die Story zum Wein fällt der Wein komplett aus dem Probenrahmen. Chateau Musar ist immer auf Kante genäht, lotet die geschmacklichen Grenzen aus, schwebt permanent zwischen Genie und Wahnsinn und polarisiert mit Sicherheit. Der Wein braucht in jedem Fall enorm viel Luft, sonst hält sich der Spass aufgrund des reduktiven Ausbaus in Grenzen. Und es gibt leider auch Flaschenvarianzen mit deutlich flüchtiger Säure. Wenn die Flasche aber sich so präsentiert wie diese, ist das absolute Weltklasse und stilistisch kaum mit anderen Weinen vergleichbar. Ausnahmsweise kann ich sogar die blumigen Beschreibungen von Herrn Lobenberg bei diesem Wein nachvollziehen. Doch der Reihe nach:
zunächst erstaunt die relativ helle Farbe mit Ziegelrottönen, die optisch eher an einen gereiften Pinot erinnert, aber was für eine feine Nase !! Neben ganz dezenter Reduktion (etwas Feuerstein und abgebranntes Zündholz), die aber zur Komplexität beiträgt, kommt ein ganzer Schwall roter Früchte (Himbeere, etwas Cassis, Süsskirsche) und feinen floralen Noten entgegen, die sich aber in keinster Weise penetrant oder aufgesetzt geben. Das hat was von einem gereiften, feinen Musigny, und ist doch auch Cabernet. Die Farbe täuscht etwas Gealtertes vor, die Nase widerlegt das eindeutig. sehr fruchttief und in perfekter Harmonie. Ja, er hat einen Mini-Hauch flüchtige Säure, das stört das Gesamtbild aber überhaupt nicht. So geht es im Mund weiter, Absolut trocken, aber mit wunderbarer Extraktsüsse, wunderbar tragender Säure, feine hellrote Früchte, der Wein ist trotz seiner 13,5 Vol% alles andere als ein Dickschiff, Eleganz pur, der Wein hat Länge und eine tolle aromatische Präsenz, die auch nach dem Herunterschlucken noch lange nachhallt. Als bekennender Bordeaux- u n d Burgunderliebhaber finde ich diesen Wein absolut genial, weil er die Mosaiksteine beider "Welten" aufs Beste zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügt. Irgendwo habe ich gelesen, dass gerade in diesem Jahrgang der Cinsault-Anteil besonders hoch gewesen ist. Das würde die erstaunlich lichte Farbe und diese Pinot-ähnliche Eleganz erklären. Ob dieser Wein in einer Probe mit hochklassigen gereiften Pinots erkannt würde?? Keine Ahnung!

Fortsetzung folgt !

LG
Bodo
Offline

weinaffe

  • Beiträge: 1216
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 13:19
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Weinprobe Cabernet/Merlot in Würzburg

BeitragDi 2. Apr 2019, 13:11

... und weiter geht's mit der Würzburger Cabernet-/Merlotprobe:

2015er "Le Stanze" Toscana IGT (Poliziano, Montepulciano)-Toskana-
90 % CS/10% M, 16 Monate Barriqueausbau.
Schon optisch extrem jugendlich, sattes, blickdichtes Dunkelrot, zurückhaltende Nase, die sich mit Luftzufuhr nur zaghaft öffnet, deutlich Tintenblei und Lakritze, nobles Cassis, etwas Piment, gefühlvoller Holzeinsatz, wirkt sehr konzentriert. Am Gaumen absolut trocken, reife, sehr jugendliche Dunkelfrucht, Lakritze, Tintenblei, noch sehr präsentes Tannin, Alkohol (14,5 Vol%) erstaunlich gut eingebunden, viel Extrakt und Dichte, der Wein kann momentan vor lauter Kraft noch nicht richtig laufen, deutlich zu jung, aber das wird noch. Hat auf jeden Fall Potential.

2008er Chateau Beausejour (Duffau-Lagarrosse) 1er Grand Cru Classe B St. Emilion- Bordeaux-
77% M, 19% CF, 4% CS, der erste und gleich hochgelobte Jahrgang unter Mitwirkung von Stephane Derenocourt (Keller) und Nicolas Thienpont (Verwalter). Die zuerst geöffnete Flasche hatte einen Bombenkork und wurde bereits vor der Probe aussortiert. Optisch zeigt sich ein undurchdringliches Schwarzrot, zurückhaltend in der Nase, mit weiterer Luftzufuhr Kirsche, Brombeere und andere dunkle Früchte, die fast schon im überreifen Stadium geerntet wurden, etwas liköriger Eindruck, folgerichtig am Gaumen extreme Konzentration, zwar trocken, aber deutlich extraktsüss, fast angetrocknete, sehr reife rote Früchte wie bei einem Amarone, ordentliche, sehr notwendige Säure, noch leicht eckiges, aber feinkörniges Tannin, sehr körperreich (14,5 Vol%), der Alkohol ist zwar gut eingebunden, aber nicht zu verleugnen, passender Holzeinsatz, warmer, durchaus langer Abgang. Liebhaber wuchtiger Weine werden diesen Wein richtig gut finden, meine Begeisterung über diesen Wein hält sich aber in Grenzen. Er hat zwar maximale Kraft und Dichte, ist aber sehr anstrengend zu trinken. Finesse, Komplexität, alles ziemlich Fehlanzeige. Ob sich das alles zu einem harmonischen Ganzen fügen wird, vermag ich nicht zu sagen. Ich hab da so meine Zweifel...

Fortsetzung folgt!

LG Bodo
Offline

weinaffe

  • Beiträge: 1216
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 13:19
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Weinprobe Cabernet/Merlot in Würzburg

BeitragDi 2. Apr 2019, 16:44

...und noch abschließend die letzten 3 Weine der Würzburger Cabernet-/Merlot-Probe:

2014er Cabernet Sauvignon Estate Monte Bello Vineyard (Ridge, Cupertino)-Kalifornien-
75% CS, 14% M, 6% PV,5% CF.
schon optisch sehr jugendlich, in der Nase sehr Bordeaux-like, feine Cassis-Nase mit reifer Kirsche, ätherische Noten (Hauch Ekalyptus), durchaus konzentrierte Frucht, aber kühler Grundcharakter, sehr animierend, absolut trocken, elegante Fruchtausprägung auf der Zunge, idealer, nur unterstützender Holzeinsatz, elegante Säure und sehr feinkörniges Tannin, Alkohol bestens verpackt (13,5 Vol%), kühler Gaumendruck, sicherlich bedingt auch durch die Höhenlage der Weinberge (auf 800 m über NN in den Santa Cruz Mountains), zeigt noch nicht alles, macht aber schon in diesem jugendlichen Stadium Spass. Zur Erreichung von Komplexität braucht er bestimmt noch 5-10 Jahre. Beeindruckender Kalifornier, und dies ist quasi nur der Zweitwein ! Allerdings mit seinen knapp 60 EURO Handelspreis auch kein Schnäppchen.

2000er Chateau Langoa-Barton 3e Grand Cru Classe (S.C. Barton, St. Julien)-Bordeaux-
70% CS, 20% M,10% CF.
Langoa Barton steht immer etwas im Schatten des Leoville Barton, da er meist nicht ganz an die Eleganz und Finesse seines großen Bruders heranreicht. Dennoch ist das stets ein sehr bodenständiger und typischer St. Julien, der in großen Jahren auch einmal über sich herauswachsen kann. So wie dieser Milleniumsvertreter: immer noch sehr intaktes, wenig Reife anzeigendes Dunkelrot, die Nase entwickelt sich nur sehr langsam, tiefe Fruchtausprägung, feine Würze, leicht pfeffrig, Zedernholz, ein Hauch Bret, geht durchaus in die Tiefe. Auf der Zunge knochentrocken, feine Säure, deutlich Extrakt, aber ohne viel Alkohol (12,5 Vol%), Tannin noch nicht abgeschmolzen, Cassis, reife Kirsche, keinerlei grüne Aspekte, wirkt reif, aber doch kühle Anmutung, beginnt sich erst jetzt langsam zu öffnen, langer Abgang. Der Wein ist gut antrinkbar und bereitet Trinkspass, wobei ich aufgrund des Extraktes und der Fruchtdichte sicher bin, dass sich dieser Wein in den nächsten 5-10 Jahren noch verbessern wird. Klassischer, unaufgeregter St. Julien.

1995er Chateau Haut Bages-Liberal 5e Grand Cru Classe Pauillac
75% CS 25% M 40 % neues Barrique.
etwas gereifte Farbe mit dezenten Ziegelrotreflexen, elegante Dunkel-Frucht-Nase mit reifen, mürben Früchten (Cassis, Kirsche, Brombeere), sehr elegant, angenehm gereift und scheinbar auf dem Punkt. Dies bestätigt sich am Gaumen: nicht die ganz große Konzentration, aber mit ausreichend Extrakt, saftige Säure, fast abgeschmolzenes Tannin, nur mittelgewichtig (12,5 Vol%), mürbe Frucht mit würzigen Aspekten, gelungener Holzeinsatz, mehr der Eleganz und Trinkigkeit als der Fülle verpflichtet, mittellanger, fruchtig-würziger Abgang. Ein perfekt gereifter Pauillac der traditionellen Stilistik, der zwar kein ganz großes Kino darstellt, den man aber mit sehr viel Vergnügen trinkt.

Das war in Kürze unser Rundumschlag in Sachen Cabernet und Merlot. In gut 1 Monat werden wir uns an gleicher Stelle mit Weiß- und Rotweinen aus Österreich beschäftigen.

Nach der Probe ist vor der Probe !!!!

LG
Bodo
Offline
Benutzeravatar

Winedom

  • Beiträge: 391
  • Registriert: Di 3. Mai 2011, 21:36

Re: Weinprobe Cabernet/Merlot in Würzburg

BeitragDi 2. Apr 2019, 20:00

Hallo Bodo!
Danke für die Notizen!
War die Probe um herauszufinden ob man mehr der Merlot oder Cabernet Typ ist?
Ich selbst bin mir meiner da noch nicht 100% sicher tendiere aber zu Cabernet!

Wie ist es für Dich? Hat dich die Probe in Deiner Präferenz bestätigt oder daran gerüttelt?
Ist der geschmackliche Unterschied wirklich so deutlich?

Vom Beausejour Duffau 2008 habe ich etwas im Keller. Da warte ich noch etwas.

Gruss Rainer
Viele Grüße
Rainer
Offline

weinaffe

  • Beiträge: 1216
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 13:19
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Weinprobe Cabernet/Merlot in Würzburg

BeitragMi 3. Apr 2019, 13:08

Hallo Rainer,

bei der Probe ging es weniger darum, herauszufinden, ob man nun den Merlot oder den Cabernet bevorzugt. Ziel war es eigentlich, das internationale, qualitative Profil dieser Rebsortenstars zu beleuchten und diese mit dem "Original" aus Bordeaux zu vergleichen. Da ich mit Bordeaux sozialisiert wurde :lol: und hier kaum einmal etwas sortenrein daherkommt, fällt es mir ohnehin schwer, diese Rebsorten in Blindproben immer zweifelsfrei zu unterscheiden ;)
P.S.: wenn Du mehrere Flaschen vom 2008er Beausejour hast, solltest Du mal eine öffnen. Ich habe die leise Befürchtung, dass sich hier mit weiterer Lagerung der Alkoholeindruck verstärkt und die Frucht schwindet. Ich würde jedenfalls nicht auf eine positive Reifung bei diesem Wein wetten.

LG
Bodo
Offline
Benutzeravatar

EThC

  • Beiträge: 8097
  • Bilder: 27
  • Registriert: Fr 27. Feb 2015, 16:17
  • Wohnort: ...mal hier, mal dort...

Re: Weinprobe Cabernet/Merlot in Würzburg

BeitragMi 3. Apr 2019, 14:28

Hallo Bodo,

wenn ich mir die vielen schönen Notizen so durchlese, zieht's mich am ehesten in den Libanon... :D
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

https://ec1962.wordpress.com/
Nächste

Zurück zu Weinproben und Verkostungsberichte

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 7 Gäste

Impressum - Nutzungsbedingungen - Datenschutzrichtlinie - Das Team - Alle Cookies des Boards löschen