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Alte Bordeaux in Marburg

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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oli_oli_oliver

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Re: Alte Bordeaux in Marburg

BeitragDi 8. Feb 2011, 14:57

wenn ich mich nicht täusche, hatte unserer Gastgeber ihn letztes Jahr 8 Stunden in der großen Magnum-Badewanne..... :o
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oli_oli_oliver

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Re: Alte Bordeaux in Marburg

BeitragMi 9. Feb 2011, 11:51

Flight 7:

Chateau Leoville Las Cases 1975
24 Stunden vor der Probe geöffnet und zwei mal doppel-dekantiert. Sehr dichtes, dunkles, jung wirkendes Rot. Extrem dichte, konzentrierte Nase. Dezente Kräuternote. Saft, Kraft und Eleganz. Da kündigt sich was Großes an. Mit der Zeit hintergründige Eukalyptus-Note. Am Gaumen unglaublich dicht. Noch leicht sperrige, kraftvolle Tannine. Sehr, sehr lang. Ein Kraftprotz. Hätte sich der Wein als 96er entpuppt, wäre ich auch nicht besonders verwundert gewesen. Bei diesem Wein war ich Noten-mäßig mit erheblichem Abstand der Ausreisser nach oben. Irgendwie scheine ich auf diese Kraftmeier zu stehen. Der 86er Margaux vergangenes Jahr gefiel mir blind auch schon deutlich besser als den Mittrinkern. Wenn man allerdings die Einschätzung der Probenrunde, aller relevanten Weinkritiker sowie die über den Marktpreis ausgedrückte Wertschätzung der Weinwelt zusammen nimmt, sieht es fast so aus, als ob ich möglicherweise mit meiner Einschätzung dieses Weines leicht daneben liegen könnte... :shock: (95+)

Chateau Grand Puy Lacoste 1971
Deutlich heller als der LLC. Pfeffer. Rote Beeren. Die Nase wird immer schöner mit Zigarre und viel Kokos. Eine kleine Dosis Pilze stört da nicht weiter. Dazu kommen rote Beeren und eine betörende, immer schöner werdende Frische. Am Gaumen gut strukturiert und lang. Kommt aber auf hohem Niveau mit der Nase nicht ganz mit. (91)

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oli_oli_oliver

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Re: Alte Bordeaux in Marburg

BeitragMi 9. Feb 2011, 14:11

Flight 8:

Chateau La Tour Haut Brion 1978
Wie auch der 78er Margaux sehr dunkle Farbe, die einen deutlich jüngeren Wein vermuten lässt. Tolle, vollfruchtige, tiefgründige Nase: Pflaume, Lakritz, Gewürze. Wird im Glas wunderschön fein, elegant und seidig. Am Gaumen dicht, knackige tannine. Sehr lang. (Noch) etwas ruppig, aber das steht ihm gut. (96)

Chateau Margaux 1978
Etwas heller als der 78er La Tour Haut Brion, breiterer durchsichtiger Rand. Nicht ganz so fruchtbetont, dafür ätherischer und feiner. Klassische Textbuch-Bordeaux-Nase: Bleistift, Cassis. Sehr frisch und mineralisch. Deutlich edler und aristokratischer als der La Tour Haut Brion. Was den Spaß-Faktor angeht, ist er aber nur zweiter Sieger. (94)

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oli_oli_oliver

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Re: Alte Bordeaux in Marburg

BeitragDo 10. Feb 2011, 12:52

Flight 9:

Chateau Leoville Barton 1982
Sehr dichtes, dunkles Rot. Etwas trüb. Leichte Stallnote. Leder, Zigarrenkiste. Deutlich dezentere Nase als der Gloria. Am Gaumen schlank aber lang. Gute Balance. Der ist sehr gut, wirkt aber auf hohem Niveau etwas zurückhaltend und eher Spaß-reduziert. (91)

Chateau Gloria 1982
Deutlich klareres Rot, aber auch erheblich breiterer Wasserrand als beim Leoville Barton. Unglaublich duftige, expressive und sehr "eigene" Nase. Starke Toast-Noten: Kaffee und Popcorn. Der Wein polarisiert. Während einzelne Teilnehmer den Wein, bildlich gesprochen, ins vinophile Rotlicht-Millieu stecken, schwelgen die anderen in fast Mouton-hafter Seligkeit. MIt der Zeit bekommt die Nase mit hintergründigen Himbeer-Noten einen burgundischen Einschlag und wird damit nochmal schöner. Am Gaumen trocknen die Tannine ganz leicht aus und sorgen damit für eine dezent rustikale Anmutung. Sehr lang. Gefällt mir gut, auch wenn wir es hier ganz offensichtlich nicht mit einer ungeschminkten Schönheit zu tun haben. (93)

Flight 10:

Chateau Mouton-Rothschild 1987
Sehr kompaktes, dichtes Rot. Ganz leichter Wasserrand. Sehr expressive Nase. Ordentliche Toast-Note, sprich: Röstaromen. Ganz leichter, aber nicht störender Fass-Ton. Sehr duftig, wenn auch für einen ganz großen Wein nicht intensiv genug. Die Nase lässt schon erahnen, dass es sich hier vielleicht nicht um einen der ganz großen Jahrgänge handelt. Am Gaumen sehr dicht, fast jugendlicher Auftritt, masukline Struktur, ordentliche Länge. Knackige Tanninis. Da ist fast noch Luft nach oben. Wer hätte gedacht, dass dieser Wein wiederaufersteht? Halleluja! (93)

Damit waren wir mit den Rotweinen durch. Ungewohnt, aber rückwirkend gesehen sehr passend und wirkungsvoll, hatte unserer Gastgeber vor den abschließenden Süßweinen einen "Erfrischungsflight" mit trockenen Weißweinen eingeplant. Es geht also noch weiter...

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oli_oli_oliver

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Re: Alte Bordeaux in Marburg

BeitragDo 10. Feb 2011, 18:22

Flight 11:

Rudi Pichler - Riesling "Terrassen" Smaragd 2000
Helles, volles Gelb. Knackige, frische Pfirsich-Frucht mit einem ordentlichen Schuß Mineralik. Etwas Stachelbeere. Ätherische Würznoten. Am Gaumen würziges Pfefferle, gute Länge aber gegen die beiden direkten Wettbewerber in diesem Flight auf höchstem Niveau chancenlos. (92)

Domaine Leroy - Meursault "Genevrieres" 1999
Expressive aber seltsame Nase. Ananas, rosinige Aromen, irgendwie diffus und etwas gezehrt wirkend. Am Gaumen dann aber der Überhammer: unglaubliche Konzentration und Dichte, perfekte Balance, messerscharfe Präzision. Wenn man Kraft gut findet, geht Weißwein im Prinzip nicht besser. Tolle Mineralik, blitzsaubere Frucht. Das eigentlich Unglaubliche ist, dass ein Wein dieser Statur so wahnsinnig geschliffen sein kann. Riesengroßes Burgunder-Kino, das nur durch die sehr eigenwillige Nase etwas getrübt wird. (97)

Heymann-Löwenstein Riesling "Uhlen Laubach" 2002
Dichte, drückende Nase. Boytritis. Üppig, exotisch. Am Gaumen eine dicke, fette Sau. Sensationelle, balancierte Länge. Saftig, cremig. Tolle Mineralik. Nachdem ich mich vor zwei Wochen schon durch die jüngeren Jahrgänge dieses mehr als erfreulichen Ausnahme-Rieslings trinken durfte, werde ich wohl mal auf Einkaufstour gehen müssen. (95)

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oli_oli_oliver

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Re: Alte Bordeaux in Marburg

BeitragFr 18. Feb 2011, 16:04

So! Die letzten beiden Runden war ich noch schuldig geblieben, insbesondere weil ich in den vergangenen Tagen aus gegebenem, traurigem Anlass keine Lust zu schreiben hatte. Hier nun der Abschluss dieser fantastischen Probe:

Flight 12:

Cave de Tain l'Hermitage - Vin de Paille 1996
Machen wir es kurz: Bäh!!! Schweissfüße, Kohl, Essig, medizinal. Wenn überhaupt zur äusseren Anwendung zu empfehlen... (-)

Justino Henriques - Boal Madeira 1934
Sehr schöne, nussige Nougat-Nase. Sehr expressiv und duftig - fast etwas erschlagend. Am Gaumen mehr als stramme Säure, große Länge, spürbarer Alkohol. Ein Schwergewichtler von einem Wein, vom Stil her vielleicht nicht unbedingt ein Kirmesschläger aber mit Sicherheit auch kein filigraner Techniker. Aus Respekt vor dem Alter und der damit einhergehenden überraschenden Wucht schon eine wirklick beeindruckende Erfahrung. Trotzdem weiss ich aufgrund des ungestümen Wesens nicht so richtig, was ich von diesem Wein halten soll... (92)

Und zum Schluss gab es noch zwei Rieslinge....

Schloss Reinhartshausen - Riesling "Erbacher Siegelsberg" Auslese 1996
Sehr duftig. Kräuterige Frische. Etwas Walnuss. Sehr, sehr schön. Am Gaumen schlank aber sehr dicht, lang, gute Balance. Tolle Frucht am Gaumen. Für eine Auslese sehr konzentriert. Klasse. (92)

Emrich-Schönleber - Riesling "Monzinger Halenberg" Beerenauslese 1995
Von dem Wein war ich auf hohem Niveau etwas enttäuscht. Goldgelb. Sehr dichte aber gleichzeitig sehr dezente Nase. Tolle Konzentration, trotzdem sehr fein und elegant, fast sphärisch. Viel Orangenmarmelade. Am Gaumen wunderbare Frucht, auch hier tolle Konzentration, sehr schöne, tragende Säure. Sehr, sehr lang. Trotz allem hatte ich das Gefühl, dass der Wein mit angezogener Handbremse unterwegs ist. Vielleicht hätte man ihn auch länger beobachten müssen, was in einer Runde von 14 Personen naturgemäß nicht funktioniert. (92)

Das war's.
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