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- Registriert: Mo 6. Dez 2010, 14:19
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Hallo zusammen,
letzten Freitag haben sich wieder einige weinaffine Leute getroffen, um einige ausgesuchte Silvaner und Grüne Veltliner "blind" zu verkosten und eventuellen Unterschieden und Gemeinsamkeiten auf den Grund zu gehen. Es wurden insgesamt 15 Weine entkorkt bzw. entschraubt (8 Silvaner, 7 GV).
Kurzfazit: 1.) Alle Weine haben enormen Spass bereitet. 2.) Die beiden Rebsorten sind vor allem bei höherer Reife gar nicht so leicht auseinander zu halten. 3.) Es gibt bei beiden Sorten eine enorme stilistische Bandbreite.
Anschließend die verkosteten Weine mit meinem Kurzkommentar:
2010er Grüner Veltliner Sekt Große Reserve Brut Nature (Jurtschitsch, Langenlois) -Kamptal-
langes Hefelager (degorgiert März 2016)/handgerüttelt, Trauben ausschließlich aus Langenlois.
betont hefig und mineralisch schon in der Nase, von der Nase könnte dies auch ein hochklassiger Champagner sein, sehr feine Perlage, auf der Zunge knalltrocken, deutlich strukturbetont, schüchterne Apfelfrucht, definitiv nichts für Fruchtrinker, extrem mineralisch, Hauch Gerbstoff, die relativ milde Säure unterscheidet ihn vom Original aus der Champagne, athletischer Körper, sehr dicht und kompromisslos, hefig-würziger Abgang mit viel Frische.
Toller Schaumwein, der aber aufgrund des Ausbaus eine Rebsortenzuordnung fast unmöglich machte.
Qualitativ absolut auf Augenhöhe mit dem Original. 91 P.
2014er Ramsthaler St. Klausen Silvaner Kabinett trocken (Ewald Neder, Ramsthal) -Franken -
ein absolutes Trinkflussmonster und archetypisch für einen mittelgewichtigen Silvaner aus einer "kühlen" Ecke Frankens: in der Nase knapp reife Äpfel, vermischt mit angenehm vegetabilen Noten (grüne Bohnen, grüner Spargel) und kräurigen Noten (Dill), sehr straight und kompromisslos, auf der Zunge knalltrocken (0,4 gr. RZ), guter Grip mit dezentem Gerbstoff, relativ hohe Säure (7,2 Promill), die aber erstaunlicherweise reif schmeckt, mittlerer Körper mit unauffälligem Alkohol (12,5 Vol%), geradlinige Apfel-/Melonenfrucht mit viel Würze, mittlerer, strukturbetonter Abgang. Die Punktzahl drückt nur unzureichend den Trinkspass und enormen Trinkfluss dieses Weins aus. Klassische Silvanerstilistik mit Chablis-Attitüden. PLV top (6 EURO ab Weingut !!) 87 P.
2010er Kammerner Renner Grüner Veltliner DAC Reserve Erste Lage (Schloß Gobelsburg) -Kamptal-
dieser Wein ist seit Jahren eine Bank und gehört noch zu den preislich erschwinglichen Weinen dieses Vorzeigeweingutes: reife Veltlinerfrucht (Dosenananas, Pfirsich, dezent Pfeffer),voller Leben, absolut mundwässernd. Saftiger Gaumenauftritt, zwar trocken, aber durch die deutliche Extraktsüsse schmelzig-cremiger Eindruck, stimmige Säure, deutliche, leicht angereifte Frucht (Weinbergspfirsich, Honigmelone, Ananas), sehr fruchtdicht, perfekt integrierter Alkohol (13,5 Vol%), ausgezeichnete Länge. Klasse Veltliner mit selbstverständlicher Lässigkeit. Kann durchaus noch einige Jahre liegen. 91 P.
2013er "In der Schablau" Grüner Veltliner DAC Reserve (Ingrid Groiss, Breitenweida) -Weinviertel-
Ingrid Groiss gehört nicht nur aufgrund Ihres Marketingtalentes und der attraktiven Optik zweifellos zu den Aufsteigern im Weinviertel. Obwohl Ihre Weinberge in "the middle of nowhere" stehen, sprechen die Weine doch für sich: sehr typische Nase mit würziger Frucht und deutlichem "Pfefferl", dichter, aber nicht überladener Eindruck. Absolut trocken am Gaumen, saftige, reife Kernobst-/Pfirsichfrucht mit viel Würze, die saftige Säure hält diesen kraftvollen Wein (14 Vol%) perfekt in der Balance, sogar ein Anflug von Eleganz, langer, fruchtig-würziger Abgang. Der etwas säurereichere Jahrgang ist für diesen Wein eine Segen. Vorzeige -DAC Reserve ohne jeglichen schmeckbaren Holzeinsatz. 91 P.
2010er Escherndorfer Lump Silvaner "L" Spätlese trocken (Rainer Sauer, Escherndorf) -Franken-
großartiger, erstaunlich jugendlicher Silvaner aus diesem schwierigen Jahr: satte, aber feingliedrige Silvaner-Nase (reifer Apfel, etwas Birne und Melone), komplex vermischt mit kräutrigen Noten, sehr klar und fein, auf der Zunge ebenso jugendlicher Eindruck, richtig trocken ohne dienende Restsüsse, frische Säure, perfekt eingebundener Alkohol (13 Vol%), ebenmässiger Gaumenauftritt mit viel Frische, trotzdem sehr extraktreich, ordentliche Länge.
Dank penibler Selektion ist Rainer Sauer hier ein Parade-Silvaner aus dem Lump gelungen, der Kraft mit einer spielerischen Eleganz verbindet. Absolut glasklare Stilistik. 92 P.
2010er "Erdrauch" Silvaner QW trocken (Landart, Olaf Stintzing, Mainstockheim) -Franken-
der Vergleich mit dem jahrgangsgleichen Vorgänger war aufgrund der völlig anderen Stilistik sehr interessant: weit weniger Frucht aufgrund der teilweisen Maischegärung und ein Tick mehr Fülle aufgrund durchgeführter Malolaktik im großen Holzfass, sehr strukturbetont und mineralisch, Aromatik Richtung Lageräpfel, ein Hauch Piment, auch hier keine wesentliche Alterung spürbar, im Mund knalltrocken mit saftiger, ehr milder Säure, die perfekt zu diesem Weintyp passt, strukturbetont dank Gerbstoffgrip, Alkohol kein Thema (13 Vol%), ein echter Charakterkopf, bei dem die Sortenart etwas in den Hintergrund tritt, angenehme (Alt-)Holznote, sehr harmonisch, gute Länge. Der Wein kann bestimmt noch einige Jahre lagern. 91 P.
Fortsetzung folgt !!
Grüsse
Bodo
letzten Freitag haben sich wieder einige weinaffine Leute getroffen, um einige ausgesuchte Silvaner und Grüne Veltliner "blind" zu verkosten und eventuellen Unterschieden und Gemeinsamkeiten auf den Grund zu gehen. Es wurden insgesamt 15 Weine entkorkt bzw. entschraubt (8 Silvaner, 7 GV).
Kurzfazit: 1.) Alle Weine haben enormen Spass bereitet. 2.) Die beiden Rebsorten sind vor allem bei höherer Reife gar nicht so leicht auseinander zu halten. 3.) Es gibt bei beiden Sorten eine enorme stilistische Bandbreite.
Anschließend die verkosteten Weine mit meinem Kurzkommentar:
2010er Grüner Veltliner Sekt Große Reserve Brut Nature (Jurtschitsch, Langenlois) -Kamptal-
langes Hefelager (degorgiert März 2016)/handgerüttelt, Trauben ausschließlich aus Langenlois.
betont hefig und mineralisch schon in der Nase, von der Nase könnte dies auch ein hochklassiger Champagner sein, sehr feine Perlage, auf der Zunge knalltrocken, deutlich strukturbetont, schüchterne Apfelfrucht, definitiv nichts für Fruchtrinker, extrem mineralisch, Hauch Gerbstoff, die relativ milde Säure unterscheidet ihn vom Original aus der Champagne, athletischer Körper, sehr dicht und kompromisslos, hefig-würziger Abgang mit viel Frische.
Toller Schaumwein, der aber aufgrund des Ausbaus eine Rebsortenzuordnung fast unmöglich machte.
Qualitativ absolut auf Augenhöhe mit dem Original. 91 P.
2014er Ramsthaler St. Klausen Silvaner Kabinett trocken (Ewald Neder, Ramsthal) -Franken -
ein absolutes Trinkflussmonster und archetypisch für einen mittelgewichtigen Silvaner aus einer "kühlen" Ecke Frankens: in der Nase knapp reife Äpfel, vermischt mit angenehm vegetabilen Noten (grüne Bohnen, grüner Spargel) und kräurigen Noten (Dill), sehr straight und kompromisslos, auf der Zunge knalltrocken (0,4 gr. RZ), guter Grip mit dezentem Gerbstoff, relativ hohe Säure (7,2 Promill), die aber erstaunlicherweise reif schmeckt, mittlerer Körper mit unauffälligem Alkohol (12,5 Vol%), geradlinige Apfel-/Melonenfrucht mit viel Würze, mittlerer, strukturbetonter Abgang. Die Punktzahl drückt nur unzureichend den Trinkspass und enormen Trinkfluss dieses Weins aus. Klassische Silvanerstilistik mit Chablis-Attitüden. PLV top (6 EURO ab Weingut !!) 87 P.
2010er Kammerner Renner Grüner Veltliner DAC Reserve Erste Lage (Schloß Gobelsburg) -Kamptal-
dieser Wein ist seit Jahren eine Bank und gehört noch zu den preislich erschwinglichen Weinen dieses Vorzeigeweingutes: reife Veltlinerfrucht (Dosenananas, Pfirsich, dezent Pfeffer),voller Leben, absolut mundwässernd. Saftiger Gaumenauftritt, zwar trocken, aber durch die deutliche Extraktsüsse schmelzig-cremiger Eindruck, stimmige Säure, deutliche, leicht angereifte Frucht (Weinbergspfirsich, Honigmelone, Ananas), sehr fruchtdicht, perfekt integrierter Alkohol (13,5 Vol%), ausgezeichnete Länge. Klasse Veltliner mit selbstverständlicher Lässigkeit. Kann durchaus noch einige Jahre liegen. 91 P.
2013er "In der Schablau" Grüner Veltliner DAC Reserve (Ingrid Groiss, Breitenweida) -Weinviertel-
Ingrid Groiss gehört nicht nur aufgrund Ihres Marketingtalentes und der attraktiven Optik zweifellos zu den Aufsteigern im Weinviertel. Obwohl Ihre Weinberge in "the middle of nowhere" stehen, sprechen die Weine doch für sich: sehr typische Nase mit würziger Frucht und deutlichem "Pfefferl", dichter, aber nicht überladener Eindruck. Absolut trocken am Gaumen, saftige, reife Kernobst-/Pfirsichfrucht mit viel Würze, die saftige Säure hält diesen kraftvollen Wein (14 Vol%) perfekt in der Balance, sogar ein Anflug von Eleganz, langer, fruchtig-würziger Abgang. Der etwas säurereichere Jahrgang ist für diesen Wein eine Segen. Vorzeige -DAC Reserve ohne jeglichen schmeckbaren Holzeinsatz. 91 P.
2010er Escherndorfer Lump Silvaner "L" Spätlese trocken (Rainer Sauer, Escherndorf) -Franken-
großartiger, erstaunlich jugendlicher Silvaner aus diesem schwierigen Jahr: satte, aber feingliedrige Silvaner-Nase (reifer Apfel, etwas Birne und Melone), komplex vermischt mit kräutrigen Noten, sehr klar und fein, auf der Zunge ebenso jugendlicher Eindruck, richtig trocken ohne dienende Restsüsse, frische Säure, perfekt eingebundener Alkohol (13 Vol%), ebenmässiger Gaumenauftritt mit viel Frische, trotzdem sehr extraktreich, ordentliche Länge.
Dank penibler Selektion ist Rainer Sauer hier ein Parade-Silvaner aus dem Lump gelungen, der Kraft mit einer spielerischen Eleganz verbindet. Absolut glasklare Stilistik. 92 P.
2010er "Erdrauch" Silvaner QW trocken (Landart, Olaf Stintzing, Mainstockheim) -Franken-
der Vergleich mit dem jahrgangsgleichen Vorgänger war aufgrund der völlig anderen Stilistik sehr interessant: weit weniger Frucht aufgrund der teilweisen Maischegärung und ein Tick mehr Fülle aufgrund durchgeführter Malolaktik im großen Holzfass, sehr strukturbetont und mineralisch, Aromatik Richtung Lageräpfel, ein Hauch Piment, auch hier keine wesentliche Alterung spürbar, im Mund knalltrocken mit saftiger, ehr milder Säure, die perfekt zu diesem Weintyp passt, strukturbetont dank Gerbstoffgrip, Alkohol kein Thema (13 Vol%), ein echter Charakterkopf, bei dem die Sortenart etwas in den Hintergrund tritt, angenehme (Alt-)Holznote, sehr harmonisch, gute Länge. Der Wein kann bestimmt noch einige Jahre lagern. 91 P.
Fortsetzung folgt !!
Grüsse
Bodo