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Rioja-Weinprobe in Würzburg

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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weinaffe

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Rioja-Weinprobe in Würzburg

BeitragMi 29. Mär 2017, 17:56

Hallo zusammen,

letzten Freitag trafen sich wieder einige Weininteressierte, um einen Querschnitt an interessanten Rioja-Weinen aller Kathegorien zu verkosten. Es gab insgesamt 15 Weine ins Glas (2x weiß, 13x rot), die fast alle Trinkspaß bereitet haben und die Spannbreite der Weine, insbesondere traditionell vs. modern mit allen Zwischentönen, aufzeigen sollten. Bei 2 Weinen hatten wir allerdings Pech (Korkschmecker und ein offensichtlicher Flaschenfehler).

Folgende Weine waren am Start (mit Kurzkommentaren):

Zunächst die beiden Weißweine:

2015er Cune blanco "Monopole" Rioja DOCa (Cune, Haro)
der Jubiläumsjahrgang dieser weitverbreiteten Marke, die erstmals mit dem Jahrgang 2015 das Licht der Welt erblickte: 100% Viura, dezente Frucht mit floralen Noten, zartbitter im Abgang, ein angenehmer Essensbegleiter. 83 P.

2013er Remelluri blanco DOCa (Granja Remelluri, Labastida)
Cuvee aus angeblich 9 verschiedenen, teilweise nicht offiziell zugelassenen Rebsorten für Rioja DOCa (Viognier, Marsanne, Roussanne und andere), 18 Monate franz. Barrique, stammt von den höchst gelegenen Parzellen des Weinguts: sicherlich hochklassiger, aber schwer einzuordnender "Weltwein", perfekter Holzeinsatz, angenehme, tiefe Frucht mit frischer Säure, wirkt nicht breit oder fett, burgundisch angehaucht. 90 P.

Fortsetzung mit den 13 Rotweinen folgt demnächst !

Grüsse
Bodo
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weinaffe

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Re: Rioja-Weinprobe in Würzburg

BeitragDo 30. Mär 2017, 16:24

Hallo zusammen,

...und weiter geht es mit den roten Rioja-Weinen:

2015er "Milflores" Tinto Joven Rioja DOCa (Bodegas Palacio-Glorioso, Laguardia)
sehr aufwendig mit Blumen bedruckte Flasche, deren Inhalt aber für diese Stilistik nicht enttäuscht (100% Tempranillo, Ausbau Maceracion Semi-carbonica): intensive, fast plakative Kirsch-Pflaumen-Frucht, etwas dropsig, mittlerer Körper mit ausgewogener Säure und samtigen Tanninen, keinerlei Holzausbau, mittlerer Länge. Ein auf Frucht gebauter Tempranillo für den baldigen Verbrauch, Marke "Crowd PLeaser", aber durchaus gut vinifiziert . 80 P. (im Handel weniger als 5 EURO).

2011er "Experienca 2" Rioja Crianza DOCa (Paco Garcia, Murillo)
ein Wein mit Raritätencharakter und Klasse ! Das Traubengut stammt aus einem mit 100% Graciano bepflanzten Weinberg, 18 Mon. Barriqeausbau. Schon in der Nase kühle, elegante Stilistik mit hintergründigem Holzeinsatz und pikanter Frucht (Preiselbeere, Cassis, Kirsche), vermischt mit würzigen Noten (Kräuter, etwas Minze), auf der Zunge hochelegant mit feinstrahliger Säure, feinkörnigem Tannin, fast burgundische Stilistik mit einiger Finesse und großem Trinkfluss. Für mich ein klarer Fall von Nachkauf, zumal der Preis (gut 16 EURO) mehr als angemessen ist. 92 P.

2005er Rioja Gran Reserva DOCa (Bodegas Sierra Cantabria, San Vincente de la Sonsierra)
eine Wein-Linie der umtriebigen Familie Eguren, die neben ihren modernen und teuren "Icon"-Weinen (El Puntido, La Nieta) auch diesen fast schon traditionellen Wein-Typ anbietet: fast reiner Tempranillo mit mürber, aber keineswegs oxidativer Kirsch-Pflaumen-Frucht, unterlegt mit hellem Tabak und altem Leder. Dezente Extraktsüsse, sehr harmonisch und angenehm gereift. Aufgrund seiner Fruchtdichte wird der Wein auch in 10 Jahren noch Genuss bereiten; er trinkt sich aber schon jetzt ausserordentlich gut. 89 P.

2011er "Propriedad" Rioja DOCa (Bodegas Palacios Remondo, Alfaro
Kutwein-Winzer Alvaro Palacios (L'Eremita) beweist mit diesem 100%igen Garnacha, dass man auch in der Rioja Baja tolle Weine produzieren kann: reife, saftige, aber nicht überreife Kirschfrucht (Herzkirsche), tiefgründige Nase, etwas Sandelholz und Piment, feine Würze, durchaus komplex, ebenso konzentriert und saftig, ohne ins Mastige abzugleiten, die 14,5 Vol% sind in keiner Phase zu spüren, kräftige Extraktsüsse bei gut konterkarierender Säure, noch leicht eckiges Tannin, langer Abgang. Gefällt mir persönlich besser als viele auf Genache basierende Chateauneuf-du-Pape-Weine, bei denen der Alkohol meist mehr spürbar ist. 91 P.

2007er "Contino" Rioja Gran Reserva DOCa Single Vineyard (Vinedos del Contino, Laguardia)
85 % Tempranillo, 10% Graciano, Rest Mazuelo und Garnacha, 2 Jahre Barriqueausbau: der Klassiker des nach dem Chateau-Prinzip aufgestellten Weinguts, perfekter, schmeckbarer, aber nur unterstützender Neuholzeinsatz, der aber der feinen Dunkelbeer-Frucht viel Spielraum gibt, harmonischer und eleganter Naseneindruck, auf der Zunge ebenso ausgewogen, spürbares aber feinkörniges Tannin mit der richtigen Dosis Säure, fast samtiger, ebenmäßiger Eindruck, tiefe Kirsch-Cassis-Frucht, seidig elegant, die 14 Vol% sind perfekt eingebettet, langer, harmonischer Abgang auf Holz und Frucht. Der Wein ist modern vinifiziert, verleugnet aber keineswegs seine Herkunft. 91 P.

2000er "Vina Albina" Rioja Gran Reserva DOCa (Bodegas Riojanas, Cenicero)
aufgrund starken Korkschmeckers ein Totalausfall. Ich hatte den Wein vor einigen Monaten in optimaler Verfassung im Glas und fand ihn in seiner reifen, mürben Fruchtstilistik mit der charakterischen Mischung aus Leder und Tabak einfach großartig, und das bei nur 13 Vol %. Leider hatten wir mit dieser Flasche Pech.

Fortsetzung mit den verbleibenden 7 Roten folgt!!

Grüsse
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weinaffe

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Re: Rioja-Weinprobe in Würzburg

BeitragFr 31. Mär 2017, 14:21

... und weiter geht es mit den roten Rioja-Weinen:

2014er "Finca de los Locos" Rioja DOCa (Artuke, Banos de Ebro)
einer der Top-Weine dieses kleinen Weinbaubetriebes, 80 % Tempranillo, 20 % Graciano, aus einem hochgelegenen Weinberg in der Alavesa, 16 Monate Barriqueausbau: fast blickdichte Farbe, konzentrierte Dunkelfrucht mit elegantem Holzeinsatz, floral unterlegt, konzentriert, aber dennoch nicht überextrahiert, hat tollen Trinkfluss, braucht sicherlich noch ein paar Jahre, ein moderner Rioja mit Charakter. 91 P.
P.S.: auch die einfacheren Weine dieses Erzeugers, z. B. der Pies Negros, sind sehr zu empfehlen.

2004er "Vina Tondonia" Rioja Tinto Reserva DOCa (Bodegas Lopez de Heredia, Haro)
75 % Tempranillo, 15% Garnacha, 5% Graciano, 5% Mazuelo. Der Klassiker aus der mit Abstand traditionellsten Bodega der Rioja. Das Konzept ist sehr einfach: der Wein wird wie früher vinifiziert. Hier wird aber auch gar nichts geändert. Der Wein ist auch entsprechend ein Charakterkopf: strenge, zunächst fast etwas karg wirkende Frucht mit angenehmen Reifetönen, der Wein dreht mit Luft aber dann doch auf, alles andere als ein "fetter Wein", stramme, aber reife Säure, die den Wein ungeheuer leichtfüssig macht, noch nicht ganz abgeschmolzenes Tannin, würzige Altholznoten, Tabak, altes Leder, mürbe Dunkelfrucht, durchaus langer, fruchtig-würziger Abgang. Die Klasse dieses Weines liegt vor allem in seiner Unaufgeregtheit, seiner Finesse und seiner ungeheuren Trinkigkeit. Und vor allem ist er unverwechselbar... und hat nur 13 Vol% !! 93 P.

2004er "904" Rioja Gran Reserva DOCa (Bodegas La Rioja Alta, Labastida)
90% Tempranillo, 10% Graciano, 4 Jahre Fass, 5 Jahre Flasche. Der direkte Vergleich der beiden Klassiker ist sehr interessant: der 904er von La Rioja Alta wirkt insgesamt gegenüber den Vina Tondonia etwas fleischiger und würziger, aber auch das ist pure Rioja-Klassik vom Feinsten: tiefe Kirschfrucht mit etwas Veilchen und Tabak, das Holz ist ganz im Hintergrund, angenehme Reifenoten, fast abgeschmolzenes, feinkörniges Tannin, reife Säure, sehr dicht, aber doch voll auf der filigranen Seite, nur 12,5 Vol%, langer, ebenmäßiger Abgang mit Reife und doch viel Frische. 93 P.

2008er "Altos Lanzaga" Gran Vinedo DOCa (telmo Rodriguez, Lanciego)
Das war leider der zweite Ausfall an diesem Abend.. und das bei einem Wein, den ich schon einmal in Bestform getrunken habe und der mir außerordentlich gut gefallen hatte. Diese Flasche war sehr rätselhaft. Kein Kork- oder sonstiger, bekannter Weinfehler ! Der Wein roch und schmeckte nach Vergammeltem, fast etwas ranzig, gleichzeitig Noten die an altes Plastik erinnerten. Am Kork lag es nicht; vielleicht war die Flasche vor dem Befüllen irgendwie infiziert worden. Keiner der Teilnehmer wollte auch nur einen weiteren Schluck von diesem Wein nehmen.

Die letzten 3 Weine folgen demnächst !

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Bodo
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weinaffe

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Re: Rioja-Weinprobe in Würzburg

BeitragMi 5. Apr 2017, 17:10

... und abschließend noch die letzten 3 Rioja-Rotweine:

2011er "Torre Muga" Rioja DOCa (Bodegas Muga, Haro)
75% Temranillo/15% Mazuelo/10% Graciano, 18 Mon. neues Barrique.
Sehr kräftige, fast blickdichte Farbe, noch etwas verschlossen, aber viel Potential andeutend, Preiselbeere, Kirsche, würzige Noten, auf der Zunge noch etwas eckiges Tannin, dank stimmiger Säure sind die 14,5 Vol% in keiner Weise spürbar, nur unterstützender Holzeinsatz, sehr langer Abgang. Der Torre Muga gehört ohne wenn und aber zu den besten Riojas der eher modernen Stilrichtung, ohne seine Herkunft zu verleugnen. 94 P.

1987er "Conde de Valdemar" Rioja Gran Reserva DOCa (Conde de Valdemar, Oyon)
leicht aufgehelltes Rubinrot mit dezenten Ziegelrottönen, noch quicklebendig in der Nase, dezente, angenehme Reifenoten (Leder, Piment, Tabak), reife mürbe Frucht mit viel Würze, keinerlei Oxidation (Wein wurde nicht dekantiert), sehr eleganter Mundeindruck, feine Säure, die für Frische sorgt, nur noch Spuren von Tannin, finessenreich und komplex, absolut kein Blockbuster. Toll gereifter Altwein, der das Potential der Rioja-Weine aufzeigt. 93 P (im Handel immer noch für weniger als 50 EURO erhältlich !)

2008er Rioja Reserva DOCa (Bodegas Remirez de Ganuza, Sanmaniego)
85% Tempranillo/ 10 % Graciano/ 5 % Beerenhäute (!!!) von Viura und Malvasia/durchschnittlich 60 Jahre alte Reben.
Nirgendwo in der Rioja wird mehr Aufwand bei der Traubenselektion und Verarbeitung der Trauben betrieben als in diesem Weingut: Verwendung nur der Traubenschultern ab Reserva-Qualitäten, mehrfache Selektion der Trauben.
Erinnert in der noch verschlossenen Nase stilistisch an einen hochklassigen Bordeaux, obwohl hier keinerlei Cabernet oder Merlot im Spiel ist, große, aromatische Tiefe, feine Dunkelfrucht, gibt noch nicht alles preis, kräftiges, aber ungemein feinkörniges Tannin, stimmige Säure, die diesen extraktreichen Wein gut im Gleichgewicht hält, die 14, 5 Vol % sind nicht zu spüren, große Fruchtdichte, extraktsüß, fast etwas pfeffrige Würze, ruht schon jetzt in sich, wird sich aber mit Sicherheit verbessern, langer, fruchtig-würziger Abgang. Man sollte diesen Wein noch mindestens 5 Jahre, besser 10 Jahre, im Keller vergraben.
Wein mit Potential, 94 P. (+).

Das wars wieder in aller Kürze. Rioja hat, bis auf 2 durch äußere widrige Umstände hervorgerufene Ausfälle, in keinster Weise enttäuscht. Die Spannbreite der gelungenen Weine ist enorm groß; es ist wirklich für jeden Gaumen und Geldbeutel etwas Interessantes dabei.

Als nächstes gibt es in Würzburg eine kleinen Vergleich zwischen Silvaner und Grünem Veltliner, die beide eine grosse Bandbreite an unterschiedlichen Stilen aufweisen können.
Nach Möglichkeit werde ich hier wieder berichten.

Grüsse
Bodo

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