Do 26. Jan 2017, 16:25
octopussy hat geschrieben:Ollie hat geschrieben:03: Lauer Schonfels (Fass 11) GG, Saar, 12.5%
Dunkle Nase, leichter Raffinerien, Am Gaumen voll, Saft, Kraft, Druck, etwas rustikale, aber sehr saftige Säure. Schöne Länge, würzig, im Abgang leichtes Bitterl, wie von einer herben Grapefruit. Gefällt mir sehr gut! 92-94 (93).
14: Wagner-Stempel Siefersheimer Heerkretz GG, Rheinhessen
Wieder dunkle Nase. Am Gaumen viel Saft, Kraft, dunkel, lang, harmonisch - toll! 93-95 (94)
31: Breuer Rüdesheimer Berg Rottland, Rheingau, 11.5%
Kräutrige Nase (Lorbeer, Estragon); davon auch am Gaumen. Später kommt in der Nase etwas Holz durch. Am Gaumen etwas kantig, aber intensiv, Kraft, Saft, leichter Karamell, aber sehr, sehr gut, Rheingau? 92-94 (93)
32: Emrich-Schönleber Monzinger Halenberg GG, Nahe
Dunkle, tiefe Nase. Am Gaumen dunkel, dicht, rustikal, fast etwas gerbig. Dichte, Saft und Kraft. Noch so’n GG-zilla. Lang! Super. 93-94 (94)
You know what's good!
Maybe not, but for me it's enough to know what I like.
Ich glaube, den Breuer werde ich mir noch holen. Selten genug, dass es gute Rottlands gibt. W-S habe ich nach der Septemberprobe
nicht gekauft, aber das ist OK. Trink ich halt Kuenstler.
Zu Molitor: Ja, der hat sich mir sehr schlecht praesentiert, keine Ahnung, was die anderen an ihm auszusetzen hatten. Jung schneiden die Molitore bei immer aber immer mies ab, nur um dann in 10 Jahren bei Nachverkostungen abzuraeumen.
Gleiches wird man dem B-W Pechstein unterstellen duerfen, der es als 45. Wein der Probe (es gab zwei Opferweine zum Einstimmen) immerhin noch fertigbrachte, mich zu begeistern. Waere er nicht so teuer...
Noch ein paar allgemeine Anmerkungen zu meinen Wertungen. Es ist vielleicht aufgefallen, dass ich sehr grosszuegig gewertet habe - normalerweise bin ich das niedrige Streichergebnis der Gruppe. Das heisst, bei einem Wein, dem ich 88-90 gab, habe ich die 90 fuer die Gruppenwertung kommuniziert (normalerweise nenne ich die 88). Das war Absicht, weil ich dieses Mal den Weinen den Vertrauensvorschuss geben wollte, denn ich hatte erwartet, dass einige (die meisten, tatsaechlich) GGs sich so spaet in sehr schlechter Verfassung zeigen wuerden. Also habe Weine, die mir nicht oder nicht sooo gefallen haben, bewusst nicht abgeschossen.
Nach oben war ich dagegen vielleicht etwas defensiv, weil ich (und wohl einige andere Verkoster auch) auf den grossen Knall gewartet habe. Fuer mich waren aber wirklich keine >95 Punkte dabei, denn im momentanen Zustand konnten sich die besten Weine halt nicht so deutlich absetzen, wie man das vom Preis her erwarten (verlangen?) koennte. Das erklaert die fuer mich etwas niedrige Dynamik in meinen Wertungen. (Obwohl, 10 Punkte hatte die Spanne dann doch.) In der Gruppe hingegen, und das gibt das simple Ranking nicht wieder, gab es bei einigen Weinen Unterschiede von 20(!) Punkten: Von 75 bis 95 war alles dabei.
Hinzu kommt, dass 2015 viele Weine genau nach meinem Geschmack waren: Frucht, aber nicht zuviel, dunkle Noten, nicht suess, Koerper, Intensitaet, Kraft, Saft, saftigste, Saeure, die den besten Weinen wirklich super Struktur (und Superstruktur) verleiht, gepaart mit nicht zu hohem Alkohol und Freiheit von Botrytis. Deswegen lesen sich meine Beschreibungen auch alle entlang dieser Linien.
Besonders gefreut hat mich die im Vergleich zu September nur noch sehr geringe Wahrnehmung von Gerbstoffen; das war wohl den Schwefelwerten der frisch geoeffneten Flaschen geschuldet. Man wird aber sehen muessen, ob die Phenolgehalte auf lange Sicht aiusreichend niedrig sind, um den Weinen ein langes Leben zu bescheren. (Soviel zur Frage, wohin die Reise nun ginge.)
Ueberraschend fuer mich war, dass wirklich viele Weine diese dunkle, schmutzige "Raffinerienase" in mehr oder weniger grossem Ausmass zeigten. Entweder hatte ich einen Knoten in der Nase, oder es ist objektiv so und das Ergebnis einer gewissen Konvergenz in der Weinbereitung trockener Grossrieslinge - oder es ist der Jahrgang. Denn der Boden war's nicht, dazu hatte ich diese Wahrnehmung bei Weinen von zu unterschiedlichen Boeden.
Ueberhaupt, Unterschiede: Es ist mir extrem schwer gefallen, auch nur die Region oder den Boden zu erkennen. Waehrend einige Kalkweine wirklich so schmecken (Keller Kirchspiel, Sauer), taten's einige nicht (Keller Westhofener, Thoerle, ...), sondern nach (rotem) Schiefer und umgekehrt (Doennhoff etwa). Einige Male lag ich richtig, aber bei 46 GGs ist das im 10%-Bereich Trefferquote, also ein Witz. Sogar im Nachhinein erkenne ich an meinen Beschreibungen nicht die Herkunft, wie ich sie bei mir im Kopf habe. Liegt natuerlich an meinem Kopf liegen, aber vielleicht hat ja noch jemand ein Statement zu dieser Situation.
Achso, zwei Ausnahmen natuerlich: Mosel-GGs und Schaefer-Froehlich. Die weniger kontroverse Meinung zuerst: S-F produziert Weine mit dem groessten Wiedererkennungswert in ganz Deutschland, man erkennt sie sogar blind an der Beschreibung der Mitverkoster am Tisch, aber was fuer ein hingedeichselter... Zeug. Brrrr. Mag sein, dass mit Flaschenreife die Weine wirklich aufbluehen, aber ich reg mich zu sehr auf, um mir sowas in den Keller zu legen.
Dann, auch 2015 habe ich noch kein junges Mosel-GG im Glas gehabt, das in einer horizontalen GG-Probe besteht. Ich meine nicht von Kraft und Koerper her (ich werde einem Chambolle-Musigny ja keinen GC-Status aberkennen, weil der weniger Bums hat als ein Pommard oder Gevrey), sondern von der reinen "Qualitaet" im Jungwein. Zu unkomplex, zu unlang, zu unspannend, zu sehr "einfach nur eine gute Spaetlese". Und ich habe bewusst nicht "trockene Spaetlese" geschrieben, weil, naja, da ist noch Restzuckerpotential nach unten. Wie oben erwaehnt werden einige Weine mit gutem
track record bestimmt abheben in 10+ Jahren, aber wenn's jung in einem line-up nur so la la schmeckt, ist es "wahrscheinlich Mosel". Auch 'ne Marke. Passt uebrigens zu meinen Eindruecken von der Weinprobe im September (im GG-Thread).
Naja, auch hier die Ausnahme von der Ausnahme (
tertium aber doch
datur): Heymann-Loewenstein. Im Spaetherbst fand ich den Roettgen schon extrem "nicht meins", nun auch der Uhlen L. Vielleicht ist es ja wirklich nur eine Frage der Stilistik...
Noch ein paar Anmerkungen zu einigen hochbewerteten
Dark Horses:
01: Fußer Ruppertsberger, Pfalz, 12.5%
Wirklich sehr netter Wein, wenn auch wohl etwas euphorisch bewertet. Ich werde mal kaufen und schauen, ob er sich schlaegt. Fuer 8 Euro darf er auch mit 88 Punkten performen. Seltsam, dass der Reiterpfad (am Ende der Probe) so viel schlechter dastehen soll. Vielleicht habe ich mich auch verschmeckt; Rings hat ja auch
abgek sich schlecht geschlagen.
04: Fürst Centgrafenberg GG, Franken, 12.5%
Der Fuerst faellt bei vergleichenden Proben und speziell beim BRC regelmaessig durch. Und ebenso regelmaessig finde ich den Wein eigentlich ganz schick und auch ziemlich typisch. OK, vielleich macht die Pfalz schoenere und guenstigere Rieslinge vom Buntsandstein (z.B. Theo Minges in gelungenen Jahren), aber typisch und konsistent in Stil und Qualitaet ist der Wein seit Jahrenden: eine Bank, aber halt Sparkasse.
13: Thörle Saulheimer Hölle, Rheinhessen, 13%
Angenehme Ueberraschung, fuer 25 Euro aber auch kein echtes Schnaeppchen mehr. Wer ihn schon hat, kann zufrieden sein, aber er ist noch zu haben, fuer die, die keinen Dorfwein von Keller mehr ergattern konnte (der sehr gut ist, aber nicht so singulaer gut, dass man sich graemen muesste, ihn verpasst zu haben - sieht ja Stephan Reinhardt so wie ich).
38: Wageck Schützenhaus Halbstück, Pfalz, 12.5%
Muesste ich mal nachverkosten, da war ich mir selber nicht ganz sicher.
Von den grossen "Verlierern" trifft mich eigentlich nur das schlechte Abschneiden des Pettenthals von K-G, den ich mir nach der September-Probe gekauft hatte. Von den kleinen Verlieren hatte mich Schwedhelm schon im Spaetherbst enttaeuscht (auch 86), also alles gut.
Soweit von hier, vielleicht fallen mir ja noch einige Gedanken wieder ein, die ich waehrend und seit der Probe hatte.
Cheers,
Ollie