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"Jahrhundert-Weinprobe" in Würzburg

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weinaffe

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"Jahrhundert-Weinprobe" in Würzburg

BeitragSo 18. Dez 2016, 18:38

Hallo zusammen,

das Jahr neigt sich dem Ende und damit ist wieder Zeit für die schon fast kultige "Jahrhundert-Weinprobe", zu der Christian am Anfang des Monats wieder einige Weininteressierte und Geniesser in den Keller des "Tiepolo" eingeladen hat.
Bei einem mehrgängigen Menue (Tapasvariationen/Tagliatelle alla Siciliana/In Wermut geschmorte Iberico-Bäckchen mit Kartoffelstampf/kleine Käsevariation) gab es wieder einige kostbare und rare Weine zu verkosten, die allesamt in Jahren mit mehr oder weniger spektakulären Kometenauftritten produziert wurden.
Neben vielen Details zu den einzelnen Kometen und stimmungsvollen Bildern hierzu standen folgende Weine im Mittelpunkt:

Als Aperitif:
2006er Vieilles Vignes de Cramant B.d.B. Extra Brut (Larmandier-Bernier) aus der Magnum
Larmandier-Bernier macht für mich die weinigsten und cremigsten Champagner, die auch keinerlei Dosage nötig haben. Ein großartiger Champagner, von dem man sich fast eine Doppel-Magnum gewünscht hätte :lol:

Zu den Tapasvariationen:
2011er Vinoterra Kisi (Schuchmann Wines, Georgien)
optisch schon ein Orange-Wein, aber sehr sauber und klar, angenehmer Gerbstoff, straffe Struktur, Lageräpfel, langer Abgang. Ein gelungener Menue-Wein.

1984er Schloßböckelheimer Kupfergrube Riesling QW (Staatsdomäne Niederhausen/Schloßböckelheim)
eine echte Überraschung aus einem "kleinen" Jahr: angenehme Reifenote mit kaum Petrolnoten, einige Frische, knackige, aber harmonische Säure, elegante Rieslingfrucht, noch sehr angenehm zu trinken.

2011er "Felseneck" Riesling GG (Schäfer-Fröhlich)[/b
zunächst die üblichen Reduktionnoten, die jedoch durch kräftiges Schwenken des Glases in den Hintergrund traten,sehr dichter, kräftiger Riesling mit fast samtiger Säure, angenehmer Hauch Gerbstoff, gute Länge, ein hochklassiger Riesling mit sehr individueller Stilistik.

[b]1986er Montrachet Grand Cru "Marquis de Laguiche" (Joseph Drouhin)

eines der Highlights der Probe: ein ultrafeiner, sehr eleganter Chardonnay in bester Reife, sogar mit weiterem Potential, kein Marktschreier, hier ist alles am richtigen Platz, voller Finesse, trotz aller Dichte ein fast schwerelos wirkender Wein, ganz langer Abgang mit wunderbar herausgearbeiteter Kalksteinmineralität. Ein Old-school-Montrachet der absoluten Spitzenklasse.

Zu den Tagliatelle alla Siciliana:
als Tischwein den
2013er "Cometa" von Planeta aus Sizilien
Ein 100%iger Fiano, der sehr gut zum Essen gepasst hat. Nach dem grandiosen Montrachet hätte wahrscheinlich jeder Weißwein Schwierigkeiten gehabt, sich zu behaupten.

1997er Brunello di Montalcino Riserva (Conti Costanti)
ein weiterer Volltreffer: wunderbar gereifter Brunello mit ätherischen Noten,Tabak, Leder und mürber Dunkelfrucht, bestechend die Finesse und Eleganz dieser Reserva, die nicht mit Überkonzentration strotzt, der Wein ruht in sich, bestechende Harmonie, fast "burgundischer" Brunello-Typ. Große Klasse !

1996er Cote Rotie "La Mordoree" (Chapoutier)
das Gegenteil eines fetten australischen Shiraz; sehr filigran, schliffige Säure, fast abgeschmolzenes Tannin, etwas rohes Fleisch, grünner Pfeffer, knapp reife Cassis, ein Cote Rotie mit Finessefaktor, absolut nichts für Parker-Punkte-Trinker. Mr. Chapoutier selbst schätzt diesen eleganten Jahrgang hoch ein.

2005er Chateau Pavie-Macquin Grand Cru Classe St. Emilion
ein nicht ganz unumstrittenes Konzentrationsmonster aus Bordeaux (15 Vol%): hat nur noch wenig mit einem klassischen Bordeaux der alten Schule zu tun, sondern ist ein geographisch schwer zu verortender "Welt-Wein", allerdings auf allerhöchstem Niveau: sehr dichte Nase mit Frucht und Würze, noch jugendlicher und zurückhaltender Eindruck, aber keinerlei marmeladige Noten.auf der Zunge maximale Konzentration, aber alles besens verpackt, sehr feinkörniges, präsentes Tannin, der Alkohol ist in keiner Phase zu spüren, langer Abgang.
Für Anhänger dieses Stils ein ganz großer Wein.

Zum Iberico Bäckchen:
Zunächst eine Überraschung: Christian hat außerplanmäßig einen Rotwein eingestreut, den wir blind probiert haben. Viele tippten auf Spanien als Herkunftsland. Es war aber ein:
1998er Dornfelder Barrique (Schloss Sommerhausen)
sehr lebendig, kraftvoller, aber nicht überreifer Eindruck, feine Kirschfrucht, gekonnter Holzeinsatz, so macht selbst Dornfelder Spass.

2006er Luna Beberide "Paixar" Bierzo DO
ein gelungener Mencia-Rotwein mit Fülle, die aber dennoch gut verpackt ist.

2011er Clos Rougeard Saumur-Champigny
den vor allem preislichen "Hype" um diesen Cabernet-franc von der Loire habe ich nie so recht verstanden: Sicherlich ein sehr guter, feiner und eleganter Sortenvertreter, der aber etwas linear daherkommt. Hier fehlt einfach die Komplexität eines wirklich großen Weins, so dass dieser Wein einfach zu wenig bietet angesichts seines mittlerweile exorbitanten Preises. Allerdings ist dies natürlich Jammern auf hohem Niveau, aber das Preis-/Leistungsverhältnis stimmt bei diesem Wein in keiner Weise.

1976er Serriger Schloss Saarsteiner Riesling Auslese (Schloss Saarstein)
ein gelungener Vertreter aus diesem heißen und säurearmen Jahrgang: durchaus noch lebendiger Auftritt mit einem Hauch Petrol und gereifter Rieslingfrucht, ein Hauch Karamell und Rosine, die Restsüsse ist fast abgeschmolzen, angenehme Säure, sehr schön zu trinken.

Auf den folgenden Wein war ich sehr gespannt:
1911er Eltviller Sonnenberg Fass Nr. 46 (Graf Eltz, Eltville)
Die Weine von Graf Eltz zählten seinerzeit zu den besten Rheingauer Weinen und haben in vielen Altweinproben nach vielen Jahren Reifung noch glänzen können. Dirk Würtz hat auf seinem Blog kürzlich über eine Probe Eltzscher Rieslinge sehr euphorisch berichtet; so einen "alten Knochen" wie den 1911er hatte er aber meines Wissens nach nicht im Glas gehabt. Kurzum: ein phantastisch gereifter Riesling (wahrscheinlich Spätlese- oder Auslese-Material), bei dem die Restsüsse nicht mehr zu erkennen ist, dezente Orange-Optik, kein Hauch Petrol, sehr lebendig, feiner eleganter, fast zeitloser Riesling von grosser Klasse. Auch ohne Alters- und Raritätenbonus ein ganz großartiger Riesling.

Zum Käse gab es abschliessend noch den:
1996er Chateau d`Yquem 1er Grand Cru Classe Sauternes
möglicherweise eine nicht optimale Flasche: etwas bedeckt schon in der Nase, auch am Gaumen nicht ganz klar und ein Hauch bitter, vielleicht ein Kork-Schleicher?

Trotz des nicht optimalen d'Yquem eine tolle Probe, die von Christian wieder mit Souveränität und viel Herzblut zusammengestellt und präsentiert wurde. Auf ein Neues im nächsten Jahr ! Ich bin gerne wieder dabei !

Grüsse
Bodo
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Judo

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Re: "Jahrhundert-Weinprobe" in Würzburg

BeitragSo 18. Dez 2016, 20:27

Neid :oops:
Bodo, sind diese Proben reine Einladungsveranstaltungen, oder gibt es die Chance auf "Tickets"?
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Michl

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Re: "Jahrhundert-Weinprobe" in Würzburg

BeitragSo 18. Dez 2016, 21:10

Bodo, da du beim Clos Rougeard von "exorbitantem Preis" sprichst, komme ich etwas ins Stutzen. Hattet ihr wirklich nur den einfachen Saumur C.? Deiner Beschreibung nach ist das ja zu vermuten. War der Wein denn überhaupt schon da?
Viele Grüße

Michl
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Michl

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Re: "Jahrhundert-Weinprobe" in Würzburg

BeitragMo 19. Dez 2016, 20:44

Ups :shock: habe gerade selbst recherchiert. Das war mir nicht bewusst, wie die Preise in letzter Zeit in die Höhe geschossen sind. Okay :? da ist jede Kritik am PGV natürlich berechtigt...
Viele Grüße

Michl
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weinaffe

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Re: "Jahrhundert-Weinprobe" in Würzburg

BeitragMo 19. Dez 2016, 23:41

Judo hat geschrieben:Neid :oops:
Bodo, sind diese Proben reine Einladungsveranstaltungen, oder gibt es die Chance auf "Tickets"?


Hallo Jürgen,

im Prinzip kann hier jeder teilnehmen, sofern er sich rechtzeitig anmeldet und die Teilnahme Gebühr (139 EURO alles inklusive) entrichtet. Natürlich gibt es eine treue Fangemeinde, so dass sich die Probe recht schnell füllt. Ich werde im nächsten Jahr hier im Forum noch einmal auf die Probe hinweisen ;)

Gruesse
Bodo
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Judo

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Re: "Jahrhundert-Weinprobe" in Würzburg

BeitragDi 20. Dez 2016, 08:39

Danke! Wenn der Termin passt, werd ich mich um eine Teilnahme bemühen

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