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Frankreichweinprobe in Würzburg

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weinaffe

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Frankreichweinprobe in Würzburg

BeitragSo 9. Okt 2016, 16:17

Hallo zusammen,

letzten Freitag trafen sich in Würzburg wieder einmal einige "Weinnasen", um mit dem Glas in der Hand eine kleine Reise durch Frankreichs Anbaugebiete zu unternehmen.
Es waren 14 (TCA-freie !) Weine am Start, 6x weiss und 8x rot.

Zunächst die Weißen in der Kurzkritik:

---- Selection "Purete de Terroir" Grand Cru Brut Nature (Barnaut, Bouzy) -Champagne-
überzeugender und kompromissloser Schäumer aus Bouzy: 90% Pinot Noir und 10% Chardonnay, 3-4 Jahre Hefelager, sehr feine Perlage, trocken wie ein Pokerauge, aber gewisse Fülle und dank BSA absolut nicht sauer, sehr klare, schnörkellose Stilistik, sehr dicht und mineralisch, ganz typischer P.N.- basierter Schampus mit hohem Spassfaktor .. und mit 22 EURO vor Ort mehr als fair bepreist. 91 P.

2012er Eguisheimer Pfersichberg Riesling Alsace Grand Cru (Bruno Sorg, Eguisheim) -Alsace-
absolut trocken und puristisch, trotzdem angenehme Fülle mit Steinfrucht und floralen Noten, ordentliche Länge und angenehme Säure. Vom Typ her vergleichbar mit einem guten Pfälzer Riesling. 89 P.

2013er "Le MD de Borgeois" Sancerre a.c. (Henri Bourgeois, Chavignol) -Loire-
ganz klassischer Sancerre: feine, zurückhaltende Fruchtnoten (Stachelbeere, etwas Maracuja) mit reifer Paprika gemischt, alles andere als "New-World-Style", am Gaumen knackfrisch, sehr klar und reintönig, mehr Eleganz als Power, macht rundum Spass, nur 12,5 Vol%, ein sicherlich guter Speisebegleiter. 90 P.

2012er Chardonnay "Les Graviers" Arbois a.c. (Stephane Tissot)-Jura-
wie immer ein polarisierender Wein, nichts für Fruchttrinker, für mich aber eindeutig hochklassig: zunächst sehr reduktive, stark hefige Nase mit Feuerstein und Schiesspulver, dahinter aber typischer Jura-Chardonnay mit kalkiger Mineralität, messerscharfer Struktur und Säure, sehr stimmiger und langanhaltender Wein, "Steinschlürfer" werden diesen Wein lieben. 92 P.

2011er Clos Floridene blanc Graves a.c. (Denis Dubourdieu, Beguey) -Bordeaux-
Zu Ehren des im Juli verstorbenen, charismatischen "Weinprofessors", der viel für die Qualität -nicht nur der eigenen- der Weissweine aus dem Bordelais getan hat: 55% Semillon, 44% Sauvignon blanc und 1% Muscadelle. Der Semillon gibt hier den Ton an, unterstützt durch die typ. S-bl.-Attribute, gelbe Früchte (Mirabelle, Aprikose) mit mineralischen Noten, perfekter, nur unterstützender Holzeinsatz, klare Säure, Alkohol im Hintergrund, sehr stimmig mit glasklarem, harmonischen Abgang. Ein vorbildlicher Graves zu sehr vernünftigem Preis. 90 P.

1997er Chateau Climens 1er Cru Classe Barsac (Lurton, Barsac) -Bordeaux-
großer Name aus dem Sauternes und ein sehr guter Süsswein-Jahrgang, das Ergebnis ist entsprechend: schon in der Nase großartige Fruchtdichte mit ganz sauberer Bortrytis, gelbe Früchte, auf der Zunge alles andere als ölig und langweilig, tolle Cremigkeit, die dezente Säure erhält durch zurückhaltende Süsse und optimalen Holzeinsatz den nötigen Grip, nicht die Feinheit eines d'Yquem, aber eine enorme Dichte und Cremigkeit mit einem zartbitteren und ewig langem Nachhall aus Frucht und Holz. Toller, kraftvoller Barsac, der jetzt wunderschön zu trinken ist, sicher aber auch noch ein langes Leben haben könnte.

Demnächst geht es weiter mit den 8 Rotweinen, die auch ausnahmslos grosses Trinkvergnügen bereitet haben !

Grüsse
Bodo
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weinaffe

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Re: Frankreichweinprobe in Würzburg

BeitragMi 12. Okt 2016, 17:33

.... und weiter geht es mit den 8 Rotweinen aus Frankreich:

2013er Morgon a.c. "Terres Dorees" (Jean-Paul Brun, Charney) -Beaujolais-
absolut klassische Nase: Kirsche, Preiselbeere, etwas Veilchen, kein Neuholz spürbar, Ähnlichkeit mit einem leichten Pinot ist durchaus vorhanden, absolut trocken mit animierender, durchaus präsenter Säure, dezentes Tannin, frische Dunkelfrucht mit leicht floralen Beitönen, fast leicht im Körper (12 Vol%), da nicht chaptalisiert, nicht mega-konzentriert, aber auch keine Säuerling, mittellanger, fruchtig-frischer Abgang mit angenehmer Rückaromatik. Die Stärken liegen hier in der Aromatik und vor allem in der Trinkigkeit. 86 P.

2008er "L'Esprit du Couvent" Madiran a.c. (Guy Capmartin, Maumusson) -Madiran-
100% Tannat, 100% Neuholz. Kräftige, intensive Dunkelfruchtnase (Brombeeren, Blaubeeren, Schlehe), vermischt mit Tintenblei, Zeder und Altleder-Noten. Geht sehr in Richtung Bordeaux, wirkt aber schon in der Nase viel ungestümer und im positiven Sinne bäuerlich. Die röstigen Noten vom Neuholz werden von der Frucht fast verschluckt. Auf der Zunge mit viel Grip und Power, deutliche, aber integrierte Säure, die Tannine sind noch etwas eckig, was irgendwie zu so einem Wein-Charakter bestens passt, kraftvoller Körper, die 14 Vol% sind jedoch nicht unangenehm zu spüren, sehr fruchtdicht, einiges an Extrakt, Holz bestens integriert, beachtliche Länge mit Ecken und Kanten. Das wird niemals ein "Edelmann" werden, aber Charakter kann man diesem "Musketier" nicht absprechen. Zu herzhaften und deftigen Fleischgerichten ein idealer Begleiter. Mir macht er aber auch solo Spass. 90 P.

2013er "Copa Santa" Languedoc AOP Terroir Mejanelle (Pierre Clavel, Assas) -Languedoc-
Die Top-Cuvee des sympathischen Mr. Clavel (83% Syrah/17% Grenache): noch etwas verschlossen in der Nase, etwas Kirsche und Craneberries, Hauch Pfeffer, im Mund deutlich extraktsüss, sonst aber absolut trocken, Holz nur dezent spürbar, angenehme, nicht überkonzentrierte Dunkelfrucht, sehr ausgewogen, angenehme Säure, feinkörniges Tannin, hat durchaus einen Hauch Eleganz, allerdings kein Leichtgewicht, der Alkohol (14,5 Vol%) ist aber bestens verpackt, mittellanger bis langer, fruchtig-würziger Abgang. 2- 3 Jahre weitere Lagerung sind bei diesem Wein sicherlich von Vorteil, auch wenn er sich schon jetzt mit Genuss trinken lässt. 90 P.

2012er "les Myrs" Cotes du Roussillon Villages AOP (Danjou-Banessy, Espira del' Agly) -Roussillon-
100 % Carignan von durchschnittlich 80 Jahre alten Reben. Überraschung schon in der Farbe: nicht dicht und blauschwarz, sondern durchscheinend im Stile eines Pinot Noir. Sehr komplexe Nase, ein Mix aus Brombeere, Kirsche und Himbeere, gewürzt mit einem Hauch Unterholz und ledrigen Noten. Auf der Zunge ebenso finessebetont, absolut kein Blockbuster (trotz 14 Vol%),absolut trocken, stimmige Säure mit feingliedrigen Tanninen, komplexer Frucht-Würze-Mix, sehr elegant und perfekt harmonisch, hier sticht nichts raus, harmonischer, langer Abgang. Sehr eigenständiger, hochklassiger Carignan mit Pinot Noir-Allüren. Wer Finesse, Eleganz und Komplexität schätzt, wird seine helle Freude an diesem Südfranzosen haben. Trotz des gehobenen Preises eine unbedingte Kaufempfehlung (u. a. bei K & U erhältlich) 94 P.

2011er Chateauneuf-du-Pape a.c. (Domaine du Pegau, Paul Feraud) -Rhone-
ein echter Klassiker: typische, reife Grenache-Frucht (Herzkirsche, ein Hauch Zimt,reife Pflaume), füllig, aber nicht zu üppig und jenseits marmeladiger Noten, deutliche Extraktsüsse, stimmige Säure, geglättetes Tannin, geschmeidiger, aber nicht konturloser Eindruck, kräftiger Körper, aber nicht mastig, die 14,5 Vol% sind überraschend gut eingebunden, sehr fruchtdicht, langer, fruchtig-würziger Abgang. Es gibt sicherlich kraftvollere, extraktreichere und wuchtigere Chateauneuf-du-Pape, aber Pegau ist in punkto Trinkigkeit, Finesse und Eleganz kaum zu schlagen. Meine Referenz für diesen Weintyp. 93 P.

2011er "La Roche" Cornas a.c. (Jean-Luc Colombo, Cornas) -Rhone-
auf die südliche Rhone folgt sofort ein Wein vom nördlichen Teil dieses Flusses. Andere Rebsorte (100% Syrah), andere Stilistik. Zurückhaltende, leicht fruchtig-pfeffrige "Cool-Climate"-Nase, weniger Frucht, aber sehr würzig (Tabak, Leder, etwas Moschus), wirkt noch sehr jugendlich, am Gaumen absolut trocken, feine Säure, noch leicht eckiges, aber feinkörniges Tannin, kühles Mundgefühl, trotz 13,5 Vol% nur mittelgewichtig, klare Dunkelfrucht mit dezentem, unterstützenden Holzeinsatz, angenehm würzig, es fehlt etwas die Fruchtdichte, aber ein sehr stimmiger Wein, der auch noch ein paar Jahre liegen kann. 90P.

2011er Chambolle-Musigny 1er Cru a.c. (Francois Bertheau, Chambolle-Musigny) -Burgund-
sehr zurückhaltende Nase mit etwas Kirsche, angenehme Holzunterstützung, Hauch Himbeere, sehr jugendlicher Eindruck. Auf der Zunge auch -noch- zurückhaltend, klare Säure, noch ganz leicht eckiges Tannin, die Frucht ist aber durchaus dicht, angedeutete, hohe Aromakomplexität, die Finesse eines Chambolle blitzt schon durch, der Wein braucht einfach noch ein paar Jahre Zeit. Ein typischer, hochklassiger Chambolle. 90 P. ++

2000er Chateau Gloria St. Julien a.c. (Heritiers Henri Martin, St. Julien) -Bordeaux-
archetypische Nase eines gereiften St. Julien: nicht die Überkonzentration, aber Finesse pur, dunkle, reife Früchte, vermischt mit Tintenblei, Zeder und feinstem Havanna-Tabak. Die Nase zum sich reinlegen...
auch der Mundeindruck überzeugt: perfekte Harmonie von niedrigem Alkohol(12,5 Vol%), belebender Säure und fast abgeschmolzenem Tannin, die diesem Wein ein seidiges und elegantes Mundgefühl verleihen, kein Konzentrationsmonster, aber perfekt ausbalanciert, Harmonie pur, mittellanger bis langer, kühl-fruchtiger Abgang mit intensiver Rückaromatik. 95 P (vor allem für den perfekten Trinkspass).

Das wars wieder in aller Kürze. So kann es gerne weitergehen. In knapp 2 Wochen wird es einen Rundumschlag mit Weiß- und Rotweinen aus Italien geben. Bericht folgt zu gegebener Zeit!

Grüsse
Bodo

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