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Weinprobe Chardonnay, Riesling und Sauvignon bl. in Würzburg

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weinaffe

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Weinprobe Chardonnay, Riesling und Sauvignon bl. in Würzburg

BeitragMo 6. Jun 2016, 18:47

Hallo zusammen,

letzten Freitag kamen wieder einige Weininteressierte in Würzburg zusammen, um den Stilistiken der 3 weltweit bekanntesten Weißweinrebsorten auf den Grund zu gehen. Insgesamt waren 15 Weine am Start, die sich paritätisch auf die genannten Rebsorten verteilten.

Zuerst waren die Chardonnay dran:

1.)--- Blanc de Blancs Grand Cru Extra Brut (Pierre Peters, Mesnil-sur-Oger) -Champagne-
ein extrem puristischer, aber feiner und eleganter Schäumer, der dank Edelstahlausbau der Grundweine und nicht übertriebener Hefelagerung (ca. 3 Jahre) die Chardonnays der Cote de Blancs aufs Beste repäsentiert: knalltrocken (2 gr. Dosage), präsente, aber dank gelungener Malo auch cremige Säure, ultraklar im Ausdruck, sehr mineralisch, gute Länge, perfekt ausbalanciert. Klasse Stoff, der unheimlich viel Trinkfluss hat. 92 P.

2.) 2013er Chardonnay "Darscho" Landwein tr. (Velich, Apetlon) -Burgenland-
angenehme Melonenfrucht in der Nase, nicht der straighte und eher fruchtarme Stil der Franzosen und auch nicht das starkfruchtige in vielen deutschen Chardonnays, er findet gut den Mittelweg, angenehmer, nur unterstützender Holzeinsatz (gebrauchte Barriques), schön trocken, aber durchaus mit einiger Fülle, die Säure tariert dies aber gut aus, so dass der Alkohol trotz 13,5 Vol% in keiner Weise spürbar ist, einiges an Extrakt, ordentliche Länge, endet auf dezenter Agrumenfrucht mit einem leichten Kick Holz. Sehr gelungener, eigenständiger Wein mit Klasse. 90 P.

3.) 2008er Chardonnay "Les Graviers" Arbois a. c. (Stephane Tissot) -Jura-
nahezu unverwechselbarer Stil, in der Nase extrem hefig, daher viel Würze, gelungener Holzeinsatz, mürbe Apfelfrucht mit etwas Zitrus, deutlich Curry, die kräftige Säure macht diesen Wein unglaublich frisch und fast jugendlich, der Wein hat sich in den letzten Jahren praktisch nicht verändert, puristisch, würzig, Brioche mit Curry und reifer Frucht, langer hefig-würziger Abgang. Großartiger Chardonnay ganz eigener Prägung, der nicht unbedingt jedem schmecken muss. 92 P.

2014er Saulheimer Chardonnay Reserve QW tr. (Thörle, Saulheim) -Rheinhessen-
wurde sofort als deutscher Chardonnay erkannt, relativ viel Frucht, deutlich röstiges Holz, das aber durchaus eingebunden ist, reife Säure, trotzdem der Wein weniger als 4gr. RZ hat, wirkt er etwas restsüss, hat Schmelz und Fülle, ist aber auf durchaus gehobenem Level etwas langweilig. 87 P.

2010er Meursault "Les Chevaliers" a. c. (Bernard Boisson-Vadot, Meursault) -Bourgogne-
auf dieses Weingut war ich schon etwas gespannt, da es so ein bischen als -bezahlbarer- Geheimtipp im "weißen" Burgund gilt und meine Erwartung wurde nicht enttäuscht: ungemein straffer sehniger Wein mit zunächst leichter Reduktionsnote, die aber mehr und mehr mit Belüftung verfliegt und eine deutliche Feuersteinnote hinterlässt, knalltrocken mit saftiger Säure, trotz puristischer Art mit viel Grip und Extrakt, das Holz ist spürbar, passt aber haargenau zu diesem Wein, Alkohol überhaupt nicht spürbar, langer, aromatischer Abgang. Tatsächlich ein weißer Burgunder, der durchaus ein wenig an die Stilistik von Coche-Dury erinnert... und dabei erheblich preiswerter ist. Ausnahmsweise ein von dem Weinlyriker aus Saarwellingen zu Recht hochgelobter Burgunder der Extraklasse 94 P.

Fortsetzung folgt !!

Grüsse
Bodo
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weinaffe

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Re: Weinprobe Chardonnay, Riesling und Sauvignon bl. in Würz

BeitragDi 7. Jun 2016, 17:28

.... und weiter geht es mit den 5 Sauvignon blancs:

6.) 2014er Sauvignon blanc "Winkl" Südtirol Terlan DOC (Kellerei Terlan) -Südtirol-
Prototyp eines klassischen, im Edelstahl ausgebauten "Reinzucht"-SB: reife Stachelbeere, Cassis, etwas grüne Paprika und Brennessel, gute Balance zwischen Frucht und vegetabilen Noten, glasklare Frucht mit stützender Säure, die Aromenpalette an Frucht und vegetabilen Noten wiederholt sich am Gaumen, leicht pfeffrig, durchaus kraftvoll, perfekter Mainstream-SB auf allerdings durchaus hohem Niveau. Der ideale Wein für Anfänger, die sich an die Geruchs- und Geschmacksmerkmale einer Rebsorte herantasten wollen. 87 P.

7.) 2013er Sauvignon blanc (Spottswoode Estate, St. Helena) -Napa Valley
dieser Wein ist eine Cuvee aus SB, die aus dem Sonoma- und dem Napa-Valley stammen, und gilt als einer der besten SB Kaliforniens: etwas gezügelte, nicht so plakative Fruchtnase, die aber doch reife Cassis, etwas Mango und einen Hauch grüne Noten erkennen lässt, sehr einladende Aromatik, auf der Zunge saftige Säure, die diesen kräftigen Wein (14,4 Vol%) doch gut im Zaume hält, einiges an Extrakt, gut Länge, die den Alkohol ganz am Schluss etwas durchscheinen lässt. Gelungener SB, der dezente Fülle mit unerwarteter Frische verbindet. 89 P.

8.) 2012er Sauvignon blanc "vom Opok" Landwein Steirerland tr. (Sepp Muster) -Steiermark-
angenehm dezente, sehr frische Nase, die auch von einer dezenten Scheurebe stammen könnte, mineralischer, sehr straffer Stil, wirkt schon von der Nase her kühl, absolut trocken mit cremiger Malo?-Säure (5,0 Promill),angenehmer Hauch altes Fass (2 Jahre Ausbau), sehr ausgeglichen und harmonisch, auf der Zunge kommt Cassis und Stachelbeere deutlicher heraus, aber auch die vegetabilen Noten sind präsent, angenehmer Hauch Gerbstoff, würziger,Abgang. Ein bio-dynamisch erzeugter Wein mit Minimal-Intervention im Keller. Macht sehr viel Spass und hat jede Menge Trinkfluss. 90P.

9.) 2015er Sauvignon blanc Marlborough (Cloudy Bay, Blenheim) -Neuseeland-
Der Klassiker aus Neuseeland und fast schon eine Stilikone: ein Maximum an reifen Früchten (Mango, Papaya, Maracuja, Stachelbeere und Vollreife Cassis), vermischt mit glasklarer Aromatik und klirrender Frische, für Gelegenheitsweintrinker und Kenner gleichermassen beeindruckend, absolut trocken mit knackiger Säure, die 13,5 Vol% sind in keiner Weise schmeckbar, wirkt eher trinkig und schlank, auch auf der Zunge ein Füllhorn an reifen Früchten, ein klitzekleiner Holztouch (10% wurden im neuen Holzfass vergoren) und trotz der reichlich exaltierten Art nicht so "nuttig" wie gedacht, klirrend frischer Abgang mit saftiger Frucht. Ein in seiner Art ausgezeichnet gemachter SB, der auf jeden Fall beeindruckt, aber auf Dauer sicherlich ein Sattmacher. Mehr als ein Gläschen davon brauch ich wirklich nicht. 89 P.

10.) 2012er Sancerre a.c. "Les Romains" (Domaine Vacheron, Sancerre) -Loire-
zum Abschluss der SB-Serie ein hochkarätiger Klassiker, der so ziemlich den Gegenpol zu Cloudy Bay darstellt: ultrafeine Nase mit ganz zarter Cassis-Frucht, deutlich Feuerstein, absolut kühler, sehr hintergründiger Dufteindruck, nach viel Lufteinfluss kommt die zarte, von Mineralität geprägte Frucht mehr zum Vorschein, pure Eleganz, Finesse und Komplexität, die sich auch am Gaumen bestätigt, rassige, raffinierte Säure, die diesen durchaus extraktreichen Wein federleicht und trinkig erscheinen lässt, der Alkohol ist in keiner Weise spürbar, der Wein blüht im Glas immer mehr auf, grossartiger, sehr komplexer SB, der die Klasse dieser Rebsorte bestens zur Geltung bringt. Hat noch weiteres Potential. 94 P.

In Kürze folgen noch die 5 Rieslinge, die nicht weniger Spass gemacht haben !

Grüsse
Bodo
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weinaffe

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Re: Weinprobe Chardonnay, Riesling und Sauvignon bl. in Würz

BeitragMi 8. Jun 2016, 18:20

... und abschliessend noch zu den 5 Rieslingen:

11.) 2013er Zöbinger Heiligenstein Riesling EL DAC Reserve (Jurtschitsch, Langenlois) -Kamptal-
wunderschön klare Rieslingfrucht mit Agrumen, Weinbergspfirsich, untermalt von einer"kalkigen" Mineralität, nichts Plakatives,sehr elegante, fast zurückhaltende Nase, und völlig "unösterreichisch" ohne jegliche Bortrytisnoten, in der Nase absolut prototypisch für eleganten, mineralischgen Riesling, auf der Zunge absolut trockener Eindruck (trotz 4 gr. RZ), animierende, feinstrahlige Säure (7,5 Promill), nur mittelgewichtiger Eindruck (trotz 13 Vol%), am Gaumen ganz klarer Fruchtausdruck, feine Mineralität, sehr ausgewogener Riesling mit athletischem Kern, einige Eleganz und Finesse, langer, fruchtig-mineralischer Abgang. Ein Ösi-Riesling, der auch als hochkarätiges GG aus Deutschland in einer Blindprobe durchgehen würde. Ein echte Überraschung zu einem verbraucherfreundlichen Preis ! 92 P.

12.) 2010er Forster Ungeheuer Riesling "500" QW tr. (von Winning, Deidesheim) -Pfalz-
dieser Wein hat mir direkt nach seinem Erscheinen sehr imponiert: ein Riesling mit deutlichem, aber gekonntem Neuholzeinsatz, der natürlich nicht mehr einem klassischen Riesling entsprach, sondern eher an ein hochwertiges Bourgogne-Cru erinnerte. Momentan hält sich meine Begeisterung in Grenzen: nach wie vor holzgeprägter, straffer Eindruck mit leichter Reduktion, mineralische Noten, knappe Zitrusfrucht, auf der Zunge eine rassige Säure, die aber irgendwie neben der deutliche Neuholznote steht, die Frucht geht da ein wenig unter, obwohl der Extrakt durchaus erahnbar ist, Alkohol bestens integriert, momentan säurebetonter "Holzabgang" mit unterdrückter Frucht. Ob sich der Wein in den nächsten Jahren findet und zu alter Form aufläuft, vermag ich nicht zu sagen. Auch im Weingut selber hat man mit der Reifung derartig vinifizierter Rieslinge auch noch keine großen Erfahrungen sammeln können. Momentan sollte man diesen Riesling aber nicht anrühren und auf bessere Zeiten hoffen. In jetziger Verfassung: 85 (+?) P.

13.) 2009er Westhofener Kirchspiel Riesling GG (Keller, Flörsheim-Dalsheim) -Rheinhessen-
über die Klasse dieses Weines gab es dann aber keinerlei Diskussionen: dichte Fruchtnase (Zitrus, Marille, etwas Grapefruit), trotzdem durchaus eleganter Naseneindruck, stimmig und fein. Am Gaumen trocken mit durchaus wahrnehmbarer Extraktsüsse, die Säure ist perfekt austariert, der Wein ist schmelzig und gehaltvoll und trotzdem nicht plüschig, elegante Gelbfrucht mit steinigen Aspekten, langer seidiger Nachgeschmack. Der Wein ist jetzt wunderschön zu trinken, wird aber in den nächsten Jahren noch dazugewinnen. Ein GG, das seine Bezeichnung auch zu Recht trägt. 94 P.

14.) 2004er Erdener Treppchen Riesling Auslese *** (Jos. Christoffel jun., Ãœrzig) -Mosel-
ein unverwechselbarer Weintyp, der in dieser Perfektion nur an der Mosel erzeugt werden kann und jetzt nach 12 Jahren Reifezeit ins genussfreudige Alter kommt: sehr komplexe Nase, deutlich nasser Schiefer, kräftige, aber feine Apfel-Pfirsich-Zirusfrucht, absolut jugendlicher Eindruck, man kann hier vor lauter Schnüffeln das Trinken vergessen, auf der Zunge fast halbtrockener Eindruck (trotz Restsüsse im 3-stelligen Gramm-Bereich),lebendige Säure, federleichter Körper (8 Vol%), trotzdem einiges an Fruchtdichte, elegante Würze, sehr ausgewogen mit erstaunlicher Länge. Ein wahres Trinkflussmonster. Archetypisch gereifte Mosel-Auslese der eleganten Art. 92 P.

15.) 1999er Escherndorfer Lump Riesling Auslese (Horst Sauer, Escherndorf) -Franken-
zum Abschluss noch eine "tiefgestapelte" Auslese aus der Heimat von einem der besten Süsswein-Produzenten in Deutschland: durchaus kräftige, aber blitzsaubere und klare Bortrytis, Agrumen und tropische Früchte, sehr intensiver, aber feiner Fruchtausdruck, sehr lebendiger Eindruck, am Gaumen wirkt der Restzucker durch die Reifung fast wie weggeschmolzen, alles andere als "bappsüss" dank rassiger Säure, viel Kraft und Schmalz, aber alles perfekt in Balance (9,5 Vol%), langer, fruchtig-reifer Nachhall ohne jegliche Firne.
perfekter Beerenauslesetyp der leichteren und eleganten Art. 93 P.

So kann es bei den nächsten Weinproben weitergehen. Der "Korkteufel" ist ferngeblieben und die Weine haben sich fast ausnahmslos von ihrer sonnigen Seite gezeigt. Vor allem konnten einige Teilnehmer mit dem Glas in der Hand erkennen, dass alle 3 Rebsorten, sogar der manchmal als eintönig beschriebene Sauvignon blanc, eine ziemlich große Spannbreite an sehr unterschiedlichen Stilen aufweisen können. Und das war auch Sinn dieser Verkostung, nebst dem Spassfaktor mit den Weinen und angeregten Diskussionen mit den Teilnehmern.

Bis demnächst
Bodo

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