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Grauburgunder, Weißburgunder, immer öfter auch Chardonnay – die weißen Burgunderrebsorten begegnen einem ständig in Deutschland, auch und gerade in der Gastronomie. Bislang hatte ich allerdings selten mehr als drei verschiedene Exemplare auf einmal. Und so kam es zu meiner kleinen Versuchsanordnung; mit bester Absicht bezüglich einer gewissen Vielfalt, aber von vornherein ohne jede Ambition der Repräsentativität.
Alle Weine kamen zunächst blind ins Glas und (dies ließ sich nicht immer komplett durchhalten) als „durchlaufende Kette“, soll heißen: Wein 2 kam ins Glas, als Wein 1 noch nicht leer war. 1 wurde dann enthüllt, anschließend durch 3 ersetzt, als 2 noch nicht leer war. 2 wurde dann enthüllt usw. Bis zur Nr. 10 gilt: Alle Weine wurden ca. 3-4 Stunden zuvor kurz geöffnet, Mini-Probeschluck genommen, dann wieder Korken/Schrauber drauf. Trinktemperatur ca. 10 Grad.
And here we go:
1. Gysler/Rheinhessen, 2013 Grauer Burgunder trocken, 12,5%
Bei meinem Edeka für unter 10 Tacken erstanden. Cremig, gleichzeitig frisch, schöne Säure, Limette. Gute Dichte. Eine sehr schöne Qualität für solch einen Basiswein.
2. R&C Schneider/Baden, 2010 Ruländer Spätlese trocken, 12,5%
Etwas pudrige Nase, feinwürzig, mild, austariert (man merkt ihm an, dass er schon „gesetzter“ ist als der Gysler), leicht süß (aber eher nicht vom RZ), etwas blumiger.
3. R&C Schneider/Baden, 2011 Ruländer Spätlese *** trocken, 13,0%
Sehr rund, süße Würze, absolut harmonisch. Die Säure kommt eher im Abgang. Bei den Schneiders erhalten immer die besseren Weine eines Jahrgangs die drei Sterne (es gibt nur drei oder null) – hier merkt man, warum er dazu gehört. Sehr guter Trinkfluss, deutlich komplexer als der 10er.
4. Salwey/Baden, 2009 Glottertäler Eichberg GG Grauburgunder, 14,0%
Wuchtig, etwas gerbstoffig. Voll, sehr kräftig und etwas schweißig. Die Trinkfreude wird durch einen leichten Bitterton (Alk?) etwas eingeschränkt.
Erstes Zwischenfazit: Auf ihre Art allesamt schön „trinkig“, ohne zu gefällig zu sein.
5. Odinstal,Thomas Hensel/Pfalz, 2013 350 N.N. Auxerrois, 12,0%
Hier waren fast alle von der eindeutigen Restsüße irritiert. OK, er hatte zugleich eine schöne Würze, war gut strukturiert. Aber diese Süße ohne puffernde Säure – das schmeckte dann doch irgendwie wie ein Ersatzangebot an Freunde restsüßer Weine, die keinen Riesling mögen. Außerdem etwas unstimmig für mich, angesichts der deutlichen Bio-Positionierung des Betriebs: eine wahnsinnig schwere Flasche.
6. Wittmann/Rheinhessen, 2014 Westhofener Weißer Burgunder & Chardonnay trocken, 13,5%
Noch sehr jung, etwas adstringierend, ziemlich fest. Hier musste man erst etwas tiefer eindringen; Zeit tat diesem Wein bereits im Glas gut und wird ihm auf der Flasche erst recht gut bekommen. Ist der Nachfolger von Weißburgunder S und Chardonnay S. In ca. zwei, drei Jahren mit Sicherheit ein toller Tischwein. An diesem Abend konnte er sich gegen Jacobsmuscheln mit Schinken und Kartofffelgratin mit Kräuterseitlingen und Comté nicht ganz behaupten.
Übrigens: Nr. 6 und Nr. 7 sind beide spontanvergoren.
OK, nach diesen beiden Weinen sozusagen außer Konkurrenz weiter zur nächsten Gruppe:
7. Dr. Wehrheim/Pfalz, 2011 Keuper Chardonnay S trocken, 13,5%
Noch halbwegs frisch und leicht buttrig. Nicht so schön die Bitternote. Baute im Glas leider ab und gefiel am Ende niemandem mehr so richtig. Nicht gelungen.
8. Bernhard Koch/Pfalz, 2014 Hainfelder Letten Chardonnay Réserve trocken, 13,0%
Eine Empfehlung meines Möpi-Händlers. Volker, wir müssen reden! Zwar mit interessanter Traubigkeit und leichten Anlagen zu einer gewissen Eleganz, aber dann doch irgendwie grünbananig, mit unausgewogener Säure, irgendwie ziemlich daneben.
9. Milch/Rheinhessen, 2012 Monsheimer Silberberg Chardonnay trocken „Blauarsch“, 14,0%
Gefiel mir beim Mini-Probeschluck noch gut, abends war er aber unbalanciert, scharf, sehr gewollt (statt gekonnt). Hm.
10. Milch/Rheinhessen, 2011 Monsheimer Silberberg Chardonnay trocken XXL, 14,0%
Gibt es nur in besonderen Jahren und dann gerade mal ein Barrique. OK, das war schon ein ordentlicher Wein, Holz bereits ganz gut integriert. Aber dem Material dahinter fehlte es an Komplexität. Das ist ein guter Chardonnay der unteren Mittelklasse.
Zweites Zwischenfazit: Leute, das war gar nichts! Ausgesprochen kalkuliert wirkende Weine ohne jeden Trinkfluss und ohne jede Raffinesse. Man gewinnt den Eindruck, deutscher Chardonnay steht dort, wo Spätburgunder noch vor einigen Jahren stand: Je ambitionierter Preis und Weinbereitung, desto mehr spürt man das Gewollte und Gemachte. Das ewige Vorbild Burgund scheint zu Verkrampfungen zu führen – entweder ist das Motto „Holz, Holz, Holz“ oder man versucht bewusst, sich durch Setzen auf die Frucht zu unterscheiden. OK, kann man machen, aber SO bitte nicht. Und dann kostet ein Chardonnay idR noch einen „Rebsortenzuschlag“ im Sortimentsvergleich.
Ich war mir vor der Probe nicht sicher gewesen, welches Pensum angemessen sein könnte. Daher hatte ich die Weißburgunder (bis auf Nr. 15) nicht vorher geöffnet. Nun ging es also frisch aus der Flasche weiter:
11. Dr. Wehrheim/Pfalz, 2013 Birkweiler Mandelberg GG Weißburgunder, 13,0%
Hier hätte Stephan wohl (hätte er dabei sein können) so was wie „now we’re talking!“ gesagt. Auch in diesem jugendlichen Alter lieferte dieser Wb den eindrucksvollen Beweis dafür, dass hier jemand genau weiß, was er tut. Irre Komplexität, filigran ziseliert, tolle Balance. Jetzt noch auf einer etwas primärfruchtigen Seite, aber banal ist das ganz und gar nicht. Und auf einen Schlag wird das große Problem der Chardonnays deutlich: Ihnen alle fehlte jegliche Mineralität! Ganz im Gegensatz zu diesem Exemplar.
12. Dr. Wehrheim/Pfalz, 2011 Birkweiler Mandelberg GG Weißburgunder, 14,5%
1,5 Prozentpunkte mehr Alk. lassen sich hier leider nicht verleugnen. Längst nicht so gut wie der 13er – vermutlich ist er das grundsätzlich nicht, aber ich schätze, dass wir diesen Wein zusätzlich in einem schwierigen Zeitfenster erwischen. Hat etwas anstrengende/chemische Noten. Hm.
13. Salwey/Baden, 2012 Oberrotweiler Henkenberg GG Weißburgunder trocken, 13,0%
Für einen Salwey fast schon schlank. Sehr gut integriertes Holz, ist schon ganz bei sich. Idealer Essenswein (den hätte ich gern zu den Jacobsmuscheln gehabt).
14. Salwey/Baden, 2009 Oberrotweiler Henkenberg GG Weißburgunder trocken, 14,0%
Kommt mit seinem 12er Kollegen nicht ganz mit. Ein bisschen viel von allem, aber er hält es noch zusammen. Vermutlich noch mit Entwicklungspotentzial, aber wie das so ist mit Wetten auf die Zukunft ...
Generell zu den Salweys: Diese eher dicken Geschosse mögen derzeit weniger en vogue sein (irgendwo las ich, Salwey habe jetzt auch einen Stilwechsel vollzogen), aber auf diese Art haben sie durchaus ihre Berechtigung. Gegen gut gemachtes Powerplay ist überhaupt nichts zu sagen. Gerade der Kontrast zu Wehrheim war sehr interessant.
15. Balthasar Ress/Rheingau, 2012 Pinot Blanc trocken, 14,5%
Immer wieder schön, so ein Game Changer am Schluss: viel Alkohol? Hier überhaupt kein Problem. Der ist furzesttrocken, irrsinnig komplex, ein bisschen wie ein Manzanilla bzw. nicht-oxidativer Sherry. Klingt anstrengend (und sieht auch so aus), hat aber einen wahnsinnigen Trinkfluss. Zu sechst hatten wir die Flasche ratzfatz leer. Ja, SO geht Orange!
Drittes Zwischenfazit: Aha, aha: Die Trinkigkeit, die die Grauburgunder bereits haben, trifft auf die Ambition, die die Chardonnays noch lange nicht einlösen – wenn man großen deutschen Weißwein aus Burgunderrebsorten trinken will, hat man wohl beim Weißburgunder die besten Chancen.
Zugabe:
16. Bruno Paillard/Champagne, 2008 Le Mesnil („Vin blanc des coteaux champenois“), 12%
Ein Stillwein aus der Champagne! Nun, was soll man sagen? Hier haben wir sie dann wieder, die Mineralität. Angestrengt wirkt da überhaupt nichts, wirklich groß zugegebenermaßen aber auch (noch?) nicht. Ein wenig säuerlich kommt er daher – dass das eigentlich „nur“ ein Chamapgner-Grundwein ist, merkt man dann irgendwie doch. Aber trotzdem ein sehr schöner Chardonnay. Ich kann allerdings verstehen, dass er bei Kössler für 50 EUR nicht wirklich verkäuflich war.
Insgesamt: ein erhellender Abend mit erfreulichem Niveau (Ausnahme folgt gleich) und auch mehr Trinkfluss als erwartet. Vielleicht hatten wir mit der Auswahl der Chardonnays Pech, aber diese Kategorie war an diesem Abend ein Totalausfall. Ihr wollt Punkte? Ich habe keine notiert. Aber mal so zur Orientierung: Die Grauburgunder waren für mich so etwa im Bereich von 86-90 Punkten. Die Chardonnays bei 80-84 Punkten (der XXL etwas darüber). Und die Weißburgunder bei 88-95 Punkten (der Wehrheim 11 an diesem Tag etwas darunter).
Was meinen die übrigen Probenteilnehmer?
Viele Grüße
Guido
Alle Weine kamen zunächst blind ins Glas und (dies ließ sich nicht immer komplett durchhalten) als „durchlaufende Kette“, soll heißen: Wein 2 kam ins Glas, als Wein 1 noch nicht leer war. 1 wurde dann enthüllt, anschließend durch 3 ersetzt, als 2 noch nicht leer war. 2 wurde dann enthüllt usw. Bis zur Nr. 10 gilt: Alle Weine wurden ca. 3-4 Stunden zuvor kurz geöffnet, Mini-Probeschluck genommen, dann wieder Korken/Schrauber drauf. Trinktemperatur ca. 10 Grad.
And here we go:
1. Gysler/Rheinhessen, 2013 Grauer Burgunder trocken, 12,5%
Bei meinem Edeka für unter 10 Tacken erstanden. Cremig, gleichzeitig frisch, schöne Säure, Limette. Gute Dichte. Eine sehr schöne Qualität für solch einen Basiswein.
2. R&C Schneider/Baden, 2010 Ruländer Spätlese trocken, 12,5%
Etwas pudrige Nase, feinwürzig, mild, austariert (man merkt ihm an, dass er schon „gesetzter“ ist als der Gysler), leicht süß (aber eher nicht vom RZ), etwas blumiger.
3. R&C Schneider/Baden, 2011 Ruländer Spätlese *** trocken, 13,0%
Sehr rund, süße Würze, absolut harmonisch. Die Säure kommt eher im Abgang. Bei den Schneiders erhalten immer die besseren Weine eines Jahrgangs die drei Sterne (es gibt nur drei oder null) – hier merkt man, warum er dazu gehört. Sehr guter Trinkfluss, deutlich komplexer als der 10er.
4. Salwey/Baden, 2009 Glottertäler Eichberg GG Grauburgunder, 14,0%
Wuchtig, etwas gerbstoffig. Voll, sehr kräftig und etwas schweißig. Die Trinkfreude wird durch einen leichten Bitterton (Alk?) etwas eingeschränkt.
Erstes Zwischenfazit: Auf ihre Art allesamt schön „trinkig“, ohne zu gefällig zu sein.
5. Odinstal,Thomas Hensel/Pfalz, 2013 350 N.N. Auxerrois, 12,0%
Hier waren fast alle von der eindeutigen Restsüße irritiert. OK, er hatte zugleich eine schöne Würze, war gut strukturiert. Aber diese Süße ohne puffernde Säure – das schmeckte dann doch irgendwie wie ein Ersatzangebot an Freunde restsüßer Weine, die keinen Riesling mögen. Außerdem etwas unstimmig für mich, angesichts der deutlichen Bio-Positionierung des Betriebs: eine wahnsinnig schwere Flasche.
6. Wittmann/Rheinhessen, 2014 Westhofener Weißer Burgunder & Chardonnay trocken, 13,5%
Noch sehr jung, etwas adstringierend, ziemlich fest. Hier musste man erst etwas tiefer eindringen; Zeit tat diesem Wein bereits im Glas gut und wird ihm auf der Flasche erst recht gut bekommen. Ist der Nachfolger von Weißburgunder S und Chardonnay S. In ca. zwei, drei Jahren mit Sicherheit ein toller Tischwein. An diesem Abend konnte er sich gegen Jacobsmuscheln mit Schinken und Kartofffelgratin mit Kräuterseitlingen und Comté nicht ganz behaupten.
Übrigens: Nr. 6 und Nr. 7 sind beide spontanvergoren.
OK, nach diesen beiden Weinen sozusagen außer Konkurrenz weiter zur nächsten Gruppe:
7. Dr. Wehrheim/Pfalz, 2011 Keuper Chardonnay S trocken, 13,5%
Noch halbwegs frisch und leicht buttrig. Nicht so schön die Bitternote. Baute im Glas leider ab und gefiel am Ende niemandem mehr so richtig. Nicht gelungen.
8. Bernhard Koch/Pfalz, 2014 Hainfelder Letten Chardonnay Réserve trocken, 13,0%
Eine Empfehlung meines Möpi-Händlers. Volker, wir müssen reden! Zwar mit interessanter Traubigkeit und leichten Anlagen zu einer gewissen Eleganz, aber dann doch irgendwie grünbananig, mit unausgewogener Säure, irgendwie ziemlich daneben.
9. Milch/Rheinhessen, 2012 Monsheimer Silberberg Chardonnay trocken „Blauarsch“, 14,0%
Gefiel mir beim Mini-Probeschluck noch gut, abends war er aber unbalanciert, scharf, sehr gewollt (statt gekonnt). Hm.
10. Milch/Rheinhessen, 2011 Monsheimer Silberberg Chardonnay trocken XXL, 14,0%
Gibt es nur in besonderen Jahren und dann gerade mal ein Barrique. OK, das war schon ein ordentlicher Wein, Holz bereits ganz gut integriert. Aber dem Material dahinter fehlte es an Komplexität. Das ist ein guter Chardonnay der unteren Mittelklasse.
Zweites Zwischenfazit: Leute, das war gar nichts! Ausgesprochen kalkuliert wirkende Weine ohne jeden Trinkfluss und ohne jede Raffinesse. Man gewinnt den Eindruck, deutscher Chardonnay steht dort, wo Spätburgunder noch vor einigen Jahren stand: Je ambitionierter Preis und Weinbereitung, desto mehr spürt man das Gewollte und Gemachte. Das ewige Vorbild Burgund scheint zu Verkrampfungen zu führen – entweder ist das Motto „Holz, Holz, Holz“ oder man versucht bewusst, sich durch Setzen auf die Frucht zu unterscheiden. OK, kann man machen, aber SO bitte nicht. Und dann kostet ein Chardonnay idR noch einen „Rebsortenzuschlag“ im Sortimentsvergleich.
Ich war mir vor der Probe nicht sicher gewesen, welches Pensum angemessen sein könnte. Daher hatte ich die Weißburgunder (bis auf Nr. 15) nicht vorher geöffnet. Nun ging es also frisch aus der Flasche weiter:
11. Dr. Wehrheim/Pfalz, 2013 Birkweiler Mandelberg GG Weißburgunder, 13,0%
Hier hätte Stephan wohl (hätte er dabei sein können) so was wie „now we’re talking!“ gesagt. Auch in diesem jugendlichen Alter lieferte dieser Wb den eindrucksvollen Beweis dafür, dass hier jemand genau weiß, was er tut. Irre Komplexität, filigran ziseliert, tolle Balance. Jetzt noch auf einer etwas primärfruchtigen Seite, aber banal ist das ganz und gar nicht. Und auf einen Schlag wird das große Problem der Chardonnays deutlich: Ihnen alle fehlte jegliche Mineralität! Ganz im Gegensatz zu diesem Exemplar.
12. Dr. Wehrheim/Pfalz, 2011 Birkweiler Mandelberg GG Weißburgunder, 14,5%
1,5 Prozentpunkte mehr Alk. lassen sich hier leider nicht verleugnen. Längst nicht so gut wie der 13er – vermutlich ist er das grundsätzlich nicht, aber ich schätze, dass wir diesen Wein zusätzlich in einem schwierigen Zeitfenster erwischen. Hat etwas anstrengende/chemische Noten. Hm.
13. Salwey/Baden, 2012 Oberrotweiler Henkenberg GG Weißburgunder trocken, 13,0%
Für einen Salwey fast schon schlank. Sehr gut integriertes Holz, ist schon ganz bei sich. Idealer Essenswein (den hätte ich gern zu den Jacobsmuscheln gehabt).
14. Salwey/Baden, 2009 Oberrotweiler Henkenberg GG Weißburgunder trocken, 14,0%
Kommt mit seinem 12er Kollegen nicht ganz mit. Ein bisschen viel von allem, aber er hält es noch zusammen. Vermutlich noch mit Entwicklungspotentzial, aber wie das so ist mit Wetten auf die Zukunft ...
Generell zu den Salweys: Diese eher dicken Geschosse mögen derzeit weniger en vogue sein (irgendwo las ich, Salwey habe jetzt auch einen Stilwechsel vollzogen), aber auf diese Art haben sie durchaus ihre Berechtigung. Gegen gut gemachtes Powerplay ist überhaupt nichts zu sagen. Gerade der Kontrast zu Wehrheim war sehr interessant.
15. Balthasar Ress/Rheingau, 2012 Pinot Blanc trocken, 14,5%
Immer wieder schön, so ein Game Changer am Schluss: viel Alkohol? Hier überhaupt kein Problem. Der ist furzesttrocken, irrsinnig komplex, ein bisschen wie ein Manzanilla bzw. nicht-oxidativer Sherry. Klingt anstrengend (und sieht auch so aus), hat aber einen wahnsinnigen Trinkfluss. Zu sechst hatten wir die Flasche ratzfatz leer. Ja, SO geht Orange!
Drittes Zwischenfazit: Aha, aha: Die Trinkigkeit, die die Grauburgunder bereits haben, trifft auf die Ambition, die die Chardonnays noch lange nicht einlösen – wenn man großen deutschen Weißwein aus Burgunderrebsorten trinken will, hat man wohl beim Weißburgunder die besten Chancen.
Zugabe:
16. Bruno Paillard/Champagne, 2008 Le Mesnil („Vin blanc des coteaux champenois“), 12%
Ein Stillwein aus der Champagne! Nun, was soll man sagen? Hier haben wir sie dann wieder, die Mineralität. Angestrengt wirkt da überhaupt nichts, wirklich groß zugegebenermaßen aber auch (noch?) nicht. Ein wenig säuerlich kommt er daher – dass das eigentlich „nur“ ein Chamapgner-Grundwein ist, merkt man dann irgendwie doch. Aber trotzdem ein sehr schöner Chardonnay. Ich kann allerdings verstehen, dass er bei Kössler für 50 EUR nicht wirklich verkäuflich war.
Insgesamt: ein erhellender Abend mit erfreulichem Niveau (Ausnahme folgt gleich) und auch mehr Trinkfluss als erwartet. Vielleicht hatten wir mit der Auswahl der Chardonnays Pech, aber diese Kategorie war an diesem Abend ein Totalausfall. Ihr wollt Punkte? Ich habe keine notiert. Aber mal so zur Orientierung: Die Grauburgunder waren für mich so etwa im Bereich von 86-90 Punkten. Die Chardonnays bei 80-84 Punkten (der XXL etwas darüber). Und die Weißburgunder bei 88-95 Punkten (der Wehrheim 11 an diesem Tag etwas darunter).
Was meinen die übrigen Probenteilnehmer?
Viele Grüße
Guido
Zuletzt geändert von Einzelflaschenfreund am Mo 30. Nov 2015, 11:04, insgesamt 1-mal geändert.