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Brunello/Barolo/ Burgund/Bordeaux - 4 großen "B" in Würzburg

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weinaffe

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Brunello/Barolo/ Burgund/Bordeaux - 4 großen "B" in Würzburg

BeitragMo 19. Okt 2015, 14:06

Hallo zusammen,

letzten Freitag standen die 4 großen "B" auf dem Verkostungsprogramm in Würzburg. Insgesamt gab es 14 Rotweine, die natürlich nur einen groben Einblick in das jeweilige Premiumgebiet ermöglichten. Wie immer wurde "blind" verkostet.

Der Brunello di Montalcino machte diesmal den Anfang:

2007er Brunello di Montalcino DOCG (Tenuta Il Poggione
3 Jahre Fassausbau in großen Fässern (3.000 - 5.000 Liter) aus französischer Eiche.
Mittelkräftiges Rubinrot, sehr klare Sauerkirsch-/Brombeerfrucht mit dezenter Altholzuntermalung, kräftiger Körper (14,5 Vol%), der aber durch die stimmige Säure und das noch jugendliche Tannin gut strukturiert wird, mittellanger Abgang. Der Wein ist jetzt am Beginn eines mehrjährigen Trinkfensters. Sehr typischer und zuverlässiger Brunello dieses doch recht großen Betriebs. 88 P.

2004er Brunello di Montalcino DOCG (Eredi Fuligni)
durchscheinendes Rubinrot, sehr komplexe Nase mit ersten Reifenoten, mürbe Dunkelfrucht, ätherisch, Unterholznoten, Pilze, feinziselierte Säure, die diesen durchaus kräftigen Burschen (14,5 Vol%) fast filigran erscheinen lässt, weitgehend abgeschmolzenes Tannin, sehr ausgewogen und stimmig mit enormen Trinkfluss, durchaus langer, fruchtig-würziger Abgang. Toller Brunello in klassischer Machart. Jetzt trinkbereit; wird sich aber aufgrund seiner Ausgeglichenheit und Fruchtdichte noch einige Jahre lagern lassen. 92 P.

2006er Brunello di Montalcino "Pian di Conte" Riserva DOCG (Talenti)
Ausbau in Allier-Barriques und großen Holzfässern aus slawonischer Eiche.
Sehr wuchtig wirkende Nase mit reifen Noten nach Kirschen und Pflaumen, ein Hauch Überreife (portig, Rumtopf), sehr kraftvoll auf der Zunge, passende Säure mit noch kantigem Tannin, der Alkohol (14 Vol%) drückt leider etwas durch, mittellanger, etwas wärmender Abgang. Ein moderner Brunello mit leichten Amarone-Allüren, gut gemacht, aber nicht unbedingt mein Ding. 87 P.


Weiter geht es mit den Burgundern:

2005er Beaune "Clos du Roi" 1er Cru (Tollot-Beaut, Chorey-les-Beaune)
durchscheinendes Kirschrot, sortentypische Nase mit Noten von Süsskirsche und Himbeeren, dezente Holzwürze, einige Eleganz und Feinheit, leider hält der Geschmack nicht ganz, was die Nase verspricht. Absolut trocken mit dezenter Extraktsüsse, fehlt deutlich Säure und Tannin, der Pinot wirkt in der Frucht etwas diffus und geht in die Breite, es fehlt etwas an Konzentration und Dichte, Alkohol gut verpackt, mittellanger Abgang. Guter Burgunder, der allerdings sich vor einigen Jahren bedeutend besser präsentiert hat. Tollot-Beaut-Weine sind meiner Erfahrung nach keine Langstreckenläufer und sollten in den ersten 4-7 Jahren nach der Ernte getrunken werden. 88P.

1999er Nuits-St.-Georges "Clos de la Marechale" 1er Cru (Faivelay)
Monopollage (9,55 ha), Holzausbau 14-16 Mon. (60% neues Holz).
Sehr verschlossene, fast strenge Nase, etwas Cassis und Kirsche, sehr jugendliche Farbe.
Absolut trocken mit lebhafter, aber stimmiger Säure, noch sehr knackiges, aber feinkörniges Tannin, mittlerer Körper (13 Vol%), noch eingeschlossene, aber durchaus vorhandene Dunkelfrucht, bestens eingebundener Alkohol, mittellanger, noch sehr strukturbetonter Abgang. Sehr kraftvoller, maskuliner Burgunder, bei dem die Zukunft schwer einzuschätzen ist. Einerseits ist Frucht und Dichte vorhanden, auf der anderen Seite auch eine Menge an Tannin. Zweifellos ist der Wein trotz der 16 Jahre noch zu jung. Wenn die Frucht durchhält, kann das ein großartiger, kraftvoller Burgunder werden, der dann an reife Pommards erinnert. Im negativen Falle wird er nach Wegschmelzen der Frucht weiter kantig und unnahbar bleiben. Grundsätzlich scheint aber Potential vorhanden zu sein. 89 (+ ?) P.

2007er Vosne-Romanee "Les Petits Monts" 1er Cru (Gerbet, Vosne-Romanee)
Bildhübsche, spinnwebenzarte Pinot-Nase (Himbeere, Kirsche, dezente Animalik), sehr komplex, fein, viel Finesse, wunderschön geöffnet, ganz typisch für Vosne-Romanee. Ebenso stimmig auf der Zunge, feinstrahlige Säure, die bestens ausbalanciert, feine Beerenfrucht mit etwas Würze, Hauch Holz, völlig integrierter Alkohol, leichtfüssiger, aber trotzdem dichter Pinot mit deutlicher Extraktsüsse, sehr elegant und finessenreich, lediglich das geschickt für Struktur sorgende Tannin zeigt an, dass dieser Wein in den nächsten 3-5 Jahren noch besser werden kann. Langer komplexer Abgang mit viel Frucht und Finesse. Archetypischer Vosne der eleganten Art, der den bestimmt nicht großen Jahrgang fast vergessen macht. So geht Burgund... 93 P.

Fortsetzung mit den Barolos und Bordeaux folgt !

Grüße
Bodo
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weinaffe

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Re: Brunello/Barolo/ Burgund/Bordeaux - 4 großen "B" in Würz

BeitragMo 19. Okt 2015, 18:25

.... und weiter geht es mit den Barolos:


2010er Barolo DOCG "Villero" (Oddero, La Morra)
relativ reife Farbe mit dezentem Ziegelrot, Kirsche mit würzigen Holztönen, welkes Laub, etwas Veilchen, durchaus typisch in der Nase. Absolut trocken mit präsenter, aber integrierter Säure, kräftiges, kantiges, aber feinkörniges Tannin, kräftige Dunkelfrucht mit floralem Einschlag, etwas Teer, deutlich Holz, Alkohol gut integriert, fruchtig-würziger Abgang. Der Wein wirkt schon überraschend gereift, auch wenn das Tannin noch sehr knackig ist. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. 89 (+?) P.

2006er Barolo DOCG "Bricco Sarmassa" (Giacomo Brezza, Barolo)
wirkt im Vergleich viel jugendlicher als der 2010er von Oddero, klares, leicht durchscheinendes Rubinrot, kräftige Kirsch- und Brombeerenfrucht, keinerlei Holz spürbar, wirkt reif und dicht, sehr klare, direkte Stilistik, ganz trocken mit feiner Säure und kräftigem Tannin, durchaus körperreich (14,5 Vol%), trotzdem ist der Alkohol fast nicht spürbar, langer, fruchtiger Abgang. Der Wein ist noch etwas zu jung, da er in einigen Jahren noch komplexe Sekundäraromen (Unterholz, Pilze, Veilchen, Teer) entwickeln dürfte. Sehr gelungener, geradliniger und charaktervoller Barolo. 92 P.

2008er Barolo DOCG "Canubbi (Comm. G. B. Burlotto, Verduno)
die Canubbi-Interpretation eines Verduno-Winzers: sehr feine, dunkelfruchtige Nase mit feiner Würze, durchaus Finesse, aber noch deutlich zu jung, bestens integrierte Säure mit kräftigem , aber feinkörnigem Tannin, kraftvoll (14,5 Vol%), aber in keiner Weise pomadig oder gar alkoholisch, floral unterlegte Dunkelfrucht, gute Länge.
Ein ungewöhnlich eleganter Canubbi, der die gezähmte Kraft mit viel Finesse ausgleicht. Wird mit Sicherheit in den nächsten Jahren noch besser werden. 92 (+)P.

2004er Barolo DOCG "Vigna Rionda" Riserva (Massolino, Serralunga)
extrem kräftig schon in der Nase, reife, dunkle Beeren, allerdings schon etwas überreif (pflaumig,Portnoten), sehr dicht, fast zu viel des Guten schon in der Nase. Absolut trocken mit kräftiger Extraktsüsse, ein Tick zu wenig Säure und Tannin, wirkt volumig (trotz nur 14 Vol%), auch auf der Zunge deutlich Überreife (Rumtopf), Alkohol dennoch gut verpackt, etwas verwaschene Dunkelfrucht, man spürt fast getrocknete Beeren, ein sicherlich gewaltiger Wein, der mit manchem Amarone konkurrieren kann, aber insgesamt zu wenig Trinkfluss, viel mehr als 1-2 Gläschen von diesem Wein geht einfach nicht. Die "einfachen" Nicht-Reserva-Barolos von Massolino machen mir deutlich mehr Spass. 90P.


Abschließend noch zu den 4 Bordeaux:

2005er Chateau Brun St. Emilion a.c. (Fam. Brun, Saint-Christophe-des-Bardes)
18 Mon. Barrique/ Handlese/Auslese am Sortiertisch/ 80% Merlot/ 20% Cabernet Sauvignon.
Zurückhaltende nase nach Kirsche und etwas Cassis, vermischt mit dezenten Holznoten, wirkt frisch und jugendlich, noch etwas verschlossen. Auf der Zunge deutlich strukturbetont, angenehme Säure, noch eckiges Tannin, zurückhaltende Kirsch-Pflaumenfrucht, etwas grüner Pfeffer, die Frucht ist reif, aber alles andere als überreif, nur mittelgewichtig (13 Vol%), kühler Gaumenauftritt, sehr klassischer, klarer St. Emilion, der überhaupt nichts mit den modernen St. Emilions zu tun hat. Trotz sehr niedrigem Verkaufspreis (damals ca. 10 EURO in der Subskription) wird der Wein erfreulicherweise sehr handwerklich und qualitätsbewußt erzeugt. Chateau Brun ist nach wie vor ein guter Tipp für Leute, die für wenig Geld einen authentischen Rotwein aus St. Emilion wollen. 86P.

2002er Domaine de Chevalier Rouge Grand Cru Classe (Pessac-Leognan)
18 Mon. Barriqueausbau (50% neu), 63% Cabernet Sauvignon/30 % Merlot/5 % Petit Verdot/ 2% Cabernet franc.
die Überraschung des Abends: reife und dichte Nase nach Kirschen, Cassis, etwas weissem Pfeffer, elegante Holznote, sehr harmonisch und delikat, viel Finesse und Eleganz, wirkt fast auf dem Punkt. Überraschend tiefe Frucht angesichts des eher "leichten" Jahrgangs, bestens strukturierende Säure, fast abgeschmolzenes Tannin, das dennoch ein gutes Rückgrat bietet, nur mittelgewichtig, makellose Dunkelfrucht, geschmeidig und in sich ruhend, Eleganz, Liebreiz und Finesse, seidiger, feiner Nachhall. Gehört definitiv zu den allerbesten Weinen dieses Jahrgangs. Jetzt und in den nächsten 3-5 Jahren mit viel Genuss trinken. Toller Bordeaux ! 93P.

2003er Chateau Lynch-Bages 5e Grand Cru Classe (Pauillac)
18 Mon. Barrique (zu 75% neu), 72% Cabernet Sauvignon/ 20 % Merlot/ 6 % Cabernet franc/ 2 % Petit Verdot.
Füllige Nase mit (jahrgangsbedingt) etwas Überreife, dennoch keine Rumtopfaromen, reife Pflaumen, etwas Neuholz, wirkt nur bedingt bordeaux-typisch. Absolut trocken, extraktdicht, aber leichte Überreife, ein Tick zu wenig Säure, das Tannin ist leicht austrocknend, kräftiger Körper (trotz nur 13 Vol % lt. Etikett), einige Länge, aber leichte Tendenz zum Austrocknen. Ein sicherlich gelungener Jahrgangsvertreter, der aber aufgrund des heißen und trockenen Jahrgangs nur wenig Bordeaux-Typizität besitzt. In seiner Art aber durchaus gelungen, dennoch insgesamt nur ein mittelprächtiger Lynch-Bages. Eher jetzt als in 10 Jahren entkorken. 90P.

2001er Chateau Montrose 2e Grand Cru Classe (St. Estephe)
16-18 Mon. Fassausbau (ca. 60 % neue Barriques)/ 65 % Cabernet Sauvignon/ 25 % Merlot/ 8 % Cabernet franc/ 2 % Petit Verdot.
kühle, angenehme Nase, knapp reife Frucht (Cassis, Kirsche) mit einem angenehmen Hauch gelber Paprika, Zedernholz, grüner Pfeffer, macht neugierig auf den ersten Schluck.
Ebenfalls kühler Gaumenauftritt, angenehme Säure mit teilweise abgeschmolzenen Tannin, Cassis, Brombeere, Kirsche, etwas Leder, Tabak, durchaus komplex und fein mit einem angenehmen Hauch von Rustikalität, bestens integrierter Alkohol, finessenreich, angenehme Kombination aus Frucht und Würze, mittellanger Abgang. Der Wein ist jetzt bestens antrinkbar und wird sich vielleicht noch die nächsten 3-5 Jahre etwas verbessern. Ein gelungener, sehr guter, aber kein großer Montrose 92P.

Eine interessante und abwechslungsreiche Verkostung auf konstant hohem Niveau, allerdings ohne die absoluten Spitzen. Meine Favoriten waren der Brunello von Fuligni, der Vosne-Romanee von Gerbet, ex aequo die Barolos von Brezza und Burlotto sowie der grandiose Domaine de Chevalier.

Da sich erfreulicherweise auch ein Winzer mit Fortbildungsdrang (obwohl er nur Weißwein keltert) unter den Teilnehmern befand, kam die Runde noch in den Genuss eines mitgebrachten Weißweins, der den Gaumen wieder so richtig frei machte und vor allem eines besaß: Trinkfluss, Trinkfluss und noch einmal Trinkfluss !!
Vielen Dank an Stephan Krämer für den mitgebrachten 2013er Röttinger Feuerstein Silvaner trocken, der in minutenschnelle quasi "verdampft" ist.

Bis demnächst mal wieder

Grüsse
Bodo

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