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Burgund-Verkostung

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janosch65934

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Burgund-Verkostung

BeitragSa 20. Jun 2015, 10:58

Sensationelle Burgund-Verkostung
Letztes Wochenende war es endlich wieder soweit. Die englisch-deutsch-schweizerischen Burgundyfreaks trafen sich zu einer weiteren Burgund-Verkostung. Diesmal in Luzern.
Begleitet von hervorragendem Wetter und einem Naturschauspiel wie man es nicht alle Tage sieht. Ein Unwetter mit Hagel, Sturm, Donner, Blitzen. Und das ganze wurde von einem wunderbaren Sonnenuntergang, der zwischen diesen Wetterextremen einfach dazukam, untermalt. Wow.

Und das Essen: sehr lecker, denn zum ersten Mal in meinem Leben gab es einen leckeren Kalbsbraten, von dem natürlich nicht viel übrig blieb. Als Zwischengang ein herrliches Risotto. Was will man mehr? Na klar einen leckeren Nachtisch. Diesmal Rhabarber-Muffins. Ich habe schon lange nicht mehr so viel leckere Sachen auf einmal gegessen. Ein dickes Lob an Alex & Vroni))

Nun zu den Weinen. Da unser letztes Burgund-Tasting mit viel Höhen und Tiefen begleitet wurde, was die Qualität angeht, war ich ganz aufgeregt, welche Weine es diesmal geben würde. Pure Spannung. Zumal wir wie immer blind verkosten. Und die Erwartungen wurden weit übertroffen. So ein Top-Niveau an Burgundern habe ich erst einmal in meinem Leben getrunken. Und das war der große 1999er Jahrgang aus dem Burgund mit allem was Rang und Namen hatte. Aber nun spreche ich lieber über die Weine vom Wochenende.

Los ging es mit einem echt spannenden Weißwein-Flight:

1.Beaune 1er Cru Greves (Weiß!) 2010 von Louis Jadot
Ich wusste gar nicht, dass es diesen Wein auch in weiß gibt. Anfangs leicht oxidierte Noten, die sich aber schnell verflüchtigen. Am Gaumen füllig, mit einer schönen Säure untermalt. Würzig, straff. Ein guter Einstieg.

2.Meursault 1er Cru Boucheres 1999 von Patrick Essa
Hier war alles drin, was man sich von einem Weißwein erwartet. Aber nicht von einem Weißwein aus dem Jahr 1999. Dafür umso schöner. Füllig, komplex, tolle Säure, ein Maul voll Wein. Druckvoll. Langer Abgang. Tolle Mineralität. Super Patrick!

3.Grand Cru Charlemgane 2007 von Chandon des Brailles
Hier Noten von Feurstein. Würzig. Straff. Elegant. Sehr komplex im Mund. Immer wieder neue Aromen im Mund. Wandelt sich wie ein Chamäleon. Sehr lang im Abgang. Ein perfekter Wein. 2007 war ein perfektes Weißweinjahr im Burgund.

4.Grand Cru Chevalier-Montrachet 2006 von Vincent Dancer
Ein außergewöhnlich guter Wein. So elegant und fein. Pure Eleganz und das aus dem nicht einfachen Weißweinjahrgang 2006. Dennoch passt hier alles sehr harmonisch zusammen. viel feine weiße Frucht. Eine feine Säure, wie ich es nicht in 2006 erwartet habe. Unglaublich langer und wiederum eleganter Abgang. Der Wein ist auf dem Punkt und sensationell gut.

Was für ein Flight! Unglaublich. So verschiedene Weine. Alle sehr interessant.
Ich war euphorisiert. Einen solchen Start hätte ich nie erwartet. Was soll da noch kommen? Es folgten die Pinot Noirs aus dem Burgund.

Zum zweiten Flight. Endlich, denn ich konnte es kaum erwarten.

5.Morey St. Denis 1er Cru Clos de la Bussieres 2008 von George Roumier
Diesen Wein habe ich dekantieren lassen, weil ich Angst hatte, dass er zu verschlossen war. In der Nase dunkle Früchte wie Pflaume, Schwarzkirsche. Nelken. Im Mund herrlich frische prägnante Säure. Auch hier dunkle Früchte. Dicht und kompakt. Präsentes Tannin. Vollmundig. Jetzt schon sehr gut zu trinken. Ein Morey wie aus einem Guss. Lange rund komplexer Abgang.

6.Beaune 1er Cru Les Tuvilains 2009 von Hevre Murat
Für viele der Wein und die Überraschung des Abends!!! Ein Außenseiter aber mit einer unglaublichen Komplexität. So frisch und expressiv wie ein Vosne-Romanee Village. Schon in der Nase ein Strauß roter Früchte. Man will gar nicht aufhören zu schnüffeln. Definitiv früh gelesen. Im Mund so elegant unterstützt durch feinstes Tannin. Sehr komplex. Und ein sehr langer Abgang. Bravo Hevre! Besser geht’s nicht. Outstanding!!!

7.Beaune 1er Cru Clos des Ursules 1993 von Louis Jadot
Herrlich gereifte Noten in der Nase. Trotzdem mit einer dunklen Farbe. Herbstlaub. Vollmundig. Sehr mundfüllend. Dicht. Getragen von einer frischen Säure. Hat noch Potential für weitere 5 Jahre. Feines Tannin. Dunkle Früchte. Ich bin begeistert, von einem solchen Wein, da er noch jugendlich auf mich wirkt und das obwohl er schon 22 Jahre auf dem Buckel hat. Aber so was bekommst du halt nur im Burgund.

8.Grand Cru Echezeaux 1995 von Gerard Mugneret
Der Wein des Abends!!! Wie so oft. Ich kann es nicht oft genug betonen, dass diese Domaine das Beste ist, was es im Burgund gibt. Warum? Weil es Gerard Mugneret immer wieder zeigt, dass er auch in nicht so einfachen Jahren wie 1995 extrem gute Weine produziert. In der Nase dunkle Früchte. Veilchen. Schwarze Beeren. So ein Strauß an Aromen, der einem schon in die Nase steigt. Man will gar nicht aufhören zu schnüffeln. Im Mund fein verwoben. Ein feine Säure unterstützt die Frucht. Die sehr präsent ist. Hier ist nichts Schweres. Alles greift perfekt ineinander: Frucht, Säure, Tannin. Eleganz pur und ein minutenlanger Abgang. PERFEKT.

Es folge leider nun der letzte Flight, der auch ein paar Überraschungen innehatte.


9.Grand Cru Echezeaux 1993 von Jean Grivot
Das liebe ich: die alte Schule Burgunds. Gereifte Noten. Waldboden. Dunkle Früchte. Schokolade. Feine animierende Säure. Wunderbar harmonisch im Mund. Wie Seide gießt sich der Wein über die Zunge. Auch hier feines und präsentes Tannin. Elegant eingebunden. Langer Abgang. Tja, das war noch die alte Schule von Grivot, die heute leider nicht mehr in den Weinen zu finden ist. Schade. Aber dieses Exemplar zeigt eindrücklich was möglich ist. War. Super!

10.Chambolle-Musigny 1er Cru Les Charmes 1998 von Gishlaine Barthod
Rote Früchte steigen in die Nase. Im Mund Himbeere. Elegant. Fein verwoben. Und so komplex. Das hätte ich bei der ,,Leichtigkeit‘‘ nicht erwartet. Ich bekomme nicht genug von diesem Wein mit den so vielfältigen Aromen. Selbst am nächsten Tag steht der Weine wie eine Eins im Glas. Ich muss gestehen: in diesen Wein habe ich mich verliebt. Den er hat alles: feines Tannin, Säure und ist so elegant auf der Zunge. Geiler Stoff, der süchtig macht. Faszinierend.

11.Grand Cru Grands Echezeaux 1996 von Rene Engel
Nachdem dieser Wein aufgedeckt wurde, waren wir alle enttäuscht. Wir hatten schon des Öfteren Weine von Rene Engel getrunken, die alle samt sehr gut waren, aber dieser wirkte total ausgelutscht. Schlapp. Weit über seinem Zenit. Traurig.

12.Grand Cru Chambertin 2007 von Rossignol-Trapet
Ein wenig verhalten schon in der Nase. Im Mund müde. Wenig Struktur, geschweige denn Komplexität. Freudlos. Ein echt schwacher Grand Cru von Rossignol-Trapet. Dieser Wein kann überhaupt nicht begeistern. Eher das Gegenteil. Abhaken und vergessen. Nicht mehr.

Fazit:
Gereifte Burgunder können extrem faszinierend sein. Wenn sie gut sind, dann sind sie meist richtig gut. Genial. Geil. Ein Traum. Mit Gänsehautfaktor. Aber es gibt auch immer wieder bei so namenhaften Winzern negative Beispiele. Zum Glück waren es nur wenige. Zum Glück? Ich glaube eher nicht, sondern eher, dass die Verkoster sich einfach gut auskennen in Burgund und die richtige Vorauswahl getroffen haben. Die jahrelange praktische Erfahrung ist Voraussetzung dafür. Ich kann nur jedem Pinot Noir Liebhaber raten, viel Zeit mit Weinverkostungen im Burgund zu verbringen.
Man lernt nie aus. Ich schließe mich da nicht aus. Dieser Weinabend wird in unserem Gedächtnis bleiben, weil er uns so schöne Burgund-Momente geliefert hat.

Robert Kemmler

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