Weinprobe Österreich in Würzburg

Hallo zusammen,

letzten Freitag trafen sich wieder einige Weininteressierte, um Weine aus der Alpenrepublik, einschl. 1 Piraten aus der Pfalz, zu verkosten.
Folgende Weine waren am Start (mit meinen Kurzkommentaren):

2013er Grüner Veltliner Weinviertel DAC (Ingrid Groiss, Breitenwaida) -Weinviertel-
bei dem zischfrischen und pfeffrigen DAC-Veltliner der "Aufsteigerin des Jahres" im Weinviertel gibt es wirklich nichts zu meckern: knackig, klare Frucht mit dem typischen "Pfefferl", sehr lebendig und trinkanimierend. So stellt man sich einen trinkigen DAC aus dem Weinviertel vor. 85P.

2010er Gumpoldskirchner Rasslerin Zierfandler "Tradition" trocken (Harald Zierer) -Thermenregion-
Erinnert durchaus ein wenig an einen fülligen fränkischen Silvaner: etwas reife Melone, leicht kräutrig, absolut trocken mit jahrgangsbedingt lebendiger Säure, gute Länge, präsentiert sich jetzt sehr gut. 87P.

2012er Chardonnay QW trocken "Salonwein" (Friedrich Preiß, Theyern) -Traisental-
leicht dropsige Nase, etwas Zitrus, ohne jeglichen Holzeinfluss, auf der Zunge weiche Anmutung mit deutlicher Restsüsse (5,7 RZ), weiche Säure, die keinen Gegenpol zur Restsüsse bietet, glatte, einfach gestrickte Frucht, etwas wahrnehmbarer Alkohol (14 Vol%), mittlerer, indifferenter Abgang. Ein etwas gemacht wirkender Chardonnay auf einfachem Niveau, bei dem es mir rätselhaft bleibt, warum gerade dieser Durchschnittswein ein Salonwein soll. 80P.

2005er Grüner Veltliner QW tr. "Ried Grub" (Schloß Gobelsburg) -Kamptal-
perfekt gereift in der Nase ohne jegliche Firne, archetypische Aromatik nach reifer Gelbfrucht, sogar mit etwas weissem Pfeffer garniert, auf der Zunge völlig trocken, aber mit bezwingendem Schmelz und sehr dichter Frucht, zwar körperreich (13,5 Vol%), aber mit genügend Grip und Struktur, klasse Balance, bemerkenswert langer, ebenmässiger Abgang. Toller Wein. 92P.

Nun wurde der "Pirat" eingeschleust, der es naturgemäß sehr schwer nach dem grandiosen "Gobelsburger hatte, aber trotz allem sich sehr wacker schlug:

2012er Böchinger Rosenkranz Grüner Veltliner QW tr. (Thomas Dollt, Flemlingen) -Pfalz-
sehr veltlinertypisch, reife Aprikose, Melone, durchaus pfeffrig, Alkohol (13,5) gut eingebunden, gegenüber dem Vorgänger fehlt einfach die Fruchtdichte und Länge, was aber aufgrund der jungen Reben auch nicht zu erwarten war. Der Winzer ist aber zu Recht sehr zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen; es dürfte interessant sein, diesen Wein aus älteren Reben wieder zu probieren. 86P.

2009er Gedersdorfer Reisenthal Roter Veltliner QW tr. (Mantlerhof, Gedersdorf -Kremstal-
sehr tiefe und intensive Nase nach reifer Honigmelone, ein Hauch Waldmeister, angenehm gereift, sehr extraktreich auf der Zunge mit viel Power, aber keine Spur von Brandigkeit, gut integrierter Alkohol (13,5), ausreichend Säure, langer, schmelziger Abgang. Ein exemplarischer Roter Veltliner in bestechender Form. 92P.

Fortsetzung folgt !!

Grüsse Bodo

.... und weiter geht's mit den Weinen aus Österreich:

2013er Feuersbrunner Rosenberg Grüner Veltliner EL QW tr. (Ott, Feuersbrunn) -Wagram-
eine der Top-Weine von "Mr. Grüner Veltliner": in der Nase sehr jugendlich und zurückhaltend, aber glockenklar, etwas Marille, dezente Würze, austarierte Säure, sehr stimmig, alles andere als ein Monsterwein, durchaus elegant, naturgemäß zu jung, für viele etwas zu unauffällig. Der Weine dürfte sich in meinen Augen aber sehr gut entwickeln. 88 + P.

2013er Loibner Steinertal Riesling Smaragd (Alzinger, Unterloiben) -Wachau-
auch dieser Wein eigentlich viel zu jung, hier bin ich mir aber sehr sicher, dass hier ein grossartiger Wachauer Riesling entstehen wird. Extrem mineralisch in der Nase, sehr zurückhaltende Frucht, fast filigran wirkend, messerscharfe, aber reife Säure, die den Wein viel schlanker erscheinen lässt, wirkt daher trotz 13,5 Vol% nur angenehm mittelgewichtig, kein Powerwein, viel Finesse und Komplexität, klassischer "Steinertal", der die relative Kühle dieser Lage schmeckbar macht. 91++P.

2012er Sauvignon blanc Ried Zieregg Große STK Lage (Tement, Berghausen) -Südsteiermark-
zunächst sehr reduktiv in der Nase, Feuersteinaromatik, erinnert stark an die von Winning-Stilistik, braucht viel Luft, schwimmt sich dann wirklich frei, keine vordergründige Sauvignon-Blanc-Nase, sehr komplex und tief, etwas (altes) Holz, würzig, reife, aber durchaus knackig wirkende Säure, die 13,5 Vol% sind nicht zu spüren, sehr hochwertiger Sauvignon blanc, der in keiner weltweiten Präsentation dieser Rebsorte fehlen sollte. 92+P.
Ein direkter Verleich mit dem von Winning'schen Sauvignon blanc "500" wäre mal ein hochinteressanter Vergleich !

Zum Abschluss der Weißweine muss es noch etwas Edelsüsses sein:

2008er Sämling 88 Trockenbeerenauslese (Angerhof Hans Tschida, Illmitz) -Neusiedlersee-
sehr klare Fruchtnase mit nur einem kleinen Hauch Lack, extrem typische Scheurebe-Aromatik (reife schwarze Johannisbeere, Mango, Maracuja), glasklar, die knapp 250 Gramm Restzucker wirken nicht pappig und werden durch die 8,6 Promill Säure gut abgefedert, tolles Fruchtcoctail mit viel Schmelz und Länge. Dieser Süsswein ist jetzt optimal zu trinken, wird aber mit Sicherheit auch noch die nächste 5-10 Jahre überdauern. Aufgrund der doch geringen Säure hat dieser Wein sicherlich nicht das Alterungspotential einer hochwertigen TBA von der Mosel, kostet aber auch bedeutend weniger. 91 P.

Demnächst folgen noch die fehlenden 5 Rotweine aus der Alpenrepublik.

Grüsse
Bodo

2012er Chardonnay QW trocken "Salonwein" (Friedrich Preiß, Theyern) -Traisental-
Ein etwas gemacht wirkender Chardonnay auf einfachem Niveau, bei dem es mir rätselhaft bleibt, warum gerade dieser Durchschnittswein ein Salonwein soll. 80P.
Grüsse Bodo

Hallo Bodo!

Wenn Du Dir einmal die Bestimmungen ansiehst, wie Salonweine ausgewählt werden (Landessieger, Vorschläge, Fixstarter,...) wundert Dich das nicht mehr. Den "gelernten" Österreicher wundert das schon lange nicht mehr. Ich verkoste regelmäßig Salonweine (meist noch dazu in sehr angenehmen Ambiente ) und da tun sich wirklich oft "Licht und Schatten" auf. Du kannst dabei alles erleben.

Was ich damit sagen will, ich persönlich freue mich, wenn ein Wein, den ich zuvor schon einmal verkostet habe, später in den Salon aufgenommen wird, aber ich würde nie einen Wein deshalb kaufen (außer mein Interesse wäre sehr groß), weil das "Salonlogo" oben pickt.

Übrigens, Eure Verkostung dürfte toll gelaufen sein. Ich denke, dass auch Eure Punkte, das Niveau einzelner Weine darin sehr gut widerspiegeln.

Hallo Herbert,

die Probe hat in der Tat viel Spass gemacht; dies war aber aufgrund des Rufs der beteiligten Winzer auch zu vermuten.
Doch zurück zur Probe und den noch fehlenden 5 Rotweinen, bei dem wir uns ausschließlich auf das Burgenland konzentriert haben :

2011er "Kapitel I" Landwein tr. (Christian Tschida, Illmitz) -Neusiedlersee-
Eine interessante Cuvee aus Zweigelt und Cabernet franc vom "Enfant terrible" aus Illmitz. Deutliche Cabernet-Nase (Paprika, Cassis) mit kühler Dunkelfrucht unterlegt, etwas Tabak, auf der Zunge mit noch eckigem Tannin, passender Säure, etwas ätherisch, mittlerer Abgang. Ein äusserst trinkfreudiger und ehrlicher Wein, der mit seinen 12,5 Vol% quasi eine 2. Flasche erfordert 87P. (Trinkspasspunkte eher bei 90 !)

2011er Golser Schafleiten St. Laurent QW tr. (Judith Beck, Gols)-Neusiedlersee-
kräftige Tabak und Ledernote, deutlich animalisch, aber sehr sauber, kräftige Kirschfrucht, integrierte Holznote, absolut trocken, feine Säure und feinkörniges Tannin, mittelgewichtig (12,5 Vol%), saubere Kirschfrucht mit würzigen Aspekten, in sich sehr stimmig und sortentypisch. 88P.

2007er Blaufränkisch "Szapary" QW tr. (Uwe Schiefer, Welgersdorf) -Südburgenland-
leider eine dezent dumpfe Grundaromatik, ich vermute einen "Korkschleicher", einige störte das nicht besonders, da der Wein ansonsten durchaus einiges zu bieten hat: kräftige Pflaumenfrucht, etwas pfeffrig, nur ganz dezenter Holzeinsatz, der die Frucht nur stützt, auch hier auf der Zunge mehr Eleganz und Finesse statt purer Power, bester Trinkfluss bei gerade mal 13 Vol%, eine überzeugende Interpretation des Eisenberg-Charakters. Ohne die leichte dumpfe Note 91-92P.

2009er Golser Schafleiten Syrah QW tr. (Gernot Leitner, Gols) -Neusiedlersee-
sehr typische Nase mit knapp reifer Cassis, etwas Tabak, grüner Pfeffer und witzigerweise etwas Eukalyptus, was mich bei einer Blindprobe doch etwas in Richtung Australien gelenkt hätte, am Gaumen aber kühle Stilistik mit knapp reifer Dunkelfrucht, noch etwas Tannin vorhanden, mittelgewichtig (13 Vol%), eleganter Abgang. Man merkt, dass Gernot Leitner wohl mit die längste Erfahrung mit dieser Rebsorte im Burgenland hat, gelungener Syrah, der in einer Blindprobe mit Syrah-Weinen von der nördlichen Rhone nicht negativ aufgefallen wäre. 91P.

Der für mich gelungenste Rotwein steht am Schluss und folgt demnächst !

Grüsse
Bodo

Hallo Bodo

Vielen Dank für die äusserst präzisen Notizen, die ich in ihrer Vielschichtigkeit und Ausführlichkeit nicht (mehr) bringen könnte. Auch die Sinne altern...

Schloss Gobelsburg mit verdientem Erfolg bei eurer Verkostung; neben Grub ist auch Lamm für mich ein Referenzwein für lagerfähigen GV.

Zieregg SB von Tement ist eines meiner ersten überzeugenden Weinerlebnisse aus Österreich gewesen. Der irre 2011er ist ein weiterer Meilenstein, den 2012er werde ich mir nach eurer Verkostung wohl auch noch holen müssen.

Zum Syrah aus Gols ein wenig Tratsch: Soeben war ich in Horitschon bei Paul Lehrner. Er hat berichtet, dass die österreichischen Winzer (wie viele andere auch) 2 schwere Krankheiten durchgemacht hätten, nämlich die Cabernetitis und die Chardonnitis. Er selber habe auch je etwa 0,5 ha gepflanzt. Die dritte Seuche hingegen gedenke er nicht mitzumachen, nämlich Sirah oder Syrah zu pflanzen ! Nun, schmecken kann der Wein ja trotzdem!

Gruss
Werner

Hallo Werner,

vielen Dank für die Blumen, wobei wir vom Alter her nur marginal auseinanderliegen und ich daher auch mal meinen Geschmacks- und Geruchssinn testen lassen sollte . Aber Spass beiseite: wir machen unsere Defizite doch bestimmt mit unserer Weinerfahrung mehr als wett
Meiner Einschätzung nach spielen die internationalen Rebsorten, weiß wie rot, in Österreich keine besondere Rolle, zumindest bei den bekannten Winzeradressen. Dort hat man sich klar positioniert auf die autochthonen Sorten, bei den Weißen in erster Linie GV und Riesling und bei den Roten Blaufränkisch und Zweigelt. Die internationalen Sorten werden zumeist für die immer beliebter werdenden Cuvees genutzt, eher nur in Ausnahmefällen als betriebsspezifisches Nischenprodukt. Wenn aber die Nischenprodukte dann so gut sind wie z. B. der Syrah von Leitner, empfinde ich das durchaus als angenehme Bereicherung der Sortenpalette.

Grüsse
Bodo

[Gerald]

Meiner Einschätzung nach spielen die internationalen Rebsorten, weiß wie rot, in Österreich keine besondere Rolle, zumindest bei den bekannten Winzeradressen.

Manfred Klimek hat auf seiner Website ja das Thema sehr schön aufbereitet und unter anderem erwähnt, dass ein recht bekanntes Weingut im Mittelburgenland, das sich vor allem auf internationale Sorten spezialisiert hat, zum Verkauf steht. Ob das der Haupt- bzw. alleinige Grund ist, weiß ich natürlich nicht.

http://www.immowelt.at/expose/2Z35P38

(falls es jemanden interessiert, es dürfte sich dabei um das Weingut Pfneisl handeln).

Grüße,
Gerald

Hallo zusammen,

den letzten und für mich besten Rotwein der Österreichprobe bin ich noch schuldig geblieben:

2006er Leithaberg Blaufränkisch QW tr. (Prieler, Schützen) -Neusiedlersee-Hügelland-
ein sehr "burgundischer" Blaufränker: elegante und finessenreiche Nase mit reifen Brombeeren, schwarzer Pfeffer, etwas Tabak, Holz völlig im Hintergrund, strukturgebende Säure, fast abgeschmolzenes Tannin, dank 13 Vol. % sehr trinkfreudig, kühler, mineralischer und dennoch reifer Eindruck, sehr ausgewogen, feine würzige Dunkelfrucht, harmonischer Abgang mit intensiver Rückaromatik. Dieser Wein kommt meinem Idealbild eines eleganten, in sich ruhenden Blaufränkisch sehr nahe, toller Wein, der jetzt auf dem Reifehöhepunkt steht, aber auch noch ein paar Jahre Lagerung vertragen kann. 93P.

Zusammenfassung: Wiederum eine sehr gelungene Probe, die bis auf den Ausreiser (Chardonnay) das hohe Potential österreichischer Weine voll bestätigen konnte. Da keine Klagen kamen, gehe ich davon aus, dass alle Probenteilnehmer das ähnlich gesehen haben .

Nach der Probe ist vor der Probe !!

Bis demnächst
Bodo