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Weinprobe rote "Rhone-Rebsorten" in Würzburg

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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weinaffe

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Weinprobe rote "Rhone-Rebsorten" in Würzburg

BeitragMo 23. Mär 2015, 15:27

Hallo zusammen,

letzten Freitag trafen sich wieder einige Weininteressierte, um die roten "Rhone-Rebsorten" im internationalen Kontext zu verkosten. Im wesentlichen ging es um die 4 wichtigsten roten Sorten, nämlich Syrah (Shiraz), Grenache (Garnacha), Mourvedre (Monastrell) und Carignan (Carinena), die sich teils solo oder in Cuvees präsentierten. Das Niveau der Weine war erfreulich hoch, zumal durch das Weglassen von "Alkoholbomben" (14,5 Vol% lt. Etikett war die Höchstgrenze)auch ein gewisser Trinkfluss vorhanden war.

Anschließend die 14 verkosteten Rotweine (mit kurzen Kommentaren meinerseits):


1.) 2010er "Beryna" Alicante DO (Bodegas Bernabe Navarro, Villena) -Alicante-
eine durchaus gelungene Cuvee aus 70% Monastrell, 15% Tempranillo, 5% Syrah, 5% Merlot und 5% Cabernet Sauvignon. Fast blickdichtes Purpurrot, dunkelfruchtige Nase mit angenehmer Barriqueuntermalung, feine Würze, gut strukturiende Säure bei noch leicht eckigem, aber feinkörnigem Tannin, kräftiger Körper, bei dem die 14,5 Vol% dennoch kaum zu spüren sind, ein Hauch angenehme Animalik, mittellanger, fruchtig-würziger Abgang.
Sehr guter, monastrelltypischer Alicante-Wein zu einem konsumentenfreundlichen Preis (ca. 10 EURO im Fachhandel). 86 P.

2.) 2010er "Schwarzer Schiefer" Priorat DOQ (Vinicola del Priorat, Gratallops) -Priorat-
Eine Cuvee aus 60% altem Carinena und 40% Syrah. 10 Mon. Barriqueausbau. Sehr frisch wirkender Rotwein mit der typ. Schieferwürze des Priorats, reife Pflaume etwas Kirsche, gelungener Barriqueeinsatz, angenehm frische Säure und noch etwas Tannin, das aber schon gut geglättet ist, auch hier ist der kraftvolle Alkohol (14,5 Vol%) sehr gut eingebunden, mittellanger, makelloser Abgang. Ein sehr typischer und vor allem trinkiger Priorat-Rotwein, der nicht nur aufgrund des fairen Preises (12,50 EURO im Handel) allgemein sehr gut ankam. 87 P.

3.) 2011er "Gestad" Syrah Landwein trocken (Ziereisen, Efringen-Kirchen) -Baden-
auf kalkig-lehmigen Boden gewachsen, 8 Wochen Maischegärung, 16 Mon. Holzausbau (nur 25% neues Holz), keine Schönung und Filtration, Restzucker 1,3 g. Äußerst syrahtypisch in der Nase (knappreife Cassis, Kirsche, Cranberry, ein Hauch Paprika und deutlich weisser Pfeffer), sehr viele tippten spontan auf einen hochklassigen Sortenvertreter von der nördlichen Rhone, tolle Eleganz und Finesse, Holz nur ganz unterstützend im Hintergrund, trotzdem kein dünner oder wässriger Eindruck auf der Zunge, einiges an Extrakt und Fruchtdichte, aber toll ausbalanciert, es fehlt einfach noch der letzte Tick Kraft alter Reben, ansonsten ein großartiger Syrah. Wenn hier die Reben mal das richtige Alter erreicht haben, wird das ein echter Konkurrent für viele Edelgewächse der nördlichen Rhone. 90P.

4.) 2012er Shiraz QW trocken "Perfection" (Erich Scheiblhofer, Andau) -Burgenland-
eine -zumindest für mich- absolut misslungene Imitation eines kraftvollen "Macho"-Syrah von "Down under": 100% neues, offensichtlich kräftig getoastetes Barrique, das dem Wein geruchlich und geschmacklich seinen Stempel aufdrückt, in der Nase extrem viel Räucherschinken, Mokka und Vanille, so dass die durchaus vorhandene Frucht (etwas überreif wirkend) kaum durchdringen kann, auf der Zunge gute Säure mit noch etwas kantigem Tannin, auch hier wieder sehr penetrante Holznoten, die am Gaumem deutlich austrocknen, der Alkohol (14 Vol%) ist ordentlich integriert, auch hier etwas kompottartige und leicht überreife Dunkelfrucht. Langer, aber nur von trocknendem Holztannin geprägter Abgang. Hier wurde völlig unsensibel und nach dem Motto "von allem möglichst viel" gearbeitet, was auch durch die schwere Angeberflasche mit stylischem Etikett untermalt wird.
Für mich meilenweit von Syrah-Perfektion entfernt, aber auch dieser "Biberwein" wird -leider- seine begeisterten Abnehmer finden. Der Kontrast zum vorangegangenen Wein hätte kaum größer sein können, was letztlich auch Ziel dieser Gegenüberstellung war. 26 EURO ab Weingut, 78 P.

5.) 2010er "Director's Cut" Shiraz Langhorne Creek (Heartland, Kent Town) -Australien-
Heartland ist eines der vielen Projekte von Mr. Amon-Ra (Ben Glaetzer), dem deutschstämmigen Star-Önologen aus dem Barossa Valley. Ein auf sandigem Lehm gewachsener Syrah von älteren Reben, 14 Mon. Ausbau in neuer französischer Eiche. Angenehm "warme" und reife Nase mit den typischen "Aussie-Noten (Cola, Eukalyptus), dichte, weiche Frucht nach reifen Beeren, gelungener Holzeinsatz, reif, aber auch mit der erforderliche Frische auf der Zunge, kräftiger Körper (14,5 Vol%), der aufgrund fehlender Überreife noch etwas verschlankt wird, ordentliche Länge mit fruchtig-würzigen Akzenten. Gelungener Premiumwein zu noch vernünftigem Preis (23 EURO im Handel), 88 P.

Fortsetzung folgt!

Grüsse
Bodo
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weinaffe

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Re: Weinprobe rote "Rhone-Rebsorten" in Würzburg

BeitragMo 23. Mär 2015, 19:49

....und weiter geht es mit den nächsten Weinen:

6.) 2010er "Vieilles Canailles" St. Chinian a.c. (Les Eminades, Luc Bettoni, Cebazan) -Languedoc-
auf kalkigem Boden gewachsen, über 100 Jahre alte Carignan-Stöcke, 18 Mon. Barriqueausbau. Kräftiges, fast undurchdringliches Rotschwarz, "wilde" Nase mit Tabak, Leder, Blut, etwas nasse Pferdehaut (aber weit weg von störenden Bret-Noten), deutliche Cassis und Pflaumenfrucht, Holz bestens integriert, frische Säure, noch etwas kantiges Tannin, angenehm bitter auf der Zunge, mittelgewichtig bis kraftvoll (13,5 Vol%), sehr fruchtdicht und ein deutlicher Anflug von Kühle, nicht komplex, aber sehr stimmig und trinkfreudig. Kommt nicht ganz an den genialen 2009er heran, bleibt aber auch in diesem Jahr ein Tipp für Leute, die einmal einen wirklich guten reinsortigen Carignan (ohne Kohlensäuremaischung) trinken wollen. 23 EURO im Handel. 90 P.

7.) 2009er "Mas Jullien" Terrasses du Larzac CdL a.c. (Mas Jullien, Jonquieres) -Languedoc-
Cuvee aus Syrah, Mourvedre und Carignan, 18 Mon. im großen Holzfass ausgebaut. Ein Klassiker unter den CdL-Weinen. Reife, aber nicht überreife Nase, komplexer Mix aus dunklen Früchten und Kräuterwürze mit einem dezenten Holzhintergrund, sehr harmonisch und in sich ruhend, die 14 Vol% sind bestens verpackt, kräftiger, aber nicht voluminöser Körper, klare Dunkelfrucht mit Würze, langer, leicht wärmender Abgang. Ein feiner Wein, der entspanntes Geniessen mit einigem Anspruch verbinden kann. 26 EURO im Handel. 90 P.

8.) 2008er Syrah "White Hawk Vineyard" Santa Barbara County (Ojai, Adam Tolmach) -Kalifornien-
Adam Tolmach hat einige Zeit zusammen mit Jim Clendenden die "ABC" Weine gemacht und hat offenbar einiges an Erfahrung für sein eigenes, 1983 gegründetes Weingut mitgenommen. Sehr klare und feine Syrahnase(Preiselbeeren, Cassis, weisser Pfeffer), auf der Zunge mit deutlicher Extraktsüsse, die aber nicht ins Hitzige oder Schwülstige geht, stimmige Säure, kraftvoll (14,4 Vol%), der Alkohol ist aber gut gebändigt, sehr stimmiger Wein. 90 P.

9.) 2010er Ferrer Bobet "Vinyes Velles" Priorat DOQ (Ferrer Bobet S. L., Porrera) -Priorat-
Eine Cuvee aus 65% altem Carinena, 34% altem Garnacha und 1% Cabernet Sauvignon, Barriqueausbau. Eine der Premiumweine dieses 2002 gegründeten Unternehmens, das außerhalb Porreras eine futuristisch aussehende Bodega auf den Hügel gesetzt hat. Senor Bobet hat seine Sporen u.a. bei Torres verdient. Tiefe Farbe, deutliche Schiefermineralität mit reifen pürrierten Dunkelfrüchten in der Nase, gut ausgleichende Säure, leicht bitter wirkendes Tannin, sehr kraftvoll, gute Fruchtdichte mit genau richtigem Holzeinsatz, gute Länge. Ca. 30 EURO im Handel. Kann noch etwas reifen, derzeit 89 P.

Fortsetzung mit den letzten 5 Rotweinen folgt !

Grüsse
Bodo
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octopussy

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Re: Weinprobe rote "Rhone-Rebsorten" in Würzburg

BeitragMi 25. Mär 2015, 15:15

weinaffe hat geschrieben:Im wesentlichen ging es um die 4 wichtigsten roten Sorten, nämlich Syrah (Shiraz), Grenache (Garnacha), Mourvedre (Monastrell) und Carignan (Carinena), die sich teils solo oder in Cuvees präsentierten.

Hallo Bodo,

danke für die Notizen. Ist Carignan echt eine "Rhône-Rebsorte"? Sie kommt da zwar vor, aber ich hätte sie typischerweise eher ins Midi gesteckt. Neben Syrah, Grenache und Mourvèdre ist m.E. eher Cinsault noch eine wichtige Rebsorte an der Rhône.
Beste Grüße, Stephan
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weinaffe

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Re: Weinprobe rote "Rhone-Rebsorten" in Würzburg

BeitragMi 25. Mär 2015, 17:55

Hallo Stephan,

Du hast völlig Recht ! In der Tat spielt der Carignan, der vermutlich auch aus Nordspanien stammt, an der Rhone keine große Rolle, eher noch im Languedoc. Der Name dieser Probe war daher vielleicht auch etwas irreführend; eigentlich hätte man "die Rotweinsorten des Midi" schreiben sollen. Aber das klang uns dann bei dieser international angelegten Probe etwas zu frankreichlastig, zumal der Midi wohl auch nicht die nördliche Rhone umfasst ;) Und ohne einen Cote Rotie, Hermitage oder Cornas wäre eine solche Probe auch nur halb so schön :lol:

.... und damit gleich weiter mit den noch fehlenden Rotweinen dieser Probe:

10.) 2007er "Le Vieux Donjon" Chateauneuf-du-Pape a. c. (Michel Lucien, Chateauneuf)
Cuvee aus 75% Grenache, 10% Syrah,10% Mourvedre und 5% Cinsault. Leicht durchscheinendes Rubinrot, deutliche Himbeerfrucht mit floralen Noten, sehr kraftvoll auf der Zunge, deutliche Extraktsüsse mit kräutrigen Untertönen, weitgehend abgeschmolzenes Tannin, gerade genug Säure für eine ordentliche Balance, trotzdem sehr kraftvoll (14,5 Vol%),fast etwas hitziger und feuriger Abgang. Ich habe schon interessantere und alkoholleichtere Weine aus diesem Hause getrunken. Für Liebhaber mediterran geprägter Weine. 88 P.

11.) 2011er Faugeres a.c. Grand Reserve (Domaine Binet + Jacquet, Faugeres)
Cuvee aus 40% Mourvedre, 40% Grenache, 10% Syrah und 10% Carignan. Auch dieser Wein hat wie der Vorgänger 14,5 Vol%, die jedoch wesentlich besser verpackt sind. Sehr konzentrierte Dunkelbeerfrucht mit elegantem Holzeinsatz, deutliche (Schiefer-)Mineralik, wirkt konzentriert, aber nicht ohne Finesse. Sehr konzentriert im Gaumen, Säure gleicht gut aus, sehr feinkörniges Tannin, hohe Frucht- und Extraktdichte, trotz aller Konzentration ein in sich stimmiger Wein mit durchaus Trinkfluss. Langer, fruchtig-würziger Abgang. Ein Faugeres der Spitzenklasse ! 92 P.

12.) 2008er Cornas a.c. "Granit 60" Vieilles Vignes (Vincent Paris, Cornas)
wieder ein großer Kontrast zum Vorgänger: dieser Cornas wirkt zunächst recht schüchtern und deutlich schlanker, blüht aber sehr schön im Glase auf: glasklare Cassis/Preiselbeerfrucht mit einem Hauch angenehmer Unterreife und pfeffrigen Noten, das Holz ist völlig untergeordnet, sehr fein und elegant dank stimmiger Säure, Tannin kann noch etwas reifen, mir gefällt die Klarheit und Finesse im Ausdruck, intensiver retronasaler Nachhall. 92 P.

13.) 2010er "Coume Gineste" Cotes du Roussillon Villages a.c. (Domaine Gauby, Calce)
100% alter Grenache. Enorm komplexe Nase mit Kraft und Finesse, Himbeeren, Herzkirschen, ein Hauch Veilchen, balsamische-kräuterwürzige Noten (Rosmarin), sehr konzentriert, aber auch untergründig mit einer gewissen Kühle. Folgerichtige Fortsetzung am Gaumen: absolut trocken, tolle Fruchtdichte mit viel Würze, keinerlei vordergründige Holznoten, perfekt auffrischende Säure, extrem gute Tanninqualität, man spürt durch die Feinkörnigkeit der Tannine erst spät, dass dieser Wein einiges an Tannin mitbringt, der Alkohol ist in keiner Weise spürbar, die ätherischen Noten unterstützen die Kühle des Weins, langer ebenmäßiger Abgang. Genial ist hier der Spagat zwischen Kraft einerseits und einer gewissen Eleganz und Trinkigkeit andererseits. Benchmark-Grenache. Besser geht reinsortiger Grenache wohl nicht, höchstens anders. 94 P.

14.) 2009er Cote Rotie a.c. (Michel et Stephane Ogier, Ampuis)
sehr feine Nase, ein Mix aus reifen Beerenfrüchten, eleganten Holznoten und würzigen Tabaknoten. Geschmeidig auf der Zunge mit ultrafeinen Tanninen und stimmiger Säure, nur mittelgewichtig (13 Vol%), trotzdem mit genügend Kraft ausgestattet, feine Dunkelfrucht mit eleganter Würze, optimales Gleichgewicht, sehr fein gearbeiteter Cote Rotie. Trinkt sich eigentlich jetzt schon hervorragend, dürfte aber mit diesen Anlagen auch in 10 oder 15 Jahren noch ein Genuss sein. 93 P.

Das war's wieder in aller Kürze. Sehr schöne Probe, die mir mit Ausnahme des burgenländischen "Scheiblhofer"-Monsterweins sehr viel Trinkspass bereitet hat. Österreich kann sich aber in gut 3 Wochen wieder rehabilitieren. Dann stehen einige Topweine aus Austria an gleicher Stelle auf dem Prüfstand.
Ich werde wieder berichten.

Grüsse
Bodo

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