Hallo allerseits,
gestern kam David "Steinmeister" mit Billy zu Besuch. Grund genug, ein paar Sachen zu entkorken, die man sonst nicht so ohne weiteres für sich allein entkorkt - zu manchen Weinen gab es eben eine kleine Idee einer Miniverkostung, andere passten schlecht in große Verkostungsrunden und bei den Süßweinenflaschen mit wenigem, aber oft gutem Inhalt ist es auch schwierig, diese in große Runden zu werfen, weil man mit solchen Minischlücken nur die Pferde scheu kriegt...
Gekocht wurde etwas inspiriert von meiner Reise in die Alpen und durchs Jura, zum Teil noch mit von dort mitgebrachten Zutaten.
Zunächst gab es einen bunten Salat ,mit Roter Beete, Walnüssen, Trauben, Savoyardischer Nusswurst und zwei Käsen.
Ich hatte den Chablis dann doch abgewählt, da mir noch ein schöner reifer
weißer Château Masburel aus 2002 in die Hände fiel und immerhin ist 2002 der Faden zu den späteren Süßweinen.
Dann gab es Im Ofen gebackenen Kartoffelbrei mit Zwiebeln und Erbsen und obendrauf Scheiben gebratener Saucisse de Morteau, das Ganze mit einem Bergkäse überbacken (in Ermangelung eines Comté - der mitgebrachte ist schon lange alle und all meine drei Quellen in Bernburg, wo eventuell irgendein Comté zu bekommen wäre, waren versiegt.)
Der
Les Vielles Vignes d´ Aunis 2004 von Les Maisons Rouges (Élisabeth & Benoît Jardin; Coteaux de Loir) ersetzte schon ganz gut den zum Essen eigentlich fehlenden Wein aus dem Jura. Eigenwillige Aromatik, aber doch sehr gut und zum Essen die Trümpfe ziehend. Und... - einen Pinot d´Aunis kriegt man auch nicht jeden Tag ins Glas, diese autochthone Sorte wird außerhalb der kleinen AOC Côteaux du Loir wohl kaum zu finden sein.
Dann hatten wir einen kleinen Vergleich zweier Jahrgänge eines meiner Lieblingschâteaux aus dem Medoc, weil oft solide Qualität zu noch bezahlbarem Preis - ich rede hier vom
Medoc Cru Bourgeois Tour Haut Caussan, einem Liebling des Guide Hachette - wird aber unter den deutschen Freaks relativ wenig getrunken, scheint mir. Im Trinkregal fanden sich je meine vorletzte Flasche aus
1996 und
1998. Der 1996er, den ich schon richtig gut getrunken hatte, wirkte relativ reif, vielleicht schon knapp über seinen Höhepunkt hinaus - oder nur etwas abgetaucht? (die Korken waren bei beiden aber auch etwas wenig vertrauenswürdig, schon recht weit durchnäßt.) Nicht schlecht, aber ich kannte ihn weit besser (Für Yvonne war das aber immerhin der dritte Bordeaux ihres Lebens, der ihr wirklich schmeckte...), dafür war der 1998er für mich die Überraschung des Tages. Top konzentriert und von schöner Tiefe, dabei komplex und sehr ausgewogen - nach der Rückverkostung werde ich mich wohl entscheiden müssen ob ich sage - nur exzellente 94 oder doch schon ein großer Wein und damit 95... - im Januar auf meiner Geburtstagsprobe hatten wir etliche inzwischen wirklich teure Weine, die diesem günstigen Cru Bourgeois nicht wirklich das Wasser reichen konnten... - eine perfekte Flasche und für mich ein Bordeaux zum Schwärmen und auf Cru Classé Niveau.
Dann zog ich die Vin Doux Naturels vor die Edelsüßen, weil ich ihnen vielleicht nicht so viel zutraute - ein Fehler... Beide Weine waren grandiose Süßweine und auf jeden Fall verdienten Sie das Attribut Groß. Zunächst eine
Wahnsinnsflasche "vom Alten aus Torroja" - dem Dienstältesten Prioratwinzer - mit "2 € Extra-Aufschlag für die teure Schmuckflasche", locker "verkorkt" mit einem Handstöpsel und seit Sommer 2009 stand diese letzte Flasche aufrecht im Keller und zum Schluß hatte ich schon fast Angst, sie zu öffnen... - erwartet mich da ein totes braunes Zeug oder ein göttlicher Tropfen hinter dem handgeschriebenen roten Etikett mit der Aufschrift
"Moscatell"? Wir hatten einen super gut zu trinkenden UR-Priorat im Glas und ein uriges unwiederbringliches Erlebnis.
Sein Partner, der
2002er Bois Doré von der Genossenschaft
Vignerons de Balma Venitia - AOC Muscat deBeaumes de Venise war für mich immer
der "Marzipanwein" schlechthin - und inzwischen ist er noch komplexer und ausgefeilter als frühere Flaschen, aber sagenhaft frisch für das Alter und einfach das Naschen bester Süßigkeiten aus Mandeln und Marzipan... - wozu noch ein Dessert basteln, wenn es solche Weine gibt...
Zum Glück fielen aber auch die beiden Edelsüßen Raritäten zum Schluß nicht ab:
Zunächst
La Coulée d´Or aus 2002 von der Domaine de Gineste aus dem Gaillac - ein 123 g/l Restzuckerkonzentrat aus teilweise rosinierten Trauben, ein Verfahren, das für AOC Gaillac nicht zulässig ist und daher ist der Wein einem Vin de Table gleichgestellt - das Lot darf angegeben werden, das Jahr nicht, also nennen wir das Lot 2002...
Göttliches Zeug und die Säure bewirkt, dass der Wein nicht plump süß wirkt, sondern sich mit Spaß trinken läßt...
Noch deutlich drüber -eigentlich Weltklasse... der
2002er Vin de Lune von Clos Triguedina aus dem Cahors - Gebiet...
Dieser Wein beendete dann den Reigen dieser kleinen bacchanalischen Feier...
Ein gelungener Dienstag Abend mit einem netten Mit-Forumianer, was kann es da noch Schöneres geben?
Da wir selbst nichts mitgeschrieben hatten, aber überall noch Reste da sind, kann ich bei Interesse in den nächsten Tagen noch ausführlicher zu den Weinen was sagen.